Protocol of the Session on September 9, 2010

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Wir geben keinen einzigen Schüler, keine einzige Schülerin auf

[Beifall von Dr. Fritz Felgentreu (SPD)]

egal, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, egal, aus welcher sozialen Schicht sie kommen. Nein! Wir wollen alle individuell fördern und fordern und ihre persönlichen Potenziale voll ausschöpfen. Das kommt unserer gesamten Gesellschaft zugute und ist ein wichtiger Beitrag für Integration.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das hat die Berliner Bevölkerung begriffen, und deswegen gibt es auch keine gravierenden Widerstände gegen unsere Schulstrukturreform. Ganz anders als in Hamburg, meine lieben Grünen! Dort liefen die Eltern Sturm gegen eine schwarz-grüne Schulreform, die weit weniger umfassend ist als unsere. Da wundere ich mich an dieser Stelle über Ihren Hochmut.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Sie wollten den Elternwillen aushebeln, und das haben wir in Berlin nicht getan. Wir respektieren den Elternwillen und haben deshalb auch kein Volksbegehren oder keinen Volksentscheid zu befürchten.

Zu der berechtigten Frage nach der Versorgung mit Lehrerinnen und Lehrern: Ich habe bereits zum Schuljahresende davor gewarnt, dass wir zum Beginn des neuen Schuljahres eventuell nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer an Bord haben werden – vor allem nicht in den Fächern, in denen es deutschlandweit zu wenig Lehrerinnen und Lehrer gibt. Nun gab es letzten Freitag eine aktuelle Schnellumfrage der Senatsbildungsverwaltung, die eine Versorgung von 100 Prozent auswies. Ich sage Ihnen klipp und klar: Mir reicht eine durchschnittliche Versorgung von 100 Prozent nicht aus, denn diese besagt, dass es auch Schulen gibt, die unterdurchschnittlich versorgt werden. Ich meine, an jeder Schule müssen genügend Lehrkräfte an Bord sein. Hier wird jetzt bereits nachgesteuert, sodass so schnell wie möglich alle Lehrerinnen und Lehrer dorthin kommen, wo sie hingehören.

[Özcan Mutlu (Grüne): In der dritten Schulwoche inzwischen!]

Zugegebenermaßen ist es unbefriedigend, dass wir zum Schuljahresbeginn noch immer nicht die genauen Schülerzahlen kennen.

[Andreas Gram (CDU): Nett ausgedrückt!]

Diesem Umstand wird die Schülerdatei zukünftig Abhilfe verschaffen. Außerdem bin ich zuversichtlich, dass durch eine frühere Einstellung der Lehrerinnen und Lehrer im kommenden Schuljahr – nach den Zahlen der Senatsverwaltung für Bildung – von vornherein eine bessere Zumessung erfolgen kann.

[Andreas Gram (CDU): Seit acht Jahren! Jedes Mal dasselbe!]

Nun zu Ihrem zweiten Teil der Aktuellen Stunde: „Berlin braucht endlich eine Qualitätsoffensive für alle Schulen und Kitas.“

[Özcan Mutlu (Grüne): Guten Morgen!]

Was heißt denn hier „endlich“`? Wir haben sie doch bereits! Wir sind das vorbildlichste Land für Integration in Bezug auf Bildung.

[Gelächter bei der CDU]

Wer hat denn alle drei Kitajahre gebührenfrei gestellt, damit niemand mehr ein Argument hat, sein Kind nicht in eine Kita zu geben, weil es zu teuer ist?

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mutlu?

Immer noch nicht! Ich diskutiere so oft mit diesem Kollegen, sodass ich jetzt meine Rede zu Ende halten möchte. – Vielen Dank!

Wer stattet denn die Kitas mit mehr Personal aus? Wer hat die vorgezogene Einschulung beschlossen, um früh an alle Kinder heranzukommen? Wer hat die Ganztagsschulen flächendeckend eingeführt? Wer hat schließlich die Schulstrukturreform beschlossen? – Das Land Berlin!

Damit komme ich nun – wie es sich vom Anteil her gehört – zum letzten Teil der Aktuellen Stunde: „Das ist der beste Weg zur Integration.“ – Ja, Integration heißt Bildung. Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Deshalb haben wir die Kitas zu Bildungseinrichtungen aufgewertet, und unser Bildungsprogramm für Kitas genießt bundesweit einen hohen Ruf.

[Zuruf von Andreas Gram (CDU)]

Sie glauben, wenn Sie laut brüllen, dann hätten Sie recht, aber dem ist leider nicht so. –Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Deshalb haben wir den verbindlichen Deutschtest ein Jahr vor der Einschulung eingeführt, den alle Kinder absolvieren müssen. Die Kinder, die nicht genügend Deutsch sprechen – das sind nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, sondern auch einige deutsche Kinder, die nicht genügend Deutsch sprechen, um eingeschult zu werden. Diese Kinder müssen sich einem verpflichtenden Deutschkurs unterziehen.

[Christoph Meyer (FDP): Das ist das Ergebnis von 20 Jahren SPD-Bildungspolitik!]

Um zum Anfang zurückzukehren: Die wahren Integrationsgesetze sind diejenigen für Schule und Kita. Deshalb wird bundesweit – auch von der schwarz-gelben Regierung – im Augenblick die Forderung nach einem Bun

desministerium für Bildung und Integration laut. Das unterstütze ich nachdrücklich.

Auch die Einführung des Fachs Ethik ist aus integrationspolitischen Gründen erfolgt, um allen Kindern und Jugendlichen gemeinsame Werte zu vermitteln, nämlich die Werte unseres Grundgesetzes.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Es hat überhaupt keinen Sinn, Populisten mit ganz billigen Vorschlägen zu folgen.

[Andreas Gram (CDU):Wen meinen Sie denn?]

Zwar ist in der Bundesrepublik in punkto Integration einiges versäumt worden. Wir in Berlin sind aber Vorreiter für Integration und haben auch Fehler gemacht, aber wir lernen daraus.

[Mieke Senftleben (FDP): Das ist mir neu!]

Auch mit unserer neuen Schulstrukturreform sind wir auf dem besten Weg hin zu einer besseren Integration. Wir erhöhen damit die Chancen für alle Schülerinnen und Schüler, berücksichtigen den Elternwillen –

Frau Kollegin! Sie sind am Ende Ihrer Redezeit.

und wir stärken die Profilbildung der Schulen. Das ist der richtige Weg. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Sascha Steuer. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einer Stadt, in der die Hälfte aller Kinder Migrationshintergrund haben, sind Bildungspolitik und Integrationspolitik eine Sache. Vom ersten Schultag an fehlten an etlichen Berliner Schulen Lehrer, es mussten Klassen zusammengelegt werden, Fachunterricht fällt aus, und Lehrer werden hin- und hergeschoben. Heute, drei Wochen nach Schulbeginn, sollen noch immer 70 Lehrer fehlen, sagt der Senator. Am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium fehlen seit dem ersten Schultag bis heute in einer Klasse zwei Lehrer: Dort findet weder Englisch- noch Chemieunterricht statt. Jeder achte Lehrer der 470 einzustellenden Lehrer ist noch immer nicht an Bord – Schulleiter, Eltern und Lehrer beschweren sich, doch der Senator widerspricht: Im Prinzip gebe es genug Lehrer. – Jedes Jahr das gleiche Leid, nichts ist besser geworden! Schönreden ist noch immer die Devise, und ob Böger oder Zöllner – die SPD bekommt es einfach nicht hin!

[Beifall bei der CDU]

Da ich keine Redezeit angezeigt bekomme, müssen Sie mir freundlicherweise ein Signal geben, wann ich aufhören soll, sonst würde ich einfach weiterreden.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD) – Uwe Doering (Linksfraktion): Achtung, das Signal kommt!]

Wir haben bereits lange vor den Sommerferien darauf hingewiesen, dass die Nachteile Berlins im bundesweiten Konkurrenzkampf hausgemacht sind. Es ist kein Naturgesetz, dass jedes Jahr Hunderte Lehrer die Stadt verlassen, nein, das liegt am desaströsen Personalmanagement des Senats.

[Beifall bei der CDU]

In Berlin ist der Einstellungstermin viel zu spät, die Bezahlung zu schlecht, der Angestelltenstatus nachteilig, die zuständigen Mitarbeiter in der Senatsverwaltung nie zu sprechen, Mehrbelastungen, schlechte Stimmung – das ist die Situation in Berlin. In den anderen Bundesländern sieht es anders aus. Einen Tag, nachdem sich ein junger Berliner in Frankfurt am Main beworben hat, meldet sich der dortige Schulleiter und sagt ihm zu, dass er sofort eingestellt und auch verbeamtet werden würde. So kümmert man sich um gutes Personal!

[Beifall bei der CDU]

Ich frage Sie, Herr Zöllner: Wann wussten Sie eigentlich, dass es zu wenig Lehrer nach den Sommerferien geben würde? Warum haben Sie jahrelang die Schülerdatei verschleppt? Wie viele Lehrer fehlten denn am ersten Schultag, wenn es heute noch 70 Lehrer sind? Wie viele Lehrer arbeiten sich mit Fristverträgen von zwei oder drei Monaten durch das ganze Jahr? Wann werden Sie die noch fehlenden 70 Lehrer einstellen? Gibt es überhaupt genug Lehrer für Ihre pädagogischen Verbesserungen? Herr Zöllner, Sie sind bisher der Öffentlichkeit Antworten schuldig geblieben! Verlässliche Bildungspolitik sieht anders aus!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Qualität ohne Personal kann es nicht geben. Wir fordern deshalb die Entfristung aller befristeten Verträge. Wir fordern eine Übernahmegarantie für Absolventen mit Bestnoten und die Sicherstellung, dass Referendare auch an ihrer Schule bleiben können, wenn sie dort gebraucht werden. Wir fordern die Wiedereinführung der Verbeamtung, um endlich wieder konkurrenzfähig zu werden.