S-Bahn Berlin GmbH in die Pflicht nehmen (2): zusätzliche kostenlose Angebote als Entschädigung der Fahrgäste für nicht erbrachte Verkehrsleistungen
Konsequenzen aus dem S-Bahnchaos (III): Entschädigungsmodell als Werbung für einen attraktiven Berliner ÖPNV
Strategie zur Bewältigung der gegenwärtigen S-Bahnkrise: Priorität für einen dauerhaft zuverlässigen und sicheren S-Bahnverkehr in Berlin und Brandenburg, faire Wettbewerbsbedingungen bei künftigen Ausschreibungen
Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu acht Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU. Das Wort hat Herr Friederici. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade die SPD hat in den letzten Tagen viel über die S-Bahn auf einem Parteitag geredet. Mal sehen, welche Aktionen nun der Senat diesbezüglich entfalten wird. Tatsache ist doch: Die S-Bahn fährt nicht vertragsgemäß, SPD und Linke regieren zwar in Berlin, aber sie sehen wieder keine Verantwortung bei sich.
Was ist eigentlich seit dem letzten Winterchaos passiert? Was ist die Bilanz von Rot-Rot zur Bewältigung der fast zwei Jahre dauernden S-Bahnkrise? – Vor acht Monaten, also nach dem letzten Winter, fuhr die S-Bahn zu knapp 70 Prozent in unserer Stadt. Vorvorletzte Woche waren es 74 Prozent, so Herr Franz vom VBB. In also gerade mal acht Monaten hat sich der S-Bahnverkehr um 4 Prozent erhöht. Das ist die Bilanz der Berliner S-Bahnthematik für den rot-roten Senat. Zwischendurch wurde gedroht, zwischendurch war Herr Wowereit bei Kaffee und Gebäck zum Chefgespräch bei Bahnchef Grube, Nettigkeiten wurden ausgetauscht. Das Ergebnis sehen wir heute: Reihenweise fallen immer noch Züge, ganze Linien fallen aus, siehe die S 85, reihenweise Zwanzigminutentakte, verkürzte Züge mit nur vier Wagen. Auch dieses eine Bilanz der angeblich so harten Nachforderungen des Berliner Senats.
Frau Matuschek! Wenn ich Sie langweile, dann gehen Sie aus dem Raum! Ganz einfach. – Herrn Wowereit und Frau Junge-Reyer ist zu empfehlen, vielleicht doch einmal mit der Berliner S-Bahn zu fahren, vielleicht auch einmal aufzunehmen, wie die Stimmung in den Wagen ist. Vielleicht werden Sie nicht nur dort ausgepfiffen wie in Lichtenrade und bei vielen Bürgerdemonstrationen gegen die Flugrouten, vielleicht passiert Ihnen das ja auch mangels Leistung in der Berliner S-Bahn.
Da kommen dann auch immer wieder hilflose Ablenkungsmanöver bei Rot-Rot, beispielsweise durch den Herrn Finanzsenator. Er will nun wieder die S-Bahn kaufen, er will ganz schnell damit die Krise beenden. Ja, in welcher Zeit leben wir eigentlich? – 62 Milliarden Euro Schulden hat die Stadt Berlin. Diese werden von Rot-Rot nicht nur verwaltet, sondern auch noch vergrößert. Da will dieser rot-rote Senat ein Verkehrskombinat unter dem Dach der BVG bilden und das, wo doch die S-Bahn nicht im Traum von der Deutschen Bahn verkauft werden soll. Ich möchte mal wissen, mit welchem Realitätsverlust dieser Senat in den letzten zehn Monaten seines Regierens eigentlich noch ausgestattet sein will!
[Beifall bei der CDU – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Wessen Interessen vertreten Sie eigentlich?]
Auch so ein hilfloses Manöver des Wowereit-Senats war das Vorhaben der Teilausschreibung für das S-Bahnnetz. Inzwischen ist das ja grandios vom SPD-Parteitag ausgebremst worden. Der Senat hat beschlossen, einzelne Filetstrecken der S-Bahn auszuschreiben, der Rest soll wohl bei der S-Bahn bleiben. Rot-Rot zerstört damit das Einheitsnetz der Berliner S-Bahn. Rot-Rot verunsichert damit nicht nur die Kunden, sondern auch die Mitarbeiter der Berliner S-Bahn, die nun wirklich nichts, aber auch gar nichts für das S-Bahndesaster können. Der Berliner Senat hat jahrelang zugesehen, wie bei der Berliner S-Bahn Personal in Werkstätten und auch Werkstätten abgebaut wurden. Jahrelang wurde zugesehen, wie die Fahrzeugreserven aufgelöst wurden und auch Werkzeugteile immer weiter zurückgefahren wurden. Diese Gleichgültigkeit des Senats und die nun erfolgende Teilausschreibung machen es dem Unternehmen im Moment auch sehr schwer, dringend notwendiges Personal in den Werkstätten und auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Deswegen hat die Berliner CDU-Fraktion schon vor rund einem Jahr deutlich gesagt, wie wir die S-Bahnkrise überwinden können. Es muss zuallererst ein Sanierungsvertrag her, in dem mit klaren Kriterien geregelt ist, wann und zu welcher Zeit die S-Bahn wieder hundertprozentig stabil und vor allem zuverlässig fährt. Gleichzeitig sind die Zahlungen bei einem Nichterreichen der klar definierten Ziele noch deutlicher zu reduzieren. Nach dem Konzept der Berliner CDU-Fraktion wird das Ziel eines stabilen S-Bahnverkehrs einerseits durch die Neubeschaffung von Fahrzeugen erreicht,
die wir mit dem Beginn des nächsten gehabt hätten, wenn Sie gehandelt hätten. Frau Matuschek! Ja, wenn der Senat richtig gehandelt hätte! – Dieser stabile S-Bahnverkehr wäre zusätzlich mit der klaren Vertragsdefinition erreicht worden, dass die alten Fahrzeuge der Baureihe 485 zu klaren Fristen wieder mit den benötigten Ersatzteilen in den Dienst gestellt werden. Wenn man keine Forderungen an die S-Bahn stellt und vonseiten des Senats keine harten Verhandlungen führt, dann sieht man die Ergebnisse: nur vier Prozent S-Bahnverkehr in acht Monaten.
Wenn die Berliner S-Bahn dann die neuen Fahrzeuge gehabt hätte – hier ist leider durch Rot-Rot ein Jahr unnütz vertan worden –, hätten wir in Kürze einen stabilen und verlässlichen S-Bahnverkehr. Der Anreiz für das Unternehmen, diese Investitionen zu leisten, wäre durch eine Verlängerung des Vertrages um einige wenige Jahre erreichbar gewesen. Es wäre dann zu einer späteren Neuausschreibung des gesamten Netzes zu fairen Konditionen und Bedingungen gekommen, weil nämlich die S-Bahn zum einen endlich den benötigten stabilen Wagenpark gehabt hätte und zum anderen ihre Hausaufgaben gemacht hätte und wettbewerbsfähig gewesen wäre.
Unruhe ist ebenfalls entstanden, weil Rot-Rot zunächst sagenhafte acht Monate mit der Geschäftsführung der Berliner S-Bahn erfolglos verhandelt und zwischendurch blind vor Aktionismus diese Teilausschreibung begonnen hat. Nun werden sich sicherlich Investoren melden, die das Filetteilnetz der S-Bahn betreiben wollen. Auch das ist wieder eine Leistung von Rot-Rot. Da steckt Frau Matuschek in nichts zurück. Das ist soziale Gerechtigkeit und Verkehrsgerechtigkeit à la Rot-Rot.
Noch ein Absatz zum Börsengang der Deutschen Bahn: CDU/CSU und FDP haben im Bund in ihrer Koalitionsvereinbarung glasklar das Ziel des Börsengangs der Deutschen Bahn AG ad acta gelegt.
Lesen Sie sich das genau durch! Rufen Sie sich in Erinnerung, was Bundsverkehrsminister Ramsauer dazu immer und immer wieder gesagt hat! Demgegenüber erinnere ich daran, dass SPD und Grüne keine Gelegenheit ausgelassen haben, in ihrer Verantwortung in der Bundesregierung von 1998 bis 2005 den Börsengang der Deutschen Bahn AG – wie im Übrigen auch das Projekt „Stuttgart 21“ – massiv voranzutreiben.
Diverse zurückgetretene Bundesverkehrsminister der SPD unter Rot-Grün – also Franz Müntefering, Reinhard Klimmt, Kurt Bodewig, Manfred Stolpe – und zuletzt der abgewählte Wolfgang Thierse haben gemeinsam mit dem ihnen sehr nahestehenden Bahnchef Mehdorn das Projekt „Börsengang der Deutschen Bahn“ aktiv betrieben.
[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Das hätten Sie doch mit Ramsauer in einem Telefonat klären können!]
Das führte dann in der Konsequenz hier in Berlin im Teilunternehmen Berliner S-Bahn zu der eklatanten Fehlentscheidung, deren Chaos-Ergebnisse der rot-rote Senat in Berlin zu verantworten hat. Das ist verantwortungslose Verkehrspolitik der Sozialdemokraten unter willfähriger Mithilfe der Linken. Erst ein Staatsunternehmen wie die Deutsche Bahn auf das falsche Gleis setzen und dann bei der darunter leidenden Berliner S-Bahn die falschen Weichen stellen! So sieht keine nachhaltige Stadt- und Verkehrspolitik für Berlin aus. Wie beim A-100-Chaos, beim Chaos mit dem BBI-Eröffnungstermin