Protocol of the Session on March 17, 2011

Login to download PDF

[Beifall bei der FDP]

Selbst bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems ist eine Kooperation zwischen Bund und Ländern nur sehr eingeschränkt möglich. Studien und Analysen allein machen das Bildungssystem in Deutschland nun wahrlich nicht besser. Auf Grundlage der analytischen Ergebnisse müssen auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden. Und auch das geht besser im Zusammenspiel mit Bund und Ländern. Die Forderung nach Aufhebung des Kooperationsverbots ändert nichts an der Länderhoheit für Bildungsfragen. Daran wird nicht gerüttelt. Auch künftig kann der Bund nur mit den Ländern Projekte im Bildungsbereich umsetzen, niemals gegen sie. Die Kultushoheit der Länder ist ohnehin durch die Ewigkeitsklausel grundgesetzlich verankert, damit unantastbar. Allerdings, das wissen Sie, auch bei der KMK muss sich was ändern. Da müssen wir dringend was ändern. Aber das sage ich hier auch deutlich, das wäre der zweite Schritt. Wir müssen endlich den ersten Schritt gehen. Lippenbekenntnisse zur Aufhebung, Kritik am bestehenden Kooperationsverbot reichen nicht mehr. Es gilt, jetzt Farbe zu bekennen. Deshalb sagen Sie Ja zu dieser FDP-Bundesratsinitiative! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Frau Senftleben! – Für die SPD-Fraktion hat Frau Dr. Tesch das Wort.

[Zurufe von der FDP]

Wenn Sie immer schon wissen, was ich sage, Frau Senftleben, ist es ja gar nicht spannend.

[Zuruf von der FDP]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag fordert die FDP den Senat auf, eine Bundesratsinitiative zu initiieren, die das Ziel hat, das Kooperationsverbot im Bildungsbereich, das durch die Föderalismusreform 2006 geschaffen wurde, aufzuheben. Die Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 führte das sogenannte Kooperationsverbot ein. Im Rahmen der Föderalismusreform 2006 wurde diese Koalitionsvereinbarung dann umgesetzt. Damit ist die Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung beendet worden. Ich habe lange in meinem Grundgesetz – ich habe immer mein Grundgesetz bei mir – nach diesem Artikel 90b gesucht, bis ich dann herausfand, dass es sich um den Artikel 91b handelt. Das ist wahrscheinlich ein Tippfehler in der Begründung Ihres Antrags, aber das nur am Rande.

[Mieke Senftleben (FDP): Danke Ihnen sehr! Haben Sie lange für gebraucht!]

Ach, Sie haben es schon gemerkt!

[Zuruf von der FDP: Sind Sie Lehrerin?]

Ja, natürlich! Lehrerinnen merken so was immer gleich. – Die Kommission für Bildungsplanung als ständiges Gesprächsforum für alle Bund und Länder gemeinsam berührenden Fragen des Bildungswesens und der Forschungsförderung wurde damit abgeschafft. Ziel der Grundgesetzänderung war die Stärkung der Zuständigkeit der Länder im Schulbereich, auch dadurch, dass Finanzhilfen des Bundes nunmehr unzulässig sind. Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und Berlin wurde aus Berliner Sicht aber erfolgreich in der BLK bis zur Föderalismusreform 2006 praktiziert, denn Berlin hat sich an den meisten Programmen beteiligt. Und durch diese Programme wurden wesentliche Impulse für die Weiterentwicklung der Qualität in Berliner Schulen gesetzt.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Wir haben im baulichen Bereich immer viel davon profitiert, zum Beispiel auch von dem Investitionsprogramm – IZBB –, das noch von Rot-Grün, wie Sie wissen, initiiert wurde.

[Mieke Senftleben (FDP): Das war aber vor dem Kooperationsverbot!]

Genau! Das kam damals sehr den Grundschulen zugute, die wir dadurch alle zu Ganztagsgrundschulen machen konnten.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD) Frau Senftleben! Wir haben auch jetzt Mittel aus dem Konjunkturpaket II abgerufen – trotz des Verbots –, eben für energetische Sanierung. [Mieke Senftleben (FDP): Wunderbar, dass Sie mich jetzt darauf aufmerksam machen!]

Sie haben in der Begründung Ihres Antrags gesagt, dass die Gemeinschaftsaufgabe Bildung in Berlin nicht ausreichend realisiert wurde. Ich sage Ihnen nun, dass es doch realisiert wurde – auch in den einzelnen Programmen. Wir haben uns an mehreren Programmen beteiligt. Ich will sie jetzt nicht alle auflisten, aber ich habe mir einige herausgesucht. Da ist zum Beispiel SINUS, dann FörMig – die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergund, ein ganz wichtiges Programm, über das wir gerade in unserem Arbeitskreis gesprochen haben. Da gibt es eine Bibliotheksinitiative zum Beispiel an der Lenau-Grundschule, die mit diesem Programm auch finanziert wurde – und das Programm „Demokratie lernen & lehren“ usw. Es gibt zig verschiedene Programme, an denen sich Berlin in hervorragender Weise beteiligt hat. Man kann vor diesem Hintergrund also nicht sagen, dass die Gemeinschaftsaufgabe Bildung nicht realisiert worden ist.

Und es hat sich – das haben Sie auch schon gesagt – im Rahmen des Bildungspakets gezeigt, dass der Bund im Schulbereich auf eine punktuelle Förderung der Bildungsmöglichkeiten, namentlich für sozialschwache Schülerinnen und Schüler, beschränkt. Deswegen sprechen für die Forderung nach Aufhebung des Kooperationsverbots auch gute Gründe, und eine Bundesratsinitiative wird auch oft von Bildungspolitikerinnen und -politikern der SPD in der Bundestagsfraktion gefordert. Das ist mir durchaus bekannt. Der Vorschlag muss aber sorgfältig innerhalb des Landes Berlin und auch mit den anderen Ländern abgestimmt werden.

[Sebastian Czaja (FDP): Das machen Sie jetzt?]

Mir wird gesagt, wenn ich nachfrage, dass die Aussichten für eine erfolgreiche Bundesratsinitiative als schlecht eingeschätzt werden, weil die erforderliche Zweidrittelmehrheit, die nötig ist, um die Verfassung zu ändern, im Bundestag und Bundesrat nicht vorhanden ist. Deswegen würde eine solche Bundesratsinitiative ins Leere laufen.

[Sebastian Czaja (FDP): Deswegen müssen Sie doch mitmachen!]

Es ist doch Quatsch, bei etwas mitzumachen, von dem man weiß, es hat keinen Erfolg. Ich sage nicht, dass alles Quatsch ist, sondern ich bitte um die Überweisung dieses Antrags in den Bildungsausschuss. – Ich danke Ihnen!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Özcan Mutlu (Grüne): Da geht es sowieso hin!]

Vielen Dank, Frau Dr. Tesch! – Frau Senftleben bittet um eine Kurzintervention.

Herr Präsident! Frau Dr. Tesch! Bei jedem Podium, wenn wir über das Problem der Finanzierung Bund/Länder reden, kommt als Erstes von der Kollegin Dr. Tesch – Betonung auf Doktor – : Ja, das Kooperationsverbot muss

weg! – Ich habe noch nie so eine Rumeierei wie eben gehört, wie Sie diesen im Grunde offensichtlich guten Antrag derartig blöde hier vorn vorgetragen haben.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Jetzt komme ich zu den Punkten, die Sie nannten. Zu Ihrer Information: Das IZBB wurde noch vor dem Kooperationsverbot – –

[Dr. Felicitas Tesch (SPD): Das habe ich doch gesagt!]

Das haben Sie so deutlich nicht gesagt!

Das Thema K II: Bei dem K-II-Paket musste die Bundesregierung extra wieder einen Umweg finden, der nämlich besagt, dass es bei Katastrophen offensichtlich doch Möglichkeiten gibt oder bei Finanzschwächen geben könnte, hier einzugreifen. Deswegen war das K-II-Paket überhaupt erst gültig.

Zum Thema Bundesratsinitiativen: Da habe ich immer gedacht, dass dies die Länder machen, dass es überhaupt nichts damit zu tun hat, ob Ihre Kollegen im Bundestag dieses meinen oder nicht. Und zum Thema Erfolg kann ich nur sagen: Rot-Grün in NRW bläht die ganze Zeit durch die Gegend, sie wollen das Kooperationsverbot löschen. Sie wollen eine Bundesratsinitiative initiieren. Schleswig-Holstein hat schon eine Bundesratsinitiative initiiert. Da kann ich nur sagen: Farbe bekennen! Hier nicht rumeiern! Machen Sie einfach mit!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Zur Erwiderung Frau Dr. Tesch!

[Özcan Mutlu (Grüne): Jetzt wollen wir mal was Konkretes hören! Nicht wieder rumeiern!]

Herr Präsident! Ich wollte mich zu so einem Schwachsinn eigentlich nicht noch einmal äußern.

[Unruhe bei der FDP]

Da ich hier aber angeschrieen werde, wollte ich der Kollegin sagen, dass man nicht unbedingt recht hat, wenn man schreit,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

und sie mir auch hätte zuhören können. Denn ich habe selbstverständlich gesagt, dass das IZBB vorher war – ich habe sogar von der rot-grünen Bundesregierung gesprochen –, dass ich mich aber auf die Begründung Ihres Antrags bezogen habe, in dem Sie schreiben, Berlin habe da nie partizipiert, und dem habe ich widersprochen. Natürlich wäre heute vieles einfacher, wenn wir dieses Kooperationsverbot nicht hätten. Dann müsste man nicht solche Verrenkungen mit K II machen. Da stimme ich Ihnen zu. Da sind wir gar nicht auseinander!

[Beifall bei der SPD – Mieke Senftleben (FDP): Das ist doch mal eine Aussage!]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Steuer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schöne an der Bildungspolitik ist, dass man sich auch richtig zanken kann, wenn man einer Meinung ist. Aber das ist vielleicht zugleich auch das Mysterium für alle anderen.

Mehr Geld allein macht nicht glücklich, und wie wir in der Berliner Schule sehen können, auch nicht unbedingt schlauer. Die Berliner Hauptschule war die teuerste Schulform Deutschlands und gleichzeitig die ineffizienteste mit den schlechtesten Leistungen, die die Schüler dort am Ende ihrer Schullaufbahn erbracht haben. Aber auch die anderen Schulformen in Berlin sind teurer als in den meisten anderen Bundesländern. Das liegt zum einen an dem höheren Durchschnittsalter der Lehrerinnen und Lehrer, aber zum anderen auch an einem ineffektiveren Mitteleinsatz. Wir können daran sehen, dass mehr Geld und mehr Mittel allein nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen führen müssen. Das sehen wir auch, wenn wir uns die einzelnen Bundesländer anschauen und sehen, was dort für Mittel eingesetzt werden und wie die Ergebnisse beispielsweise bei Pisa sind. Es muss also als erstes darum gehen, dass jedes Bundesland seine Hausaufgaben erledigt, bevor man nach mehr Geld vom Bund rufen kann.

[Beifall bei der CDU – Mieke Senftleben (FDP): Das bestreitet auch kein Mensch!]

Erst dann, wenn man die Hausaufgaben gemacht hat, darf man nach zusätzlichen Mitteln vom Bund rufen. Dabei kann es nach meiner Auffassung nur um zusätzliche Projekte gehen, um eine grundsätzliche Weiterentwicklung und nicht um allgemeines, zusätzliches Geld ins System oder an jede einzelne Schule. Der Bund muss also zusätzliche Aufgaben übernehmen, die das System insgesamt voranbringen und auf die man sich auch mit den Bundesländern verständigt. In diesem Sinne finde ich eine Aufhebung des Kooperationsverbots richtig. So haben wir es auch bisher, bevor es das Kooperationsverbot gegeben hat, schon erlebt.

Frau Senftleben! Es ist insofern kontraproduktiv, wenn Sie in Ihrem Antrag eine grundsätzlich richtige Forderung nach Aufhebung des Kooperationsverbots mit ganz konkreten Vorschlägen, wo das Geld, das vom Bund eventuell kommen könnte, eingesetzt werden kann, vermischen. Sie schlagen dazu vor, das Geld pauschal an alle 40 000 Schulen Deutschlands zu verteilen. Ich sage Ihnen: Wenn Sie es ernst meinen mit einer Aufhebung des

Kooperationsverbots, unterlassen Sie solche konkreten Forderungen, bei denen sich der Bund und die anderen Bundesländer die Haare raufen, wenn noch pauschal zusätzliches Geld in die ohnehin ineffizienten Berliner Schulen gekippt werden soll! So werden wir nicht viel erreichen.

[Beifall bei der CDU]