Protocol of the Session on April 14, 2011

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[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags auf Drucksache 16/4050 federführend an den Ausschuss für Bauen und Wohnen und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 13:

Wahl

Zwei Vertreter oder Vertreterinnen der Berliner Arbeitgeberverbände zu Mitgliedern des

(ruhenden) Kuratoriums der Freien Universität Berlin sowie deren Stellvertreter/-innen

Wahlvorlage Drs 16/4003

Wir kommen zur einfachen Wahl durch Handaufheben. Wer die in der Vorlage genannten Personen in das Kuratorium der Freien Universität Berlin wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Danke! Die Gegenprobe! – Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Enthaltungen sehe ich auch nicht. Dann ist das einstimmig so beschlossen. Damit sind die vorgeschlagenen Personen gewählt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 13 A:

Volksinitiative gemäß Artikel 61 Abs. 1 VvB und dringliche Beschlussempfehlung

„Schule in Freiheit“

Volksinitiative gemäß Artikel 61 Abs. 1 VvB Drs 16/3744 Beschlussempfehlung BildJugFam Drs 16/4053

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP vor, Drucksache 16/4053-1, sowie der Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 16/4053-2, und der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 16/4053-3.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Berliner Abstimmungsgesetzes haben die Vertrauenspersonen einer Volksinitiative ein Recht auf Anhörung in den zuständigen Ausschüssen. Diese Anhörung ist im Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie erfolgt. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 Abstimmungsgesetz findet nach der Anhörung eine Aussprache zur Volksinitiative im Abgeordnetenhaus statt.

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Die Redefolge richtet sich nach der Fraktionsstärke. Es beginnt die Fraktion der SPD in Person von Frau Dr. Tesch. – Bitte schön, Frau Dr. Tesch! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße ausdrücklich die Vertreter der Volksinitiative „Schule in Freiheit“, die den Weg zu uns gefunden haben. Wir haben uns an dieser Stelle bereits am 13. Januar in einer ersten Lesung mit Ihrem Anliegen befasst. Wir hatten dann eine Anhörung im Ausschuss und haben nach Auswertung dieser Anhörung vor genau einer Woche eine Stellungnahme entwickelt, die wir jetzt mit Dringlichkeit einbringen. Darin betonen wir vor allem, dass uns das Anliegen dieser Volksinitiative sehr am Herzen liegt, dass wir jetzt damit auch ein Instrument direkter Demokratie geschaffen haben und dass wir vor Ihrem Engagement großen Respekt haben.

[Sebastian Czaja (FDP): Handeln Sie auch, oder reden Sie nur?]

Die Politik steht aber auch in einer Verantwortung, die die Qualität aller Schulen im Auge haben muss und damit auch die Bildungschancen von allen Schülerinnen und Schülern.

[Christoph Meyer (FDP): Das tun Sie schon lange nicht mehr!]

Wir wissen, dass der Staat eben auch in der Verantwortung ist, für alle Kinder und Jugendlichen ein gleichwertiges Bildungsangebot in der Stadt vorzuhalten. Für mich ist der wichtigste Satz in unserer Stellungnahme, die relativ lang ist, dass für uns eine ausreichende Finanzierung und Gewährleistung eines für alle zugänglichen, breiten und qualitativ hochwertigen öffentlichen Bildungsangebots Priorität hat.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

In dieser Anhörung haben fünf von Ihnen benannte Mitglieder der Initiative Stellung bezogen, und ich muss sagen, es waren fünf relativ unterschiedliche Stellungnahmen, die auf unterschiedliche Dinge Gewicht gelegt haben. Insgesamt gibt es drei Blöcke von Forderungen, die Sie hier aufstellen. Der erste Block ist die pädagogische Freiheit. Wir sind auch dafür, dass die Schulen mehr Freiheit bekommen, und haben in diesem Sinne auch bereits gehandelt – mit § 7, der eine größere finanzielle Freiheit vorsieht, und mit § 8, der mir besonders am Herzen liegt und der eine größere inhaltliche, pädagogische Freiheit bringt. Dort legen wir fest, dass die Schulen ein Schulprogramm entwickeln müssen, das in der Schulkonferenz abgestimmt wird und das sich auch regelmäßigen Evaluierungen zu unterziehen hat.

Ihre Forderung aber – die Forderung der Volksinitiative „Schule in Freiheit“ – nach einer selbstständigen Gestaltung der pädagogischen Inhalte und gleichzeitig der Qualitätsmaßstäbe durch die Schulen können wir so nicht unterstützen, denn dann wäre der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet. Meine Damen und Herren! Sie fordern ja auf der anderen Seite auch, dass die Abschlüsse an den Berliner Schulen einer gewissen Vergleichbarkeit unterliegen sollen. Ich denke dabei auch daran, dass die CDU gerade noch einen Antrag eingebracht hat, wonach es ein Deutschland-Abitur geben soll. Das heißt, Sie wollen nicht nur, dass die Berliner Schulen untereinander vergleichbar sind, sondern dass auch deutschlandweit ein gewisser Standard besteht, damit eine Mobilität der Eltern gewährleistet ist.

Die zweite Forderung sieht die gleichberechtigte Finanzierung vor. Aus unserer Sicht ist eine völlig gleiche Finanzierung von staatlichen und privaten Schulen nicht möglich, weil die Schulen in freier Trägerschaft bei ihren Ausgestaltungen andere Möglichkeiten haben. Bei der Forderung nach einer größeren Transparenz gehen wir allerdings mit. Wir haben ja auch bei der Stellungnahme zu einer roten Nummer des Hauptausschusses darauf hingewiesen, dass wir gern die Errechnung einer Musterschule hätten, um den Bedarf für Schulen in freier Trägerschaft ausrechnen zu können.

[Özcan Mutlu (Grüne): Das haben Sie uns abgelehnt!]

Es ist Ihnen nicht gestattet, von oben Kommentare abzugeben! Es tut mir leid. –

[Zurufe]

Ach, es war Herr Mutlu! Herr Mutlu klingt für mich so, als ob er von oben redet.

[Heiterkeit bei der Linksfraktion und den Grünen]

Dann entschuldige ich mich noch einmal sehr bei den Initiatoren der Volksinitiative.

[Özcan Mutlu (Grüne): Sie haben das doch im Hauptausschuss abgelehnt!]

Also: Wir halten deshalb – ihr braucht euch nicht um mich zu sorgen, ich kann damit umgehen – auch an einer Wartefrist fest. Ob es immer bei den Jahren bleiben muss, die wir jetzt haben, das soll das künftige Abgeordnetenhaus entscheiden. Aber die Wartefrist völlig abzuschaffen, halte ich nicht für günstig. Wir haben bereits die Wartefristen für die bewährten Träger herabgesetzt. Wenn jetzt aber jemand mit einem völlig neuen pädagogischen Programm kommt, sollte meiner Ansicht nach geprüft werden, ob das vergleichbar mit den Programmen öffentlicher Schulen und den Rahmenlehrplänen ist. Letztlich fordern Sie eine selbstständige Organisation, die wir bereits in § 7 vorgesehen haben. Dort können die Schulen schulbezogene Ausschreibungen machen. Sie können sich ihr Personal teilweise auswählen. Bei einem Personalwechsel, also einer Umsetzung von einer Schule in eine andere, ist es aber schwieriger, weil dann die zuständigen Gremien wie Personalrat, Frauenvertreterin und Behindertenvertreter mitreden können.

Ich wollte eigentlich noch auf die Änderungsanträge eingehen, aber ich sehe, dass ich dafür keine Zeit mehr habe.

[Sebastian Czaja (FDP): Also sind Sie dagegen?]

Deshalb stelle ich fest, dass wir unserer Stellungnahme zustimmen, weil sie einfach besser ist, Herr Kollege, und weil wir das auch schon im Ausschuss dargestellt haben. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Steffen Zillich (Linksfraktion)]

Danke schön, Frau Dr. Tesch! – Für die CDU-Fraktion hat nunmehr der Kollege Steuer das Wort. – Bitte schön, Herr Steuer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDUFraktion teilt die grundsätzlichen Ziele der Volksinitiative ausdrücklich. Wir wollen auch hier noch einmal sagen, dass wir uns darüber freuen, dass so viele Berlinerinnen und Berliner an der Volksinitiative aktiv teilgenommen, sich damit politisch eingebracht und einen Beitrag geleis

tet haben zur Verbesserung der Debatte über wichtige bildungspolitische Inhalte.

[Beifall bei der CDU]

Ich möchte auch gern zu den drei Zielen der Volksinitiative Stellung beziehen. Es ist richtig, zu einer gleichberechtigten Finanzierung der Schulen zu kommen, völlig unabhängig davon, in welcher Trägerschaft sie sich befinden. Letztlich ist der einzelne Schüler uns doch gleich viel wert, völlig unabhängig davon, welche Schulform, welche Schulart oder welche Art von Trägerschaft er besucht. Wir können nicht nachvollziehen, dass es die Koalition zumindest in den zehn Jahren, die ich dem Hauptausschuss angehöre, nicht geschafft hat, ein transparentes und nachvollziehbares Finanzierungsmodell für die freien Schulen vorzulegen und eine ehrliche Debatte darüber zu führen, wie die Schulen gleichmäßig bezuschusst werden können. Nein, es ist sogar zu Kürzungen der Zuschüsse an Schulen in freier Trägerschaft gekommen. Die CDUFraktion hat mehrfach die Rücknahme der Kürzung dieser Zuschüsse beantragt.

Zu dem zweiten Thema, der selbstständigen Organisation der einzelnen Schule, ist zu sagen, dass wir auch hier ausdrücklich das Ziel teilen, dass wir immer mehr Schritte gehen müssen zu einer selbstständigen Schule. Letztlich hat das Modell eigenverantwortliche Schule gezeigt, dass die Selbstverantwortung und Autonomie der Einzelschule positive Effekte bringt. Viele freie Schulen und Schulen anderer Länder machen uns das vor. Insofern sollten wir auch hier in die Richtung der Volksinitiative gehen.

Die Frage der pädagogischen Freiheit, der dritte Aspekt, muss in einer Balance betrachtet werden mit der Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit der Abschlüsse und Bildungsstandards. Wenn dies gewährleistet ist, so, wie zum Beispiel durch das Deutschland-Abitur, das wir heute auch beantragen, dazu später aber wegen der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr reden werden,

[Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

dann ist auf der anderen Seite selbstverständlich auch eine größere Freiheit in pädagogischer Hinsicht an der Einzelschule möglich.

Wir haben in den vergangenen fünf Jahren als CDUFraktion diverse Anträge gestellt, die in die gleiche Richtung zielen, wie die Texte der Volksinitiative. Dazu gehört eine Rücknahme der Kürzungen der Zuschüsse an die Schulen in freier Trägerschaft, mehr Mittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung an die Einzelschule zu geben,

[Christoph Meyer (FDP): Aber Lehrer verbeamten!]

die gleichen Standards bei Prüfungen durchzusetzen und damit mehr pädagogische Freiheiten zu erlauben. Wir haben in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses auch beantragt, die Wartefristen für Schulneugründungen freier Schulen zu verkürzen, und mit der Bezuschussung schon früher zu beginnen als erst nach einem kompletten Schülerdurchlauf.