Ausgerechnet Die Linke, die keine Gelegenheit ausgelassen hat, um gegen Ein-Euro-Jobs im Bund zu protestieren, setzt in Berlin dieses Instrument bevorzugt und massenhaft im Bereich der Mobilitätshilfedienste ein. Damals hat die zuständige Staatssekretärin, Frau Leuschner, gesagt:
Der Europäische Sozialfonds kann, darf und wird nicht die Kürzungen im Liga-Vertrag ersetzen. Wir qualifizieren entsprechende Beschäftigte, nicht Ehrenamtliche, sondern Langzeitarbeitslose. Es werden Menschen richtig angestellt und qualifiziert, um künftig in den Regiestellen, und damit auch nachhaltig, in den Mobilitätshilfediensten tätig zu sein.
Wie viele Menschen haben Sie qualifiziert und haben in diesem Bereich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bekommen? Haben Sie Effektivität und Qualität der Maßnahmen seit Ihrer Umstrukturierung überhaupt überprüft? Wenn wir heute ein Desaster in diesem Bereich haben, dann ist dies Ihre Verantwortung, verehrte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot.
Sie haben gewachsene Strukturen gekürzt und haben sich auf zeitlich beschränkte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen verlassen. Das ist sehr kurzsichtig gewesen, denn arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind nicht geeignet, um soziale Infrastruktur abzusichern. Dann kommt es noch schlimmer. Sie haben sich um keine Lösung gekümmert, obwohl seit Langem alle Signale auf Alarm stehen. In welche Richtung soll es jetzt gehen, Frau Senatorin Bluhm? Wie sollen die arbeitsmarktpolitischen Kürzungen in diesem Bereich überhaupt abgefangen werden? Selbst, wenn das Bundesfreiwilligengesetz auch für SGBII-Empfängerinnen und -Empfänger geöffnet wird, wie werden Sie das ohne Trägerpauschalen umsetzen? Haben Sie Bürgerarbeitsplätze dafür vorgesehen? Haben Sie überhaupt ein Konzept, wie Sie den Mobilitätshilfedienst zukünftig sicherstellen wollen?
Ja, die Berliner Mobilitätshilfedienste sehen ihre Arbeit sehr stark in Gefahr und protestieren mit Recht, denn Ihre
Untätigkeit müssen sie und die unterstützungsbedürftigen Menschen ausbaden. Sozial gerechte Politik ist das nicht.
Jetzt zu dem CDU-Antrag: Ihr Antrag geht in unsere Richtung. Wir wollen, dass Rot-Rot noch in dieser Wahlperiode sagt, wie die Mobilitätshilfedienste im notwendigen Umfang und in der notwendigen Qualität abgesichert werden sollen. Wir wollen eine verlässliche Begleitung älterer Personen und von Menschen mit Behinderungen. Rot-Rot hat die heutigen Probleme verursacht und ist auch in der Verantwortung, eine Lösung zu präsentieren. Noch regieren Sie, meine Damen und Herren von RotRot! Also machen Sie Ihre Arbeit!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hoffmann! Es bedarf wirklich nicht Ihres moralischen Zeigefingers, dieses Problem anzugehen. Es ist eines, das auf dem Tisch liegt und ganz bestimmt nicht vergessen wird.
Die rot-rote Koalition fühlt sich seit vielen Jahren verpflichtet, den Ansprüchen mobilitätseingeschränkter Personen gerecht zu werden – das ist ja wohl klar ersichtlich –, ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern und sie bei der selbstbestimmten Lebensführung zu unterstützen. Es gibt nicht nur die Mobilitätsdienste in dieser Stadt, die ein vorbildliches Zusatzangebot sind, sondern wir haben ein Mobilitätskonzept, übrigens auch ausführlich im Ausschuss besprochen – falls Sie zugehört haben sollten.
Wir legen den Schwerpunkt vor allem auf den barrierefreien Ausbau des ÖPNV. Den behinderten Menschen die ganz normale Teilnahme am öffentlichen Leben zu gewährleisten, muss im Vordergrund stehen. Inzwischen sind alle Busse barrierefrei, die Straßenbahn wird dies nach Auslieferung neuer Fahrzeuge bis 2017 sein. 85 Prozent aller S-Bahnhöfe und 51,5 Prozent aller U-Bahnhöfe sind dies heute, und bis zum Jahr 2015 sollen weitere 17 Stationen stufenfrei sein. Dazu kommen die Leistungen des Sonderfahrdienstes – auch ausführlich besprochen –, der im vergangenen Jahr 172 000 Berechtigte befördert hat. Das ist eine enorme Leistung. Er sollte eigentlich entlastet werden durch die Übernahme von Begleitung im Bereich bis zu 2 Kilometern von den Mobi-Diensten. Das hat nicht so gut geklappt, wie es hätte klappen können, weil die Berechtigten oft lieber den Son
derfahrdienst in Anspruch nehmen und dieses andere Angebot nicht so genutzt haben. Das hätte beiden Teilen gutgetan.
Dann gibt es den seit vielen Jahren von der Abteilung Soziales zuwendungsgeförderten Mobilitätsdienst, der dieses Zusatzangebot darstellt, besonders für den Nahbereich und für die Begleitung, die vorhin schon charakterisiert worden ist. Es lag nahe, sie ergänzend mit arbeitsmarktpolitischen Mitteln zu betreiben, denn sie entsprachen vollständig dem Anspruch, keine Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt zu sein, keine vorhandene Arbeit zu verdrängen. Das Land Berlin hat mit dem ÖBS ein gutes Instrument zur Realisierung dieser Tätigkeit entwickelt und dies mit 1,6 Millionen Euro im Ligavertrag verankert. Durch die drastische Reduzierung von Mitteln im Bereich der Arbeitsmarktförderung in diesem Jahr durch Ihre Bundesregierung, Herr Hoffmann, wurde dieser wirksame Ansatz bewusst torpediert. Trotzdem wollen und werden wir dieses Angebot fortsetzen.
Folgende Ansatzpunkte stehen dabei im Vordergrund. Für den Fortbestand des Angebots ist vorgesehen, 10 Prozent der Bürgerarbeitsplätze für die Erhaltung kultureller Angebote und der Mobi-Dienste vorzuhalten. Sicher gibt es am Anfang dabei Umsetzungsprobleme, weil viele an der zu kurzen Decke ziehen. Aber das wird sich einspielen. Es gibt bereits Bezirke, die entsprechend reagiert haben. Vorschläge für mittelfristige Maßnahmen sind die Stärkung des Mobilitätsdienstes für kurze Strecken. Z. B. könnten die mit einem Entgelt nach Kilometern entlohnt werden. Allerdings würde das Geld kosten. Frau Monteiro hat ja gerade schon eine Rechnung aufgemacht. Der Haushaltsgesetzgeber müsste sich dazu bekennen, hier einfach mehr Geld aus dem Topf nehmen und dem Mobilitätsdienst praktisch eine selbstständige Abrechnung ermöglichen. Aber – wie gesagt – das kostet Geld.
Es ist langsam an der Zeit, dass das Landesgleichberechtigungsgesetz auf seine Wirkungsweise überprüft wird. Auch das steht an. Hier ist eine Konkretisierung in Bezug auf die Mobilitätsdienste möglich. Der Sonderfahrdienst steht ja drin. Es könnte dabei über einen Rechtsanspruch – allerdings auch wieder mit entsprechender Finanzierung – nachgedacht werden.
Eine dauerhafte Weiterentwicklung des Mobilitätskonzepts ist notwendig, um Berlin wirklich zu einer barrierefreien Stadt zu machen. Und sagen Sie nicht: Das hätten Sie alles schon machen können! – Wir haben es ja gemacht.
Bestimmte Dinge müssen einfach auch weiterentwickelt werden, und da braucht die Stadt die langfristige Zusammenarbeit aller Akteure. Dazu kann z. B. eine Mobilitätskonferenz dienen. Die sollte noch im Herbst stattfinden. Da gehören die politisch Verantwortlichen, die Betroffenen und die Verantwortlichen des ÖPNV, des Sonderfahrdienstes und der Mobi-Dienste an einen Tisch, um
gemeinsam nach neuen Möglichkeiten zu suchen. Es gibt eine ganze Menge davon. Nicht alle konnten in dieser Legislaturperiode bereits umgesetzt werden. Aber Sie sehen, es gibt eine ganze Menge Ideen für uns, und wir werden daran arbeiten, auch in der nächsten Legislaturperiode dazu beizutragen. Nicht nur Menschen mit Behinderungen werden von uns ganz gewiss nicht im Stich im gelassen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Kollegen und Kolleginnen! Für Menschen mit Behinderungen oder für Senioren ist Mobilität Grundvoraussetzung für soziale Teilhabe. Ich glaube, das haben wir alle verstanden, aber offensichtlich dieser rot-rote Senat noch nicht so richtig. Er ist nämlich nicht in der Lage, dieses zu gewährleisten und dieses nachhaltig zu gewährleisten. Das zeigt letztendlich, wie unsozial Rot-Rot hier seit zehn Jahren regiert.
Ich will Ihnen drei Beispiele nennen: Das ist zum einen das S-Bahnchaos, das der Senat nicht in den Griff bekommt – immer noch nicht. Insbesondere Menschen mit einer eingeschränkten Mobilität sind davon betroffen, wenn ein Konzern dem Berliner Senat auf der Nase herumtanzt und dieser nicht in der Lage oder vielleicht auch nicht willens ist, darauf angemessen zu reagieren.
Zweites Beispiel: zwei Winter, die im Eischaos endeten. Ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen kamen tagelang, wochenlang nicht aus ihrer Wohnung. Auf die Probleme angesprochen, reagierten die zuständigen Senatorinnen Bluhm und Lompscher stets gleich: Es gibt kein Problem. Alles halb so schlimm! – Typisch Rot-Rot: Wir verharmlosen die Probleme.
Auch das Problem Sonderfahrdienst zeigt deutlich, wie Mobilität und soziale Teilhabe durch Rot-Rot verhindert werden – eine unendliche Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes! Und in der nächsten Legislaturperiode wird voraussichtlich keine nachhaltige Verbesserung eintreten – nach den Beiträgen heute von Frau Dott und von Frau Monteiro. Auch hier gilt: Probleme werden nicht angegangen, sie werden ignoriert, verharmlost, Klagen von Betroffenen werden nicht gehört. Dieser Senat handelt unsozial, wenn es um die Sicherstellung von Mobilität und sozialer Teilhabe geht.
Doch das Versagen von Rot-Rot geht weiter. Die Mobilitätsdienste wurden systematisch ausgeblutet – darauf haben mein Kollege Hoffmann und Frau Villbrandt hin
gewiesen –, die Strukturen wurden verändert, und jetzt werden sie über Hilfskonstruktionen mehr schlecht als recht finanziert. Das hat mit Nachhaltigkeit überhaupt nichts zu tun.
Aus dem eigenen Haushalt werden wenig nützliche Klientelprojekte der rot-roten Koalition finanziert. Mobilität gibt es für Genossen, z. B. für den Herrn Ehlert, und dann auch richtig: mit einem Maserati. Das ist prima. Aber Mobilitätsdienste funktionieren nicht oder nur mäßig, und das über arbeitsmarktpolitische Instrumente. Das ist unsozial, zutiefst unsozial.
In vielen Bereichen hat der Berliner Senat sich ja in den letzten Jahren aus der Finanzierung zurückgezogen, und der Bereich der Mobilitätshilfedienste ist heute darauf angewiesen, dass arbeitsmarktpolitische Instrumente weitergeführt werden. Wohin das führt, sehen wir. Ich sage Ihnen, das ist ein absoluter Irrsinn. Aufgrund der guten Arbeit der Bundesregierung – dank Schwarz-Gelb – sinkt die Arbeitslosigkeit. Sie geht rapide zurück. Liebe Frau Monteiro! Hören Sie bitte zu! Wenn die Arbeitslosigkeit sinkt, sinken auch die Eingliederungsmittel. Das ist doch ein völlig logisches Prinzip und eine logische Folge. Darunter leiden jetzt die Mobilitätshilfedienste, deren Finanzierung in Berlin auf Mittel der Bundesagentur für Arbeit angewiesen ist. Das kann es nicht sein. Das müssen Sie einfach mal begreifen. Deshalb brauchen wir an dieser Stelle eine nachhaltige Finanzierung.
Wenn Rot-Rot mit dem Finger auf die Bundesregierung zeigt – das tut Rot-Rot gern –, dann zeigen drei Finger in Richtung Rot-Rot, denn Rot-Rot macht einen wesentlichen Teil der Daseinsvorsorge in dieser Stadt von diesen Mitteln, von Mitteln des Bunds, abhängig.
Das führt letztendlich zu der widersinnigen Situation, dass Berlin eine hohe Arbeitslosigkeit braucht, um die Daseinsvorsorge in dieser Stadt zu sichern. Das nenne ich schlichtweg eine arbeitsmarktpolitische Perversion.
Der Antrag der CDU hat die Problematik gut herausgearbeitet. Rot-Rot verstößt grob gegen die UN-Konvention für Menschen mit einer Behinderung. Herr Hoffmann! Allerdings hätte ich mir konkrete Forderungen dazu gewünscht, wie die Dienste nachhaltig gesichert werden können. Sollen die eingesparten 300 000 Euro wieder in den Haushalt eingestellt werden? Kommt man mit diesem Budget überhaupt aus? Schreitet der demografische Wandel voran? – Hier erwarte ich etwas mehr „Butter bei die Fische“. Das wäre sehr schön. Wir sollten diesen Antrag diskutieren, ich sehe allerdings schwarz, wenn ich an die Redebeiträge meiner Kolleginnen von Rot-Rot denke. – Vielen Dank!