Ich kann mich noch sehr gut an Debatten in diesem Haus erinnern – Sie können gern die Protokolle herausholen und Ihrer Erinnerung ein bisschen auf die Sprünge helfen –, wie Sie hier gegen die Zweigliedrigkeit gewettert haben, wie Sie weiter für die Beibehaltung der Hauptschulen,
und nicht bereit waren, in der Fläche die Hauptschule abzuschaffen. Ja, die Schulstrukturreform ist eine richtige Maßnahme und die Abschaffung der Hauptschulen war überfällig. Aber diese wichtige Reform gefährden Sie, indem Sie anfangen, die integrierten Sekundarschulen – man sieht es jetzt – allein zu lassen. Diese wichtige Reform gefährden Sie, indem Sie die Grundschulen, vor allem die Grundschulen, weiter vernachlässigen. Auch der Sanierungsstau der Schulen in Höhe von 900 Millionen Euro ist ein Problem.
Ich komme zum letzten Satz. – Es sind auch die fehlenden Lehrkräfte. Deshalb wollen wir die Sanierungsmittel in den Schulen verdoppeln, deshalb wollen wir mindestens 400 neue Lehrkräfte einstellen, damit diesen wichtigen Reformen auch zum Erfolg verholfen werden kann. Das geht erst ab dem 18. September. Ich bin sicher, dass die Berlinerinnen und Berliner schlau wählen werden.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist in der Tat ein ziemlich bunter Tagesordnungspunkt. So wird denn auch bunt Wahlkampf getrieben. Ich will zum Thema Schulstruktur etwas sagen. Ich denke, das ist in der letzten Plenarsitzung auch angemessen angesichts dieser tiefgreifenden Entscheidungen und Reformen, die wir getroffen und durchgeführt haben.
Aber zuvor noch ein Wort zum Thema üble Tricks, Herr Steuer, die Sie angesprochen haben. Sie plakatieren nicht nur in der Stadt, dass es über 500 Prozent Steigerung der Gewalt in den Schulen gegeben hat, eine Zahl, bei der selbst CDU-Vertreter auf den Podien sagen, daraus könne man nicht unbedingt schließen, dass die Gewalt tatsächlich angestiegen sei, sondern das habe vor allem etwas mit einer erfreulichen Änderung des Anzeigeverhaltens zu tun.
Zum Zweiten: Sie erzählen die ganze Zeit, 2 000 Lehrerstellen seien abgebaut worden. Auch das ist ein übler Trick, denn Sie haben dabei einen Punkt vergessen. Es ist nämlich in erheblichem Umfang eine Vertretungsreserve, die nicht über Stellen funktioniert, eingeführt worden. An dieser Stelle haben Sie plötzlich die 2 000 Lehrer erfunden, die angeblich abgebaut worden sind. Seit 2007 haben wir relativ konstant 26 000 VZE Lehrerinnen und Lehrer.
Nun aber zur Schulstrukturreform: Mit dieser Reform haben wir aus dem, was PISA uns in Berlin, aber nicht nur in Berlin, hier aber vielleicht besonders aufgrund der Situation, die wir hier haben, attestiert hat, Konsequenzen gezogen. Wir haben ein Problem sowohl mit der Leistung, mit zu wenig qualifizierten Abschlüssen, als auch insbesondere in der Frage der Abhängigkeit des schulischen Erfolgs vom Geldbeutel der Eltern. Wenn man solch einen Befund erhält, muss man grundlegend etwas ändern. Deshalb haben wir gemeinsam beschlossen – und in der Koalition darum gerungen –, dass wir eine Schulstrukturreform machen, die sich an den Zielen der Gemeinschaftsschulen orientiert, nämlich gemeinsames Lernen und individuelles Fördern in den Vordergrund stellt, deswegen haben wir darum gerungen, dass wir nicht einfach nur Haupt- und Realschule zusammenlegen, sondern sie, die integrierten Sekundarschulen, als gleichwertige Schulen aufstellen, wo nicht mehr direkt nach der Grundschule die Frage im Mittelpunkt steht: Was soll mein Kind werden, auf welche Schule muss es also gehen? –, weil alle weiterführenden Schulen zu den gleichen Abschlüssen bis hin zum Abitur führen. Wir haben sie ordentlich ausgestattet, sie sind Ganztagsschulen, und wir haben mit einem Schwerpunkt für individuelle Förderung und praktisches Lernen hier auch tatsächlich eine gute Voraussetzung geschaffen.
Nun ist es so, Özcan Mutlu hat es heute wieder gemacht, dass insbesondere von den Vertretern der Grünen bei all dem, bei dem es ihnen nicht gelingt, es schlechtzureden, behauptet wird, es sei auf ihrem Mist gewachsen.
An dieser Stelle ist es nicht verwunderlich, dass Ihnen auf dem Podium von Sanem Kleff die Frage gestellt wird, wenn es denn tatsächlich so ist, dass alles Gute auf dieser Welt und in Berlin von den Grünen verantwortet worden ist,
warum dann die Wählerinnen und Wähler daraus nicht den Schluss ziehen sollen, dass es ganz gut ist, wenn die Grünen in der Opposition sind, denn sie bewirken an dieser Stelle so wahnsinnig viel.
Nun ist es wahrscheinlich im politischen Geschäft normal, dass man versucht, sich mit fremden Federn zu schmücken. Es gibt sicherlich unterschiedliche Sichtweisen dazu, wer es erfunden hat und wer wirklich zuständig ist. Das ist in Ordnung. Das Bemerkenswerte und wirklich Erstaunliche ist meines Erachtens aber, dass viele Grüne tatsächlich zutiefst glauben, dass sie für alles Gute auf der Welt verantwortlich sind. Das ist Zeugnis eines erheblichen Selbstbewusstseins, aber auch Zeugnis von einem nicht unbedingt realistischem Selbstbild.
Tatsächlich ist es so, dass wir, Die Linke, mit der Pilotphase Gemeinschaftsschule als einzige und erste in vorangegangenen Wahlkämpfen gesagt haben: Wir müssen dieses Problem mit der Schulstruktur angehen. Nachdem diese Debatte erfolgreich war, nachdem beschlossen war, dass es diese Pilotphase gibt, ist die Debatte darüber in Gang gekommen, dass wir tatsächlich eine Schulstrukturreform brauchen. Diese Schulstrukturreform ist gut gestartet, aber sie ist eben nur gestartet. Es gibt keine Erfolgsgarantie. Wir müssen sie erst noch zum Erfolg führen.
Das bedeutet, dass wir die Schulen in diesem Veränderungsprozess unterstützen müssen, dass wir uns nicht damit zufrieden geben dürfen, dass die Hauptschulen richtigerweise nicht mehr existieren, sondern dass wir die innere Veränderung, eine Veränderung hin zu individueller Förderung, der Anerkennung der Unterschiedlichkeit der Kinder, tatsächlich weiterführen müssen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir mit den Gemeinschaftsschulen die Schulen haben, die Vorreiter auf dem Weg der inneren Veränderung sind, wo es nicht um Gleichschritt, sondern darum geht, ohne Bruch unterschiedliche Lernwege zuzulassen und Kinder in ihrer Unterschiedlichkeit zu fördern. Deswegen ist es notwendig und wichtig, dass wir auch in der kommenden Wahlperiode nicht nur diese Schulstrukturreform zum Erfolg führen, sondern auch weiterhin die Gemeinschaftsschulen zum Erfolg führen.
Ich bin in meinem Schlusssatz. – Ich fände es gut, wenn sich auch die anderen Fraktionen zu einem solchen Bekenntnis durchringen könnten, damit so etwas, was wir jetzt in Reinickendorf mit der Hannah-Höch-Grundschule und der Greenwich-Schule, wo die Gründung einer Gemeinschaftsschule von der CDU verhindert wird, nicht wieder erleben müssen. – Danke!
Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Senftleben. – Verzeihung, Frau Senftleben! Herr Steuer hat um eine Kurzintervention gebeten. – Bitte sehr, Herr Steuer!
Danke sehr, Herr Präsident! – Herr Zillich! Es ehrt Sie ja, dass Sie Ihren Senator verteidigen wollen, aber es kann manchmal helfen, die Statistiken der Senatsverwaltung zu lesen. Nichts anderes habe ich getan. Daraus – Zahlen aus der Bildungsverwaltung – ergibt sich ganz klar: 2006 gab es 23 302 Lehrer. Und da geht es nicht darum, ob das 100 Prozent Lehrerausstattung sind oder nicht. Das ist die Gesamtzahl aller Lehrer der Berliner Schule in Vollzeiteinheiten. 23 302! Ein Jahr später 22 808, ein Jahr später 21 843, ein Jahr später 21 498, ein Jahr später 21 247. In fünf Jahren sind 2 000 Vollzeiteinheiten Lehrer weniger in der Berliner Schule. Lesen Sie es auf der Internetseite und in den Publikationen von Herrn Zöllner nach, dann werden Sie schlauer!
Vielen Dank! – Vor der Erwiderung möchte ich einer sehr angenehmen Pflicht nachkommen. Wir haben unter uns eine Gruppe aus Mexiko, Politiker und Bürger, dort oben. Ich begrüße Sie sehr herzlich im Berliner Parlament.
Kollege Steuer! Wer sozusagen mit den 520 Prozent Wahlkampf macht, wo nicht mal die eigenen Leute die Zahlen vertreten wollen, nämlich Steigerung der Gewalt an den Schulen, der darf sich nicht wundern, dass man den Zahlen an dieser Stelle nicht so wahnsinnig vertraut. Dann will ich schon noch mal festhalten, dass es wichtig und richtig ist, gleichzeitig zu sagen, dass sich die Schüler-Lehrer-Relation in Berlin eben gerade nicht verschlechtert, sondern verbessert hat. Das ist doch wohl der Ausweis dafür, wie viel Lehrer, wie viel Betreuung, wie viel Unterstützung tatsächlich beim Kind ankommt.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestern saß ich ja nun mit Herrn Zimmermann im Grauen Kloster, Bildungsdiskussion. Bildung nahm einen weiten Raum ein bei der Debatte, u. a. auch die Frage, wie sich die zukünftige Koalition in der zukünftigen Legislaturperiode Verbesserungen in Sachen Bildung vorstellt. Herr Zimmermann referierte lange, lange, lange, und es fiel immer nur Grundschule, Hortlücke schließen, mehr Lehrer in die Grundschule usw. Ja, es stimmt, die Grundschule muss verbessert werden. Wir haben ja nun alle die letzte Studie noch im Ohr. Die ist hier schon häufig erwähnt worden. Ein anderer Schulzweig wurde mit keinem Wort erwähnt, das war das Gymnasium. Und das hat mich dann doch ein bisschen verwundert. Wir haben auf der einen Seite eine Sekundarschule, und ich finde, diese Sekundarschule ist exzellent ausgestattet. Ich will es mal deutlich meinen Kollegen Mutlu und Steuer sagen: Wenn in einer Sekundarschulbrennpunktklasse 34 Stunden in der Woche gegeben werden und davon 22 Stunden doppelgesteckt werden, dann frage ich mich so ein bisschen, was wir eigentlich mehr wollen.
Nein, Moment! Umso wichtiger ist es, dass wir die Zahlen endlich etwas genauer kennen, was zukünftig ein Schüler an einer Sekundarschule kostet. In der Mitteilung – zur Kenntnisnahme – steht es ja drin. Das ist ja eine ganze Wunschpalette: Ressourcen für Teilungsstunden, Personal- und Sachmittelstunden, zusätzlich deutliche Verbesserungen für den Ganztagsbetrieb, zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer und Sozialarbeiter. Genau aus dem Grund ist es wichtig – und das muss die Aufgabe der nächsten Koalition sein –, ganz genau mal zu sagen, was ein Schüler an einer Sekundarschule kostet.
Das wird die entscheidende Frage sein, sonst gehen die ganzen Kosten nämlich ins Uferlose. Ich sage das hier auch mal ganz deutlich.
Die Gymnasien bleiben außen vor. Sie müssen denselben Stoff in kürzerer Zeit lehren. Der mit Fachkräftemangel verbundene Unterrichtsausfall wird beklagt. Marode Gebäude sind vorhanden, übervolle Klassen, und auslosen müssen sie nun auch noch. In dieser Mitteilung – zur Kenntnisnahme – steht auch etwas von Gleichwertigkeit von integrierter Sekundarschule und Gymnasium. Da sage ich nur mal, apropos Gleichwertigkeit: Was verstehen wir eigentlich darunter? – Nicht dass dort auch dieselben Abschlüsse gemacht werden können, nein, ich verstehe
auch darunter, dass wir in der Ausstattung gleichwertig gehen, dass es eben nicht mehr sein kann, dass wir diese fünf oder vier Punkte, die ich eben nannte, größere Klassen, mehr Unterricht in kürzerer Zeit usw., dass wir dieses unter den Bedingungen schaffen können, das wird so nicht weiter funktionieren. Und wir wollen – und das fordere ich hier noch mal ganz dezidiert und in aller Deutlichkeit –, wir brauchen eine Stärkung der Gymnasien, das ist überfällig.
Bildungsvielfalt in einer bunten Stadt wie Berlin ist ein Muss. Einheitsbrei, Einheitspudding schadet letztendlich allen und gibt keinen Raum für freie Entfaltung des Einzelnen.
Schaffen wir auch Anreize für gut ausgebildete und motivierte junge Lehrer! Das Durchschnittsalter der Pädagogen in Berlin ist zu hoch, und einen Lehrermangel haben wir. Sie wandern ab. Aber die Rolle rückwärts der CDU zu diesem Thema ist nicht mehr als ein schlechter Witz. Wer Verbeamtung will, hat keine Ahnung von freien, eigenverantwortlichen Schulen. Die Attraktivität des Lehrerberufs liegt eben nicht ausschließlich in der Verbeamtung.