Steffen Zillich
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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist in der Tat ein ziemlich bunter Tagesordnungspunkt. So wird denn auch bunt Wahlkampf getrieben. Ich will zum Thema Schulstruktur etwas sagen. Ich denke, das ist in der letzten Plenarsitzung auch angemessen angesichts dieser tiefgreifenden Entscheidungen und Reformen, die wir getroffen und durchgeführt haben.
Aber zuvor noch ein Wort zum Thema üble Tricks, Herr Steuer, die Sie angesprochen haben. Sie plakatieren nicht nur in der Stadt, dass es über 500 Prozent Steigerung der Gewalt in den Schulen gegeben hat, eine Zahl, bei der selbst CDU-Vertreter auf den Podien sagen, daraus könne man nicht unbedingt schließen, dass die Gewalt tatsächlich angestiegen sei, sondern das habe vor allem etwas mit einer erfreulichen Änderung des Anzeigeverhaltens zu tun.
Zum Zweiten: Sie erzählen die ganze Zeit, 2 000 Lehrerstellen seien abgebaut worden. Auch das ist ein übler Trick, denn Sie haben dabei einen Punkt vergessen. Es ist nämlich in erheblichem Umfang eine Vertretungsreserve, die nicht über Stellen funktioniert, eingeführt worden. An dieser Stelle haben Sie plötzlich die 2 000 Lehrer erfunden, die angeblich abgebaut worden sind. Seit 2007 haben wir relativ konstant 26 000 VZE Lehrerinnen und Lehrer.
Nun aber zur Schulstrukturreform: Mit dieser Reform haben wir aus dem, was PISA uns in Berlin, aber nicht nur in Berlin, hier aber vielleicht besonders aufgrund der Situation, die wir hier haben, attestiert hat, Konsequenzen gezogen. Wir haben ein Problem sowohl mit der Leistung, mit zu wenig qualifizierten Abschlüssen, als auch insbesondere in der Frage der Abhängigkeit des schulischen Erfolgs vom Geldbeutel der Eltern. Wenn man solch einen Befund erhält, muss man grundlegend etwas ändern. Deshalb haben wir gemeinsam beschlossen – und in der Koalition darum gerungen –, dass wir eine Schulstrukturreform machen, die sich an den Zielen der Gemeinschaftsschulen orientiert, nämlich gemeinsames Lernen und individuelles Fördern in den Vordergrund stellt, deswegen haben wir darum gerungen, dass wir nicht einfach nur Haupt- und Realschule zusammenlegen, sondern sie, die integrierten Sekundarschulen, als gleichwertige Schulen aufstellen, wo nicht mehr direkt nach der Grundschule die Frage im Mittelpunkt steht: Was soll mein Kind werden, auf welche Schule muss es also gehen? –, weil alle weiterführenden Schulen zu den gleichen Abschlüssen bis hin zum Abitur führen. Wir haben sie ordentlich ausgestattet, sie sind Ganztagsschulen, und wir haben mit einem Schwerpunkt für individuelle Förderung und praktisches Lernen hier auch tatsächlich eine gute Voraussetzung geschaffen.
Nun ist es so, Özcan Mutlu hat es heute wieder gemacht, dass insbesondere von den Vertretern der Grünen bei all dem, bei dem es ihnen nicht gelingt, es schlechtzureden, behauptet wird, es sei auf ihrem Mist gewachsen.
An dieser Stelle ist es nicht verwunderlich, dass Ihnen auf dem Podium von Sanem Kleff die Frage gestellt wird, wenn es denn tatsächlich so ist, dass alles Gute auf dieser Welt und in Berlin von den Grünen verantwortet worden ist,
warum dann die Wählerinnen und Wähler daraus nicht den Schluss ziehen sollen, dass es ganz gut ist, wenn die Grünen in der Opposition sind, denn sie bewirken an dieser Stelle so wahnsinnig viel.
Nun ist es wahrscheinlich im politischen Geschäft normal, dass man versucht, sich mit fremden Federn zu schmücken. Es gibt sicherlich unterschiedliche Sichtweisen dazu, wer es erfunden hat und wer wirklich zuständig ist. Das ist in Ordnung. Das Bemerkenswerte und wirklich Erstaunliche ist meines Erachtens aber, dass viele Grüne tatsächlich zutiefst glauben, dass sie für alles Gute auf der Welt verantwortlich sind. Das ist Zeugnis eines erheblichen Selbstbewusstseins, aber auch Zeugnis von einem nicht unbedingt realistischem Selbstbild.
Tatsächlich ist es so, dass wir, Die Linke, mit der Pilotphase Gemeinschaftsschule als einzige und erste in vorangegangenen Wahlkämpfen gesagt haben: Wir müssen dieses Problem mit der Schulstruktur angehen. Nachdem diese Debatte erfolgreich war, nachdem beschlossen war, dass es diese Pilotphase gibt, ist die Debatte darüber in Gang gekommen, dass wir tatsächlich eine Schulstrukturreform brauchen. Diese Schulstrukturreform ist gut gestartet, aber sie ist eben nur gestartet. Es gibt keine Erfolgsgarantie. Wir müssen sie erst noch zum Erfolg führen.
Das bedeutet, dass wir die Schulen in diesem Veränderungsprozess unterstützen müssen, dass wir uns nicht damit zufrieden geben dürfen, dass die Hauptschulen richtigerweise nicht mehr existieren, sondern dass wir die innere Veränderung, eine Veränderung hin zu individueller Förderung, der Anerkennung der Unterschiedlichkeit der Kinder, tatsächlich weiterführen müssen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir mit den Gemeinschaftsschulen die Schulen haben, die Vorreiter auf dem Weg der inneren Veränderung sind, wo es nicht um Gleichschritt, sondern darum geht, ohne Bruch unterschiedliche Lernwege zuzulassen und Kinder in ihrer Unterschiedlichkeit zu fördern. Deswegen ist es notwendig und wichtig, dass wir auch in der kommenden Wahlperiode nicht nur diese Schulstrukturreform zum Erfolg führen, sondern auch weiterhin die Gemeinschaftsschulen zum Erfolg führen.
Ich bin in meinem Schlusssatz. – Ich fände es gut, wenn sich auch die anderen Fraktionen zu einem solchen Bekenntnis durchringen könnten, damit so etwas, was wir jetzt in Reinickendorf mit der Hannah-Höch-Grundschule und der Greenwich-Schule, wo die Gründung einer Gemeinschaftsschule von der CDU verhindert wird, nicht wieder erleben müssen. – Danke!
Kollege Steuer! Wer sozusagen mit den 520 Prozent Wahlkampf macht, wo nicht mal die eigenen Leute die Zahlen vertreten wollen, nämlich Steigerung der Gewalt an den Schulen, der darf sich nicht wundern, dass man den Zahlen an dieser Stelle nicht so wahnsinnig vertraut. Dann will ich schon noch mal festhalten, dass es wichtig und richtig ist, gleichzeitig zu sagen, dass sich die Schüler-Lehrer-Relation in Berlin eben gerade nicht verschlechtert, sondern verbessert hat. Das ist doch wohl der Ausweis dafür, wie viel Lehrer, wie viel Betreuung, wie viel Unterstützung tatsächlich beim Kind ankommt.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich schließe mich denjenigen an, die den gegenseitigen Respekt auch in dem Wanderzirkus Bildungspolitik, als der wir an der einen oder anderen Stelle unterwegs waren, noch einmal betont haben. Ich glaube, es reicht aber auch,
wenn man es hier einfach mal betont, und man muss es nicht noch in weiterer ritualisierter Form in langen Reden ausführen.
Der Antrag der FDP-Fraktion ist schon eine ganze Weile im Geschäftsgang und gar kein so schlechter Endpunkt, denn er dokumentiert sehr unterschiedliche Herangehensweisen – man könnte sagen: zwei Pole –, wie man an Bildungspolitik herangeht.
Was beinhaltet das Konzept Bürgerschule tatsächlich? – Es beinhaltet zunächst einmal den Ausstieg aus der regelmäßigen staatlichen Schulträgerschaft. Es beinhaltet den Ausstieg aus der direkten staatlichen Finanzierung der Schulen und den Einstieg in eine indirekte Finanzierung über Bildungsgutscheine. Und es beinhaltet in seiner Radikalität auch die Entfernung aller Lehrerinnen und Lehrer aus dem staatlichen Schuldienst, wenn erst einmal neu eingestellt werden soll.
Kern dieses Modells ist die Gutscheinfinanzierung. Die Eltern bzw. die Kinder können sich als Inhaber öffentlich finanzierter Gutscheine auf dem Markt der Bildungsleistungen bewegen und sich die beste Variante aussuchen. Das ist zunächst erst mal etwas, was sicherlich für Wettbewerb sorgen würde – für Wettbewerb zwischen den Schulen und auch für einen Wettbewerb zwischen den Schulen um gute Schülerinnen und Schüler. Wir wissen, dass es Schulen gibt, denen das absolut helfen würde. Das gilt für gute Schulen sowieso. Wir haben gute Schulen. Starke Schulen würde ein solches Modell stärken. Wir wissen auch, dass es freie Schulen stärken würde, denn es würde eine bessere Finanzierung dieser Schulen mit sich bringen.
Aber es ist in einem Punkt keine Lösung: Was ist mit den Schulen, die nicht so gut sind? Was ist mit den Kindern an diesen Schulen? Was ist mit Kindern, die Eltern haben, die nicht in der Lage sind, sich als diese aktiven Teilnehmer auf dem Markt der Bildungsmöglichkeiten zu bewegen? – Da haben wir dann die Situation, dass die Bildungschancen dieser Kinder auf die Fähigkeit ihrer Eltern zurückgeworfen sind, sich in dieser Form im Sinne ihres Kindes zu verhalten. Eine solche marktgeregelte Zuteilung von Bildungschancen – genau das würde nämlich dabei herauskommen – halten wir bei einem Menschenrecht, wie es die Bildung ist, für falsch. Deswegen lehnen wir dieses Modell ab.
Wir haben ein anderes Modell, und dieses andere Modell bedeutet: Unsere Aufgabe ist es, die öffentlichen Schulen, und zwar alle Schulen – wir wissen, dass das ein weiter Weg ist –, in die Lage zu versetzen, tatsächlich Kinder unabhängig von ihren Voraussetzungen zum bestmöglichen Lernerfolg zu führen. Diese Aufgabe und auch diese Verantwortung wollen und dürfen wir nicht abgeben. Wir dürfen niemanden im Stich lassen, sodass eine Situation entsteht, wo man sagt: Du hast halt Pech gehabt! Dein Eltern haben halt nicht so ein tolle Schule ausgesucht.
Das sind zwei unterschiedliche Gesellschaftsmodelle. Wir sind für eine staatliche Verantwortung für die Bildungschancen und für das Menschenrecht auf Bildung für alle Kinder, und wir sind nicht dafür, dass man das einfach einer Marktregelung überlässt. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Normalerweise erwartet man, wenn ein Antrag in diesem Haus eingebracht wird, dass er diskutiert wird, dass er gegebenenfalls geändert und dass irgendwann über ihn abgestimmt wird. Das ist schon einmal fraglich, wenn man das in der vorletzten Plenarsitzung einbringt. Nun ist es sicher richtig, dass es gerade im Bildungs- und Jugendbereich durchaus keine Garantie ist, dass Anträge bis zum Ende behandelt werden und nicht der Diskontinuität anheimfallen, wenn man Anträge rechtzeitig einbringt. Aber bei diesem Antrag ist es schon etwas Besonderes. In der letzten Plenarsitzung lag er vor, die antragstellende Fraktion hat ihn auf die heutige Sitzung vertagt, die Zeit damit also noch einmal verknappt. Wieder die antragstellende Fraktion hat nicht einmal beantragt, ihn in der einzigen noch zur Verfügung stehenden Ausschusssitzung zu diskutieren. Also haben wir es eigentlich nicht mit einem Antrag zu tun, sondern wir haben es mit einem Flugblatt oder bestenfalls mit einer Presseerklärung zu tun.
Aber neben dem Grund, dass der Kollege Steuer in seinem Beitrag nicht über seinen Antrag geredet hat, gibt es noch einen weiteren Grund, der dafür spricht, dass die CDU-Fraktion das, was sie in dem Antrag schreibt, nicht so sehr ernst meinen kann. In diesem Antrag sind – und es ist ja nicht der einzige CDU-Antrag, für den das gilt – durchaus erhebliche Mehrkosten versprochen. Das passiert in allen möglichen Bereichen ähnlich. In der vorletzten Plenarsitzung hat dieselbe Fraktion den Antrag eingebracht: Schuldenbremse, klar, aber wir wollen die Ausgaben noch darüber hinaus begrenzen. – Das passt nicht zusammen, aber es sagt sehr wohl etwas darüber aus, wie ernst es zu nehmen ist, wenn die CDU von Priorität für Bildung spricht und wenn sie jetzt im Wahlkampf mehr Mittel für irgendwelche Bildungsbereiche verspricht.
Gleichwohl ist die Debatte über Qualität eine wichtige, und die Grundlage, auf der sie erfolgt, ist zunächst das Bildungspaket, das der Senator vorgelegt hat. Das ist in vielen Punkten bemerkenswert. Es ist durchaus bemerkenswert, wenn darin auf Selbstevaluation der Schulen gesetzt wird, weil es ein wichtiges Instrument ist, um Qualität tatsächlich voranzubringen. Es ist bemerkenswert, wenn dort Sprachförderung verbessert werden soll,
wenn es um Anerkennungskultur geht, wenn die Schulinspektionsberichte in ihrer Wirkung gestärkt werden. Dennoch vermissen wir in diesem Qualitätspaket eine ganz wichtige Frage – in dem, was die CDU-Fraktion vorgelegt hat, sowieso –: die Einbindung dieses Qualitätspakets in eine Schulentwicklung und eine Vorstellung davon, was wir eigentlich von der Schule wollen. Die Qualitätsentwicklung muss ein Ziel haben, und Qualität muss einen Maßstab haben. Letztlich muss man die Frage beantworten: Was ist oder was soll eigentlich eine gute Schule? – Und diese Frage muss man beantworten, bevor man ein solches Qualitätsprogramm vorlegen kann. Wir haben gesagt – in dem, wie wir Schulentwicklung ausgerichtet haben, auch mit der Schulstrukturreform –: Eine gute Schule ist eine solche Schule, die auf die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler setzt. Der Maßstab für eine gute Schule ist, inwieweit sie jedes Kind zum individuell bestmöglichen Lernerfolg führt.
Wenn das der Maßstab ist, muss man sich bei der Messung von Qualität natürlich fragen, was geeignet ist, um Qualität festzustellen und Qualitätsentwicklung voranzutreiben. Dann zeigt sich, dass dafür so etwas wie durchschnittliche Ergebnisse von Vergleichsarbeiten oder durchschnittliche Ergebnisse von Abschlüssen nur sehr eingeschränkt anwendbar ist, sondern dann geht es zentral darum, dass wir Instrumente in die Hand bekommen, um die Lernentwicklung der Kinder darstellen zu können. Denn darum geht es, das ist der Maßstab von Qualität. Wenn uns das gelänge, wäre das gleichzeitig der Punkt, wo wir die Schulen tatsächlich in ihrer Entwicklung vorantreiben. Das ist die zentrale Aufgabe im Bereich Qualitätsentwicklung, die noch zu erledigen ist, und wir werden uns dafür einsetzen, dass wir das in der nächsten Wahlperiode hinbekommen, damit Qualitätspakete nicht nur eine Aneinanderreihung von Maßnahmen sind, sondern damit sie sich in eine Strategie zur Entwicklung der Schule einordnen.
Ich werde jetzt nicht sagen, dass wir die einzelnen Punkte Ihres Antrags noch im Ausschuss diskutieren werden, denn das werden wir nicht tun, und das liegt nicht an dem Ausschuss. Aber natürlich werden wir die Frage der Qualitätsentwicklung durchaus in das Zentrum der nächsten Wahlperiode stellen. Wir haben wichtige Strukturentscheidungen getroffen. Jetzt geht es darum, im Sinne und im Geiste dieser Strukturentscheidung und auch der Ziele dieser Strukturentscheidung tatsächlich die Qualität in den Schulen voranzubringen. – Danke schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Mutlu! Immer wieder muss ich bei diesem Thema feststellen, dass Sie keine ganz deckungsgleiche Position zu Ihrer Bildungsstadträtin in FriedrichshainKreuzberg haben. – Das möchte ich nur vorweg anmerken.
Vor dem Engagement, das der Initiatoren und der vielen, die diese Volksinitiative unterschrieben haben, haben wir großen Respekt. Dieser Respekt muss in der Behandlung der Volksinitiative gewahrt werden. Ich habe mich in der ersten Rederunde, die ich für nicht so ganz angemessen hielt, dafür eingesetzt. Wir haben in den Ausschussberatungen in Absprache mit den Initiatoren der Volksinitiative eine Behandlung gesichert, die ernsthaft war. Wenn dieser Respekt vor dem Anliegen nicht aus allen Knopflöchern zu jeder Zeit sichtbar war, muss man vielleicht erläutern, dass es zunächst an der üblichen Atmosphäre in diesem Ausschuss und weniger am Anliegen der Initiatorinnen und Initiatoren liegt, was die Sache nicht besser macht.
Die Volksinitiative greift das wichtige Thema auf, nach dem Verhältnis zwischen der Verantwortung an der einzelnen Schule und der öffentlichen Verantwortung andererseits bei der Gestaltung von Bildung zu fragen. Da werden doch zwei sehr unterschiedliche Ansätze deutlich. Die Volksinitiative sagt, vielleicht aus ihrer Perspektive verständlich, dass es vor allem darauf ankommt, den Schulen Freiheit und Selbstverantwortung zu garantieren. Alles andere würde mit dieser Garantie schon sinnvoll passieren. Wir haben eine andere Perspektive. Das nehme ich für mich in Anspruch. Wir müssen die Bildungschancen aller Kinder im Blick haben; wir müssen die Situation an allen Schulen im Blick haben. Wir wollen und wir können es uns nicht leisten, dass wir Schulen als Verlierer zurücklassen, keine einzige Schule, weil an diesen Schulen Schülerinnen und Schüler sind. Unsere Befürchtung ist, dass genau das droht, würde man dem Anliegen der Volksinitiative in Buchstaben folgen, Schulen die im Wettbewerb zwischen den Schulen als Verlierer zurückbleiben. Diese Befürchtung konnte in den Anhörungen nicht ausgeräumt werden.
Nein! Uns muss es um die Bildungschancen aller Schüler und um ein gleichwertiges Bildungsangebot gehen. In der Tat hat eine ausreichende Qualität, eine ausreichende Finanzierung, eine gute Finanzierung eines öffentlichen Bildungsangebots für uns Priorität. Es ist in den Anhörungen aber durchaus deutlich geworden, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative ganz unterschiedliche Motive und ganz unterschiedliche Anliegen hatten, die durchaus über den Wortlaut der Volksinitiative hinausgehen.
Das wurde insbesondere deutlich – kommen wir damit zu den einzelnen Punkten der Volksinitiative – am Punkt pädagogische Freiheit. Ich finde es zunächst einmal völlig richtig – ich teile den Ansatz –, dass man bei der Frage der pädagogischen Qualität auf die Verantwortung der einzelnen Schule setzt. Da findet der pädagogische Prozess statt. Es ist völlig richtig, dies zu tun. Man muss allerdings auch sagen, dass die Schulen bereits jetzt eine erhebliche Freiheit in der Gestaltung des Lernens an der Schule gesichert haben. Es ist allerdings auch richtig, dass die Bedingungen nicht immer so sind, dass zu dem Nutzen dieser Freiheit auch motiviert wird.
In der Anhörung ist auch deutlich geworden, dass Anzuhörende durchaus den Weg, den wir beschreiten, die Entwicklung von Gemeinschaftsschulen, als den richtigen betrachtet haben. Insofern finde ich schon, dass wertvolle Anregungen gegeben wurden. Allerdings – das haben hier alle Fraktionen gesagt – sehen wir nicht, dass es möglich ist, dass man – wie es die Volksinitiative fordert – nicht nur keine Vorgaben für die konkrete Gestaltung des Unterrichts macht – das sollte man nicht tun –, sondern darüber hinaus auch keine gemeinsamen Qualitätsstandards und keine gemeinsamen Anforderungen an Abschlüsse stellt. Das ist notwendig, um tatsächlich ein gleichwertiges Bildungsangebot zu sichern.
Der Forderung nach gleichwertiger Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft können wir so nicht folgen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Der erste Grund ist ein ganz pragmatischer, nämlich ein finanzpolitischer. Wir sind in einer Situation knapper Kassen. Die Finanzierung öffentlicher Schulen, weil dort die Mehrheit der Kinder lernen, hat für uns an dieser Stelle Priorität.
Der zweite Punkt ist durchaus ein systematischer. Die freien Schulen wollen sich durchaus – sie haben auch das Recht, das nicht zu wollen – eben nicht in die Aufgaben öffentlicher Schulen einordnen, beispielsweise in die Frage eines Schuleinzugsbereiches oder in die Frage, welche Kinder sie aufnehmen müssen. Daraus folgt, dass sie auch nicht in gleicher Art und Weise finanziert werden können. Was wir aber wollen und wozu wir den Senat wiederholt aufgefordert haben, ist, dass wir an dem von uns angestoßenen Prozess gemeinsam mit den freien Schulen dranbleiben, ein transparentes Finanzierungssystem, das Planungssicherheit gewährleistet, zu schaffen.
Mein Redezeit neigt sich dem Ende zu. Deswegen will ich an der Stelle sagen: Es sind durchaus wichtige Anregungen in den Anhörungen in die Debatte gekommen. Für uns steht die Verbesserung der Bildungsqualität für alle Kinder im Zentrum. Deswegen geht es vor allem um die Verbesserung der Bildungsqualität an den öffentlichen Schulen. Wir haben dort einiges getan und einige Richtungsentscheidungen getroffen. Wir wissen, dass es in diesem Bereich noch viel zu tun gibt. Wir wollen vor allem von diesem Anspruch nicht lassen, dass wir vor allem die Qualität in den öffentlichen Schulen verbessern müssen und dafür die Verantwortung tragen. – Danke schön!
Sehr verehrte Frau Senftleben! Sie haben völlig zu Recht gesagt, dass die Frage von Medienkompetenz und auch des Umgangs miteinander in den neuen Medien auch ein Gegenstand des Ethikunterrichts sein muss. Haben Sie vor diesem Hintergrund inzwischen erkannt, dass es eine gute Idee ist, dass der Ethikunterricht allen Kindern offensteht und nicht nur denjenigen, die nicht in den Religionsunterricht gehen?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP hat in ihrem Antrag in der Tat ein wichtiges Thema, ein handfestes Ärgernis aufgegriffen. Ich beschränke mich heute auf die Grundlinie der Forderung und werde nicht auf Details eingehen. Das können wir im Ausschuss tun. Es geht um das Kooperationsverbot, das nun einmal absurd ist. Deswegen muss es weg.
Meine Partei hat das im Bundestag mehrfach beantragt und seinerzeit auch nicht der Verfassungsänderung zugestimmt. Insofern ist unsere Position dazu klar.
Das Kooperationsverbot konserviert eine Situation, die die Bildungschancen der Kinder beeinträchtigt. Wir haben in der Bundesrepublik eine Situation, in der die Bildungsinstitutionen – die Schulen, Hochschulen und Kindergärten – strukturell unterfinanziert sind. Sie sind schlechter ausgestattet als in anderen vergleichbaren Ländern. Das gilt nicht nur für Berlin, sondern für alle Bundesländer. Die Berliner Industrie- und Handelskammer – nicht gerade eine Vorfeldorganisation meiner Partei –
hat eingeladen, um deutlich zu machen, dass genau das das Problem unseres Bildungssystems ist. Die Bildungsinstitutionen sind unterfinanziert. Das liegt maßgeblich daran, dass wir keine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern bei der Finanzierung erreichen. Natürlich haben die Länder ihre eigene Verantwortung. Das ist uns bewusst. Wir wissen auch, dass wir in dieser Wahlperiode im Gegensatz zu anderen Bundesländern im Bildungsbereich nicht gekürzt haben und dass wir im Ländervergleich eine gute Schüler-Lehrer-Relation haben. Dennoch ist wichtig, dass all das unter dem Vorzeichen einer strukturellen Unterfinanzierung der Bildungsinstitution diskutiert wird. Das sieht man beispielsweise an den Schulgebäuden – nicht nur in Berlin. Kein Bundesland kann diese Unterfinanzierung allein aufholen. Den immensen Betrag, der dafür erforderlich ist, kann kein Bundesland aufbringen. Dazu bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung von Bund und Ländern. Diese gemeinsame Anstrengung wird durch das Kooperationsverbot verhindert.
Es ist richtig, wenn in diesem Zusammenhang das Bildungspaket als ein krudes Beispiel für diese Situation angeführt wird. Es ist in der Tat absurd, dass Bildungsanstrengungen durch Einzelgutscheine, die die Jobcenter verteilen, finanziert werden, anstatt das Richtige zu tun, das nicht diskriminierend ist und den Kindern tatsächlich hilft, nämlich die Bildungsinstitutionen so auszustatten, dass sie in der Lage sind, die Kinder individuell zu fördern, wie es ihre Aufgabe ist. Das geschieht aufgrund des Kooperationsverbots nicht. Deswegen hat die Bundesregierung nicht die Kraft aufgebracht, den Finger in die Wunde zu legen und die richtige Lösung umzusetzen. Wenn dieses Thema in den gemeinsamen Treffen der Bundesländer nicht auf die Tagesordnung kommt, bleibt alles Gerede von einer „Bildungsrepublik Deutschland“ und von „Vorfahrt für Bildung“ halbherzig. Das ist das zentrale Hemmnis, weswegen wir keinen Schritt weiterkommen.
Der Antrag spricht zu Recht davon, dass man aus Fehlern lernen muss. Es war in der Tat ein Fehler, das ins Grundgesetz zu schreiben. Es gab aber einen konkreten politischen Anlass, den ich hier noch einmal nennen will. Die CDU-Ministerpräsidenten haben sich
angesichts des IZBB-Programms und der Situation, dass die rot-grüne Bundesregierung sich seinerzeit für den Ausbau der Ganztagsschulen ausgesprochen und Geld dafür ausgegeben hat, gegen die Ganztagsschulen gestellt und eine Klarstellung im Grundgesetz gefordert. Mit den Folgen leben wir jetzt. Deswegen ist es wichtig, dass wir der CDU – auch durch die Art unserer Diskussion – die Chance geben, aus Fehlern zu lernen. Ein gemeinsames Signal dieses Hauses zu diesem Thema wäre richtig. Ob eine Bundesratsinitiative viel Aussicht auf Erfolg hat, muss man gesondert diskutieren. Es ist aber wichtig, dass wir im Ausschuss versuchen, zu einer gemeinsame Positi
on des Berliner Parlaments zu kommen. Das wäre im Interesse Berlins.
Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie beabsichtigt der Senat aus bildungspolitischer Sicht, das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung und in diesem Zusammenhang insbesondere den Zuschuss zu einem warmen Mittagessen umzusetzen?
2. Inwieweit hält es der Senat für möglich und sinnvoll, die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket wie beispielsweise für Nachhilfe, Ausflüge und Freizeiten, Sport oder Musikunterricht über ein Budget, das den Schulen zur Verfügung gestellt wird, z. B. im Rahmen des Ganztagsangebotes der Schulen umzusetzen?
Vielen Dank! – Ich würde noch mal nachfragen: Die grundsätzliche Differenz haben Sie ja dargelegt, also individuelle Gutscheine oder aber Ausfinanzierung der Bildungseinrichtung. Inwieweit halten Sie es denn für möglich, einerseits den absurden Zustand zu verhindern, dass Berliner Kinder, die leistungsberechtigt sind, deswegen nicht in den Genuss dieser Leistungen kommen, weil Berlin ohnehin ein subventioniertes Mittagessen hat, und zum Zweiten die ebenfalls absurde Situation nicht eintreten zu lassen, dass nämlich besondere Förderangebote, für die die Schulen zuständig werden, deswegen nicht darüber finanziert werden können, weil die Schulen eben diesen Anspruch haben, alle Kinder zu fördern?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Bildungssenator. – Ich frage Sie, Herr Prof. Zöllner: Wie will der Senat, nachdem nach der Klarstellung gegenüber dem Bezirk Neukölln nun tatsächlich davon ausgegangen wird, dass Kinder aus Romafamilien die Schule besuchen dürfen, die Förderung dieser Kinder gewährleisten? Wie wird also angesichts der Tatsache, dass nunmehr mehr Kinder zur Schule gehen, als den Planungen des Senats zugrunde lagen, die Lehrerbedarfsplanung des Senats angepasst?
Ich fasse noch mal zusammen, dass auf den zusätzlichen Förderbedarf mit einer angemessenen Personalausstattung reagiert wird.
Herr Steuer! Sie sprachen die Sprachkompetenzen der Kinder an, die in die Kita gegangen sind. Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass nach den Schuleingangsuntersuchungen, bei denen sich keine Kriterien verändert haben, in den letzten Jahren die Zahl der Kinder, die besonders hohen Förderbedarf haben, abgenommen hat, und zwar wegen der Kitaerziehung?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat, dass die Reinickendorfer CDU aus offensichtlich ideologisch begründeten Vorbehalten gegenüber reformpädagogischen Ansätzen die Gründung einer Gemeinschaftsschule verhindert und sich damit dem erklärten Willen der Eltern und Lehrern und Lehrerinnen der Greenwich-Oberschule und der Hannah-Höch-Schule, der bezirklichen Schul
gremien, des Schulausschusses der BVV und aller anderen in der BVV vertretenen Fraktionen widersetzt?
2. Was wird der Senat unternehmen, damit der Elternwille zur Gründung einer Gemeinschaftsschule auch in Reinickendorf respektiert wird und Reinickendorf nicht der einzige Bezirk in Berlin bleibt, in dem es kein Gemeinschaftsschulangebot gibt?
Vielen Dank! – Vielen Dank, Herr Senator, für die Antwort! Die politische Begründung für die Blockade der Reinickendorfer CDU ist ja eine, die sich weniger mit äußeren als mit inneren Schulangelegenheiten befasst – es geht um die Ablehnung integrativer Lernformen. Das ist aber der Weg, den wir auf Landesebene beschreiten wollen, um die Herausforderungen, die vor uns stehen, meistern zu können. Inwieweit wird der Senat – durch die Abwehr und Blockade solcher Methoden – in seiner Kompetenz für innere Schulangelegenheiten untergraben und müsste dem entgegentreten?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Mutlu! Ich bin gespannt, wie du – – Lieber Özcan! Hallo! Ich wollte gerade etwas zu dir sagen.
Ich bin gespannt, wie du genau diese Rede in deinem Kreisverband hältst. Es würde mich interessieren, was dabei herauskommt.
Ich finde es sehr merkwürdig, wie wir diese Debatte hier führen. Jeder greift sich aus dieser Volksinitiative heraus, was er gern hätte, und usurpiert irgendwelche Forderungen. Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg, wie wir mit einer solchen Volksinitiative umgehen sollten.
Ich will deswegen etwas zum Instrument der Volksinitiative sagen. Ich glaube, das ist hier angemessen. Wir haben mit der Verfassungsänderung im Jahr 2006 nicht nur die Möglichkeiten von Volksentscheiden und Volksbegehren verbessert, sondern haben auch die Möglichkeiten für eine Volksinitiative geschaffen. Damit ist das Recht für Bürgerinnen und Bürger verbessert worden, Parlamenten Gegenstände der politischen Willensbildung zur Beratung vorzulegen. Das parlamentarische Initiativrecht ist ein wichtiges demokratisches Recht, das wir für Bürgerinnen und Bürger geöffnet haben. Es war vorher faktisch ein Monopol der Parteien bzw. Fraktionen.
Wir haben uns für dieses Recht eingesetzt. Insofern hat heute die erste Volksinitiative seit der Verfassungsänderung Eingang in dieses Parlament gefunden. Es ist ein Grund zur Freude und gutes Zeichen für die Demokratie in unserer Stadt.
Wir sollten gerade angesichts dessen darauf achten, dass wir einer solchen Initiative mit Achtung und Respekt begegnen. Wir sollten es gerade bei dieser Initiative besonders aufmerksam tun, weil wir hier in gewisser Weise üben. Wir sollten deshalb auf die Art und Weise der Behandlung achten.
Insofern finde ich es falsch, sehr geehrte Frau Senftleben, dass die FDP hier darauf bestanden hat, heute hier diesen Gegenstand zur Beratung zu machen. Ich finde, dass es nicht diesem Respekt entspricht. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens finde ich es falsch, dass sich eine Partei auf eine solche Initiative setzt. Zweitens finde ich die Art und Weise der Beratungsabfolge falsch. Richtig und logisch wäre meines Erachtens gewesen, wenn wir dieser Initiative die Möglichkeit gegeben hätten, diese Debatte hier im Parlament mit ihrem Gegenstand zu eröffnen.
Dazu hätte im Ausschuss Gelegenheit bestanden. Dort haben sie das Rederecht. Sie hätten dort ihr Anliegen vortragen können. Danach hätten wir in die inhaltliche Debatte einsteigen können.
Wir befinden uns jetzt hier in der Situation, dass sich jeder einzelne Punkte herausgreift und wir eine einfache parlamentarische Debatte, wie wir es auch sonst immer tun, zu diesem Punkt durchführen. Das finde ich an dieser Stelle nicht angemessen.
Zuerst hätte der Träger zu Wort kommen sollen, dann hätten wir an dieser Stelle unser Verfahren durchführen können. Ich will deswegen der Versuchung widerstehen, auf die hier geführte Debatte einzugehen, und mich auch meinerseits, bevor die Initiative überhaupt im Rahmen der parlamentarischen Beratung zu Wort gekommen ist, inhaltlich dazu zu äußern. Dazu werden wir im Ausschuss Gelegenheit haben. Es ist kein Geheimnis, dass wir durchaus einige Punkte richtig finden, während wir andere Punkte kontrovers sehen. Wir werden das in Ruhe beraten, nachdem die Initiative zu Wort gekommen ist.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich muss man über JÜL reden, natürlich muss man über die Erfahrungen mit JÜL reden. Sie sind ganz unterschiedlich. Es gibt sehr gute Erfahrungen, übrigens auch an solchen Schulen, die sich gegen die Einführung mit Händen und Füßen gesträubt haben. Aber es gibt auch Erfahrungen mit Schulen, an denen es nicht so gut läuft. Deshalb müssen wir über Qualität reden und einen Erfahrungsbericht über JÜL hinbekommen, um daraus Konsequenzen ziehen zu können.
Das, was die CDU und Herr Steuer hier vorgelegt haben, das war nicht erst der zweite Antrag, den sie gestellt haben. Gefühlt war es der zwanzigste Antrag, den die CDU zu diesem Thema gestellt hat. Nun ist es also der einundzwanzigste Antrag. Er kommt nicht überraschend. Aber es ist doch etwas anderes, denn es ist ein Gesetzentwurf. Bei einem Gesetzentwurf ist es so, dass allgemeine Absichtserklärungen nicht ausreichen, sondern man muss einen konkreten Regelungsgehalt formulieren. Da sieht man meistens klarer – so auch hier.
Bisher habe ich die CDU immer so verstanden, dass sie gesagt hat: flexible Schuleingangsphase, also die Möglichkeit, die ersten beiden Schuljahre in unterschiedlicher Zeit, in ein, zwei oder drei Jahren zu durchlaufen, das Prinzip wird durch die CDU nicht infrage gestellt. Es wird nur gesagt: Die pädagogische Methode des jahrgangsübergreifenden Lernens soll nicht verpflichtend sein. Nun stellt sich heraus, dass die CDU diese Unterscheidung nicht mehr macht, denn in dem Gesetzentwurf wird das jahrgangsübergreifende Lernen verbindlich abgeschafft und nicht etwa die Altersmischung. Wir haben diese Unterscheidung nie so stark gemacht, weil unserer Auffassung nach aus der Schuleingangsphase und ihren Prinzipien einigermaßen folgerichtig die pädagogische Methode des jahrgangsübergreifenden Lernens folgt. Insofern überrascht uns diese Wende der CDU nicht. Aber es ist immerhin neu, dass sie von der CDU so formuliert wird. Deshalb ist es bemerkenswert.
Nun ist es so, dass es einen Anlass für den Antrag gibt, den die CDU stellt, und das sind die Debatten um das Qualitätspaket von Senator Zöllner. Da ist der Eindruck entstanden, der Senat würde von der verpflichtenden Einführung des jahrgangsübergreifenden Lernens in der Schuleingangsphase Abstand nehmen. Dass dieser Eindruck entstanden ist, ist misslich. Es ist ein falscher. Deshalb zur Klarstellung: Wir sind keineswegs der Auffassung, uns von der Schuleingangsphase verabschieden zu wollen. Auch das jahrgangsübergreifende Lernen bleibt verbindliche Vorgabe. Allerdings können Schulen ausnahmsweise von der verbindlichen Vorgabe des jahrgangsgemischten Lernens abweichen, wenn sie durch ein Konzept belegen, dass sie den pädagogischen Prinzipien der Schuleingangsphase gerecht werden. Was sind diese pädagogischen Prinzipien? –
Diese pädagogischen Prinzipien sind erstens, dass die Schuleingangsphase davon ausgeht, dass Kinder sehr unterschiedlich sind und mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten in die Schule kommen und dass diesen Fähigkeiten durch individuelle Förderung entsprochen werden muss. Das zweite Prinzip ist, dass die SAPH eben in unterschiedlichem Tempo durchlaufen werden kann. Insofern ist es kein Scheitern in der Schuleingangsphase, wenn Kinder drei Jahre dafür brauchen, sondern es ist das Ausnutzen der Möglichkeiten, die wir in Kenntnis der unterschiedlichen Fähigkeiten von Kindern ausdrücklich bieten.
Das dritte pädagogische Prinzip ist: Die Schuleingangsphase ist eine pädagogische Einheit. So sagt es auch das Gesetz. Hier gibt es kein Aufrücken von der ersten in die zweite Jahrgangsstufe, sondern es ist eine pädagogische Einheit. Ein längeres Verweilen in der Schuleingangsphase darf den Kindern nicht in irgendeiner Form zum Nachteil gereichen oder sie diskriminieren.
Diese pädagogischen Prämissen, denen man unserer Auffassung nach wohl am ehesten durch die Jahrgangsmischung gerecht wird, bleiben verbindlich, bleiben auch im Gesetz stehen. Dagegen wendet sich die CDU. Das können wir nicht mittragen, weil Kinder nun einmal unterschiedlich sind und weil die Notwendigkeit, dem durch individuelle Förderung und durch individuelles Lernen gerecht zu werden, für alle Schulen gilt und nicht nur für die Schulen, die das wollen.
Sehr geehrter Herr Steuer! Auch wenn kaum jemand zuhört, habe ich doch die Frage: Was hat das, worüber Sie reden, mit den Anträgen zu tun, die Sie gestellt haben und über die wir abstimmen sollen?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Steuer! So richtig haben Sie mich mit der Antwort auf meine Zwischenfrage nicht überzeugen können.
Sie haben über einen doppelten Abiturjahrgang geredet. Nichts davon steht in Ihren Anträgen. Sie haben darüber geredet, dass eine Unterscheidung in Nord- und Südabitur eine schlechte Entwicklung wäre. In Ihren Anträgen beantragen Sie aber eine Beteiligung Berlins am Südabitur. Also irgendwie geht das alles nicht so richtig zusammen.
Alle Anträge, die hier vorliegen, sind im Fachausschuss abgelehnt worden. Keiner dieser CDU-Anträge hat über die antragstellende Fraktion hinaus Zustimmung erlangen können. Deswegen von mir nur in der gebotenen Kürze dazu.
In den Anträgen geht es im Wesentlichen um zwei Schwerpunkte, nämlich einerseits um die Frage, mehr zentrale Abiturprüfungen zu erreichen, sowohl über die Landesgrenzen hinaus als auch, was die Anzahl der Prüfungen im Landeszentralabitur betrifft, und beim zweiten Schwerpunkt geht es um eine angebliche Benachteiligung des Gymnasiums gegenüber dem Abitur an der integrier
ten Sekundarschule und auch um eine angebliche Ungleichgewichtigkeit dieses Abiturs. Beides trifft nicht zu, beides geht von falschen Voraussetzungen und Unterstellungen aus. An einigen Punkten gehen auch die Begrifflichkeiten durcheinander. Die KMK arbeitet an einheitlichen Prüfungsanforderungen, an einheitlichen Grundlagen und Niveaus für die Prüfungsaufgaben. Die sind nicht gleichzusetzen mit einheitlichen Prüfungsaufgaben. Bei erstem geht es um Kompetenzen und Standards, beim zweiten um die gleichen Aufgabenstellungen. Wenn man unterstellte, dass das das Gleiche wäre, würde dies bedeuten, dass man ein gleichwertiges Abitur tatsächlich nur mit gleichen Aufgaben herstellen könnte – dem ist nicht so. Auf eine solche Idee kommt bei Hochschulabschlüssen im Übrigen auch niemand,
hier werden ja auch nicht überall dieselben Aufgaben gestellt, und trotzdem werden gleichwertige Abschlüsse erlangt.
Nein, es ist nicht sinnvoll und auch nicht anzustreben, dass wir zentrale, gleichwertige Aufgabenstellungen auf andere Länder mit Nord- und Südabitur ausdehnen; es ist auch nicht sinnvoll, dass wir die Aufgabenstellungen insgesamt ausdehnen. Ein zentrales Bundesabitur ist praktisch sowieso nicht zu erreichen.
Wollen wir auch nicht, richtig! – Wenn es aber nicht einmal sinnvoll zu erreichen ist, dann macht es auch keinen Sinn, sich dem anzunähern. Es macht lediglich Sinn, um die Gleichwertigkeit des Abiturs zu ringen, diese zu unterstützen und nicht durch solche Anträge in Frage zu stellen.
Der zweite Punkt, den Sie ansprechen, ist die angebliche Benachteiligung des Gymnasiums gegenüber der integrierten Sekundarschule. Das kann ich nicht feststellen. Es entspricht dem Selbstverständnis des Gymnasiums, auf dem schnellen, dem direkten, dem kürzesten Wege zum Abitur zu führen und dafür leistungsstarke Schülerinnen und Schüler zu rekrutieren. Die integrierte Sekundarschule hat eine andere Aufgabe – sie ist eine Schule für alle, die zu allen schulischen Abschlüssen führen soll. Sie hat ein anderes Selbstverständnis, und deswegen – allerdings nur in der Sekundarstufe I – eine andere Ausstattung als das Gymnasium. Die Gleichwertigkeit ist hier tatsächlich auch dadurch gesichert, dass es gleiche Prüfungsaufgaben gibt, das ist überhaupt nicht in Frage gestellt, und deswegen gibt es aus unserer Sicht auch keinen Handlungsbedarf – außer dem, immer wieder klarzustellen, dass es keinen Grund gibt anzunehmen, dass wir ein Abitur von unterschiedlichem Niveau in unterschiedlichen Schularten in Berlin ablegen. Nein, wir haben ein gleichwertiges Abitur, und deswegen ist es ein richtiger Weg, den wir gehen, indem wir sagen, wir haben, was das betrifft, zwei gleichwertige Schularten, die beide bis zum Abitur führen – die integrierte Sekundarschule und die Ge
meinschaftsschule sowie andererseits das Gymnasium. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Steuer! Wenn Ihre letzte Argumentation stimmen würde, dann würde es heißen, dass die Schulen diese Mittel in besseren Zeiten zurückgelegt hätten, und ich wüsste nicht, dass Sie in der Vergangenheit über zu gute Zeiten geklagt hätten.
Oberflächlich gesehen, müsste der Antrag dem Bildungssenator aus dem Herzen sprechen. Würde man der FDP die Chance geben, ihren Antrag zu verwirklichen, wäre die Schulverwaltung erheblich entlastet und von der Verantwortung enthoben, dass den Schulen tatsächlich ausreichend Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stehen. Die mediale Schelte, die Klagen der Eltern, die Reden der Opposition – all das wäre nicht mehr an den Bildungssenator zu richten, sondern an die einzelne Schule. Aber – und deshalb kann die Freude des Bildungssenators nur bei oberflächlicher Betrachtung erwartet werden – es würde mit großer Wahrscheinlichkeit eine Situation eintreten, wie sie von der FDP als Begründung für ihren Antrag gerade angegeben worden ist.
Derzeit erhalten die Schulen, was sie an Lehrerinnen und Lehrern brauchen, aus dem Personalbestand des Landes Berlin gestellt. Längerfristig abwesende Lehrerinnen und Lehrer werden dabei nicht auf den Bedarf der Schulen angerechnet. Darüber hinaus aber erhalten die Schulen für kurzfristige Vertretungen und für pädagogische Projekte – für Schulprojekte, für Arbeitsgemeinschaften – ein zusätzliches Budget in Höhe von drei Prozent ihres Personalbedarfs zur Verfügung gestellt. Die FDP fordert nun, dass den Schulen nicht mehr die Lehrerinnen und Lehrern entsprechend ihres Bedarfs zur Verfügung zu stellen sind, sondern dass die Schulen zu 10 Prozent dieses Bedarfs ein Budget erhalten. Die Schulen wären dann selbst dafür verantwortlich, ob sie 100 Prozent an Bord haben oder nicht.
Aber neben der Frage, wer für die Lehrerausstattung verantwortlich ist, gibt es beim Vorschlag der FDP eine ganze Reihe von Unklarheiten, und die muss man beantworten. Denn Modelle sind immer konkret, und man kann nicht allgemein über Eigenverantwortlichkeit reden. Eine Frage ist: Was passiert eigentlich mit den 10 Prozent Lehrerinnen und Lehrern, die jetzt durch das Schulbudget ersetzt werden sollen? Wie wird entschieden, wer zu diesen 10 Prozent gehört? Soll dieses 10-Prozent-Budget
für die Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern Unterrichtszwecken vorbehalten sein – es geht wohlgemerkt um 10 Prozent der 100-prozentigen Lehrerausstattung? Oder können die Schulen davon Computer kaufen? Sollen die Einstellungen durch die einzelnen Schulen im Rahmen dieses Budgets nur befristet erfolgen können – ich nehme an, dass Sie sich das so vorstellen, da Festeinstellungen in einem unter Umständen insgesamt dann doch eher kleinen Budget schwer umsetzbar sein könnten?
Und vor allem – und das ist die entscheidende Frage: Woher nehmen Sie eigentlich die Überzeugung, dass es den Schulen gelingt, für befristete Stellen Bewerberinnen und Bewerber zu finden, wenn es schon schwierig ist, für unbefristete Stellen geeignete Lehrerinnen und Lehrer zu finden? Was machen Sie eigentlich mit den Schulen, die in der Konkurrenz zwischen den Schulen um die Bewerberinnen und Bewerber unterliegen und die deshalb für ihren regulären Bedarf nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer an Bord haben – und das Ganze, ohne dass jemand krank ist und auch ohne dass die Senatsverwaltung dann in der Verpflichtung wäre, für Ersatz zu sorgen?
Nun gibt es einen Anlass für die Debatte um PKB, und der ist schon angesprochen worden, nämlich die Tatsache, dass den Schulen ein Teil ihres aufgesparten Budgets aus dem Jahr 2008 entzogen worden ist. Es ist ihnen deshalb entzogen worden, weil es bereits ausgegeben worden ist – von uns, vom Abgeordnetenhaus –, nämlich zum Beispiel für zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher. Aber den Schulen wurde etwas entzogen, mit dem sie gerechnet haben. Das ist zu kritisieren. Das ist nicht in Ordnung. Das schafft kein Vertrauen. Aber ich denke, das sollte ein einmaliger Schnitt sein. Der FDP-Ansatz hat jedoch mit diesem Problem rein gar nichts zu tun.
Nun weiß ich sehr wohl, dass es Schulleiterinnen und Schulleiter gibt, die ein Budget wollen. Es ist auch so, dass Schulen immer besser mit den Mitteln der Personalkostenbudgetierung umgehen können. Die fast vollständige Ausschöpfung der Mittel spricht dafür. Insbesondere erweist es sich auch aus Sicht der Schulen als sehr positiv, dass sie die Möglichkeit haben, für kurzfristige Projekte, für Honorarmittel ein Budget zur Verfügung zu haben. Aber ich denke, es ist nicht so einfach und dies müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir durchaus ein Problem haben, nicht nur für solche kurzfristigen Beschäftigungen geeignetes Personal zu finden.
Angesichts eines eher enger werdenden Lehrerarbeitsmarkts halten wir es durchaus für angemessen, auch aus den Mittel, die für Personalkostenbudgetierung zur Verfügung stehen, und über die 100-prozentige Ausstattung der Schulen hinaus Lehrerinnen und Lehrer einzustellen und dauerhaft an das Land Berlin zu binden. Der FDPAntrag gibt auf diese Problemlage keine Antwort – im Gegenteil. Er nimmt in Kauf, dass Schulen, die möglicherweise weniger attraktiv sind, weniger Personal haben als andere. Wir wollen im Gegensatz zur FDP daran fest
halten, dass die Bildungsverwaltung dafür verantwortlich ist, dass alle Schulen ausreichend Personal zur Verfügung haben, auch wenn diese Verantwortlichkeit vielleicht nicht besonders lorbeerträchtig ist. Ich denke, dass der Bildungssenator das auch so sieht. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat: Berlin hat sich vor sieben Jahren unter Rot-Rot entschieden, Lehrerinnen und Lehrer nicht mehr zu verbeamten. Diese Entscheidung war kein ideologischer Schnellschuss, sondern hatte im Wesentlichen zwei Gründe. Erster Grund: Haushaltsklarheit. Es sollten nicht weiter Pensionslasten als verdeckte Neuverschuldung aufgehäuft und auf zukünftige Generationen verschoben werden.
Der zweite Grund ist: Der besondere Status der Beamten mit seinen Privilegien einerseits und seinen eingeschränkten Grundrechten andererseits sollte Tätigkeiten mit in engerem Sinne hoheitlichen Aufgaben vorbehalten bleiben.
Diese Entscheidung wurde seinerzeit breit getragen, auch von der CDU, und ihre Gründe haben nach wie vor Berechtigung. Das ist schon erwähnt worden. Der fiskalische Grund hat seine Berechtigung. Wir hatten gerade wieder eine Debatte über die steigenden Pensionslasten. Diesem Problem der steigenden Pensionslasten wird man nicht dadurch gerecht, indem man jetzt anfängt, über eine kreditfinanzierte Rücklagenbildung zu diskutieren. Das Problem bleibt ja.
Auch der ordnungs- und bildungspolitische Grund gilt nach wie vor. Wir sehen Lehrerinnen und Lehrer nicht in erster Linie als Staatsdiener mit besonderem Treueverhältnis und eingeschränkten Grundrechten, sondern wir sehen sie als pädagogische Fachkräfte. Und wenn dagegen eingewandt wird, dann könnten Lehrerinnen und Lehrer auch streiken, dann sage ich: Wenn Schülerinnen und Schüler in der Schule direkt mitbekommen, wie Auseinandersetzungen zwischen Tarifparteien in unserer Gesellschaft laufen, dann lernen sie sicherlich nichts Falsches für das Leben.
Bei der Entscheidung, Lehrerinnen und Lehrer nicht mehr zu verbeamten, war klar, dass es Probleme und Widerstände geben wird. Es war klar, dass es ein langer Prozess werden wird, weil eben nur die neueingestellten Lehrerinnen und Lehrer nicht mehr verbeamtet werden. Es war auch klar, dass man für solch eine Entscheidung einen langen Atem braucht. – Wie gesagt, die Entscheidung wurde von allen Parteien getragen. – Und es war auch klar, dass nichts falscher sein würde, als wenn man einen solchen langen Atem nicht aufbringen würde. Ein kurzsichtiges und kurzfristiges Hin und Her nutzt niemandem.
Allerdings haben wir in der Tat ein Problem. Wir haben das Problem, angesichts eines bundesweiten Lehrermangels in der Zukunft ausreichend Lehrerinnen und Lehrer
für unsere Schulen zu finden. Dieses Problem ist nur bundesweit zu lösen. Ich will es hier erwähnen, weil es in Vergessenheit gerät: Die Ursache ist, dass bundesweit zu wenig Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet werden. Die Ursache ist ein Schweinezyklus, in dem wir uns befinden: Eine Zeitlang gibt es zu viele Lehrerinnen und Lehrer. Dann gibt es einen Einstellungstopp, die Ausbildungszahlen werden heruntergefahren. Das führt dann irgendwann, wenn viele Lehrer ausscheiden, dazu, dass wir zu wenig Lehrerinnen und Lehrer haben und durch zu geringe Ausbildungskapazitäten in einen Lehrermangel hineinlaufen. Das ist nur zu lösen, wenn wir zu einer bundesweiten Koordinierung der Ausbildungsbedarfe kommen. Die Kultusministerkonferenz hat sich auf den Zettel genommen, sich das irgendwann mal anzusehen. Aber leider haben wir dafür noch keine Lösung. Wir brauchen aber eine Lösung dafür, sonst kommen wir immer wieder in eine solche Situation.
Aber wir müssen auch in Berlin das Unsere tun. Das bedeutet erstens – und das ist mir wichtig –, dass wir das Problem zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir wegen des altersbedingten Ausscheidens einen erheblichen Lehrerbedarf bekommen. Das ist kein Selbstläufer, der sich irgendwie lösen wird.
In der Tat ist es richtig, darauf zu verweisen, dass Berlin eine attraktive Stadt ist, auch für Berufseinsteiger. Aber das reicht nicht aus. Ich erwarte vom Senat, dass er Vorschläge unterbreitet, wie mit einer solchen Situation umzugehen ist. Angestellte verdienen netto weniger als Beamte. Mit dieser Ungleichheit müssen wir umgehen. Das tut der Senat auch, indem er neueingestellten Lehrerinnen und Lehrern mehr Geld dadurch gibt, dass sie sofort in eine höhere Erfahrungsstufe eingeordnet werden. Das ist ein Schritt. Aber wir wissen auch, dass das keine dauerhafte Lösung ist. Allerdings ist es angesichts dessen unverständlich, dass ein Teil der neueingestellten Lehrerinnen und Lehrer, nämlich die sogenannten L2-Lehrer, geringer eingestuft wird. Erst geben wir ihnen zusätzlich zu ihrer Eingruppierung Geld, damit sie hier anfangen, und dann wird die Eingruppierung gesenkt. Das ist kontraproduktiv und auch nicht konsistent. Ich denke, dass wir langfristig überlegen müssen, ob wir dem Problem des ungleichen Einkommens von Beamten und Angestellten in der Konkurrenzsituation mit den anderen Bundesländern, die wir auf absehbare Zeit noch haben werden, nur dadurch begegnen können, dass wir sie bei ungleichem Einkommen auch bei der Arbeitszeit ungleich behandeln und beispielsweise durch eine geringere Arbeitszeit den Angestelltenstatus für Lehrerinnen und Lehrer attraktiv machen.
Es ist richtig, dass wir Lehrerinnen und Lehrer nicht mehr verbeamten. Aber wir müssen eine Lösung für das Problem finden, wie wir zukünftig genügend Lehrerinnen und Lehrer einstellen können. Wenn wir sie nicht finden, dann besteht in der Tat die Gefahr, dass sich diejenigen durchsetzen werden, die den langen Atem beim Ausstieg aus der Verbeamtung nicht aufbringen wollen.
Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn es nicht explizit im Thema der Aktuellen Stunde genannt ist, sondern es um den Start der Sekundarschulen und um Integration durch Bildung gehen soll, will ich zunächst etwas zur Lehrerausstattung zum Schulstart sagen, ich glaube, das wird auch erwartet.
Ja, es stimmt, dass wir hinter den allseits gewürdigten Stand des letzten Jahres bei der Vorbereitung des Schuljahres zurückgefallen zu sein scheinen; Blumen – wie im letzten Jahr – hat es dieses Mal nicht gegeben. Auch wenn unsere Gespräche mit Eltern, Lehrerinnen und Lehrern – die Koalition hatte dazu eine Hotline geschaltet – durchaus nicht ergeben haben, dass flächendeckend Lehrer fehlen, so haben sie doch ergeben, dass es an einigen Schulen durchaus erhebliche Probleme gegeben hat. Nun hat die Schnellabfrage der Senatsverwaltung in dieser Woche ergeben, dass es im Durchschnitt eine annähernd hundertprozentige Ausstattung mit Lehrkräften gibt. Das ist wichtig, weil es die Voraussetzung dafür ist, dass auch an den einzelnen Schulen genug Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stehen, aber es hilft natürlich der einzelnen Schule wenig, die zum Start zu wenig Lehrer hat. Deshalb erwarten wir, dass nun schnell und im Einzelfall nach
gesteuert wird, aber wir erwarten natürlich auch, dass für die Zukunft Schlussfolgerungen gezogen werden. Dafür muss genau und im Einzelfall geprüft werden, worin die Ursachen für die fehlenden Lehrkräfte gelegen haben, damit man sie auch beheben kann. Man muss sicherlich auch einräumen, dass, wenn am ersten Schultag festgestellt wird, dass Lehrer erkrankt sind, nicht sofort Ersatz da sein kann. Aber vielleicht kann man mal darüber nachdenken, ob es nicht möglich ist, das auch eine Woche vor Schulstart festzustellen.
In jedem Fall brauchen wir einen früheren Einstellungstermin für Lehrerinnen und Lehrer, das hat der Senat zugesagt. Die Absolventen, die erst nach einem solchen Einstellungstermin ihren Abschluss machen, müssen wir durch Vorverträge an das Land Berlin binden können.
Sodann brauchen wir bessere und frühere Prognosen. Es ist zwar nicht überraschend, dass das Instrument der Schülerdatei noch nicht gegriffen hat – das ist eine komplizierte Materie, wir wussten das vorher und haben auch vorher im Ausschuss darüber geredet. Aber ärgerlich ist es angesichts der politischen Blessuren, die wir uns geholt haben, als wir die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen haben, natürlich schon – ich weiß, wovon ich rede.
Nein, danke. – Der Schulstart muss im nächsten Schuljahr besser werden, und dafür gilt es einiges zu tun.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme nun zum eigentlichen Thema der Aktuellen Stunde, dem Start der Schulreform. Die Grünen kommen in der Überschrift gleich zu dem Ergebnis, sie sei mangelhaft. Das verwundert. Das verwundert zum einen, weil der Kollege Mutlu, der bildungspolitische Sprecher der Grünen, im Fachausschuss vor einer Woche noch zu einer ganz anderen Einschätzung kam. Da hat er natürlich sehr deutlich gesagt, dass der Schulstart insgesamt nicht gut gelaufen ist, hat dies aber sehr deutlich vom Start der Schulreform unterschieden und hatte dort im Konkreten relativ wenig zu meckern.
Die Grünen müssen jetzt einmal erklären, wie sie zu dieser Änderung der Einschätzung gekommen sind und was sich inzwischen geändert hat. Mir scheint, dass die Thesen umso steiler ausfallen, je besser die Umfragen sind.
Zum Zweiten verwundert diese Einschätzung, weil man über ein Gelingen der Reform wenige Tage nach ihrem Start natürlich noch gar nichts sagen kann. Was kann man zum Start der integrierten Sekundarschulen sagen? – Es
gab in der Tat Probleme bei nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen. Das ist nicht verwunderlich. Wir haben ein riesiges Umbauprogramm, über das wir uns freuen. Wir freuen uns, dass dies möglich ist. Dass es zu Verzögerungen in den Bezirken kommt, kann uns nicht überraschen. Es ist aber nicht akzeptabel, dass zuständige Stadträtinnen und Stadträte in den Bezirken erst kurz vor Schuljahresbeginn feststellen, dass die Schule nicht fertig wird. Das darf in der Tat nicht sein.
Was ist darüber hinaus zwei Wochen nach Beginn des Schuljahres zum Thema Schulreform feststellbar. Feststellbar ist, dass die Reform, was den Gegenstand der Reform betrifft, bisher ohne das weithin prognostizierte Chaos stattgefunden hat. Im Gegenteil: Es gibt etliche Schulen, die sich mit großem Engagement an die Neuorganisation der 7. Klassen und an die Neugestaltung der Lernprozesse herangemacht haben. Es gibt natürlich auch Schulen, in denen dies schwieriger anläuft. Es gibt auch Schulen, die für den Start der Schulreform mehr Anleitung und Unterstützung von der Bildungsverwaltung erwarten. Das ist aber nicht das Chaos, das angesichts der großen Veränderungen und der hohen Ansprüche, die mit der Schulreform einhergehen, von vielen prognostiziert worden ist. Wir freuen uns auch, dass drei Gemeinschaftsschulen zu diesem Schuljahr starten. Das zeigt, dass es auch an diesem Punkt weitergeht.
Nein, das ist alles kein Grund zur Panikmache. Es ist aber ein Grund, die Umsetzung der Schulreform auch als eine politische Gestaltungsaufgabe weiterhin zu verstehen, die Vorbereitung der Schulen auf die Schulreform, Fortbildungen, Unterstützung und Begleitung bleibt beständige Aufgabe, die im Sinne der Qualitätssicherung bei den Reformen durch die Schulverwaltung gewährleistet wird. Aus der Umsetzung der Sekundarschule in der jetzigen Jahrgangsstufe müssen wir Schlüsse für die Weiterentwicklung ziehen. Verlässlichkeit, Unterstützung und Begleitung war uns wichtig bei der Konzeption der Reform. Das erwarten wir auch jetzt.
In der derzeitigen Debatte rund um Sarrazin gibt es eine Figur, die besonders ärgerlich ist: Die allzu bedenkenlos von vielen übernommene Unterstellung der Populisten, außer ihnen würde niemand über Probleme bei der Integration reden. Diesen Pappkameraden darf man nicht auf den Leim gehen. Sehr verehrte Frau Pop! Vielleicht ist es ein Missverständnis, wenn Sie über das Wegducken der SPD in Integrationsfragen geredet haben. Sie sollten darüber nachdenken, ob nicht genau das passiert, dass diesen Pappkameraden auf den Leim gegangen wird.
Nein! Wir wehren uns dagegen, dass Menschengruppen für genetisch dumm erklärt werden. Wir wenden uns
gegen eine rassistische Ausgrenzungsrhetorik, die zu gelungener Integration nichts beiträgt.
Aber natürlich wissen wir – wir sagen das auch –, dass wir erhebliche Probleme dabei haben, Bildungserfolge und Arbeitsmarktchancen für Kinder und Menschen mit Migrationshintergrund zu realisieren. Wir wissen um die zentrale Rolle der Bildung für die Integration. Wir wissen um den Handlungsbedarf, den wir haben. Deswegen geben wir hierfür trotz angespannter Haushaltslage im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht weniger, sondern Jahr für Jahr mehr aus.
Integration durch Bildung heißt vor allem, schlechtere Startchancen von Kindern auszugleichen. Weil das so ist, setzen wir in der Bildungspolitik auf individuelle Förderung statt auf Gleichschritt und Auslese. Das ist der Kern der Veränderungen, die wir im Bildungsbereich vornehmen. Wir setzen auf individuelle Förderung in der Grundschule und vor allem mit der Schulstrukturreform. Wir schaffen die integrierte Sekundarschule ja genau deswegen, weil wir wissen, dass das gegliederte Schulsystem eben nicht die Integration befördert und nicht die Bildungschancen für Kinder mit Migrationshintergrund erhöht. Insofern ist das Ergebnis der Hamburger Volksabstimmung auch eine Niederlage für die Integrationspolitik dort.
Wenn Sie hier, sehr geehrte Frau Pop, so vehement beklagen, dass hier eine Bildungsreform vonstatten geht, die keine Akzeptanz hätte, ist das angesichts der Hamburger Erfahrungen nicht nur einigermaßen selbstvergessen, sondern zeigt, dass Ihnen ein wenig die Maßstäbe abhanden gekommen sind.
Wir setzen auf Sprachförderung und verbindliche Sprachstandsfeststellung ein Jahr vor der Schule mit anschließender verpflichtender Sprachförderung. Wir beziehen die Eltern mit den bundesweit beispielhaften Elternkursen mit ein, die wir noch einmal verstärkt haben. Dabei erhalten die Eltern, meistens sind es Mütter, in der Schule oder der Kita ihrer Kinder ein Angebot, die deutsche Sprache zu erlernen. Wir setzen auf die Ganztagsschule. Wir setzen auf die frühkindliche Förderung in der Kita.
An dieser Stelle möchte auch noch ein paar Worte in der Debatte um die Kitapflicht verlieren. Wir sind uns einig darin, dass es gerade für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern wichtig ist, die Kita zu besuchen. Deshalb ist es wichtig, dass wir in Berlin eine so gute Versorgung haben. Das ist beispielhaft. Deshalb ist wichtig, dass wir mit dem Bildungsprogramm auf Qualität setzen. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Personalausstattung hier erheblich verbessert haben. Ob aber eine Kitapflicht mit dem Grundgesetz vereinbar und politisch umsetzbar ist,
ist ungewiss bis unwahrscheinlich. Ihr Nutzen ist demgegenüber angesichts eines Versorgungsgrades von über 92 Prozent in den nächsten Jahren für Drei- bis Sechsjährige eher gering.
Wir sollten uns darauf konzentrieren, das zu tun, was wir hier zu tun haben. Wir sollten die Hürden, die wir mit der Bedarfsprüfung selbst in Berlin für einen Kitabesuch errichtet haben und erst schrittweise abbauen, ganz abschaffen.
Allerdings müssen wir uns mit dem Bund darüber auseinandersetzen, dass wir hier eine Systemwende bei der Finanzierung von Bildungsausgaben brauchen. Unsere Bildungsinstitutionen in der Bundesrepublik sind unterfinanziert. Das ist so. Das trifft auch auf Berlin trotz unserer Anstrengungen zu. Deswegen ist es richtig, dass wir künftig nicht in Kinderfreibeträge investieren, sondern dass der Bund in Bildungseinrichtungen investiert. Das würde auch der Integrationspolitik in Berlin zugute kommen.
Sehr geehrte Frau Pop! Was Sie hier gemacht haben, ein Integrations- und Partizipationsgesetz in den Gegensatz zu Integrationsbemühungen beispielsweise in der Bildungspolitik zu bringen, ist absurd. Mit dem Partizipationsgesetz geht es darum, einen Standard von Partizipation bei Entscheidungsprozessen einzuziehen. Es geht darum, Diskriminierungen abzubauen. Es steht in keinem Stück in Konkurrenz zu Integrationsbemühungen im Bildungsbereich. Wir brauchen beides. Wir brauchen das Eine und das Andere. Wir machen beides.
Ich bin überzeugt davon, dass wir in der Bildungspolitik die richtigen Weichen für eine bessere Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund gestellt haben. Natürlich gibt es an einigen Stellen Nachholbedarf, beispielsweise beim Zugang zum offenen Ganztagsbetrieb in der Grundschule. Aber wir stehen vor der Herausforderung, die durchaus hohen Ansprüche an die Förderung in den Bildungseinrichtungen Wirklichkeit werden zu lassen. Wir brauchen vor allem die gezielte Unterstützung der Schulen bei der Entwicklung, wenn Defizite festgestellt werden. Hierfür hat der Senat eine Qualitätsoffensive angekündigt. Das begrüßen wir. Davon erwarten wir auch einiges.
Integrationspolitik ist immer konkret. Integrationspolitik wird von ganz vielen und nicht nur in der Politik geleistet, von Lehrerinnen und Lehrern, von Menschen, die als Migranten aktiv sind, von Erzieherinnen und Erziehern.
Ich komme zum Schluss. – Dieser Weg ist vielleicht nicht so effekthascherisch und nicht so laut wie der, den die Populisten gehen. Es ist aber der einzige Weg, auf dem wir erfolgreich sein werden. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung liegt uns sehr am Herzen.
Die Umsetzung einer inklusiven Schule, eines inklusiven Schulsystems liegt uns sehr am Herzen. Wir haben im Land Berlin erheblichen Handlungs- und Veränderungsbedarf. Das wissen wir. Deswegen hat die Koalition den Senat beauftragt, ein Konzept vorzulegen. Soweit der CDU-Antrag fordert, einen Plan vorzulegen, ist er überflüssig, denn diesen Auftrag hat der Senat schon. Ich gehe davon aus, dass diese Vorlage des Senats in Kürze vorliegen wird. Wir werden intensiv diskutieren. Und soweit der CDU-Antrag hierzu Vorschläge macht, werden wir ihn in diese Debatte mit einbeziehen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr gehrte Damen und Herren! Lieber Herr Statzkowski! Da war es ehrlich, dass Sie Ihre Ideologie ausdrücklich nicht aus der Debatte ausklammern wollten!
Die Befunde der Ländervergleichsstudie zu den Sprachkompetenzen sind für Berlin zum Teil erfreulich und zum Teil überhaupt nicht erfreulich. Sie geben insgesamt sicherlich keinen Anlass zum Jubeln. Wir müssen sie sehr ernst nehmen, auch wenn sie kaum überraschen und neue Erkenntnisse liefern. Wir müssen sie richtig einordnen, um die richtigen Schlussfolgerungen ziehen zu können. Deswegen drei Vorbemerkungen!
Sie hat bestimmt schon gedrückt, bevor ich angefangen habe. – Bitte schön!
Sehen Sie, verehrte Frau Senftleben, genau das ist Problem einer solch frühen Zwischenfrage. Sie können gar nicht wissen, worauf in noch eingehen werde. Wenn ich etwas Erfreuliches zu vermelden habe, werde ich selbstverständlich noch darauf eingehen.
Drei Vorbemerkungen möchte ich dann doch machen, um bei der Sache zu bleiben, weil man schon genau hinsehen muss. Diese Länderstudie soll Auskunft darüber geben, inwieweit Schülerinnen und Schüler bezogen auf den mittleren Schulabschluss Bildungsstandards erreichen oder verfehlen. Deswegen muss, wenn wir hier darüber reden, der Blick über die Relation von Durchschnittswerten zwischen Ländern hinaus gehen.
Wenn man das nicht tut und einfach nur sagt, schlechtes Testergebnis, schlechte Regierung, kann ich verstehen, dass man als Opposition einen Mitnahmeeffekt erzielen will. Abgesehen jedoch von der Redlichkeit, zeigt das auch darüber hinaus, dass man sich ziemlich sicher ist, wenn man so argumentiert, dass man in nächster Zukunft niemals verantwortliche Bildungspolitik betreiben muss, wenn man dabei nicht in Rechnung stellt, dass die Situation in Stadtstaaten anders ist als in Flächenländern, dass andere Voraussetzungen vorliegen.
Die zweite Vorbemerkung, die ich machen will, ist, dass die für die Länder erhobenen Daten in dieser Weise zum ersten Mal erhoben wurden. Sie lassen keinen Vergleich mit vorangegangenen Studien zu. Sie lassen auch keine Aussage über eine Entwicklung weder der getesteten Schüler noch der Leistungen der Jahrgangsstufe 9 selbst zu.
Die dritte Vorbemerkung: Es liegt in der Natur der Sache, auch wenn manche versuchen, es zu ignorieren, dass die im Ländervergleich aktuell getesteten Schüler in den Genuss von erst kürzlich stattgefundenen Reformen noch gar nicht kommen konnten.
Ein Aspekt ist für Berlin sehr erfreulich. Der Unterschied im Vergleich zum Bundesgebiet im Vergleich der Gerechtigkeit in der Bildungsbeteiligung. Hier betätigt die Studie die Ungerechtigkeit des Bildungssystems für das Bundesgebiet insgesamt, was die Abhängigkeit der Bildungschancen und der Chancen auf einen qualifizierten Abschluss vom Geldbeutel der Eltern betrifft. Wenn man sich die Chance ansieht, auf einen Bildungsgang mit Abiturperspektive zu bekommen, ergeben sich eklatante Ungerechtigkeiten. Bei gleichen Leistungen im Bund ergibt sich hier, dass ein Kind von höheren Angestellten mit akademischem Abschluss eine viereinhalbmal so große Chance wie ein Arbeiterkind. In Baden-Württemberg und Bayern ist das Verhältnis 6,6 : 1 bzw. 6,5 : 1. In Berlin liegt es bei 1,7 : 1.
Dieser Unterschied ist deutlich. Dieser Unterschied ist und wichtig, weil uns Chancengleichheit wichtig ist. Das ist, wenn man sich Brandenburg ansieht, auch ein Erfolg der sechsjährigen Grundschule. Gerade vor diesem Hintergrund zeigt sich, wie fragwürdig die Auseinandersetzungen in Hamburg derzeit sind, aber wie wichtig die sechsjährige Grundschule für Berlin ist und wie wichtig es ist, dass wir sie stärken und nicht durch weitere grundständige Gymnasien aushöhlen.
Auch in Berlin gibt es nach wie vor eine Selektivität beim Zugang. Noch immer sind die Chancen von Kindern aus bildungsnahen Elternhäusern auch bei gleicher Leistung höher, einen entsprechenden Schulplatz zu bekommen. Wir wollen diese Selektivität abbauen. Deswegen ist es ein Kern der Schulstrukturreform, dass nach der Grundschule keine Aufteilung der Kinder mehr nach Abschluss und nach Lebensperspektive vorgenommen wird, weil alle weiterführenden Schulen zu allen Abschlüssen einschließlich zum Abitur führen.
Was sind darüber hinaus die Hauptbefunde dieser Vergleichsstudie? – Bei den Kompetenzen in Deutsch liegt der Berliner Durchschnitt zusammen mit dem der Stadtstaaten deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Gleichzeitig ergibt sich ein erheblicher Abstand zwischen den besten und den schlechtesten Berliner Schülerinnen und Schülern. Während die besten Schüler durchaus auch bundesweit Spitzenwerte erreichen, fallen die schlechtesten deutlich ab. Im Fach Englisch liegt Berlin im Mittelfeld. Im Fach Französisch erreicht Berlin Spitzenwerte im Bundesvergleich. Das muss man auch einmal sagen.
Die Studie zeigt abermals, dass Berlin ähnlich wie andere Stadtstaaten vor besonderen Herausforderungen steht, angesichts einer starken Ballung sozialer Probleme und des hohen Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund. Die Abhängigkeit des Kompetenzerwerbs von der sozialen Herkunft ist in Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr groß. Wenn man sich das Abschneiden der Kinder mit Migrationshintergrund und ohne Migrationshintergrund ansieht, stellt man fest, dass gerade bei den Kompetenzen im Fach Deutsch Berliner Schüler ohne Migrationshintergrund nicht gegenüber Schülern ohne Migrationshintergrund im Bundesdurchschnitt abfallen. Das zeigt, dass gerade Berlin mit dem höchsten und auch noch steigenden Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund vor Herausforderungen steht, die sich in anderen Bundesländern nur in sehr viel geringerem Maß stellen. Wobei es hier sehr wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass wir gerade auch unter den Migranten Spitzenleistungen hervorbringen, aber eben auch die Risikogruppe besonders groß ist.
Das ist auch der Punkt, an dem man ansetzen muss, wenn es gilt, Schlussfolgerungen aus den Studien zu ziehen.
Wir lernen aus der Studie – erstens: Wir müssen die Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund verbessern, insbesondere die Sprachförderung, die für die vorschulische und frühkindliche Bildung in der Kita von besonderer Bedeutung ist. Hier hat die Koalition in den letzten Jahren wichtige Entscheidungen getroffen. Mit Bildungsprogrammen, Sprachlerntagebuch, mit Qualitätsvereinbarungen und umfangreichen Fortbildungen wurden entscheidende Akzente gesetzt. Deswegen haben wir verbindliche Sprachstandsfeststellungen mit Tests. Gleichzeitig haben wir durch den Rechtsanspruch, den wir ausgeweitet haben, und durch einen schrittweise gebührenfreien Kitabesuch erreicht, dass in den letzten beiden Jahren vor der Schule nahezu alle Kinder in den Genuss der Förderung in der Kita kommen. Wir haben auch die Ausstattung in den Kitas erheblich verbessert, damit die Kitas den Qualitätsansprüchen, die wir an sie stellen, noch besser gerecht werden können. Nun ist es immer so, dass Reformen Zeit brauchen, um Wirkung zu entfalten. Das gilt gerade im Bildungsbereich. Die jetzt getesteten Schüler kamen aber noch gar nicht in den Genuss der gerade genannten Reformen, sodass sie sich noch gar nicht in den Ergebnissen widerspiegeln können.
Zweitens zeigen die Ergebnisse, dass es darauf ankommt, schlechtere Startchancen von Kindern auszugleichen. Mit der Verbesserung der Kitaförderung, Ganztagsschulen, der Grundschulreform, Gemeinschaftsschule, der Abschaffung der Hauptschule und der Einführung der integrierten Sekundarschulen wurden wichtige Weichen gestellt, um genau das zu realisieren. Wir schaffen die Hauptschulen genau deswegen ab, weil wir wissen, dass die Kinder aufgrund der Ballung der sozialen Probleme dort eben nicht gut gefördert werden können. Das ist genau die Erkenntnis daraus, die wir ziehen und aus der wir die Schlussfolgerung ziehen.
Deshalb sind die integrierten Sekundarschulen und die Gemeinschaftsschulen die richtige Antwort auf den Befund in dieser Studie.
Drittens zeigen die Ergebnisse, dass unabhängig von der Schulform die Schulen mit einer hohen Anzahl von Kindern aus bildungsfernen Familien – also Brennpunktschulen – vor einer sehr großen Herausforderungen stehen. Wir berücksichtigen dieses bereits bei der Ausstattung der Schulen. Wir müssen aber weiter darüber nachdenken, ob das reicht.
Viertens zeigen die Ergebnisse, dass der Qualitätsentwicklung an den Schulen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Der Bildungssenator hat hierfür ein Qualitätspaket angekündigt. Wir begrüßen das. Es kommt darauf an, faire Vergleiche ziehen zu können. Es kommt darauf an, den Lernzuwachs der Kinder in den Mittelpunkt der Vergleiche zu stellen. Vor allem aber geht es darum, Schulen dabei zu unterstützen, aus attestierten Stärken und Schwächen dann auch Schlussfolgerungen für ihre Entwicklung ziehen zu können und eine solche Entwicklung auch wirklich anzustoßen.
Zusammengefasst kann man sagen, dass die Befunde der Studie nicht neu sind. Sie zeigen bekannte Stärken und Schwächen im Berliner Bildungssystem. Weil die Erkenntnisse nicht neu sind, hat die Koalition in den vergangenen Jahren Konsequenzen mit besserer Sprachförderung, besserer Bildung in der Kita für mehr Kinder, mit Ganztagsschulen, der Schulstrukturreform und der Gemeinschaftsschule gezogen. Hier wurden mit erheblichem Aufwand Veränderungen im Interesse der Kinder in Gang gesetzt, die allerdings für die im Ländervergleich getesteten Schüler noch keine Wirkung entfalten können. Bei der Qualitätsentwicklung der Schulen müssen wir besser werden. Die Spitzenwerte bei der Bildungsgerechtigkeit dürfen wir dabei allerdings nicht aufs Spiel setzen. – Vielen Dank!
Sehr verehrte Frau Senftleben! Ich gebe Ihnen vollständig recht, dass Qualität wichtig ist, aber da Sie Qualität und Quantität in einen solchen Widerspruch zueinander stellen, geben Sie darüber Auskunft, an welcher Stelle Sie denn die Quantität im Bereich der frühkindlichen Bildung zurückfahren wollen, um mehr Qualität zu erreichen!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der CDU hat etwas Ritualhaftes. Jedes Jahr im Frühsommer wird die Personalplanung zum neuen Schuljahr thematisiert und von der Opposition skandalisiert.
Auch hier geht es wieder um ein Personalchaos an den Schulen. Natürlich gibt es dabei einiges Ärgerliches. Das ist völlig richtig. Das ist ein ziemlich komplizierter Prozess, aber die Erfahrungen zumindest in den beiden letzten Jahren sind andere. Die Vorbereitung verlief in wesentlich geordneteren Bahnen, und zum Schuljahresbeginn blieben die sonst üblichen Skandalmeldungen weitestgehend aus.
Das heißt nicht, dass alles völlig problemlos abgeht. Die Einstellungsrunden bedeuten für die Schulen und insbesondere für die Schulleitungen einen erheblichen Aufwand und verlaufen keineswegs ohne Konflikte. Hinzu kommt nun – das ist bereits angesprochen worden – wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren eine veränderte Ausgangssituation, die mit der Altersstruktur der Lehrer und Lehrerinnen zusammenhängt. Wir haben einen hohen Einstellungsbedarf aufgrund der vor allem aus Altersgründen ausscheidenden Lehrkräfte, und die Personaldecke und die Bewerbungslage werden enger, und zwar bundesweit.
Wir haben im Moment mehr Bewerber als Plätze – so sagt die Senatsverwaltung –, aber wir wissen, dass das nicht für alle Fächerkombinationen gilt, und wir wissen auch, dass wir uns an dieser Stelle Gedanken machen müssen. Der Senat steht da in der Verantwortung. Neubewerber auch für das nächste Schuljahr werden wieder in einer höheren Erfahrungsstufe eingruppiert, soweit ich weiß – sie erhalten also sozusagen ein höheres Einstiegsgehalt –, aber wir müssen natürlich darüber hinaus überlegen, wie wir attraktiv bleiben. Ich meine, man muss über die Arbeitszeit nachdenken. Herr Kollege Zöllner und Herr Kollege Körting! Man muss auch darüber nachdenken, wie wir an dieser Stelle vielleicht Lehrerinnen und Lehrer vertraglich an das Land Berlin binden, wenn wir wissen, dass wir sie in den nächsten Jahren brauchen.
Wie sieht es aber konkret bei der Vorbereitung des nächsten Schuljahres aus? Dazu haben wir gestern in der Hauptausschusssitzung einige Zahlen gehört und Konkretes erfahren. Herr Kollege Steuer! Ich fände es gut, wenn Sie diese konkreten Zahlen dann auch mal zur Kenntnis nehmen würden.
Bitte schön!
Ich gehe davon aus, dass sich der Senat darauf verständigt, dass genau dieses Verfahren weiter gilt, und ich verhehle nicht, dass das nur ein Teil des Problems löst.
Aber ich war gerade bei der Vorbereitung des neuen Schuljahres und den konkreten Zahlen: Das, was Kollege Steuer hier gegenübergestellt hat, war wohl dem Bedürfnis geschuldet, diese Situation besonders drastisch darzustellen. Wenn man sich diese Situation genau anguckt und das auch zur Kenntnis nimmt, ergibt sich aber Folgendes: Wir haben im Jahr 2010 ein Einstellungskontingent von 1 067 VZE. Darin sind unbefristete Übernahmen bisher befristeter Stellen und auch Stellen enthalten, die bereits im Februar besetzt worden sind. Aber über das Jahr hinweg kommen 1 067 Stellen in das System hinein. Wenn man die in die unbefristete Situation Übernommenen abzieht und auch noch die abzieht, die bereits im Februar eingestellt worden sind, bleiben also 340 Stellen, die zum kommenden Schuljahr neu unbefristet besetzt werden. Darüber hinaus werden 140 Stellen unbefristet besetzt für den Ersatz der Lehrerfeuerwehr.
Wenn man nun die Zahl der ausscheidenden Lehrkräfte berücksichtigt – Sie haben die Zahl genannt: ca. 770 –, ergibt sich Folgendes: Ca. 1 000 neue Stellen kommen in das System, und ca. 770 scheiden aus. Demnach nehmen wir an dieser Stelle bei – wenn auch nur leicht und nicht mehr lange – sinkenden Schülerzahlen einen höheren Ersatz vor, als durch die ausscheidenden Lehrkräfte vorgegeben ist. Das ist auch notwendig, weil wir damit die pädagogischen Verbesserungen, auf die wir uns verständigt haben, realisieren. Das betrifft vor allem die Schulstrukturreform, die integrierte Sekundarschule. Hier wird es, wie angekündigt, 123 Stellen zusätzlich geben. Die ist notwendig und wird umgesetzt werden – also mit der Ausstattungsfrequenz 1:25, mit der Ausstattung für den Ganztagsbetrieb, mit den Förder- und Teilungsstunden und mit der Ausstattung nach sozialer Zusammensetzung der Schülerschaft.
Darüber hinaus sagen wir, dass die Gymnasien auch mit dem doppelten Abiturjahrgang vor einer besonderen Herausforderung stehen. Für die Verdichtung in der Oberstufe, die damit einhergeht – den zusätzlichen Belegverpflichtungen –, gibt es auch hier eine Verbesserung bei der Lehrerausstattung. Das ist in den Zumessungsrichtlinien ausgewiesen. Das können Sie nachlesen.
Was die Lehrerausstattung betrifft, sind die Zahlen also halbwegs klar. Ich erwarte im Übrigen, dass für die Ausstattung mit sozialpädagogischem Personal – Stichwort: Erzieherinnen und Erzieher – Gleiches gilt und Gleiches gesichert ist.
Das kommende Schuljahr ist sehr wichtig. Da beginnt die Schulstrukturreform. Das ist mit viel Unsicherheit verbunden. Damit wir nicht noch zusätzlich Unsicherheit hineinbringen, ist es wichtig, dass das, was wir an Rahmenbedingungen beschlossen haben, tatsächlich um
gesetzt wird. Genau das erwarten wir vom Senat. Zusätzliche Irritationen kann da niemand gebrauchen. – Danke!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zwei Anträge der FDP zum Thema Grundschule – das Thema Grundschule hat in der letzten Zeit für Aufregung gesorgt, auch jetzt ist wieder von einer Katastrophe geredet worden. Deshalb vorweg etwas Grundsätzliches.
Wir wissen um die gute Arbeit, die in den Grundschulen gemacht wird. Dies hat nicht zuletzt auch die ElementStudie bestätigt. Wir wissen, dass dies auch für die Klassen 5 und 6 gilt, auch im Vergleich zu den grundständigen Gymnasien.
Wir wissen auch, dass die Arbeit der Grundschulen in mancherlei Hinsicht vorbildlich ist, dass vieles, was wir im Rahmen der Schulstrukturreform mit der integrierten Sekundarschule in der Sekundarstufe I einführen, in den Grundschulen alltägliche Praxis ist: heterogene Lerngruppen, individuelle Förderung in einer Schule mit Kindern aller Leistungsvoraussetzungen. Wir erkennen das an und wir regen dringend an, diese Erfahrungen für die Schulstrukturreform nutzbar zu machen. Wir wissen aber auch um die schwierige Arbeit an den Grundschulen, besonders in den Brennpunkten. Wir sehen, dass wir insbesondere in diesem Bereich prüfen müssen, wie wir zu Verbesserungen kommen in Bezug vor allen Dingen auf den Ganztagsbetrieb und auf die Rahmenbedingungen, die im Vergleich zur integrierten Sekundarschule existieren. Ich nenne hier die Stichworte Pflichtstunden, Lehrerausstattung, insbesondere Sozialfaktor.
Nun kurz zu den Anträgen der FDP, die betreffen die Schuleingangsphase und die VERA-Tests.
Zum ersten Antrag, zum jahrgangsübergreifenden Lernen. Dieser Antrag ist ungefähr der zwanzigste Antrag, der die verbindliche Einführung des jahrgangsübergreifenden Lernens aussetzen möchte. Deswegen noch mal: Das jahrgangsübergreifende Lernen ist ein zentrales Element der Schuleingangsphase, damit die Schuleingangsphase ihrer Aufgabenstellung gerecht werden kann. Damit soll dem früheren Einschulungsalter und unterschiedlichen Entwicklungsständen der Kinder Rechnung getragen werden. Kinder können vieles. Sie können sehr Unterschiedliches, wenn sie in die Schule kommen. Die Unterschiedlichkeit der Kinder ist Ausgangspunkt für die individuelle Förderung jedes Kindes und für das Mit- und
Voneinanderlernen von Kindern, aber auch für das Respektieren von Unterschiedlichkeit. Kurz: Das jahrgangsübergreifende Lernen ist ein elementarer Bestandteil der Schuleingangsphase, deshalb kann es nicht in die Beliebigkeit gestellt werden. Die Einführung ist flexibel gestaltet. Schulen, die nicht über die Voraussetzungen für JÜL verfügen, vereinbaren mit der Schulaufsicht, wie diese Voraussetzungen geschaffen werden.
Ich weiß, dass wir da genau hingucken müssen und dass es nicht überall so ist, wie wir wollen, dass es ist. Und natürlich brauchen wir auch eine kritische Überprüfung der Ergebnisse. Wobei noch mal gesagt sei, Herr Steuer hat es wieder angesprochen: Nicht das Verweilen in der Schuleingangsphase ist das Problem. Es entspricht gerade dem Charakter der Schuleingangsphase, dass Kinder dort länger verweilen dürfen. Aber wir sehen durchaus und nehmen die Signale ernst, dass sich beim Übergang in die 3. Klasse Probleme ergeben. Allerdings Beliebigkeit nutzt uns hier nichts.
Nun zum zweiten Antrag, zum Thema VERA. Die Debatte ist zitiert worden, die es hier gab. Es gab die Kritik aus den Schulen, die hieß, die Aufgaben würden ihre Schüler überfordern und die Schulen in einem schlechten Licht stehen lassen. Im Kern ging es dabei nicht um VERA, sondern um die Probleme, die sich insbesondere an den Schulen in sozialen Brennpunkten konzentrieren. Aber diese Probleme werden weder durch die Ablehnung der Beteiligung an VERA noch durch die Anpassung der Aufgabenstellung an die Schülerinnen in den Brennpunktschulen allein gelöst, sondern auf solchem Wege eher verdeckt.
Einen Boykott der Vergleichsarbeiten hat es nicht gegeben. Sie sind inzwischen geschrieben, aber noch nicht ausgewertet. Wir sollten zunächst Ergebnisse zur Kenntnis nehmen und mit denen der früheren Vergleichsarbeiten abgleichen, zu denen bereits detaillierte Berichte vorliegen.
Die FDP – da gebe ich Herrn Steuer recht – beantragt etwas, was der Senat ohnehin zu tun hat, nämlich Ergebnisse zu überprüfen und Schlussfolgerungen daraus für die Schulen nutzbar zu machen. Natürlich müssen wir die Testergebnisse auswerten. Das betrifft sowohl die Qualität der Aufgaben als auch die getesteten Leistungen und die Ursachen für diese Leistungen. Dies berührt vor allem ein Problem, da sollten wir vielleicht genauer hinsehen, das des Textverständnisses. Den Ursachen für das Nicht- oder Falschverstehen nachzugehen ist sinnvoll sowohl für die Methoden der Sprachförderung als auch für die Aufgabenformulierung.
Allerdings erscheint uns ein Senatsbericht zu jedem Vergleichstest wenig sinnvoll. Wir haben seit gut zehn Jahren unterschiedliche Studien. Wir haben eine ganze Menge an Daten, die uns vorliegen. Die in eine Tendenz zu stellen und die Wirksamkeit getroffener Maßnahmen in ihrer Wechselwirkung zu überprüfen, das macht, denke ich,
Sinn. Insofern sollten wir den Antrag behandeln, wenn die Ergebnisse von VERA vorliegen und anhand derer beraten, was nötig ist. – Danke!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Mutlu! Manchmal muss man sich, wenn man ein Anliegen befördern will, darüber Rechenschaft ablegen, ob man es mit dem, was man tut, tatsächlich befördert.
Die Frage, friedliche oder militärische Konfliktlösung, oder die Frage, wie geht man mit internationalen Konflikten um, sind in unserer Gesellschaft hochumstritten. Angesichts unserer Geschichte halte ich es durchaus für eine zivilisatorische Errungenschaft, dass viele Menschen es nicht normal finden, dass sich Deutschland an militärischen Konflikten beteiligt.
Im Fall des Kriegs in Afghanistan ist eine übergroße Mehrheit der deutschen Bevölkerung gegen eine deutsche Beteiligung am Krieg. Deshalb ist es folgerichtig, wenn es immer wieder – und durchaus von einem breiten gesellschaftlichen Spektrum getragen – Proteste von Schülern und Eltern dagegen gibt, dass Jugendoffiziere und Berufswerber der Bundeswehr an den Schulen aktiv sind. Aktuell sind diese Proteste vor allem deshalb verständlich, weil Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg unlängst forderte, das Engagement der Jugendoffiziere an Schulen angesichts der schwindenden Zustimmung zum Afghanistankrieg zu verstärken. Der zuständige Minister weist damit also den Jugendoffizieren in den Schulen die Aufgabe zu, in einer hochumstrittenen politischen und gesellschaftlichen Frage Partei zu ergreifen im Sinn seiner eigenen politischen Position. Die Empörung des Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern Sellering darüber halte ich für mehr als berechtigt.
Wir finden, Schulen sollten angesichts dessen im Einklang mit der Schulgemeinschaft sehr genau prüfen, ob sie die Jugendoffiziere überhaupt einladen dürfen.
Die Frage ist durchaus berechtigt, unter welchen Bedingungen der Einsatz von Jugendoffizieren überhaupt mit dem Neutralitätsgebot der Schule vereinbar ist.
Hier hilft, denke ich, ein Gutachten weiter, das der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags zu dieser Frage angefertigt hat. Der Kollege Mutlu hat daraus schon zitiert. Dieser Wissenschaftliche Dienst kam zu dem Schluss, dass die Leitung der Informationsveranstaltung der Bundeswehr in den Händen der Schule liegen muss und nicht in denen der Bundeswehr. Das ist durchaus schon eine Abweichung von der Realität, die wir heute in vielen Fällen haben.
Er kam des Weiteren zu der Erkenntnis, dass die Schule für Ausgewogenheit der Informationen sorgen muss, für Neutralität. Sie muss dies umso mehr tun, je umstrittener ein gesellschaftliches Thema ist.
Daraus ergibt sich, dass es nicht ausreicht, darauf zu vertrauen, dass die Bundeswehr, weil sie eine staatliche Institution ist, schon für eine neutrale Information sorgen wird. Es reicht auch nicht, darauf zu vertrauen, dass die Neutralität dadurch gewahrt wird, weil Schülerinnen und Schüler sich ihre Meinung trotz der Schule bilden. Daher halte ich es für zwingend und naheliegend, wenn die Forderung erhoben wird, die Neutralität dadurch zu sichern, dass, wenn Bundeswehr eingeladen wird, immer auch Vertreter wehrdienstkritischer Verbände von Zivildiensteinrichtungen, von Friedensinitiativen und so weiter eingeladen werden müssen.
Diese Forderung haben die Grünen in ihrem Antrag aufgegriffen. Damit komme ich zum Antrag der Grünen. In der Tat glaube ich, dass wir nach Wegen suchen müssen, wie wir die Neutralität der Schulen sichern. Insofern sind wir uns da im Ziel einig.
Die Grünen schlagen vor, dies durch ein Rundschreiben verbindlich und einheitlich zu regeln. Dafür spricht etwas. Dafür spricht, dass es sich hier um eine Frage der Rechtssicherheit handelt, und zwar in einer Frage, die sowohl die Schulpflicht als auch die Grundrechte von Schülerinnen und Schülern und von Eltern betrifft. Dagegen kann allerdings sehr wohl eingewendet werden, dass das Prinzip der Eigenständigkeit und Eigenverantwortung von Schulen gegen eine solche zentrale Regelung spricht. Ebenso spricht möglicherweise dagegen, dass es nicht ganz so einfach sein wird, eine allgemeine und zentrale Regelung zu schaffen.
Richtig ist auch, dass Schulen ohnehin vor der Entscheidung stehen, wie sie mit außerschulischen Partnern zusammenarbeiten, mit welchen sie zusammenarbeiten und wie sie dabei die Neutralität wahren. Allerdings – und ich bin froh, dass darauf in der Debatte schon eingegangen wurde – muss ein solches Mehr an Eigenständigkeit mindestens in dieser sensiblen Frage auch ein Mehr an Demokratie nach sich ziehen. Es kann nicht die Entscheidung eines Lehrers oder eines Rektors sein, sondern
muss in den Schulgremien unter Einbeziehung der Schülerinnen und Schüler und der Eltern beraten und entschieden werden.
Dass die Schulen in der Lage sind, hier nach einer Debatte eine souveräne Entscheidung zu treffen, hat die jüngste Entscheidung am Coppi-Gymnasium gezeigt. In diesem Sinn werden wir in der weiteren Beratung hier im Parlament nach einer Lösung suchen, die geeignet ist, die
Neutralität der Schule zu sichern, und die in diesem Haus eine Mehrheit erhalten kann. – Vielen Dank!
Ich gehe langsam und spreche kurz! – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der FDP ist Teil einer Antragsserie, die ein bisschen eine Platzhal
terfunktion hatte vor der letzten Europawahl, wo man sich insgesamt mit diesem Thema beschäftigt hat.
Es sollte den Anlass bieten, einen Rundumschlag zu dem Thema und Kernkompetenzen der FDP deutlich zu machen. Man hat gesehen, dass dieser Antrag auch Anlass ist, die Kernkompetenzen der CDU zum Thema Rahmenpläne hier noch einmal zum Vortrag zu bringen.
In den Ausschüssen ist dieser Antrag sehr intensiv diskutiert worden. Auch im Plenum ist er oft vertagt worden, sodass ich mich schon gefragt habe, ob es die FDP schaffen will, ihn bis zur nächsten Europawahl zu vertagen, hier die zweite Lösung.
Ich fragte mich, ob ich die FDP darauf hinweisen muss, dass das wegen des Diskontinuitätsprinzips nicht funktionieren wird, es sei denn, man verlängert die Wahlperiode unseres Hauses, was natürlich irgendwie angemessen wäre, aber anderen Prinzipien widerspricht.
Ich will hier auf die intensive Debatte verweisen – ich mache das ganz kurz –, die wir im Schulausschuss hatten. Ich will sie komplett vortragen. Ich zitiere dazu aus dem Inhaltsprotokoll:
Mieke Senftleben (FDP) kündigt an, dass Abg. Dragowski sich zu dem Antrag im Plenum äußern werde. Insofern könne man sich hier die Debatte sparen. Dr. Felicitas Tesch (SPD) stellt fest, dass ihre Fraktion der ablehnenden Empfehlung des EuropaBundMedien-Ausschusses folgen werde. Sascha Steuer (CDU) bedauert, dass seine Fraktion dem sehr interessanten Text nicht zustimmen könne, weil sie nicht alles nachvollziehen könne.