Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 60. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin ganz herzlich. Ich begrüße ganz besonders unsere Gäste und Zuhörer, die Medienvertreter, aber Sie alle natürlich auch.
Frau Abgeordnete Baba-Sommer von der Linksfraktion ist zur Geburt einer Tochter namens Shilan zu gratulieren. – Herzlichen Glückwunsch! Alles Gute!
Ich hoffe, Mutter und Kind sind wohlauf. Jedenfalls bitte ich, ihr die Grüße des Hauses zu übermitteln.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen. Mit Schreiben vom 8. März 2010 hat mir der Abgeordnete Rainer-Michael Lehmann seinen Austritt aus der Fraktion der FDP mitgeteilt.
Mit Schreiben des Abgeordneten Ralf Hillenberg vom gestrigen Tage bin ich von ihm darüber informiert worden, dass er seinen Austritt aus der SPD-Fraktion erklärt hat. Zu gegebener Zeit wird die Fraktion einen Nachfolger für den Petitionsausschuss benennen.
Ich stelle dann fest, dass die genannten Abgeordneten somit Mitglieder des Hauses ohne Fraktionszugehörigkeit sind.
Dann sind Anträge von Bündnis 90/Die Grünen zurückgezogen worden. Erstens: „Zukunftsorientierte Haushaltspolitik V: Berliner Gewerbesteuer auf Potsdamer Niveau“ auf Drucksache 16/0363, überwiesen in der 9. Sitzung am 22. März 2007 an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen sowie an den Hauptausschuss.
Dann das „Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin – Aufnahme von Kinderrechten“ auf Drucksache 16/0567, überwiesen in der 13. Sitzung vom 7. Juni 2007 federführend an den Ausschuss für Verfassung und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung sowie mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie.
Dann der Antrag „Fraueninfrastrukturstellen evaluieren“ auf Drucksache 16/2461, überwiesen in der 49. Sitzung am 11. Juni 2009 an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen sowie an den Hauptausschuss.
Außerdem ein Antrag der Fraktion der CDU über „Hillenberg muss Konsequenzen ziehen“ auf Drucksache 16/3015. Das war die lfd. Nr. 26 der heutigen Tagesordnung. Diese Anträge werden nunmehr zurückgezogen.
1. Antrag der Linksfraktion und der Fraktion der SPD zum Thema: „Kinderrechte, Kinderschutz, Kinderlärm – für ein kinderfreundliches Berlin“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Ein Maserati bei der Treberhilfe, keine Liste der Berliner Zuwendungsempfänger, hilflose Aufklärungsversuche des Senats: Berlin braucht endlich wieder eine verlässliche Sozialplanung und -struktur!“,
3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Die Linke kann’s nicht – erstes Klimaschutzgesetz ohne Klimaschutz!“,
4. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Rot-rotes Chaos: Immer wieder unabgestimmte Entwürfe zum Klimaschutzgesetz in der Öffentlichkeit – wann bindet die Umweltsenatorin endlich die Verbände und den Koalitionspartner ein?“.
Zur Begründung der Aktualität erteile ich zunächst einem Mitglied der Koalitionsfraktionen das Wort mit einer Redezeit von bis zu fünf Minuten. – Für SPD und Linksfraktion spricht Frau Breitenbach. – Bitte schön, Frau Breitenbach, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Thema zur Aktuellen Stunde „Kinderrechte, Kinderschutz, Kinderlärm – für ein kinderfreundliches Berlin“ ist zwar aktuell, aber wir alle wissen, heute gibt es eigentlich nur ein aktuelles Thema, und das lautet: Was ist eigentlich los bei der Treberhilfe?
Was vor Kurzem mit einer Maserati-Affäre begann, entwickelt sich nun offenbar zu einem unfassbaren Skandal von Selbstbedienungsmentalität. Senatorin Bluhm hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Das war ein richtiger und notwendiger Schritt. Geklärt werden muss jetzt, ob die Höhe des Gehaltes des Geschäftsführers von angeblich 35 000 Euro im Monat stimmt. Geklärt werden muss, woher dieses Geld kommt. Diese Frage stellt sich ebenso bei den vielfältigen Immobiliengeschäften. Aufklärung ist auch nötig, was die Frage des Controllings angeht. War es ausreichend? Reichen überhaupt die rechtlichen Möglichkeiten aus, um ein vernünftiges Controlling zu machen? Geklärt werden muss auch die Frage der Gemeinnützigkeit. Fragen über Fragen. Wir alle haben heute keine Antworten darauf. Deshalb möchten wir das Thema Treberhilfe und den Skandal darum auf der nächsten Plenarsitzung diskutieren, und zwar auf Grundlage von Fakten, denn nur das macht es möglich, seriös darüber zu diskutieren.
Wir schließen uns heute dem Thema Klimaschutz an. Auch das ist aktuell, wie man heute der Presse entnehmen konnte. Es wird breit in der Stadt diskutiert. Die Dis
kussionsgrundlage beruht auf Fakten und Wissen, wenn auch auf unterschiedlichen Positionen. – Vielen Dank!
Danke schön, Frau Kollegin! – Darf ich aus dem Anlass Ihrer Rede darauf aufmerksam machen, dass die Begründung der Aktualität geliefert werden muss und nicht die Begründung der nächsten Aktuellen Stunde oder sonst was.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gerade deutlich geworden, dass dies das eigentliche Thema ist, das wir heute hätten beraten sollen.
Die Maserati-Affäre sowie das in den letzten Tagen bekannt gewordene persönliche Fehlverhalten des ehemaligen SPD-Abgeordneten und Geschäftsführers der Berliner Treberhilfe, Harald Ehlert, haben jetzt zur Folge, dass die gesamte Arbeit der Sozial- und Wohlfahrtsverbände in Berlin in negative Schlagzeilen und damit in die öffentliche Kritik geraten ist. Das schadet den Trägern, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, das schadet dem Berliner Hilfesystem insgesamt und letztendlich den Menschen in unserer Stadt, und das dürfen wir nicht zulassen!
Der Dachverband der Treberhilfe hat übrigens umgehend die richtigen Konsequenzen gezogen und ist um umfassende Aufklärung bemüht – dafür sollten wir ihm Anerkennung zollen.
Doch das allein stellt das erschütterte öffentliche Vertrauen in die Trägerlandschaft so schnell nicht wieder her, vor allem beantwortet es nicht die Frage, wie es möglich war, dass die ungeheure Selbstbedienung des TreberhilfeChefs so lange unerkannt und ohne Folgen bleiben konnte.
Die CDU-Fraktion sieht den Senat in unmittelbarer Mitverantwortung. Er ist es, der mit seiner Methode und der Taktik des Verschleierns systematisch am Parlament vorbei die Verteilung öffentlicher Gelder an eine Vielzahl von Projekten und Trägern betreibt. Die Folge ist, dass er selbst einräumen musste, keinen vollständigen Überblick mehr über den Zuwendungsbereich zu haben – nachzulesen im „Tagesspiegel“ vom 25. Februar 2010. So kann mit Verweis auf den jetzigen Skandal um die Treberhilfe mit Fug und Recht gesagt werden: Dieser Boden wurde mitbereitet durch das Fehlverhalten des Senats!
Durch seine in vielen Teilen nicht transparente Vergabe- und Zuwendungspraxis, durch sein ungenügendes Controlling und durch die fehlende Sozial- und Sozialstrukturplanung begünstigte er das Entstehen von Wildwuchs, Filz, Vettern- und Misswirtschaft.
Was muss die Konsequenz sein? – Natürlich mehr Transparenz und Kontrolle bei der Vergabe und Verwendung öffentlicher Gelder. Deshalb müssen nach Ansicht der CDU-Fraktion folgende Verfahrensweisen zur Selbstverständlichkeit werden:
Erstens: Der Senat unterrichtet das Parlament in regelmäßigen Abständen, welche Träger für welche Dienstleistungen aus welcher Finanzierungsquelle – Bund, Land, Bezirk, europäische Mittel, Arbeitsmarkt – in welcher Höhe finanziert werden.
Zweitens: Der Senat vereinbart vertraglich mit den Trägern, wie die Kostenaufteilung für die vereinbarten Dienstleistungen erfolgen darf – einschließlich der Personalkosten und der Kosten für die Geschäftsführer.
Ja, da reden Sie nur von der Linken – ein Handeln kann man in den letzten acht Jahren nicht feststellen!
[Beifall bei der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Das ist keine Begründung der Aktuellen Stunde!]
Drittens: Der Senat vereinbart vertraglich das Controlling hinsichtlich der Leistungserbringung sowie die Vertragsstrafen, falls der Vertrag nicht eingehalten wird.
Viertens: Die Ergebnisse der Kostensatzverhandlungen mit den Trägern über die Finanzierungshöhe sozialer Dienstleistungen sind dem Parlament unaufgefordert zur Kenntnis zu geben.
Fünftens: Der Senat legt eine Sozialplanung vor, damit klar wird, welche sozialen Dienstleistungen insgesamt angeboten werden und erforderlich sind.
Was für die freien Träger gilt, muss natürlich auch für die Träger gelten, an die der Senat Aufgaben ausgelagert hat – ich denke da an die Verteilung europäischer Mittel bei den Trägern, die ein Finanzvolumen in mehrstelliger Millionenhöhe bewegen. Hier kann von Transparenz keine Rede sein – weder über die Personalkostenstruktur, noch über die Genehmigungskriterien bis hin zur Auswahl der Träger.