Protocol of the Session on December 10, 2009

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Guten Morgen! Ich eröffne die 56. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie alle, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.

Als nachgerücktes Mitglied des Abgeordnetenhauses begrüße ich bei der Fraktion der CDU Herrn Dr. Michael Wegner. – Herzlich willkommen! Gute Zusammenarbeit! Viel Erfolg!

[Allgemeiner Beifall]

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen. Gleich zu Beginn unserer Sitzung, in der wir heute die Beratungen zum Haushalt für die Jahre 2010 und 2011 haben, ein Hinweis: Auf Ihren Tischen finden Sie in Kopie die von den Fraktionen im Ältestenrat einvernehmlich festgelegten Regularien für unsere Haushaltsberatungen. Ich bitte Sie herzlich, sich diese aufmerksam durchzulesen und während der Beratungen zu berücksichtigen.

Zweitens möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Das heißt, die Dringlichkeitsliste wird Ihnen wohl gleich erst vorliegen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht der Fall sein, bitte ich um entsprechende Nachricht.

Ich rufe jetzt auf

lfd. Nr. 1:

II. Lesung

I. Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans von Berlin für die Haushaltsjahre 2010 und 2011 (Haushaltsgesetz 2010/2011 – HG 10/11)

II. Ermächtigungen, Ersuchen, Auflagen und sonstige Beschlüsse aus Anlass der Beratung des Haushaltsplans von Berlin für die Haushaltsjahre 2010 und 2011 – Auflagen zum Haushalt 2010/2011 –

Dringliche Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/2850 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/2600

und hierzu den Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/2850-1.

Der Dringlichkeit wird offensichtlich nicht widersprochen.

Dann gebe ich zu Beginn der Haushaltsberatungen, wie es Tradition im Hause ist, dem Vorsitzenden des Hauptausschusses zu einem mündlichen Bericht das Wort. Das Wort hat der Abgeordnete Wieland. – Bitte schön, Herr Wieland, ergreifen Sie es!

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Ihnen vorliegenden dringlichen Beschlussempfehlung 16/2850 zur Drucksache 16/2600 empfiehlt der Hauptausschuss mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Annahme des Haushaltsentwurfs in veränderter Fassung. Dieses Abstimmungsergebnis zeigt leider nicht, dass wir bei vielen Punkten auch in einem breiten Konsens diskutiert und viele einzelne Beschlüsse entsprechend gefasst haben. Nicht immer, aber in den meisten Fällen wurden die Empfehlungen aus den Fachausschüssen übernommen.

In diesem Jahr waren aus meiner Sicht die Beratungen in den Fachausschüssen sehr intensiv auf den Haushalt bezogen, und das hat uns im Hauptausschuss geholfen, Doppelberatungen zu vermeiden. Ich möchte mich deshalb bei allen Kolleginnen und Kollegen in den Fachausschüssen und bei den Mitgliedern des Hauptausschusses für ihre sachorientierte Arbeit recht herzlich bedanken.

[Allgemeiner Beifall]

Mein Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Abgeordnetenhauses. Ich darf im Namen aller Mitglieder des Hauptausschusses neben den Kolleginnen und Kollegen des Protokolls namentlich Frau Horn, Frau Weipert und Herrn Nowak nennen.

[Allgemeiner Beifall]

Und wenn es mir beim Abstimmungsmarathon der Schlusslesung gelungen ist, zwischen den roten Nummern 1500 AR, AP und AV bzw. 1500 Ä, Ü und Ö eine noch halbwegs passable Figur abzugeben, dann ist das das Verdienst von Frau Dreher.

[Allgemeiner Beifall]

Sie hat uns bei unkonventioneller Auslegung der Arbeitszeitregelung das Drehbuch geschrieben – bei über 120 Seiten trifft der Begriff „Tagesordnung“ nicht mehr so richtig zu –, mit dem wir dann gut vorbereitet unsere Sitzungen durchführen konnten. An sie deshalb von mir auch ein persönliches Dankeschön!

Unser Dank, Herr Senator Nußbaum, gilt Ihnen, Frau Staatssekretärin Spranger und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanzverwaltung und der Fachverwaltungen.

Es ist guter Brauch, dass an dieser Stelle der Vorsitzende nicht nur lobt und dankt, sondern auch einige kritische Anmerkungen macht. Eigentlich wollte ich meine Empfehlung an die Senatsverwaltung bezüglich der Ausführlichkeit der Erläuterungen nicht wiederholen. Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Hauptausschuss haben mich aber mit dem Sprichwort „Steter Tropfen höhlt den Stein“ ermutigt – deshalb hier und heute der erneute Versuch.

Außerdem bin ich mir nach wie vor sicher, dass bei Auswertung der letzten zwei, drei Haushaltsberatungen mit den entsprechenden Berichtsaufträgen die Senatsverwaltungen zum größten Teil schon im Vorfeld der Beratungen aktiv werden könnten. Wenn man weiß, was sowieso abgefragt wird, dann muss man nicht warten, bis es im Protokoll steht. Es würde den Zeitdruck für die Verwaltung zwischen der 1. und 2. Lesung etwas mindern, und wir hätten die Chance, die Unterlagen auch etwas früher zu bekommen.

Herr Senator Nußbaum! Es sind ja unsere ersten gemeinsamen Haushaltsberatungen gewesen. Ich hoffe, wir haben Ihnen deutlich machen können, dass ein Ergänzungsplan oder, wie wir sagen, eine Nachschiebeliste eine große Akzeptanz im Hauptausschuss, auch bei den Oppositionsfraktionen, genießt. Ich appelliere deshalb an Sie, beim nächsten Haushalt in vergleichbarer Situation auf dieses bewährte Instrument wieder zurückzugreifen.

[Beifall]

Unabhängig davon ist es aus meiner Sicht zu begrüßen, dass der Senat mit der Kitainitiative einen Kompromiss gefunden hat und wir nun im vorliegenden Haushaltsentwurf den Einstieg in die Qualitätsverbesserung der Berliner Kindertagesstätten verankert haben. Mein Eindruck aus den Beratungen im Hauptausschuss ist auch, dass es eine breite Unterstützung jenseits der Fraktionsgrenzen gibt. Bezüglich der Gegenfinanzierung dieser Mehrkosten werden hingegen die Meinungen wahrscheinlich etwas unterschiedlich sein. Das werden wir dann im Laufe des Tages hören.

Zum Thema Nachschiebeliste noch eine Anmerkung: Wir standen im Hauptausschuss vor dem Problem, auf die Nachschiebeliste, die kein Ergänzungsplan sein sollte, warten zu müssen, und haben uns notgedrungen darauf verständigt, einen Großteil der 2. Lesung mit einem zusätzlichen Termin in die Schlussrunde zu schieben. Ich wende mich jetzt direkt an die Kollegen Goetze, Meyer und Esser: Ich finde, die Oppositionsfraktionen haben sich hier sehr konstruktiv und fair verhalten. Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Vor zwei Jahren habe ich in meiner Rede zum Doppelhaushalt 2008/2009 sagen können, dass die zentrale Botschaft lautet: Berlin muss keine neuen Schulden mehr machen. – Ich habe uns ermahnt, dadurch nicht übermütig zu werden. Ich hätte es mir allerdings nicht träumen lassen, wie schnell wir durch die Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf die Realwirtschaft in die missliche Lage geraten, mit dem vorliegenden Doppelhaushalt Kreditermächtigen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro im Jahr 2010 und knapp über 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2011 beschließen zu müssen.

Das Schlimme ist, die Verursacher der Krise scheinen nichts gelernt zu haben.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Man muss noch nicht einmal links sein, um hier Probleme zu sehen.

[Christoph Meyer (FDP): Das waren alles Ihre Genossen!]

Die Bundeskanzlerin bemerkte vor Kurzem, dass – Zitat –

manch einer, der im Finanzsektor arbeitet, schon wieder – lax gesagt – eine ziemlich große Lippe riskiert.

Ich füge hinzu: Es macht einen wütend zu sehen, dass die Boni-Ritter schon wieder nach Feierabend in den Pubs der Bankenviertel die Puppen tanzen lassen. Die Verantwortungslosigkeit, die Dekadenz dieser Leute belastet unsere Demokratie. Sie belastet das Vertrauen in die Stärken der sozialen Marktwirtschaft.

[Beifall bei der SPD, der CDU, den Grünen und der Linksfraktion]

Ich hoffe deshalb, dass es uns auf europäischer und internationaler Ebene gelingt, zu Vereinbarungen zu kommen, die ein neues Finanzfiasko möglichst verhindern. Keiner sollte vergessen, es ist nicht lange her, da blickten wir gemeinsam in den Abgrund. Die Politik hat reagiert. Es gilt jetzt, eine Wiederholung zu verhindern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es bleibt zu hoffen, dass wir in den nächsten zwei Jahren diese Krise überwinden und die Steuereinnahmen in Berlin perspektivisch wieder einen ausgeglichenen Haushalt ermöglichen. Aber machen wir uns nichts vor. Der Schuldenberg wird dann deutlich gewachsen sein, und die Zinsbelastung wird uns in der Zukunft den politischen Handlungsspielraum weiter einschränken. Wir wissen alle, dass wir mehr für Bildung und Klimaschutz investieren müssen. Wenn die zur Verfügung stehenden Mittel sich aber nicht einfach vermehren lassen, dann müssen politische Prioritäten gesetzt werden.

Ich bin mir nicht sicher, ob jede Finanzierung, jede Projektförderung, die vor 10 oder 15 Jahren als wichtig erachtet wurde, heute noch bei Abwägung unter den aktuellen Bedingungen berechtigt ist.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Mein Appell auch an die Fachpolitiker im Hause: Wenn man nicht will, dass es zu Kürzungen nach dem Rasenmäherprinzip über alle Bereiche kommen soll, wenn man berechtigterweise nicht im Schnellschuss während der Haushaltsberatungen diese Themen vorbereiten kann, dann muss man die Zeit zwischen den Haushaltsberatungen nutzen. Wenn wir neue Förderungsnotwendigkeiten erkennen, sollten wir erst einmal schauen: Was gibt es in diesem Politikbereich schon an Finanzierungen aus dem Haushalt? Einige werden jetzt anmerken, dies sei Aufgabe des Senats. Richtig! Aber es ist auch richtig, dass es viele Projekte gibt, die unter dem Schutzschirm des Parlaments stehen, häufig genug fraktionsübergreifend über die Koa

litionsmehrheit hinaus. Deshalb: Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Schwierige Entscheidungen brauchen auch einen entsprechenden Vorlauf.

Ich sehe auch mit Sorge, was von der Bundespolitik im Rahmen der zwischen den Koalitionspartnern verabredeten Steuerpläne auf die Länder und damit auch auf Berlin zukommen wird. – Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und FDP! Sehen Sie es mir bitte nach: Ich verstehe nach wie vor nicht, was ein abgesenkter Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen mit Wachstumsbeschleunigung zu tun haben könnte.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Wir werden demnächst sehen, welche konkreten Folgen dies für Berlin haben wird. Aber selbst wenn den Ländern die Mindereinnahmen ausgeglichen werden sollten, verstehen würde ich es dann immer noch nicht. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass unsereins kein Bayerisch versteht.

Die Haushaltsprobleme werden uns auch in den nächsten Jahren beschäftigen, auch und gerade dort, wo die Verwaltung direkt auf die Bürgerinnen und Bürger trifft. Wir hatten uns bei den Beratungen zum letzten Doppelhaushalt vorgenommen, uns intensiver um die Bezirksfinanzen zu kümmern. Einige Änderungen haben wir schon umgesetzt, und es hat sich aus meiner Sicht bewährt, dass wir im Zuge der Haushaltsberatungen das Thema Bezirke frühzeitig in unserer Diskussion berücksichtigt haben. Beim überbezirklichen Wertausgleich haben wir noch einiges zu leisten. Wir sollten die nächsten Monate dazu nutzen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]