Protocol of the Session on April 22, 2010

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 63. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie alle, unsere Gäste, die Zuhörer sowie die Medienvertreter ganz herzlich! Besonders willkommen heiße ich heute am Girls’ Day die jungen Damen, die auf unsere Einladung und die der Fraktionen unser Haus besuchen.

[Allgemeiner Beifall]

Wir freuen uns, dass Sie sich informieren. Es ist gut, dass Sie sich informieren und wissen wollen, wie es in der Berliner Landespolitik zugeht.

Dann möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass der Deutsche Bundestag heute Morgen der Opfer der Bundeswehr in Afghanistan gedacht hat. Das hat der Deutsche Bundestag für uns alle getan, für dieses Haus, für jeden Einzelnen von uns. Wenn wir darüber etwas im Fernsehen oder aus dem Deutschen Bundestag erfahren, sind unsere Gedanken bei den Angehörigen der dort gestorbenen Bundeswehrsoldaten. Wir gedenken dessen. Ich sage das auch deshalb: Wenn wir ein Gedenken machten, würde das wie ein Nachklapp aussehen, und das wollen Sie sicherlich alle nicht.

Heute hat der Kollege Baer Geburtstag. Dazu herzlichen Glückwunsch,

[Allgemeiner Beifall]

alles Gute, Gesundheit! Das ist unser aller Interesse, damit der Laden läuft – Herr Baer, Sie wissen das.

[Heiterkeit]

Das ist nicht altruistisch gedacht, aber ein bisschen natürlich auch. Sie wissen ja: Es gibt nichts Schöneres, als an seinem Geburtstag hier zu arbeiten und hinterher zu wissen, man hat etwas vollbracht, nämlich die Sitzung über die Fährnisse geleitet. – Herzlichen Glückwunsch! Alles Gute!

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen. Sie finden auf Ihren Tischen den Terminplan der Plenarsitzung für 2011, auf den sich der Ältestenrat am Dienstag verständigt hat. – Ich höre keinen Widerspruch dazu. – Da ich schon gefragt worden bin: Für den 11. Januar 2011 um 11.00 Uhr ist in der Nikolaikirche die Sitzung zur Erinnerung an das erste gemeinsame Berliner Parlament vor 20 Jahren ins Auge gefasst. Halten Sie sich diesen Termin frei! Es ist eine Sitzung – wenn auch eine feierliche.

Dann gibt es zwei Änderungen von Ausschussüberweisungen. Die Vorlage – zur Beschlussfassung – Gesetz über Selbstbestimmung und Teilhabe in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen, Drucksache 16/2705. Die Vorlage wurde in der 54. Sitzung am 12. November 2009 an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bil

dung und Soziales sowie an den Hauptausschuss überwiesen. Nunmehr wird die Mitberatung des Ausschusses für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz beantragt. Der Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales soll federführend sein. – Ich höre keinen Widerspruch dazu, dann verfahren wir so.

Dann die Vorlage – zur Beschlussfassung – über Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz, Drucksache

16/2965. Die Vorlage wurde in der 59. Sitzung am 25. Februar 2010 an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen sowie an den Hauptausschuss überwiesen. Nunmehr wird die Mitberatung des Ausschusses für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz beantragt. Der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen soll federführend sein. – Ich höre auch dazu keinen Widerspruch, dann wird so verfahren.

Am Montag sind vier Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen, und zwar

1. Antrag der Fraktion der SPD und der Linksfraktion zum Thema: „Berlin und Brandenburg: Potenziale nutzen, Zusammenarbeit vertiefen“,

2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Nicht VERA muss weg, sondern Jürgen! – Nicht der 3.Klasse-Vergleichstest ist das Problem, sondern die jahrelange Vernachlässigung der Grundschulen durch den Senat!“,

3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Zerstritten, antriebsarm und einfallslos! Der rot-rote Senat wird zunehmend zu einer Belastung für die Stadt. Es droht ein verlorenes Jahr für Berlin!“,

4. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Falsche Rezepte jetzt auch ohne Diagnose? Senat trägt Verantwortung für Ergebnisse der Vergleichsarbeiten!“.

Zur Begründung der Aktualität erteile ich dem Kollegen Jauch von der SPD-Fraktion das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Thematisch wurden heute – wie ich finde – zwei aktuell wichtige Themen für die Aktuelle Stunde beantragt. Zum einen die Vergleichstests in den 3. Klassen der Grundschulen und zum anderen der Koalitionsantrag zum Thema „Berlin und Brandenburg: Potenziale nutzen, Zusammenarbeit vertiefen“. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat scheinbar zur aktuellen Politik nichts mehr zu sagen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Warum sonst beantragen Sie eine inhaltslose Zauselstunde, meine Damen und Herren von den Grünen? Das ist antriebsarm und einfallslos.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von den Grünen]

Es freut mich außerordentlich, dass die Brandenburger letzte Woche die aktuelle Diskussion zum erneuten An

lauf zur Länderfusion angestoßen haben, da ja die Volksabstimmung zur Fusion 1996 vor allem an der Brandenburger Ablehnung gescheitert ist. Brandenburg signalisiert nun aber ein gesellschaftlich breit gefächertes Interesse, die Fusionsdebatte wieder aufzunehmen. Diesen Gesprächsfaden müssen wir aufnehmen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Steffen Reiche hat in der letzten Woche bereits einen Fahrplan für eine mögliche Fusion aufgezeigt. Dieser Zeitplan ist zwar sehr ambitioniert, weil er eine mögliche Länderfusion bereits 2014 vorsieht, dennoch hat er eine gewisse Logik, die nicht außer Acht gelassen werden darf. Deshalb müssen wir die Diskussion möglichst zeitnah beginnen, damit wir diesmal einen breiten gesellschaftlichen Konsens erreichen können. Ob am Ende eine Länderfusion steht oder eine vertiefte Zusammenarbeit werden wir sehen. Wir, die SPD, wollen jedenfalls die Fusion beider Länder.

[Beifall bei der SPD]

Wir waren seit 1996 nicht untätig, sondern haben in vielen Bereichen die Weichen gestellt. Wir haben gemeinsame Einrichtungen geschaffen, wie zum Beispiel den Rundfunk Berlin-Brandenburg, den Verkehrsverbund oder jüngst das gemeinsame Landeslabor, welches Anfang 2009 seine Arbeit aufgenommen hat.

Auch die gemeinsamen Gerichte dürfen wir nicht vergessen. Wir haben Landesbehörden fusioniert und eine gemeinsame Landesplanungsabteilung für verbindliche länderübergreifende Landesplanung ins Leben gerufen. Wir haben auch gemeinsame Projekte wie z. B. den BBI realisiert oder gemeinsame Strategien zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region verwirklicht – beispielsweise den gemeinsamen Masterplan Gesundheitsregion, das Medienboard Berlin-Brandenburg und die gemeinsame Medienanstalt für eine erfolgreiche Medienregion. Das ist beispielhaft für ganz Deutschland, so etwas gibt es zwischen zwei Ländern nicht noch einmal.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Dennoch gibt es Reibungsverluste, weil es immer wieder notwendig ist, Vorgänge zwischen den Ländern eng abzustimmen. Das können wir uns nicht mehr leisten.

Auf europäischer Ebene verlieren die Staaten an Bedeutung, die Regionen werden immer wichtiger. Es liegt förmlich auf der Hand, dass wir die Stärkung der Metropolregion Berlin-Brandenburg nur länderübergreifend angehen können. Auch die Zusammenarbeit mit den polnischen Westgebieten – also der Oderregion – ist hierbei von Wichtigkeit. Wir müssen den Ausnahmestatus Berlins als Metropole in einer Metropolregion überwinden, es muss eine Region werden.

In den kommenden Jahren werden engere finanzielle Rahmenbedingungen auf uns zukommen, die unsere Konsolidierungsbemühungen zusätzlich erschweren werden. Der Solidarpakt II läuft aus, die Mittel aus den europäischen Fonds werden nicht mehr in dem bisherigen Maße

zur Verfügung stehen, die steuerpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung werden uns in den nächsten Jahren noch stark treffen. Hinzu kommt das Verschuldungsverbot der Länder. Wir werden unsere Verantwortung wahrnehmen müssen und alle Einsparpotenziale und Synergieeffekte durch eine vertiefte Zusammenarbeit beider Länder realisieren. Die Alternative würde noch größere Sparanstrengungen bei Themen, die nicht durch Bundesgesetze festgelegt sind, bedeuten – bei Kultur, Wissenschaft und Bildung, und genau das wollen wir nicht! Ziel unserer Politik ist es, das Lebensumfeld der Bürgerinnen und Bürger in Berlin und Brandenburg auch für nachfolgende Generationen lebens- und liebenswert zu erhalten. Dafür müssen wir gemeinsam mit Brandenburg die Rahmenbedingungen für eine prosperierende Zukunft der Metropolregion Berlin-Brandenburg schaffen.

Heute allerdings werden wir für das Thema der CDU stimmen – Bildung ist für uns Sozialdemokraten eine Herzensangelegenheit

[Mieke Senftleben (FDP): Aha!]

und hat oberste Priorität.

[Beifall bei der SPD – Mieke Senftleben (FDP): Immer wieder!]

Dennoch werden wir auch unser Thema weiterhin nicht aus den Augen verlieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Kollege Jauch! – Für die CDUFraktion hat nunmehr der Kollege Steuer das Wort. – Bitte schön, Herr Steuer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es brennt in Berlin!

[Beifall bei der CDU – Oh! von der SPD und der Linksfraktion]

Jeder riecht den Rauch, jeder sieht das Feuer, und der Senat hofft vor allem eins – dass niemand den Brand melden wird.

[Zuruf von der SPD: Aber Sie!]

Dennoch ist „Brandbrief“ mittlerweile zu einem gängigen Berliner Politikbegriff geworden. Während es überall brennt, überall der Mangel verwaltet wird, kommentiert die bildungspolitische Sprecherin der SPD in einem Anflug von politbürokratischer Wirklichkeitsverweigerung: Die Schulen sind super ausgestattet!

[Uwe Goetze (CDU): Ah!]

Lamentieren, ideologisieren, Probleme ignorieren – das ist die Schulpolitik von SPD und Linkspartei!