Protocol of the Session on April 14, 2011

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 81. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie alle, unsere Gäste und die Zuhörer sowie die Medienvertreter ganz herzlich. Besonders willkommen heiße ich heute am Girls’ Day die jungen Damen, die auf unsere Einladung und die der Fraktionen das Haus besuchen. – Herzlich willkommen!

[Allgemeiner Beifall]

Wir freuen uns alle über euer Interesse an der Landespolitik, an unserer Arbeit hier im Parlament und freuen uns, dass ihr auch zur Plenarsitzung kommt.

Dann habe ich zunächst wieder Geschäftliches mitzuteilen. Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

1. Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Weniger Verbrechen in Berlin –Schlussfolgerungen aus der jüngsten Kriminalitätsstatistik“,

2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Schülerlotterie-Chaos verunsichert Eltern, Schüler und Schulen – Schulplätze nicht länger verlosen, Aufstiegschancen dürfen nicht vom Losglück abhängen!“,

3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „15 Jahre SPD-Bildungspolitik: verfallende Schulen, Unterrichtsausfall, Elternklagewelle, Lehrerfrust, Bildungspaket vergeigt“,

4. Antrag der Linksfraktion zum Thema: „Weniger Verbrechen in Berlin –Schlussfolgerungen aus der jüngsten Kriminalitätsstatistik“,

5. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Rot-Rot finanziert teure ÖBS-Jobattrappen statt Ausbildungsplätze für Jugendliche – Wowereit, Nußbaum, Bluhm & Co. haben jeglichen arbeitsmarkt- und haushaltspolitischen Kompass verloren.“.

Zur Begründung der Aktualität erteile ich zunächst einem Mitglied der SPD-Fraktion das Wort. Das ist der Kollege Dr. Dörstelmann. Er hat das Wort zur Begründung der Aktuellen Stunde und des Antrags der SPD. – Bitte schön, Herr Kollege!

Ich muss noch auf eines aufmerksam machen, bevor Sie sprechen. Es geht heute technisch wohl nur das rechte Mikrofon. Also alle müssen sich nach rechts neigen, links geht es nicht.

[Zurufe und Beifall]

Das fällt mir nicht so leicht, aber ich werde es für heute mal versuchen. – Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Sicherheit ist als Grundlage

der Gesellschaft immer ein aktuelles Thema, keine Frage. Heute haben wir zwei Anlässe, darüber auch in besonderem Maß zu sprechen, den institutionellen der turnusgemäßen Vorlage der Polizeilichen Kriminalstatistik und bedauerlicherweise den aktuellen des feigen und verbrecherischen Brandanschlags auf eine Polizeidienststelle hier in Berlin. Man muss an dieser Stelle gleich klar zum Ausdruck bringen – ich denke, da spreche ich im Namen aller hier im Haus und aller Anwesenden –, dass wir einem solchen Anschlag nur unsere tiefste Verachtung und Abscheu entgegenbringen.

[Allgemeiner Beifall]

Das von diesem Platz an dieser Stelle ganz klar als Botschaft für jene, die so etwas tun!

Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, im Namen der Koalitionsfraktionen den Polizeidienstkräften für ihre unermüdliche Arbeit einmal ausdrücklich zu danken, die mit hoher Leistungsbereitschaft, mit Mut und Engagement und Souveränität hier alltäglich eine nicht einfache Arbeit bewältigen. Dafür danke ich an dieser Stelle auch ausdrücklich.

[Allgemeiner Beifall]

Jede Straftat ist eine Straftat zu viel, das wissen wir alle. Das ist sicherlich Konsens. Wenn wir heute die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2010 nehmen, dann gibt es allerdings ein paar Dinge, die man auch vor Eintritt in die eigentliche Debatte einmal herausheben kann. Das will ich kurz tun. Diese Polizeiliche Kriminalstatistik weist zum einen aus, dass die Zahl der Tötungsdelikte gegenüber 2009 um 25 Prozent gesunken ist. Jede Straftat ist eine zu viel, jedes Gewaltdelikt erst recht, aber das ist sicher eine positive Entwicklung, und die gilt es auch weiter zu unterstützen. Ich denke, das sollte unser aller Anliegen sein.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Es ist auch hervorzuheben, dass diese Polizeiliche Kriminalstatistik das beste Ergebnis für Berlin seit der Wiedervereinigung ausweist. Ich glaube, das ist ein Grund, auch in der heutigen Debatte ausführlich darüber zu sprechen. Wenn man sich das vor Augen hält, was unbestreitbar ist, dann muss man sich auch die Ursachen vor Augen halten, und ich denke, da ist in den letzten zehn Jahren unter dieser Koalition Wesentliches geleistet worden, was dazu geführt hat, dass diese Polizeiliche Kriminalstatistik heute besser ausfällt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an zwei Konzepte, nämlich Schwellentäter- und Intensivtäterkonzept, die am Anfang vollkommen umstritten waren. Die Opposition war dagegen, jedenfalls die konservative. Wir haben daran festgehalten, und es war richtig, es war gut, denn es ist unbestreitbar, dass solche Konzepte, überlegt und gut ausgeführt, so wie das hier geschehen ist, einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass diese Stadt immer sicherer wird.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das ist der Grund, warum wir auch an einem solchen Vorgehen festhalten, warum wir eine ganzheitliche Betrachtung der Ursachen an den Anfang unserer Überlegungen stellen, wie wir mit Kriminalität umgehen und wie wir sie senken.

Die Polizei steht natürlich immer vor neuen Herausforderungen. Wir werden keine Stadt ohne Straftaten haben, Berlin ist eine Dreieinhalb-Millionen-Stadt. Aber wir dürfen diese Arbeit nie unterbrechen und dieses Ziel, immer weniger Straftaten zuzulassen, nicht aus den Augen verlieren. Wir als Koalition werden das auch weiterhin so durchführen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von den Grünen]

Ich gebe Ihnen zum Schluss ein Beispiel für einen Unterschied: Wir haben eine Entwicklung um den 1. Mai herum, der jahrelang die öffentliche Sicherheit stark geprägt hat – in negativer Weise. In den letzten zehn Jahren hat sich dies gewandelt mit einem neuen, mutigen Konzept, das mit viel Augenmaß alle Interessen berücksichtigt und nicht allein auf Repression gesetzt hat. Das in Richtung der CDU-Fraktion, die sich das bitte einmal vor Augen halten möge, denn sie hat es ja am Anfang bekämpft! Unter den CDU-Innensenatoren der 90er-Jahre hat es immer nur eine Eskalation gegeben, und das kann nicht der Weg sein.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

All das ist Anlass genug, heute die Debatte über dieses Thema zu führen. Ich sage zum Schluss an dieser Stelle nur: Berlin ist eine sichere Stadt, und wir sollten das auch nach außen zeigen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Kollege Dörstelmann! – Für die CDUFraktion hat nunmehr der Kollege Steuer das Wort. – Bitte schön, Herr Steuer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesen Tagen sitzen Hunderte Eltern verzweifelt zu Hause, weil sie nicht wissen, auf welche Schule ihr Kind gehen soll

[Oh! von der Linksfraktion und der SPD]

und ob es überhaupt eine Schule im Bezirk oder im Nachbarbezirk geben wird, die noch einen Platz frei hat.

[Beifall bei der CDU]

Das ist bedauerlich, und ich weiß nicht, warum Sie sich so darüber lustig machen.

Es hat schon immer Eltern gegeben, deren Wunsch nicht erfüllt werden konnte, weil die Schule voll war. Dies waren allerdings Einzelfälle. Dass aber die Schulwahl

grundsätzlich vom Los bestimmt und damit der Bildungserfolg von Kindern systematisch von einem Glücksspiel abhängig gemacht wird,

[Martina Michels (Linksfraktion): Stimmt doch gar nicht! ]

ist gänzlich neu und löst zurecht in ganz Deutschland Kopfschütteln aus. Berlin hat sich mit der Schülerlotterie wieder einmal lächerlich gemacht.

[Beifall bei der CDU]

Gerade zeigt eine aktuelle Umfrage, dass neun von zehn Deutschen mehr Einheitlichkeit in der Bildungspolitik wollen. Aber der Berliner Senat gefällt sich immer wieder in seiner Rolle, alles ganz anders als die anderen Bundesländer machen zu wollen. Nur in Berlin gibt es JÜL als Zwang. Nur in Berlin gibt es keine Verbeamtung der Lehrer. Nur in Berlin gibt es die Verlosung von Schulplätzen. Sie kapieren es einfach nicht, dass die Leute keine Lust auf Experimente an Schülerinnen und Schülern in dieser Stadt haben!

[Beifall bei der CDU]

Erst vorgestern habe ich wieder von einem Schulleiter gehört, dass in einem Gymnasium ein Schüler Losglück hatte und mit einem Notendurchschnitt von 3,9 aufgenommen wurde. Die Frage ist: Wird er auch Erfolgsglück an dieser Schule haben? – Die Wahrscheinlichkeit spricht jedenfalls dagegen. Wahrscheinlich ist, dass dieser Schüler, so wie viele andere, am Ende der siebten Klasse, am Ende des einjährigen Probejahres, von der Schule fliegen wird.

[Heidi Kosche (Grüne): Unverschämtheit!]

Das ist eine schlimme Erfahrung, eine schlimme Demotivierung und das Ergebnis Ihrer Täuschung, der Täuschung von SPD und Linkspartei.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Um es ganz deutlich zu sagen: Diese Lotterie ist ein Verbrechen an den schwächeren Schülern in der Stadt, nämlich sie an eine Schule zu bringen und ihnen etwas zu suggerieren, was letztlich keinen Erfolg haben kann und nur zur Demotivierung führt.

[Beifall bei der CDU und der FDP]