Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 57. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste sowie die Zuhörer und die Medienvertreter ganz herzlich. Ich wünsche allen ein frohes und gesundes neues Jahr.
Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, habe ich eine traurige Pflicht zu erfüllen und bitte Sie, sich zu erheben!
Am 24. Dezember 2009 starb Günter Straßmeir im hessischen Büdingen im Alter von 80 Jahren. Mit Günter Straßmeir verliert Berlin einen Vollblutpolitiker, der mehrere Jahrzehnte seines Lebens im Dienst für unsere Stadt gestanden hat.
Am 20. Juni 1929 wurde Günter Straßmeir in Röthenbach in Franken geboren. Sein Abitur legte er 1947 in Berlin ab. Ein Studium der politischen Wissenschaften an der Deutschen Hochschule für Politik schloss sich an, 1954 legte er die Diplomprüfung ab.
Nach dem Studium war Günter Straßmeir als wissenschaftlicher Assistent an der Hochschule tätig. Seit 1955 arbeitete er beim Senator für Inneres und in der Senatskanzlei. In seinem Bezirk Wilmersdorf wurde der Christdemokrat Straßmeir 1964 in die Bezirksverordnetenversammlung gewählt und war stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion. Ein Jahr später wurde ihm das Amt des Stadtrates für Finanzen und Wirtschaft anvertraut. Günter Straßmeir leitete das Ressort von 1965 bis 1971 und arbeitete ein weiteres Jahr als Volksbildungsstadtrat.
Achtzehn Jahre lang – von 1972 bis Januar 1991 – vertrat Günter Straßmeir als Mitglied des Deutschen Bundestages Berlin in Bonn. Er leitete mehrere Jahre die Arbeitsgruppe Verkehr der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. 1989 wurde Günter Straßmeir Parlamentarischer Staatssekretär und Bevollmächtigter der Bundesregierung in Berlin.
Mit der Einheit Deutschlands wurde diese Dienststelle am 31. Dezember 1990 aufgelöst. Bei der Wahl schied der Christdemokrat aus dem Parlament aus. 1991 wurde Günter Straßmeir in das Abgeordnetenhaus von Berlin gewählt und wirkte hier bis November 1995.
Der parteipolitische Weg Günter Straßmeirs begann 1956, als er Mitglied der CDU wurde. Zehn Jahre lang – von 1969 bis 1979 – führte er den Kreisverband der CDU Wilmersdorf. In den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts diente er seiner Partei von 1981 bis 1985 erst als Generalsekretär in Berlin. Von 1986 bis 1987 war er stellvertretender Landesvorsitzender der Berliner CDU.
1998 wurde Günter Straßmeir die Ehre zuteil, zum Stadtältesten von Berlin ernannt zu werden. Mit dieser Würdigung hob der Senat die besonderen Verdienste hervor, die sich Günter Straßmeir um die Wiedervereinigung erworben hatte.
Günter Straßmeir engagierte sich durch vorgelebte Pflichterfüllung und großen Gemeinsinn in seinen verschiedenen Funktionen. Berlin schuldet ihm für seinen unermüdlichen Einsatz als Stimme Berlins im Deutschen Bundestag und als Bundesbevollmächtigter Dank.
Wir trauern mit seiner Frau und seinen Söhnen, von denen ich Alexander Straßmeir herzlich im Abgeordnetenhaus begrüße. Das Abgeordnetenhaus von Berlin wird Günter Straßmeir ein ehrendes Andenken bewahren.
Wir trauern um Olaf Sund. Der ehemalige Berliner Abgeordnete und Senator für Arbeit und Soziales starb am 8. Januar 2010 im Alter von 78 Jahren in Beedenbostel bei Celle.
Olaf Sund wurde am 31. August 1931 in Heide in Dithmarschen geboren. Nach der Schulzeit begann er 1949 eine Verwaltungslehre bei der AOK Heide; dann arbeitete er bei der AOK Rendsburg. Von 1952 bis 1954 studierte er an der Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft in Wilhelmshafen-Rüstersiel, 1957 schloss er das Studium der Sozialwissenschaften und der Volkswirtschaft mit dem Volkswirtschaftsdiplom an der Universität Hamburg ab. Von 1957 bis 1961 arbeitete Olaf Sund in der Chemiefaserindustrie, und von 1962 an leitete er die Heimvolkshochschule Jägerei Hustedt.
Olaf Sund war 1962 in die Sozialdemokratische Partei eingetreten. Von 1970 bis 1972 war er Mitglied des Niedersächsischen Landtages. Im Mai 1977 wurde Olaf Sund als Senator für Arbeit und Soziales in den Senat Stobbe gewählt. Er blieb es im Senat Vogel bis 1981. Von April 1979 bis September 1982 war er zudem als Abgeordneter der SPD Mitglied des Berliner Landesparlaments, ab Juni 1981 als stellvertretender Vorsitzender seiner Fraktion.
1982 schied Olaf Sund aus dem Parlament aus und übernahm die Leitung des nordrhein-westfälischen Landesarbeitsamtes in Düsseldorf. Danach wurde er als Staatssekretär 1991 in das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen von Regine Hildebrandt berufen. In Brandenburg hat Olaf Sund effizient und zielstrebig eine funktionierende Arbeits- und Sozialverwaltung aufgebaut. Er hat wichtige und wegweisende arbeitsmarktpolitische Programme mitentworfen und auf den Weg gebracht und mitgeholfen, den dramatischen Strukturwandel nach der Wende für die Menschen in Brandenburg erträglicher zu machen.
Olaf Sund gehörte seit 1949 der Gewerkschaft an, er war jahrzehntelang Mitglied der Arbeiterwohlfahrt.
Mit Olaf Sund verlieren wir einen exzellenten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiker. Als Senator in Berlin hat er sich vor allem für die Behinderten eingesetzt. Sein Konzept einer behindertengerechten Stadt war zukunftsweisend. Er hat damals gegen viel Widerstand mit der Durchsetzung begonnen. Der Fahrdienst für Behinderte, der behindertengerechte Umbau von S- und U-Bahnhöfen und behindertengerechte Gebäude und Straßen sind heute ganz selbstverständlich, wobei da noch eine Menge zu tun bleibt. Olaf Sund hat maßgeblich daran mitgearbeitet.
Sein großes Ziel war soziale Gerechtigkeit und gesellschaftliche Solidarität. Mit seiner Bescheidenheit, seinem stillen Humor und seinem Pflichtbewusstsein hat er sich bei Kollegen und Mitarbeitern Achtung und Zuneigung erworben.
Frau Senatorin Carola Bluhm hat ihr Mandat mit Jahresablauf niedergelegt. – Frau Bluhm! Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang für die Zusammenarbeit und für Ihre Amtszeit als Fraktionsvorsitzende danken!
Als nachgerücktes Mitglied des Abgeordnetenhauses begrüße ich bei der Linksfraktion Frau Kadrye Karci. – Viel Erfolg für die parlamentarische Arbeit! Frau Karci, herzlich willkommen hier im Abgeordnetenhaus!
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich wieder Geschäftliches mitzuteilen, zuerst die Zurückziehung eines Antrages, und zwar der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der CDU über „Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin: Absolute Mehrheit für die Wahl des Regierenden Bürgermeisters“ auf Drucksache 16/0109. Der Antrag wird zurückgezogen.
1. Antrag der Linksfraktion und der Fraktion der SPD zum Thema: „Beste Bildung für alle – neue Schulstruktur für Berlin“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „S-Bahn immer noch auf dem Abstellgleis – Wowereits Senat ist Opfer seines eigenen Verkehrsvertrages und flüchtet sich jetzt in Übernahmefantasien!“,
3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Wowereit lässt S-Bahnkundinnen und -kunden eiskalt im Stich. Jetzt Aktionsplan ‚Zukunft der S-Bahn’ auflegen!“,
4. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „S-Bahnchaos ohne Ende – wann bezieht der Senat endlich klare Position zum katastrophalen Verkehrsvertrag, zur alternativlosen Ausschreibung des S-Bahnbetriebs und zu fairen Entschädigungsregeln für alle Berliner?“.
Die Fraktionen haben sich einvernehmlich auf das Thema der Fraktion der FDP verständigt, welches ich unter dem Tagesordnungspunkt 3 in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 14 aufrufen werde. – Widerspruch höre ich dazu nicht, dann verfahren wir so. Die anderen Themen haben damit ihre Erledigung gefunden.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten aufmerksam machen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Folgende Mitglieder des Senats sind für die teilweise Abwesenheit an unserer heutigen Sitzungen entschuldigt: Frau Senatorin Lompscher wird ab ca. 16.30 Uhr abwesend sein – abweichend von der ersten Entschuldigung, die dem Ältestenrat vorliegt. Sie wird am Empfang des Regierenden Bürgermeisters und der Eröffnungsveranstaltung der Internationalen Grünen Woche teilnehmen. Der Regierende Bürgermeister wird ab ca. 17.30 Uhr abwesend sein, um ein Grußwort anlässlich der Eröffnungsveranstaltung der Internationalen Grünen Woche zu halten sowie dem Empfang des IGW-Partnerlandes Ungarn beizuwohnen.
Ich schlage vor, die Fragen 1, 4 und 5 zum Thema „Kältehilfe“ zusammen aufzurufen und zusammen beantworten zu lassen. – Widerspruch höre ich dazu nicht, dann verfahren wir so.
Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat die Abgeordnete Frau Ülker Radziwill; sie fragt für die SPD
1. Wie ist die Kältehilfe angesichts der lang anhaltenden Kälte aufgestellt – reichen die Übernachtungsmöglichkeiten und Hilfsangebote für wohnungslose Menschen?