Ülker Radziwill
Sitzungen
16/2
16/7
16/9
16/11
16/13
16/19
16/20
16/21
16/24
16/26
16/31
16/33
16/34
16/37
16/38
16/40
16/45
16/47
16/48
16/50
16/51
16/53
16/54
16/57
16/58
16/61
16/64
16/65
16/70
16/72
16/75
16/76
16/78
16/79
16/82
16/85
Letzte Beiträge
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben Arbeitskräfte gerufen, und es sind Menschen gekommen – dieser Satz von Max Frisch prägte wie kein anderer die Migrationsgeschichte in Berlin und Deutschland. Seit 1955 haben wir angeworbene Gastarbeiter. Zuerst kamen Italiener, dann Spanier, Griechen, 1961 kamen sie aus der Türkei, und aus anderen Ländern folgen weitere Gastarbeiter. Sie, ihre Kinder und Kindeskinder haben mit ihrer Arbeitskraft, ihrer Lebensleistung Berlin und Deutschland weitergebracht, die Wirtschaft in diesem Land gestärkt, sie mit aufgebaut. Gerade die Gastarbeitergeneration hat körperlich schwere Arbeit geleistet und dieses Land mitgestaltet und aufgebaut. Dafür wollen wir heute danken!
Berlins Stärke ist seine Vielfalt, seine Weltoffenheit, seine Internationalität.
Zurzeit leben in Berlin 870 000 Menschen mit Migrationshintergrund. Millionenfach ist also Integration gelungen. Auch das muss gewürdigt werden. Die Kinder der Bauern aus Anatolien und anderen Regionen der Welt haben hier eine Mittelschicht aufgebaut. Sie sind vielfach Unternehmer, Arbeitgeber, bilden aus, sind Leistungsträger in dieser Gesellschaft. Sie tragen Verantwortung. Auch das wollen wir heute würdigen.
In der Integration läuft sicherlich nicht alles ganz rund. Wir haben gemeinsam noch einiges an diesen Problemen zu arbeiten, und gemeinsam – das ist mir sehr wichtig – gelingt es, daran zu arbeiten und Lösungen zu finden. Soziale Integration ist daher wichtig. Das bedeutet, dass
wir Hilfestellung allen Berlinern und Berlinerinnen anbieten, die sie brauchen, und das egal, ob mit oder ohne Migrationshintergrund.
Berlin setzt in der Integration Maßstäbe. Auch das wollen wir heute würdigen und betrachten. Anschließend an die beiden Integrationskonzepte der Kampagne „Berlin braucht dich“ haben wir als erstes Bundesland seit Januar dieses Jahres das Integrations- und Partizipationsgesetz und auch – ganz wichtig – eine Schulstrukturreform zur Unterstützung der Integration vorangebracht. Das muss auch gewürdigt werden!
Im Einwanderungsland Deutschland müssen wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Darüber können wir heute debattieren. Der Weg, Zuwanderung allein den Wünschen der Wirtschaft folgend zu organisieren, ist ein falscher, das haben wir aus den Erfahrungen der vergangenen Jahren lernen können. Daher müssen wir uns Gedanken machen, wie wir zukünftige Migration in diesem Land organisieren wollen. Gerade integrierte und gut ausgebildete Kinder von Gastarbeitern verlassen in den letzten Jahren dieses Land. Wir müssen uns fragen, warum. Ein Grund liegt in der mangelhaften Anerkennungskultur, und auch die Anerkennung mitgebrachter Abschlüsse dauert viel zu lange. Viele sind aus rechtlichen Gründen gehindert, am Arbeitsmarkt teilzunehmen. Die Umsetzung läuft halbherzig und braucht zu lange – auch das müssen wir kritisieren und ändern.
Eine Willkommenskultur müssen wir ernsthaft, aus vollem Herzen und glaubwürdig vermitteln. Ohne diese werden wir zukünftige Integrationsprobleme nicht lösen und auch aus weiteren Teilen der Welt keine hochqualifizierten Fachkräfte anwerben können.
Im Vorfeld der Wahlen möchte ich einen Appell an Sie richten: Unser Einwanderungsland braucht Zuwanderung, unser Einwanderungsland hat sehr gut ausgebildete Gastarbeiter, und sie tragen hier Verantwortung. Es steht uns nicht gut zu Gesicht, populistische Töne anzuschlagen und Ängste – wie Überfremdungsängste – zu schüren und hochzuspielen.
Es steht uns aber gut zu Gesicht, die Lebensleistungen der Gastarbeiter anzuerkennen, gemeinsam an dem Problem zu arbeiten und anzuerkennen, dass sie zur Wirtschaftskraft in Deutschland viel beigetragen haben.
Zum Schluss möchte ich Ihnen einen Gruß übermitteln. Mein Großvater väterlicherseits, der Deutschland leider nie gesehen hat, hat seine Briefe immer mit folgendem Satz beendet: „Und grüßt mir bitte meine deutschen Freunde.“ Die Verbundenheit zwischen Deutschland und der Türkei ist historisch, und sie währt länger als die 50 Jahre Gastarbeitergeschichte. Diese Gastarbeitergeschichte aber hat dieses Land geprägt, sie hat es stark gemacht, und wer will sich schon den Onkel-AhmetGemüseladen aus seinem Viertel wegdenken – Tante
Emma-Läden haben wir kaum noch. Daran zeigt sich, dass die Gastarbeitergeneration viele gute Spuren hinterlassen hat. Aus Arbeitskräften sind Berlinerinnen und Berliner geworden. Dafür sagen wir heute Dank, und auf Türkisch heißt das: Berlin birinci nesile, sizlere teşekkür ediyor. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine lieben Kollegen und Kolleginnen! Wir haben hier in der Koalition einen sehr guten Änderungsantrag in der Weiterentwicklung für das Seniorenmitwirkungsgesetz vorgelegt. Wir haben eine lange Debatte hinter aus, wie wir das gemeinsam verbessern können. Hier ist ausführlich gestritten und ausführlich um gemeinsame Möglichkeiten gerungen worden. Es gab einen sehr intensiven Austausch mit den Vertretern der Senioren und Seniorinnen. Ich finde sehr gut, dass wir am 4. Mai eine sehr gute und intensive Debatte im Ausschuss gehabt haben. Dort sind auch viele Punkte, die Herr Luchterhand hier kritisiert hat, ausführlich beraten worden.
Erstens: Herr Luchterhand, diese Änderungen haben Substanz. Sie sind wichtig. Zweitens: Die strittigen Fragen, von denen Sie meinen, sie nicht erörtert zu haben, haben wir ausführlich erörtert. Da haben Sie nicht recht. Drittens: Wenn Sie behaupten, dass in der BVV Debatten geführt werden und deshalb eine BVV zu einem Debatierzirkel mutiert, weiß ich nicht, welche politische Vorstellung Sie von einem politischen Austausch haben. Das ist ein gewisses Armutszeugnis.
Deshalb finden wir es wichtig, dass die Seniorenvertretungen in den Bezirksverordnetenversammlungen die Möglichkeit haben, Rederecht – und zwar nicht nur zur Altenhilfeplanung, wie es bisher war, sehr eingeschränkt – zu einem sehr viel mehr umfassenden Themenfeld zu erhalten und sich inhaltlich einbringen zu können. Das ist dann kein Debatierzirkel mehr. Es wird inhaltlich auch dort gerungen und gemeinsame Politik gemacht, die nach Lösungen sucht. Das ist auch richtig in einer Politik.
Zu dem zweiten Punkt bezüglich der Briefwahl und der Möglichkeit, dies an die Berlinwahl anzudocken, haben wir auch ausführlich diskutiert und uns ausführlich ausgetauscht. Wenn Sie uns heute sagen können, wo Sie die rund 600 000 Euro für die Briefwahlkosten herholen können, würden wir uns das vielleicht noch einmal überlegen. Das würde zwar nicht heute geschehen, aber auch Sie haben in all den zwei Jahren Beratungen dazu noch keinen konstruktiven Vorschlag unterbreitet. Deswegen finde ich es sehr schade, dass Sie dieses so vortragen, als wollten wir es nicht. Inhaltlich hätte man für die Anregung sicher Sympathien, aber es ist auch eine Frage der Möglichkeiten, die das Land Berlin finanzieller Art hier hat. Es ist aber auch – das muss auch festgehalten werden – von Anfang unser Anliegen bei dem Seniorenmitwirkungsgesetz gewesen, die Mitwirkung der Senioren auch hervorzuheben und ihnen außerhalb der Berlinwahlen hier eine Sonderstellung zu ermöglichen. Ansonsten müssten Sie auch noch einmal in sich gehen und überlegen, ob Sie mit dieser Argumentation recht haben.
Zu dem zweiten Punkt, den Auslagen, will ich auch noch einmal kommen. Hier muss nicht in ein Gesetz hineingeschrieben werden, dass man eine Auslage in einer bestimmten Höhe organisieren will. Das ist auch außerhalb des Gesetzes möglich, wenn wir uns hier im Parlament als Haushaltsgesetzgeber einigen, dass wir dort Geld gefunden haben und eine bestimmte Form der Auslagen zurückerstatten wollen. Sie müssten aber diesen Vorschlag auch in Zeiten der Haushaltsplanaufstellung vortragen und jetzt nicht in ein Gesetz eine merkwürdige Formulierung hinsichtlich der Auslagen hineinschreiben.
Was wir sehr wohl im Blick haben, ist, dass die Seniorenvertretungen jetzt die Möglichkeit haben, in der achten Woche nach den Wahlen in einer Woche an drei bis fünf verschiedenen Standorten wählen zu können. Es wird mehr Möglichkeiten für die Seniorinnen und Senioren in den Bezirken geben. Und die Werbekampagne, die wir lostreten werden, die auch wichtig ist, wo auch viele In
formationen weitergegeben werden, wird aus meiner Sicht auch helfen, die Teilnehmerzahl zu erhöhen. Ich glaube, in den fünf Jahren hat die Arbeit der bezirklichen Seniorenvertretungen auch für sich selbst geworben. Und das ist auch Teil der Werbekampagne. Es ist nicht allein Aufgabe des Senats zu werben, sondern ich glaube, dass die bezirklichen Seniorenvertretungen ihre gute Arbeit auch präsentieren können und dass wir auch gemeinsam dafür werben können.
Unsere Änderungsvorschläge halten wir daher für sinnvoll. Wir bitten um Zustimmung, damit wir das Seniorenmitwirkungsgesetz substanziell weiter verbessern können und die Belange der Seniorinnen und Senioren auch wirklich gemeinsam im Blick haben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine lieben Kollegen und Kolleginnen! Die eigentliche Provokation hier war die Rede des Herrn Luchterhand,
völlig daneben, das Thema völlig verfehlt und nicht verstanden, worum es hier geht. Die Vorschläge, die wir im Ausschuss in der Anhörung von den Landesseniorenvertretungen gehört haben, hatten einen wesentlichen Kernpunkt. Sie wollten erstens die Doppelstruktur Landesseniorenbeirat und Landesseniorenvertretung auflösen. Das ist zwar auch in dem Gutachten der Friedrich-Ebert-Stiftung erwähnt – dieses Gutachten halte ich für sehr sinnvoll und gut und will mich gerne bei Frau Prof. Dienel und bei der Friedrich-Ebert-Stiftung für diesen Auftrag bedanken –
und es hat zwar auch diese Kritik geäußert, aber wir haben politisch entschieden, dass es sinnvoll ist, diese Doppelstruktur, wie wir sie hier haben mit dem Landesseniorenbeirat und der Landesseniorenvertretung zu behalten, insbesondere weil wir dort die Einbeziehung von verschiedenen Experten und Fachgremien ermöglichen können. Deshalb hat Herr Luchterhand mit seiner Äußerung, dass hier Seniorenmitwirkungsmöglichkeiten beschnitten würden, völlig unrecht. Herr Luchterhand, bleiben Sie bitte bei der Wahrheit an dieser Stelle!
Eine wesentliche, wichtige Änderung haben wir auch hineingebracht, nämlich die Wahlmodalitäten zu verbessern. Das war einer der Hauptkritikpunkte der Landesseniorenvertretung und auch des Landesseniorenbeirates, aber auch der bezirklichen Seniorenvertretungen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, in der achten Woche nach den Wahlen – das ist ein festgenannter Zeitraum, für den wir gut werben können, das ist auch etwas völlig Neues – für diese Wahl zu werben und auch dort in mehreren Sitzungen Wahlmöglichkeiten einzuräumen. Das gilt für mindestens drei bis fünf Sitzungen. Das ist eine qualitative Verbesserung. Ich hoffe, das wird auch gut umgesetzt werden.
Die Veränderungen, die wir hier vornehmen möchten, greifen auch schon im Herbst bei den Wahlen. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir diese Öffentlichkeitskampagne machen. Ich will auch noch einen wesentlichen Punkt hervorheben, den Herr Luchterhand wahrscheinlich nicht ganz verstanden hat, weswegen er das hier falsch rübergebracht hat. Es war nämlich in der bisherigen Form des Gesetzes nur so, dass nur im thematischen Umfeld der Altenhilfeplanung Mitwirken möglich war. Das heißt, die bezirklichen Seniorenvertreter konnten nur im Kontext der Altenhilfeplanung mitwirken. Sie hatten keinerlei Möglichkeiten, zu anderen Themen Hinweise zu geben
oder Änderungswünsche einzubringen. Wir haben jetzt völlig neu das Rederecht in den Ausschüssen reingebracht und dort speziell zu den Themen soziales, kulturelles, gesellschaftliches und politisches Leben eingeräumt. Das heißt, es bietet eine wesentlich größere Palette an wichtigen Themen, die die Senioren und Seniorinnen in der Stadt betreffen. Ich halte das für eine qualitative Verbesserung. Das darf auch hier noch einmal gewürdigt werden.
Wir haben auch hinzugenommen, dass die Sitzungen der bezirklichen Seniorenvertretungen öffentlich sind. Wir wollen dort keine Diskussion hinter verschlossenen Türen. Jeder ist auch dort von den Senioren und Seniorinnen herzlich eingeladen.
Mit einladen möchte ich hier auch zu unserer Ausschusssitzung am 7. April. Dort werden wir alles gemeinsam noch einmal ausführlich besprechen. Wegen der Vorschläge, die Herr Luchterhand hier versucht hat, indirekt hineinzubringen, bin ich neugierig, ob wir dort einen schriftlichen Änderungsantrag bekommen.
Ich will zum Ende meiner Rede noch darauf hinweisen, dass das erste Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz, wie auch meine Kollegin Frau Dott gesagt hat, das erste in der Republik war. Es hatte einen sehr langen Vorlauf. Mittlerweile wird es auch von anderen Bundesländern kopiert oder ergänzt oder erweitert. Das ist auch gut so. Aber ich will darauf hinweisen, dass es eben mehrere verschiedene Verbände, Seniorenvertretungen und Interessengruppen waren, die uns im Vorfeld in den Jahren 2002, 2003 und 2004 mit dem Wunsch, in Richtung Mitwirkungsmöglichkeiten der Senioren und Seniorinnen etwas zu machen, unterstützt haben. Das war nicht nur die Volkssolidarität. Ich kann noch eine ganze Reihe von anderen wichtigen Institutionen aufführen.
Deshalb beruht das ja auf einem breiten Konsens in der Gesellschaft. Wir wollen die Mitwirkung von Menschen ab 60 Jahren hier fördern, unterstützen und stärken. Ich finde, das darf hier noch einmal erwähnt werden. Wir greifen in Berlin einer Entwicklung in der Gesellschaft weit vor. Schon 2006 haben wir die Möglichkeit der partizipativen Mitwirkung von verschiedenen Gruppen hier eingeräumt. Daher freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss am 7. April. Ich bin neugierig, welche wirklich qualitativen Verbesserungen die Opposition einbringen wird. Bisher habe ich keine entdeckt, aber man darf neugierig sein. – In diesem Sinn herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ausgerechnet die FDP stellt sich hier als die Kämpferin für die sozial Schwachen hin.
Es ist schon ein Hohn, dass Sie hier diesen Antrag einbringen. Was für ein Mut, was für eine Unverschämtheit! Das ist nicht zu fassen!
Das Niveaulose ist, dass Sie hier versuchen, nach den Punkten, die die Vertreter der SPD in mühseligen zähen Verhandlungen, sicherlich auch in Zusammenarbeit mit einigen Vertretern der Grünen
dort hineingebracht haben, sich hier hinzustellen und zu sagen: Berlin will das ganze Geld und das Paket nicht. – Das ist wirklich Hohn und Unverschämtheit.
Was haben wir hineinverhandelt? – Frau Senftleben, das wissen Sie: 120 Millionen Euro mehr für das Bildungspaket, die Entlastung für die Kommunen.
Und wir haben erreicht, dass mehr Kinder von diesem Bildungspaket profitieren können, und dass Schulsozialarbeit hineinkommt. Und wir haben erreicht, dass endlich diese Idee der teuren Chipkarte weggefallen ist. Wir haben in dem Gesamtpaket auch erreicht, dass wir für Zeitarbeit im Sicherheitsgewerbe Lohnuntergrenzen eingezogen haben. Sie stellen sich hin als die Sozialpartei und blockieren über Monate und Jahre, das Prinzip gleichen Lohn für gleiche Arbeit umzusetzen, blockieren den Mindestlohn und alles, was in der Tat auch diesen Familien helfen würde. Und da stellen Sie sich hin und sagen, dass dieser Senat die sozialen Interessen dieser Menschen nicht vertritt, das nenne ich wirklich Hohn.
Der Senat hat heute deutlich mit der Äußerung von Senator Zöllner dargelegt, dass dieses Bildungspaket unverzüglich und unkompliziert niedrigschwellig
da bin ich sicher, dass sie das machen werden – im Interesse der Menschen in Berlin, insbesondere der Kinder in Berlin, umgesetzt werden soll. Sie haben zu Recht gesagt, dieser Kompromiss sei gerade sechs Tage alt. Es ist ein sehr komplizierter Kompromiss. Es sind viele Stellschrauben zu betrachten. Daher muss sich dieser Senat, um es verantwortlich machen zu können, genau abstimmen.
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sich der Koalitionspartner seiner Verantwortung nicht entziehen wird. Ich hätte mir gerne gewünscht – das gebe ich hier offen zu –, dass unser Koalitionspartner, gerade im Interesse der betroffenen Kinder in Berlin, auch mit der Kritik zu den gesamten Regelsätzen, aber weil es dieses Bildungspaket gibt, weil es so wichtig ist für Berlin, da zugestimmt hätte. Das gebe ich offen zu,
aber es gibt einen Koalitionsvertrag, den Sie als Opposition sicherlich gelesen haben werden, worin festgestellt ist, wenn sich beide nicht einigen können, man sich enthalten wird. Das wird auch in anderen Bundesländern so gemacht. Da brauchen wir hier nicht die FDP, die sich hinstellt und darstellen will, dass der Senat im Interesse der Berliner nicht handelt. Das stimmt so nicht. An der Stelle müsste man eigentlich Sie missbilligen, das ist ein echter Schaufensterantrag.
Wenn ich mir vorstelle, wo überall die FDP ihre Spuren einer unsozialen Politik hinterlässt, dann fallen mir sofort zwei wichtige Punke ein, wo eben auch den Kindern, gerade auch diesen Kindern, nicht geholfen wird, Frau Senftleben, siehe das Gesundheitssystem, das Sie ändern, wo Sie eine Dreiklassengesellschaft einführen wollen.
Aber Ihre Klientelpolitik, die vielen wunderbaren Wahlgeschenke z. B. für die Hotelbranche – ich weiß nicht, inwieweit die FDP jetzt versucht, sich über diesen Weg glaubhaft ein Sozialprofil anzueignen. Die Berliner und Berlinerinnen und die Familien werden Ihnen das definitiv nicht abkaufen, Frau Senftleben.
Gerade an meinen letzten beiden Beispielen wird deutlich, dass Sie die gesellschaftliche Notwendigkeit und die politische Verantwortung nicht umsetzen können. Daher bitte ich Sie eigentlich, diesen Antrag zurückzuziehen, mit Gesichtwahrung hier herauszukommen, gewissermaßen. Aber in jedem Fall werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Senftleben! Die FDP muss sich schon entscheiden, was sie will.
Ihr Fraktionsvorsitzender erklärt heute zur Begründung der Aktuellen Stunde, überall mehr privates Kapital einbinden zu wollen. Sie fordern hingegen vor allem vom Senat – also vom Staat –, er solle alles machen. Die FDP entdeckt plötzlich den Staat.
Frau Senftleben! Aus Ihrer Rede und Ihrem Antrag wird mir aber auch eines deutlich: Die FDP ist auf der Suche nach der verlorengegangenen bzw. nicht vorhandenen Sozialkompetenz, denn spätestens seit März letzten Jahres ist Ihnen auch personell das soziale Gewissen abhanden gekommen.
Sie suchen allem Anschein nach verzweifelt nach geeigneten sozialen Themen, um Ihr Sozialprofil zu stärken.
Frau Senftleben! In Ihrer Begründung erwähnen Sie richtigerweise, dass seit dem Januar 2008 ein Rechtsanspruch auf ein persönliches Budget für die betroffenen Personen besteht. Aber Sie erwähnen nicht, dass bisher in einem langen Vorlauf eine Informationskampagne angeboten wurde. Ein kleine Rückblende: Unter Rot-Grün wurde mit Inkrafttreten des SGB IX zum Juli 2001 die Leistungs
reform des persönlichen Budgets erstmals in einem Bundesgesetz verankert. Der Gesetzgeber legte fest, dieses durch Modellvorhaben zu erproben. Mit Wirkung zum Juli 2004 wurde die Rechtsgrundlage zum persönlichen Budget in § 17 SGB IX erheblich erweitert und konkretisiert. Frau Karin Evers-Meyer von der SPD
hatte als Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung in der großen Koalition das persönliche Budget sehr gefördert und eine starke Werbe- und Informationskampagne organisiert.
Die Modellphase in Berlin verlief außerordentlich erfolgreich. Die Erfahrungen aus den Modellregionen wurden einer breiten Öffentlichkeit auch in Berlin zugänglich gemacht. Es wurden also in einem längeren Zeitraum Informationskampagnen und Aktionen organisiert und öffentliche Aufmerksamkeit für das persönliche Budget erzielt.
Und heute? – Hier ist aus meiner Sicht nach wie vor die Bundesregierung gefordert.
Wo sind die Informationskampagnen des FDP-Gesundheitsministers Rösler in dieser schwarz-gelben Regierung? Ich sehe auf der Bundesebene keinerlei Aktion. Oder schläft dort die FDP?
Es gibt verschiedene Informationsangebote. Insbesondere im Internet sind viele gute Möglichkeiten zur Information vorhanden. Die Wohlfahrtsverbände beispielsweise sind hierbei auch in Berlin aktiv. Aktuelles Beispiel ist das Kompetenzzentrum Persönliches Budget des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Dieses Kompetenzzentrum verbindet in einem neuen Projekt sein Onlineangebot mit praktischen Schritten zur Umsetzung dieser Reform der Teilhabe für Menschen mit Behinderung. Dieses neue Projekt wird wenigstens von der Bundesministerin für Arbeit und Soziales – die bekanntlich nicht der FDP angehört – gemeinsam mit den Paritätischen Landesverbänden gefördert. Immerhin, kann ich dazu nur sagen.
Beim persönlichen Budget kommt es nicht nur auf die Information an, sondern wichtig sind auch die Frage des Könnens und die Frage, ob der Aufwand für den einzelnen Betroffenen zu bewältigen ist. Hier sind selbstverständlich Informations- und Unterstützungsstrukturen wichtig. Die SPD-Fraktion steht zu dem persönlichen Budget. Es ist ein sehr gutes Angebot für die betroffenen Menschen. Unsere Unterstützung hat es weiterhin. Wir werden auch dafür sorgen, dass im Interesse der Betroffenen das Angebot der Information weiterhin ausgebaut wird und die soziale Infrastruktur dafür erhalten bleibt.
Frau Senftleben und die FDP werden uns in den Ausschussberatungen noch ausführlich darlegen können, wie
sie diese geforderte Kampagne finanzieren und möglicherweise personell ausstatten wollen.
Ich bin gespannt, welche Vorschläge Sie in den kommenden Haushaltsberatungen dafür unterbreiten wollen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Ich glaube, dass ich einen wunden Punkt der FDP erwischt habe, denn wenn es kein wunder Punkt wäre, würden Sie sich hier gar nicht so aufregen. Frau Senftleben!
Ich frage mich wirklich, ob z. B. der übermäßige Einsatz für Privatschulen das soziale Gewissen der FDP darstellt.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wir befassen uns heute mit dem Antrag der Grünen zum Thema der Kontrolle von ambulant betreuten Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz. Für diese Vorstellung im Antrag der Grünen gab es bei der Verabschiedung des Wohnteilhabegesetzes im Mai letzten Jahres keine Mehrheit in diesem hohen Hause. Also probieren es die Grünen erneut, obwohl sich die Mehrheiten nicht geändert haben und auch keine aktuell begründeten Bedenken für eine Änderung im Sinne der Grünen vorliegen.
Weil auch uns die Sache wichtig ist und wir als Koalition die Interessen der Betroffenen, auch der Demenzkranken im Blick haben, ist es umso wichtiger, dass alle Wohngemeinschaften erfasst werden. – Und, Frau Villbrandt, wir befassen uns hier mit der Realität.
Mit dem Wohnteilhabegesetz hat es erst diese rot-rote Regierung geschafft, dass die ambulant betreuten Wohngemeinschaften in Berlin überhaupt erfasst werden. Vom Juli bis zum Ende des letzten Jahres wurden bei der Berliner Heimaufsicht 372 Pflegewohngemeinschaften angemeldet. Nur in einem Fall wurde der Status einer stationären Einrichtung festgestellt. Nach dem Wohnteilhabegesetz sind die von den Grünen so bezeichneten anbietergesteuerten Pflegewohngemeinschaften als stationäre Einrichtungen zu qualifizieren, wenn die Heimaufsicht bei der Prüfung eine strukturelle Abhängigkeit von Nutzern
und Leistungsanbietern feststellt. Damit ist eine Kontrollebene gesetzlich eingebaut.
Bisher hat die Heimaufsicht sechs ambulant betreute Wohngemeinschaften überprüft. Bei Beschwerden muss die Heimaufsicht nämlich anlassbezogen zügig prüfen. Die Behauptung der Grünen, dass etwa 90 Prozent der Pflegewohngemeinschaften eigentlich Kleinstheime sind, wurde bei den bisherigen, siebenmonatigen Kontrollen nicht festgestellt. Die Grünen sind daher gefordert, ihre Behauptung solide zu untermauern und nicht eine Branche allgemein schlechtzureden. Sollte sich in der Anwendung dieses Gesetzes eine Lücke erweisen, werden wir selbstverständlich unverzüglich handeln und gegebenenfalls auch Änderungen vornehmen.
Liebe Frau Villbrandt! Die Laufzeit für die aktuellen Vergütungsvereinbarungen im Bereich der ambulanten Pflege gingen bis Ende letzten Jahres und gelten bis zum Abschluss einer neuen Vergütungsvereinbarung fort. So weit mir bekannt ist, gibt es also keine Möglichkeit, die anstehenden Verhandlungen über Tagespauschalen einfach auszusetzen. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir in diesem Zusammenhang noch intensiv im Ausschuss über Ihre Vorschläge beraten.
Die Forderung der Grünen nach der Installation eines Beschwerdemanagements müssen sie uns noch besser begründen. Denn es gibt ja bereits Regelungen, die die ambulanten Pflegedienste zur Einrichtung und Durchführung eines Beschwerdemanagements verpflichten. Das Beschwerdemanagement ist Teil des Qualitätsmanagements im SGB XI. Gemäß § 112 sind auch ambulante Pflegedienste als zugelassene Pflegeeinrichtungen unter anderem verpflichtet, ein Qualitätsmanagement durchzuführen. Auch sind im § 8 des Wohnteilhabegesetzes alle Leistungserbringer, die in Pflegewohngemeinschaften Pflege- und Betreuungsleistungen erbringen, zur Einrichtung eines Beschwerdemanagements verpflichtet.
Ambulant betreute Wohngemeinschaften sind für Demenzerkrankte eine gute Möglichkeit, einem familiären Umfeld entsprechend zu wohnen. Wir wollen die Vielfalt der unterschiedlichen Wohnformen, die den individuellen Ansprüchen am besten gerecht wird. Das Anliegen meiner Fraktion ist es, diese Angebotsvielfalt weiterhin zu unterstützen. Das Recht auf eine gute Betreuung und Pflege für die Verbraucherinnen und Verbraucher hat in jedem Fall Vorrang. Wir wollen daher hierauf ein Augenmerk setzen, und mit unserem Wohnteilhabegesetz ist ein Meilenstein hin zu mehr Kontrolle überhaupt erst möglich geworden.
Zum Schluss: Wir werden dieses Anliegen gemeinsam im Kontext der Antragsberatung im Ausschuss besprechen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon interessant, dass Herr Hoffmann heute Einsicht zeigt und die gute Arbeit der vielen freien Träger und Unternehmen in der Stadt lobt, denn zu Beginn dieser Debatte rund um den Fall Treberhilfe waren Sie einer derjenigen, die sehr laut und vehement Kritik geäußert und nach Transparenz gerufen und – aus meiner Sicht – die Rufbeschädigungskampagne teilweise mit unterstützt haben. Aber Einsicht ist gut.
Was haben wir heute vorliegen? – Wir haben die zweite Lesung der ersten Anträge der Opposition nach dem Fall Treberhilfe auf der Tagesordnung. Viele stammen aus Mai 2010; wir haben bereits intensiv über diese Anträge im Fachausschuss Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales sowie im Hauptausschuss beraten und sie geprüft. Von sechs Anträgen haben wir als Koalition fünf abgelehnt. Nach intensiver Prüfung konnten wir feststellen, dass die Forderungen in den Anträgen entweder mit unserem Rechtssystem nicht vereinbar sind oder durch Verwaltungshandeln angepackt und erledigt wurden.
Die FDP verlangte beispielsweise einen Projekteatlas für Berlin – die Finanzverwaltung hat nach längerer Vorbereitungsphase seit Anfang dieses Monats eine Datenbank ins Internet gestellt. Alle Projekte und Träger mit einer Finanzierung aus dem Zuwendungsbereich sind zur Angabe wichtiger Daten und damit zur Schaffung von Transparenz aufgefordert. Das wünsche ich mir auch für den entgeltfinanzierten Bereich, viel intensiver sogar.
Hier geht dies aber leider noch nicht, weil laut Bundesrecht im Sozialbereich Unternehmen auch Gewinne machen dürfen, damit sie Rücklagen für Risikozeiten bilden können. Da sich die Unternehmen im Wettbewerb befinden, könnte man – angeblich – bestimmte Angaben zur Schaffung von Transparenz nicht erzwingen. Auf freiwilliger Basis könnten diese Sozialunternehmen aber damit beginnen, bestimmte Daten, die wahrscheinlich nicht unbedingt wettbewerbsrelevant sind, in die Datenbank einzupflegen. Aus meiner Sicht haben die Bürgerinnen und Bürger ein Recht auf transparente Darstellung, wofür, wie viel, welche Steuergelder an wen und weshalb vergeben werden.
Einen Antrag der Grünen werden wir heute nach unserem Beschluss zur Prüfung an die Verwaltung weiterreichen. Auch wenn ich in der Umsetzung große Schwierigkeiten sehe, so ist es natürlich wichtig, dass diese seriös und genau geprüft werden. Daher haben wir als rot-rote Koalition diesen Antrag der Grünen mit Änderungen qualifiziert.
Die Koalition und der Senat haben als Konsequenz aus dem Fall eine Bundesratsinitiative eingereicht. Diese Initiative wurde einstimmig von den Ländervertretungen im Bundesrat – siehe hierzu die Drucksache 394 aus 2010 – beschlossen und liegt dem Bundesrat zur Beratung vor. Ich bin wie Sie, meine werten Kolleginnen und Kollegen, sehr gespannt, ob es für diese Initiative Berlins auch eine Mehrheit im Bundestag geben wird. Leider bezweifle ich das ein bisschen, aber wir werden sehen – auch auf dieser Ebene kann es Wunder geben. Mit dieser Initiative wollen wir eine Verbesserung der Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen erreichen.
In diesem Kontext muss es auch eine Debatte darüber geben, ob wir im Sozialbereich eine Systemänderung wollen. Wollen wir, dass die Unternehmen im Sozialbereich in Zukunft keine Gewinne erwirtschaften und dadurch für Krisenzeiten Rücklagen bilden? – Dann müssen wir die wirtschaftlichen Risiken dieser Sozialuntenehmen auch übernehmen; das wäre ein Paradigmenwechsel und höchstwahrscheinlich in der Kontrolle schwieriger und insbesondere auch kostenintensiver. Was an Gewinnen erwirtschaftet wird, muss ausschließlich in das Unternehmen reinvestiert werden, so steht es auch zur Zeit im Gesetz. Damit wir uns richtig verstehen: nicht in teure und repräsentative Autos, das steht nicht in den Unterlagen. Auch sind aus meiner Sicht die Bezüge und Gehälter im Management dieser Sozialunternehmen nicht gänzlich vergleichbar mit denen in der freien Wirtschaft. Hier ist in besonderem Maße Maß zu halten, gerade in der Sensibilität zur Situation der Klientel.
Mir ist auch folgender Punkt sehr wichtig: Bei den Kontrollen im entgeltfinanzierten Bereich zwischen Sozialverwaltung, Bezirken und Leistungserbringern gibt es eine bemerkenswerte Begegnungsdichte. Allein die Kommission 75, in der für den Entgeltsektor Leistungsentgelte insgesamt erörtert werden, kommt jährlich
mehrmals zusammen. Es gibt in der Tat nicht immer sachlich begründbare Festlegungen von Finanzierungssätzen für sehr vergleichbare Leistungen. Hier muss es ein gemeinsames Interesse auch für die Glaubwürdigkeit der Leistungserbringer sein, einen nachvollziehbareren Kriterienkatalog für gleichwertige Leistungen und Risiken weiterzuentwickeln. Hier sehe ich als Motor die Sozialverwaltung. Unsere Unterstützung dafür wird es geben. Eine entsprechende Aufforderung hat meine Fraktion, habe ich schon mehrfach formuliert.
In der Debatte der letzten Monate stelle ich fest, dass die sehr große Mehrheit der Sozialunternehmen und der Träger im Sozialbereich auch gute und seriöse Arbeit leistet und in der Vergangenheit geleistet hat. Sie gehen sehr sorgsam mit den ihnen anvertrauten Mitteln um, und sie gehen insbesondere mit den Klienten sehr verantwortungsvoll um. Das muss auch unser Fokus sein. Diese Menschen, oft mit großen sozialen Problemlagen, haben einen Rechtsanspruch auf angemessene Unterstützung zur Lösung ihrer Probleme. Die Bedarfe sind komplex und brauchen fachlich gute Angebote. Hier haben auch die Mitarbeiter der Treberhilfe in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet. Das haben wir hier im Plenum mehrfach parteiübergreifend festgehalten. Wir dürfen die Zielgruppe – bedürftige Menschen und ihre Problemlagen – nicht aus dem Auge verlieren. Sie brauchen eine starke Lobby, insbesondere im Haus der Politik. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Werden auch in diesem Winter und im kommenden Jahr alle zuwendungsfinanzierten Projekte der Straßensozialarbeit und der Wohnungslosenberatung fortgesetzt?
2. Wie stellt der Senat im Falle der Übernahme von Projekten durch andere Träger die Kontinuität und die Qualität der Angebote sicher?
Vielen Dank für den ersten Teil Ihrer umfassenden Antwort. In der Tat steckt das, was Sie vermutet haben, im
zweiten Teil meiner Nachfrage. Diesbezüglich möchte ich nachfragen: Wie bewerten Sie denn die bisherige Straßensozialarbeit des Trägers Treberhilfe qualitativ? Ich frage dies deshalb, weil ein Trägerwechsel immer auch eine gewisse Gefahr von Qualitäts- und Kontinuitätsverlust birgt, zumal ich davon ausgehe, dass Sie wissen, dass ein Großteil der Mitarbeiter einen Trägerwechsel nicht will.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist billige grüne Stimmungsmache – die Frage, ob man als Ehrung den Opfern des DDR-Regimes den Berlin-Pass gibt oder nicht.
Viele Bürgerinnen und Bürger haben für ihre Freiheit und für Meinungsfreiheit ihr Leben riskiert – auch für alle anderen. Am Ende ist der friedliche Weg hin zum Mauerfall insbesondere auch ihr Erfolg gewesen. Ihr Wissen und ihre Erfahrung brauchen wir für die jüngeren Generationen. Viele Berlinerinnen und Berliner wissen um ihre Lebensleistung. Wir wissen um ihr Engagement und um das Risiko, das sie persönlich eingegangen sind. Sie haben sich für Freiheit und Menschenrechte aus innerer Überzeugung engagiert und nicht, weil sie sich eine Ehrung erhofft haben.
Respekt, Ehrung und eine Herausstellung der Leistungen von Menschen, die Opfer von politischer Verfolgung in der DDR waren, müssen auf einer anderen Ebene erfolgen.
Liebe Kollegen und Kolleginnen von den Grünen! Mit dieser Einzelgeste für diese besondere Gruppe, wo Sie sich – auf Deutsch gesagt – lieb Kind machen, kommen Sie einer wirklichen Ehrung nicht nach.
[Özcan Mutlu (Grüne): Wie bitte? – Christoph Meyer (FDP): Sie sollten aufpassen, was Sie da sagen! – Zuruf von den Grünen: Unmöglich! – Weitere Zurufe von der CDU und den Grünen]
Diese Einzelmaßnahme ergibt deshalb aus Sicht der Koalition keinen Sinn. Frau Pop! Im Übrigen: Wenn Ihnen dieses Thema so wichtig gewesen wäre, wie Sie es uns heute zu suggerieren versuchen, hätten Sie es im Herbst 2009 in den Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2010 und 2011 einbringen können.
In den Protokollen der ersten und zweiten Lesung im Fachausschuss für Soziales oder im Hauptausschuss ist dazu nichts zu finden. Dort haben wir über den BerlinPass debattiert.
Im Übrigen gab es bei der Debatte im Fachausschuss für Soziales keine Aussprache. Sie wollten eine sofortige Abstimmung ohne Aussprache. Insofern hat die SPD hier nicht geschwiegen, sondern ist Ihrem Wunsch gefolgt.
Was steht diesen Betroffenen rechtlich zu? – Nach dem Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet erhalten ca. 7 200 Personen eine sogenannte Opferrente. Nach dem Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligung für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet, dem Berliner Reha-Gesetz, erhielten im Jahr 2009 geschätzt rund 300 Personen eine Ausgleichsleistung.
Berlin zeichnet aus, dass unter Rot-Rot in unserer Stadt trotz finanzieller Engpässe in den Kassen das Angebot Berlin-Pass für besonders einkommensarme Bürgerinnen und Bürger vorhält. Das ist bundesweit ein einmaliges Angebot. Es ist ein sozialpolitisches Instrument. Es steht allen Leistungsberechtigten zur Verfügung. Wir haben hier das soziale Maß sehr genau im Blick.
Zur Inanspruchnahme des Berlin-Passes berechtigt sind Leistungsempfangende nach dem SGB II, nach dem SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaften. Der Berlin-Pass ist ein zusätzliches Angebot des Landes, das zur Vereinfachung der Inanspruchnahme sozialer Vergünstigungen auf freiwilliger Basis bei Bedarf in Anspruch genommen werden kann. Für Empfänger und Empfängerinnen dieser besonderen Sozialleistungen gilt er als einfacher und einheitlicher Berechtigungsnachweis zur Inanspruchnahme von Vergünstigungen im öffentlichen Personennahverkehr und im gesamten Kultur- und Freizeitbereich.
Also steht der Berlin-Pass auch allen Opfern des DDRRegimes vollständig zur Verfügung, die leistungsberechtigt nach dem SGB II und dem SGB XII sind. – Liebe Frau Pop! Suggerieren Sie bitte nicht, dass diesen Menschen der Berlin-Pass nicht zur Verfügung steht. Das stimmt so nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen! Ihnen fehlt das Sozialprofil.
Sie suchen händeringend nach Themen. Dieses sensible Thema aber eignet sich nicht dazu. Sie können den Berlinerinnen und Berlinern nicht auf Kosten der Opfer des DDR-Regimes ein Sozialprofil vorgaukeln.
Auf der anderen Seite schreien die grünen Haushälter hier im Parlament, der Senat spare nicht genügend. Das passt nicht zusammen, liebe Grüne! Sie können nicht vielen vieles versprechen. Wir sind gespannt, wie Sie es einhalten wollen.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen der Bündnisgrünen, gehen Sie in Ihre Sprechstunden und sagen Sie dort, der Berlin-Pass stehe allen Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII vollständig zur Verfügung! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Welche Nachfolgeregelung plant der Senat für die 2010 auslaufenden Verträge im Bereich Soziales, Gesundheit und Stadtteilzentren, und wie sieht der Zeitplan für die Umsetzung der Neuregelung aus?
2. Wie gewährleistet der Senat die finanzielle Planungssicherheit für die sozialen Träger und Projekte, und wie nutzt er künftig die Sachkenntnis der Wohlfahrtsverbände bei der Gestaltung der Hilfsangebote?
Vielen Dank für die Antwort! – Ich frage nach hinsichtlich der Förderhöhe und -tatbestände der einzelnen Projekte, ob Sie für diese eine Art übergangsmäßige Planungssicherheit vorsehen. Sie haben mitgeteilt, dass Sie die Gesamthöhe der Förderung anstreben, aber was bedeutet das in einer Phase der Umstellung für die einzelnen Projekte, und kann ich dem auch entnehmen, dass Sie planen, dass alle bisherigen Projekte eine Art Planungssicherheit bekommen bis man eine Umsteuerung organisieren kann?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen und Kolleginnen! Heute steht ein innovativer Gesetzentwurf des Senats zur Abstimmung.
Es ist ein großer Moment für die Betroffenen und ein wegweisender und wichtiger Beschluss für die Sozial- und Pflegepolitik im Land Berlin.
Mit der heutigen Zustimmung zur Vorlage – Gesetz über Selbstbestimmung und Teilhabe in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen – findet ein monatelanger Dialogprozess mit den Betroffenenverbänden, den Wohlfahrtsverbänden, mit den Einrichtungsvertretern und vielen anderen Akteuren in der Berliner Sozial- und Pflegepolitik sowie der Sozialverwaltung und den Fachabgeordneten der Fraktionen im Abgeordnetenhaus seinen Abschluss. Wir haben viel Zustimmung für den Gesetzentwurf des Senats und für die von den Koalitionsfraktionen erweiterten Änderungen erhalten.
Durch die Föderalismusreform I ist das Heimordnungsrecht vom Bund auf die Länder übertragen worden. Der daraus resultierende Novellierungsbedarf wird mit der Vorlage des Wohnteilhabegesetzes aufgegriffen. Das alte Heimrecht wird zu einem modernen Verbraucherschutzgesetz entwickelt.
Wir verabschieden heute ein Gesetz,
welches den Geist der UN-Konvention, das Recht auf Teilhabe und das Recht auf selbstbestimmtes Leben innehat. In diesem Wohnteilhabegesetz werden genau diese Aspekte berücksichtigt. Im Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen sowie der Nutzerinnen und Nutzer von betreuten Wohngemeinschaften bieten wir gerade ihnen mit diesem Gesetz mehr Schutz – mehr Schutz vor Missbrauch, mehr Schutz vor schlechter Pflege, mehr Schutz vor schlechter Betreuung.
Die zentrale Neuerung des Gesetzes ist die Aufnahme von betreuten Wohngemeinschaften – neben den klassischen stationären Wohnformen – in den Anwendungsbereich. Damit reagieren wir auf den Umstand, dass eine Heimunterbringung für die meisten Menschen nur als Ultima Ratio in Betracht kommt und sich in den letzten Jahren deshalb neue Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen entwickelt haben, die dem Bedürfnis nach Selbstbestimmung, Normalität und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben Rechnung tragen. Ziel ist es, mit dem Instrument des Ordnungsrechts ältere Pflegebedürftige und/oder behinderte volljährige Menschen bei der Wahrnehmung ihrer Interessen und Bedürfnisse in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen zu unterstützen und vor Beeinträchtigungen zu schützen. Ich will Ihnen einige wesentliche Inhalte des Gesetzes aufzählen.
Erstens: Es wird die Meldepflicht bei Wohngemeinschaften für pflegebedürftige Personen eingeführt, alle betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen werden nun registriert. Diese Wohnformen fallen unter das Ordnungsrecht; damit sind anlassbezogen mehr Kontrollen möglich. Gerade in Wohngemeinschaften für pflegebedürftige Menschen werden immer häufiger Defizite in der Pflegequalität festgestellt. Mit dem Gesetz führen wir eine entsprechende Meldepflicht ein. Um der Privatheit selbstbestimmter Wohnformen Rechnung zu tragen, ist für betreute Wohngemeinschaften eine Prüfung durch die Aufsichtsbehörde nur aus begründetem Anlass vorgesehen.
Zweitens: Die Weiterentwicklung der Aufsichtsbehörde als Beratungs- und Informationsinstitution ist uns ein wesentliches Anliegen. Unser Ziel lautet: mehr Beratung statt Intervention.
Drittens: Wir bieten den Bewohnern und Bewohnerinnen sowie Nutzern und Nutzerinnen mit diesem modernen Gesetz mehr Möglichkeiten der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – z. B. durch das Zurverfügungstellen von
Begleitung für wichtige Termine außerhalb der Einrichtung.
Viertens: Es sind mehr Mitspracherechte sowie umfassende Mitwirkungsrechte für Bewohner und Bewohnerinnen von stationären Einrichtungen aufgenommen worden.
Fünftens: Es wird mehr Transparenz erreicht und bessere Informationsmöglichkeiten über Prüfberichte für Betroffene und Angehörige sichergestellt.
Sechstens: Die Förderung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie Förderung des bürgerschaftlichen Engagements ist ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes.
Siebtens – ein wichtiger Punkt: Es wird die Verankerung von Bewohnerbefragungen durch Nutzer und Nutzerinnen anderer gemeinschaftlicher betreuter Wohnformen sichergestellt. Damit kann eine weitergehende Bewertung von Einrichtungen für Betroffene erreicht werden.
Stimmen Sie daher diesem modernen und innovativen Gesetzesvorschlag zu, damit den Betroffenen, den Bewohnern und Bewohnerinnen sowie den Nutzern und Nutzerinnen mehr Schutz und ein weitgehend selbstbestimmtes Leben auch bei Pflegebedürftigkeit ermöglicht werden kann!
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Den Entwurf der CDU-Fraktion lehnen wir ab, weil dieser unsere Ansätze nicht erfüllt, weit hinter den Erwartungen an ein modernes Gesetz zurückbleibt und es auch in der Fachöffentlichkeit keine Zustimmung für den Entwurf der CDU gibt. Daher freue ich mich auf Ihre Unterstützung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Transparenz, transparenter Umgang ist in der CDU in der Tat sehr spannend. Schauen wir uns mal das transparente Verhalten der CDU bei Parteispenden an.
Da gibt es: den dubiosen Umgang mit Spenden in der NRW-CDU oder die bis heute noch nicht von Herrn Kohl vorliegende Mitteilung,
woher die Million gekommen ist,
oder aber auch den Bankenskandal in Berlin, der durch intransparentes Verhalten der CDU-Akteure verursacht wurde.
Aufgrund der Aufregung hier gehe ich davon aus, dass Ihnen das Thema doch wichtiger geworden ist.
Wir sind beim Thema! Das Thema ist extrem wichtig, der SPD in jedem Fall. – Interessant ist, wenn wir Transparenz sagen, dann ist die FDP am transparentesten, denn sie sagt ganz klar: Wir nehmen es von den Armen, geben es den Reichen, den Hoteliers, den Sozialbereich wollen wir abschaffen.
Das sind doch klare, transparente Angaben. Aber nicht mit uns!
Aber ich will das jetzt nicht weiter ausführen, sondern das Thema sachlich behandeln.
Für eine sachliche Aufklärung dieses Falls hilft die polemische Diskussion von Ihrer Seite überhaupt nicht.
Sie hilft weder den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Treberhilfe oder auch anderen Leistungsberechtigten. Nur mit Sachlichkeit und einer gründlichen Analyse kann man dem gerecht werden.
Deshalb darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass es in diesem Bereich generell zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Der Sozialbereich – das ist festzuhalten – bietet eine wertvolle Arbeit für unsere Stadt und die Gesellschaft.
Nein, Herr Präsident! – Der Sozialbereich leistet nach wie vor eine wichtige Arbeit.
Die hektisch erhobene Forderung nach mehr Kontrolle muss nicht nur präzisieren, wer wen oder was kontrollieren will, sondern sollte die Dichte der lange vorhandenen Kontrollmöglichkeiten einbeziehen. Im gesamten Entgeltbereich werden vom Land Berlin mit den Leistungserbringern Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen geschlossen. Im Bereich der Leistungserbringung werden für jeden leistungsberechtigten Klienten mehrseitige Entwicklungsberichte geschrieben, die von den Fallmanagern der Bezirksämter geprüft werden. Zwischen der Senatsverwaltung für Soziales, den Bezirken und den Leistungserbringern gibt es im Entgeltbereich eine bemerkenswerte Begegnungsdichte. Allein die
Kommission 75, in der für den Entgeltsektor Leistungen und Entgelte mit allem Drumherum erörtert werden, kommt jährlich sechs bis zehn Mal zusammen. Kein Leistungserbringer kann also im System der Entgelte beim sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis auch nur einen einzigen Kunden gewinnen, ohne dass ein Vertreter des Landes Berlin bzw. MdK oder Fallmanager oder sozialpsychiatrischer Dienst, Ärzte usw. zustimmend mitwirken.
Im Entgeltbereich werden auf der Grundlage des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses also Ansprüche von Leistungsberechtigten erfüllt. Die Mittel gehen an die Leistungserbringer. Die Qualität der Leistungserbringer kann jährlich geprüft werden. So viel zu dem Stand, den es jetzt gibt.
Was legt uns die CDU heute vor? – Sie will mehr Transparenz und Kontrolle. Das klingt auf den ersten Blick hin interessant. Schauen wir mal in den Antrag.
Punkt 1: Wie ich bereits vorhin erwähnte, wird alles in den Rahmenverträgen bereits geregelt. Es ist schon Bestandteil.
Punkt 2 Ihres Antrags, die Forderung nach Prüfungsabteilungen widerspricht im Kern den bisherigen Rahmenvereinbarungen und den bundesrechtlichen Vorgaben.
Außerdem gibt es innerhalb der Kommission 75 die entsprechende Prüfungskommission.
Punkte 3 und 4 Ihres Antrags: Es gibt aus meiner Sicht in gewisser Weise Vollzugsdefizite, insbesondere auf bezirklicher und auf Landesebene in den entsprechenden Verwaltungen. Aber das heißt nicht, dass es keine Kontrollinstanzen gibt. Die Verantwortlichen müssen ihre Steuerungsaufgaben und Kontrollfunktionen wahrnehmen. Eine Weiterentwicklung des bestehenden Systems ist sicherlich sinnvoll. Aber dann müssen Sie uns auch Kriterien benennen. Was wollen Sie wie in welcher Form konkret weiterentwickeln? – Das geht aus Ihrem Antrag definitiv nicht hervor, und in Ihren Äußerungen haben wir dazu auch nichts gehört.
Zu Punkt 5 Ihres Antrags muss berücksichtigt werden, dass Mindeststandards und individuelle Rechtsansprüche vorhanden sind. Nicht alles kann also nur unter reiner Kosten- und Nutzungswirkung gesehen werden.
Das ist mein letzter Satz, Herr Präsident! – Für die SPDFraktion ist eine zügige Erarbeitung einer abgestimmten Transparenzcharta mit den Verbänden, den Trägern und den Wohlfahrtsverbänden wichtig. Es müssen also verbindliche Spielregeln und Verhaltensgrundsätze abgestimmt werden, die für alle gelten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Wer in bekannten Suchmaschinen im Internet nach dem Begriff „Treberhilfe“ sucht, findet rund 220 000 Artikel in dem Zeitraum von einem Monat. Wenn man nach „Treberhilfe gGmbH“ sucht, findet man immerhin über 400 Artikel im gleichen Zeitraum. Kaum ein anderes Thema hat die Öffentlichkeit so bewegt wie die Missstände bei der Treberhilfe e. V. und insbesondere bei der Treberhilfe gGmbH. Wir verurteilen die Machenschaften der Herren dort auf das Schärfste. Diese dreiste, teils auch persönliche Bereicherung auf Kosten des Steuerzahlers ist nicht hinnehmbar und ein zutiefst unsoziales Verhalten.
Was mit einem unverhältnismäßig teuren MaseratiDienstwagen und unverhältnismäßig hohen Gehältern der Geschäftsführer beim gemeinnützigen Sozialunternehmen begann, stellt nun die gesamte Sozialwirtschaft unter Generalverdacht. Der gesamte soziale Sektor fällt unter diesen Verdacht. Tausende Träger, Vereine und Verbände leisten in diesem sozialen Sektor gute Arbeit. Rund 100 000 Menschen sind hier beschäftigt. Sie leisten für das wichtige soziale Netz in unserer Millionenmetropole gute Arbeit, und an dieser Stelle sollten wir ihnen für ihren Einsatz danken.
Darauf sollten wir insbesondere in unseren Debatten achten, und das ist auch der Grund für die Koalition, das Haus in der Aktuellen Stunde heute mit dem Thema „Transparenz und Kontrolle der sozialen Einrichtungen und Unternehmen“ zu befassen. Dort, wo Missbrauch ist, muss effektiv aufgedeckt werden. Dort, wo Kontrollen nötig sind, müssen sie effektiv sein. Transparenz ist uns wichtig und muss sichergestellt werden. Doch Achtung! Wir dürfen dabei keine Kehrtwende in ein herkömmliches, fürsorgestaatliches Denken machen und dürfen unser Verständnis von moderner Sozialwirtschaft mit ihren Zielen der Problemlösungen für viele Menschen und zum Nutzen der Gesellschaft nicht aufgeben.
Darüber wollen wir mit Ihnen heute debattieren. Ich gehe davon aus, dass Sie, meine Herren und Damen von der Opposition, es genauso sehen wie wir und unser Thema für die Aktuelle Stunde unterstützen. Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich beginne meine Rede mit einer Strophe aus dem Gedicht „Lob des Lernens“ von Bertolt Brecht:
Scheue dich nicht, zu fragen, … Lass dir nichts einreden,
Sieh selber nach! Was du nicht selber weißt, Weißt du nicht. Prüfe die Rechnung, Du musst sie bezahlen. Lege den Finger auf jeden Posten, Frage: wie kommt er hierher? Du musst die Führung übernehmen.
Die Botschaft dieser Zeilen gilt für das gesamte Parlament, den Senat, die Bezirke, die Stadträte, die Verantwortlichen bei den vielen Einrichtungen, Unternehmen, Organisationen und Trägern insbesondere auch im Bereich Soziales.
Genau das wollen die Menschen in dieser Stadt: dass die Verantwortlichen ihrer Verantwortung auch gerecht werden und ihre Arbeit ordentlich machen. Dafür kann auch angemessen vergütet werden. Die Menschen in dieser Stadt wollen nicht den Populismus der Opposition, wie er sich uns heute von Frau Pop von den Grünen oder von Herrn Meyer von der FDP darstellte. Denn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, reden diese Stadt und die Leistung der Menschen schlecht. Das lassen wir nicht zu!
Es ist schon verwunderlich, dass die CDU-Fraktion zusammen mit der FDP dieser Debatte heute nicht zugestimmt hat. Hat nicht Herr Hoffmann von der CDU vor wenigen Wochen am lautesten nach mehr Kontrollen geschrieen? Gerade die Forderungen der FDP, etwa mit ihrem heutigen Antrag, führen zu mehr Kontrollen. Sie aber schreien auf der anderen Seite nach Entbürokratisierung. Das passt auch nicht zusammen.
Zur FDP-Fraktion noch eine Anmerkung: Ich kann Herrn Lehmann verstehen, dass er bei dieser Partei der sozialen Kälte nicht mehr sein will. Sie stellen die gesamte Sozialwirtschaft völlig auf den Kopf und in Zweifel.
Herr Lehmann ist uns in der SPD-Fraktion herzlich willkommen.
Nein!
Die gute Arbeit von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei einer Vielzahl von Trägern, Organisationen und Verbänden darf nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Jede Umsteuerung in diesem Sektor bedarf einer gründlichen Prüfung und muss in Absprache mit den wichtigen Akteuren erfolgen. Voreiliges Handeln ist hier nicht angebracht.
Der Fall Treberhilfe zeigt, dass im Bereich der entgeltfinanzierten Leistungen die Kontrollen zwingend verbessert werden müssen, etwa bei den Kostensätzen oder Entgelten für soziale Dienstleistungen, auf die Menschen nach den Sozialgesetzbüchern I bis XII einen individuellen Rechtsanspruch haben, zum Beispiel in den Bereichen Pflege, Hilfen zur Erziehung oder Betreuungsleistung – um nur einmal diese Dimensionen darzustellen.
Ich frage mich an dieser Stelle: Wo waren denn die Stadträte der verschiedenen Oppositionsparteien, die auch bei der Kontrolle ihren Beitrag leisten müssen? Wo war beispielsweise die Sozialstadträtin in TempelhofSchöneberg, wo ja auch die Treberhilfe sehr aktiv war? Wo hat Frau Klotz von den Grünen dort „Halt, hier schau’ ich nach, hier schau’ ich auf die Rechnung!“ gesagt? Wo hat zum Beispiel der CDU-Stadtrat für Soziales aus Steglitz-Zehlendorf „Halt!“ geschrieen? Da zeigt der Fall der Treberhilfe, dass viele miteinander aufpassen und sich oft konsultieren müssen.
Aus dem Fall der Treberhilfe e. V. und der gGmbH müssen wir alle einige Dinge lernen und verändern. In aller Vorsicht: Bei der Konstruktion einer gemeinnützigen GmbH, die nicht klar zwischen Entscheidung und Kontrolle trennt, bei der Aufsichtsorgane fehlen oder ihnen Rechte und faktische Möglichkeiten der Intervention fehlen, bestehen leicht Risiken für zweifelhaftes Geschäftsgebaren. Das muss unterbunden werden. Die Forderung nach mehr Kontrolle muss nicht nur präziser in dem Sinne gemacht werden, wer, wen oder was kontrolliert werden soll, sondern die Dichte der lange vorhandenen Kontrollmöglichkeiten muss einbezogen werden. Hier zum Beispiel bei:
Erstens: Bei Zuwendungen wird nach gegenwärtigem Zuwendungsrecht im Rahmen der Verwendungsnachweise und darüber hinaus äußerst intensiv geprüft. Der deutsche Verein für öffentlich-private Fürsorge hat beispielsweise vor kurzem Vorschläge zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Zuwendungsrechts gemacht. Hier sollte sich Berlin nicht abkoppeln, sondern einbringen.
Zweitens: Im gesamten Entgeltbereich werden vom Land Berlin mit den Leistungserbringern Leistungs-, Ver
gütungs- und Prüfungsvereinbarungen geschlossen. Diese müssen ordentlich geprüft werden.
Drittens: Im Bereich der Leistungserbringung werden für jeden leistungsberechtigten Klienten mehrseitige Entwicklungsberichte geschrieben, die von den Fallmanagern der Bezirksämter geprüft werden können. Wurden sie geprüft?
Viertens: Zwischen der Senatsverwaltung für Soziales, den Bezirken und Leistungserbringern gibt es im Entgeltbereich eine bemerkenswerte Begegnungsdichte. Allein die „Kommission nach Paragraph 75“, in der für den Entgeltsektor Leistungen und Entgelte mit allem Drumherum erörtert werden, kommt jährlich sechs- bis zehnmal zusammen.
Fünftens: Kein Leistungserbringer kann in dem System der Entgelte beim sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis auch nur einen einzigen Kunden gewinnen, ohne dass ein Vertreter des Landes Berlin, zum Beispiel über die MDK, zustimmend mitwirkt, beispielsweise die Fallmanager in den Bezirken, beim sozialpsychiatrischen Dienst, beim Arzt, in der MDK und so weiter.
Sechstens: Die Forderung nach Kontrolle und Transparenz zieht also auch Felder, in denen die mit Überwachung befugten Behörden und Institutionen mit einem Vollzugsdefizit zu kämpfen haben oder aus anderen Gründen die gesetzlich oder vertraglich vorgesehenen Überwachungsmöglichkeiten nicht nutzen.
Siebtens: Eine Stadt wie Berlin muss nachhaltig auf die Entwicklung ihrer Sozialausgaben achten, sich und andere zu Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichten. Nicht so sehr Kontrolle, sondern aktive Steuerung ist hier gefragt, und Umstrukturierungen sind dabei das Gebot der Stunde, gerade aus fiskalischer Sicht. Umfangreichste Teile der rund 2,2 Milliarden Euro starken Ausgaben, die Berlin hier macht, sind Ausdruck einer Mischung aus Unter- und Überversorgung.
Die öffentliche Diskussion um die Vorgänge zeigt, wie ein herkömmliches fürsorgestaatliches Denken noch stärker ausgeprägt ist als das Verständnis für moderne Sozialwirtschaft mit ihren Zielen der Problemlösung für viele Menschen und zum Nutzen unserer Gesellschaft.
Welche Konsequenzen müssen wir daraus ziehen? Zum einen: gemeinsam mit der Liga der Wohlfahrtsverbände vereinbaren, wo mehr Transparenz sinnvoll ist, auch in Ansehung der privaten gewerblichen Anbieter. Wir begrüßen den Transparenzkodex, die Vereinbarung darüber muss noch stärker verpflichtend eingesetzt werden.
Zweitens: Die Stärkung der Binnenkontrolle bei den Trägern, Trennung von Entscheidungs- und Kontrollorganen, Qualifizierung der Mitglieder in Aufsichtsräten, Stärkung des Finanzamts für Körperschaften zur Überprüfung der
Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen, zeitnahe Verwendung der Überschüsse.
Drittens: Effektivierung der Prüfungsvereinbarungen im Entgeltbereich: Hier ist noch viel zu tun.
Viertens: Steuerung der Ausgaben- und Angebotsstruktur in Jugendhilfe, Pflege und Behindertenhilfe.
Ratsam ist auch, mehr Transparenz beim Leistungsgeschehen in Berlin durch Einführung eines echten Benchmarkings zwischen den Bezirken zu schaffen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Frau Senftleben! Der Sozialbereich ist eine Form der Daseinsvorsorge, und wir wollen ihn nicht komplett dem freien Wettbewerb unterwerfen. So gesehen fand ich Ihre Ausführungen sehr bemerkenswert, weil sie – auch Ihr Antrag – sehr klar gezeigt haben, welche Form von sozialer Kälte Sie hier haben.
Wettbewerbselemente sind zwar in Maßen zuzulassen. Das ist auch das, was wir zum Beispiel im Bereich der Liga der Wohlfahrtsverbände abstimmen und absprechen, aber wir wollen eben nicht komplett den Markt freigeben. Das ist nicht das, was wir uns unter Sozialpolitik vorstellen.
Wenn Sie hier auch noch klagen, dass viele Projekte eine rot-rote Handschrift haben, dann kann ich nur sagen: Ja, wir sind bei den Menschen! Wir achten darauf, was ihre
Problemlagen sind! Wir schauen und suchen nach Hilfe und Lösungen!
Wenn Sie als FDP mit neoliberalen Vorstellungen dazu nicht in der Lage sind, dann lernen Sie etwas von uns! An der Stelle kann ich auch nur sagen: So sind auch die 20 Millionen Euro für Aktionsräume plus zu verstehen. Da ist Bedarf, also wird gehandelt. Das können Sie hier nicht einfach in einen großen Topf werfen.
Die Grünen behaupten, dass wir hier zurückhaltend sind. – Frau Villbrandt! Ich kann Ihnen klarmachen, das sind wir nicht. Wir schreien vielleicht nicht so populistisch wie Sie,
aber wir achten sehr genau, was vor Ort passiert. Und es ist schon bemerkenswert, wenn ein Herr Hoffmann nur den Namen eines Ex-SPD-Abgeordneten verwendet, aber nicht darauf achtet, wer noch in diesem System steckt.
An der Stelle muss die CDU sehr aufpassen, sich erst einmal an die eigene Nase fassen und nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen.
Denn drei Finger zeigen in jedem Fall auf Sie zurück!
Den Grünen kann ich nur sagen: Ihren Antrag werden wir genau prüfen. Er ist relativ umfangreich. Das ist wohl war.
Aber nach dem ersten Blick stelle ich fest, dass einige Ihrer Punkte in Teilen bereits Rechtslage sind. Wir müssen nur schauen, dass wir die Gesamtkontrollen verbessern. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niemanden lassen Berichte kalt, aus denen abgelesen werden soll,
dass Berlin verelendet – offenbar auch Sie nicht, meine Herren von der CDU-Fraktion oder von der FDPFraktion.
Es sind allerdings Krokodilstränen, die Sie vergießen. Warum reichen Sie nicht eine Große Anfrage ein, um zu thematisieren, dass aus Teilen der Politik aus Ihrer Ecke Arbeitslose und Transferhilfeempfänger als Faulenzer dargestellt werden, für die eine Arbeitspflicht eingeführt werden muss?
Meine Herren von der CDU! Sie wissen doch, was der aktive Politiker, der hessische Ministerpräsident, der Ihrer Partei angehört, fordert. Sind nicht aus den Reihen der CDU und FDP immer wieder Stimmen zu hören, die verlangen, dass die Hartz-IV-Sätze gekürzt werden sollen?
Folgt man dieser Argumentation, so kann es doch gar kein Armutsrisiko geben. Laut CDU und FDP sind doch die Transferbezieher zu großzügig alimentiert, hört man aus Ihren Reihen. Bevor Sie starke Worte benutzen, meine schwarz-gelben Damen und Herren, sollten Sie sich erst einmal überlegen, was Sie eigentlich wollen.
Uns als Sozialdemokraten macht die Bertelsmann-Studie betroffen.
Trotz manch offener Fragen, was die Methodik betrifft, glaube ich nicht, dass allein die Zahl der Berliner Autobahnkilometer etwas über die Wirtschaftspotenz unserer Stadt aussagt – so nach dem Motto: Je mehr Autobahnen wir haben, desto blühender die Stadtlandschaft. Dafür hat man in der Studie vergessen zu erwähnen, dass Berlin schon zwei gebührenfreie Kitajahre anbietet.
Was uns betroffen macht, sind die sozialen Schieflagen in unserer Stadt. Wir haben aber die Probleme erkannt, und wir erkennen auch die Potenziale, die Kreativität der Berlinerinnen und Berliner. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, insbesondere von der CDU und FDP, Sie würdigen diese nicht einmal,
Sie reden diese komplett schlecht.
In der Tat, die Studie ist sehr differenziert. Sie hat Folgendes zum Ziel: Um die Standortqualität in den einzelnen Bundesländern messen und vergleichen zu können, haben Experten ein Analyseinstrumentarium entwickelt. Dabei wurden nur die Erfolge aus den Aktivitäten der Bundesländer in den Dimensionen Sicherheit, Einkommen und Beschäftigung untersucht – und das in den Jah
ren 2006 bis 2008. Ich bedauere außerordentlich, dass der Bereich Investition und Ausbau im Bereich der sozialen Infrastruktur bei der Bewertung der Attraktivität eines Standortes in dieser Studie keine Berücksichtigung findet.
Berlin weist folgendes auf, und das wird in der Studie zum Glück positiv benannt, ich zitiere:
Um die wirtschaftliche Basis zu stärken, setzt die Landesregierung vor allem auf den Bereich Forschung und Wissenschaft. So überholt die SpreeMetropole beim Wirkungsfaktor Ausgaben für Forschung und Entwicklung im aktuellen Beobachtungszeitraum und liegt nun auf dem ersten Platz.
Hört, hört!
Nein, vielen Dank!