Die wichtigsten Stellschrauben, um Menschen langfristig für den Beruf in der frühkindlichen Bildung zu gewinnen, sind gesellschaftliche Anerkennung und faire Bezahlung. Für die bessere Bezahlung legen wir heute als Koalition einen entsprechenden Antrag vor. Dafür danke ich allen Beteiligten in der Koalition. Mit diesem Antrag gehen wir einen entscheidenden Schritt, um jedem Kind einen Kitaplatz zu ermöglichen.
Wir stehen unter permanenten großen Handlungsdruck, und das seit Jahren. Die Kinderzahlen steigen und steigen
durch Zuzug und Geburtenzuwächse. Es ist bereits viel unternommen worden von Trägern, Land und Bezirken. Jedes Jahr wurden Tausende neuer Plätze geschaffen, die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in großem Maßstab ausgebaut. Aber bei der Fachkräftegewinnung allein auf die Ausweitung der Ausbildungskapazität zu setzen, hat sich leider als Trugschluss erwiesen. Den Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen, den Trägern und Verwaltungen sind wir zu großem Dank verpflichtet.
Wir haben in den verschiedenen politischen Konstellationen Qualitätsverbesserungen erreicht – okay, die kostenfreie Kita wäre von uns Grünen etwas später gekom- men –, Verbesserungen im Personalschlüssel und damit Entlastung für die Erzieherinnen und Erzieher, Anleitungsstunden, Freistellungen von Kitaleitungen usw. Zusätzlich ist notwendig, neue Wege in den Erzieherinnen- und Erzieherberuf zu finden. Es gilt dabei auch, querzudenken, aber für uns Grüne darf die Qualität dabei nicht verlorengehen.
Die Koalition kann auf diesem Weg auf erste Erfolge verweisen. Die Senatorin hat sich dankenswerterweise auf den verschiedenen Ebenen engagiert. Sie hat den Bund für den Fachkräftemangel in Berlin sensibilisiert und endlich auch die Agentur für Arbeit mit ins Boot holen können. Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern ist nun förderfähig und somit für Menschen, die auf ein Einkommen während der Ausbildung angewiesen sind, tragbar. – Vielen Dank!
Darauf können und wollen wir uns nicht ausruhen, sondern weitermachen und neue Wege gehen. Unsere Fachkräfte in den Kitas, im Hort, in den Einrichtungen der Jugendhilfe leisten eine wichtige und niemals zu unterschätzende Arbeit. Sie sind täglich einer hohen Belastung ausgesetzt. Sie tragen eine außerordentliche Verantwortung, kombiniert mit intensivem Stressaufbau im Alltag, und sie leisten dies alles bei relativ niedriger Bezahlung. Das will Rot-Rot-Grün nun ändern.
Wir wollen unbedingt eine höhere Eingruppierung für unsere Erzieherinnen und Erzieher, so wie es auch die Senatorin gefordert hat. Hierbei sind wir, die rot-rotgrüne Koalition, früheren Koalitionen deutlich voraus. Berlin ist das einzige Bundesland, das seine Erzieherinnen und Erzieher nach den schlechten Bedingungen des Tarifvertrags der Länder bezahlt. Die Kommunen zahlen nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes, dem TVöD. Die beiden Stadtstaaten Hamburg und Bremen sind inzwischen eigene Wege gegangen, bei der Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern aus dem TV-L ausgeschert und zahlen dem TVöD entsprechend. Berlin muss nachziehen.
Liebe CDU! Sie hatten unter Rot-Schwarz genug Chancen, etwas zu ändern, aber Sie haben es verschlafen.
R2G ist deutlich früher aufgewacht. Einen Fachkräftemangel haben wir in Berlin schon lange, mindestens seit 2013.
[Danny Freymark (CDU): Es ist dieselbe Senatorin! – Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]
Wenn es im Rahmen der TV-L-Verhandlungen keine guten Lösungen für unsere Erzieherinnen und Erzieher geben sollte, muss auch Berlin einen eigenen Weg gehen, ähnlich Hamburg und Bremen. Dazu haben wir uns als Rot-Rot-Grün verpflichtet, und das ist gut. Der Status quo oder eine kleine Erhöhung von 80 Euro, wie sie bei der letzten TV-L-Runde herausgekommen ist, ist für uns nicht mehr tragbar.
[Heiko Melzer (CDU): Was heißt denn „nicht mehr tragbar“? Was machen Sie denn? Außer gegen sich selbst zu demonstrieren, haben Sie nichts gerissen! – Antje Kapek (GRÜNE): Noch bessere Bezahlung, Herr Melzer!]
Überhaupt ist das Problem der Bezahlung nicht über Zulagen lösbar, denn diese werden nicht auf die Altersvorsorge angerechnet. Damit ist das nächste Problem, die Altersarmut, möglicherweise schon vorprogrammiert. Die Arbeit in der Kita darf nicht zum Armutsrisiko werden, wie eine Kitaleitung uns Grünen neulich klar vor Augen geführt hat. Im Koalitionsvertrag sind kurzfristige Maßnahmen zur neuen Stufenzuordnung formuliert. Das wollen wir jetzt mit höheren Entgelteinstufungen umsetzen, denn die Kitakrise lösen wir nicht mit kleinen Schritten, wir brauchen einen Quantensprung.
Unsere weitere Aufgabe ist es, Hürden in den Beruf abzubauen. Wir Grünen haben folgende Vorschläge: Aus
ländische Fachkräfte könnten nach erfolgreicher Ausbildung bereits in der Kita arbeiten und ihre Sprachprüfung für C1 etwas später im Beruf ablegen. Sie erhalten aber erst nach bestandener Sprachprüfung die staatliche Anerkennung. Das würde sie nicht so unter Stress setzen, wenn sie die Sprachprüfung nicht gleichzeitig mit der Prüfung für Erzieherinnen und Erzieher ablegen müssten. Eine weitere Maßnahme wäre es, die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern so KMK-konform – –
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Heiko Melzer (CDU): Aber nicht besser!]
Wenn Sie bei diesem Problem nur schreien können, tut es mir wirklich leid. Außer dem Antrag, den Sie heute vorlegen, habe ich Ihre Vorschläge bis dato nicht gehört, auch in der vergangenen Legislaturperiode nicht.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Holger Krestel (FDP)]
Eine weitere Maßnahme wäre es, die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern so KMK-konform zu reformieren, dass sie im Sinne des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes, auch Meister-BAföG genannt, föderungsfähig ist. Was andere Bundesländer können, müssen auch wir machen.
Aktuell erleben Erzieherinnen und Erzieher in Ausbildung, dass ihnen zugesagte Förderungen wieder gestrichen werden, sogar wenn sie in der Ausbildung schon weit vorangeschritten sind. – Mit Ihrer Schreierei klauen Sie meine Zeit, aber wir werden es im Ausschuss weiter diskutieren. Unseren nächsten Antrag können Sie schon einmal erwarten.
Der Senat ist aufgefordert, dem Abgeordnetenhaus ein Konzept vorzulegen, in dem geregelt wird, wie Umschulungen durch die Jobcenter und Arbeitsagenturen ge
fördert werden und das dritte Ausbildungsjahr eventuell auch über das Land finanziert werden kann, wenn der Träger es nicht kann. Für alle anderen Personengruppen ist zu überlegen, ob sie nicht in einem Pilotprojekt eine landesseitige Förderung der Lebensunterhaltskosten in Form eines Stipendienmodells erhalten können. So könnten Personengruppen aufgefangen werden, die von keiner anderen Förderung oder Unterstützung profitieren, und ihnen würde so ein Weg in die Ausbildung ermöglicht. Wir müssen auch über die duale Ausbildung sprechen. Das heißt, für Menschen mit MSA einen Anreiz zu schaffen, sich auch auf eine Ausbildung einzulassen. Die Diskussion dazu wird in der Bundesrepublik Deutschland geführt, dem werden wir uns anschließen.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Heiko Melzer (CDU): Tosender Applaus!]
Es gibt viele Engagierte, die gern den Quereinstieg machen würden, das aber nicht in Vollzeit tun können. Deswegen müssen wir auch über Teilzeit nachdenken, die die familiäre Belastung mit den Herausforderungen der Ausbildung in Einklang bringt. Das alles sind Ideen, die wir Grüne in den letzten Monaten in vielen Fachgesprächen entwickelt haben. Die Maßnahmen dazu wollen wir zügig umsetzen. Die Zeit drängt.
Die sarrazinschen Zeiten sind vorbei. Aus der Kitakrise hilft nicht Kleckern, da hilft nur Klotzen und das dauerhaft.
Liebe CDU! Sie tragen eine sichtbare Mitverantwortung an dieser Krise, da können Sie sich nicht herausreden. Wir freuen uns aber über den von Ihnen entwickelten Sieben-Punkte-Plan. Wir sehen darin einen konstruktiven Ansatz und das Bemühen, unsere Arbeit mit konkreten Ideen und Vorschlägen zu unterstützen. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass unsere Erzieherinnen und Erzieher fair bezahlt werden, dass neue Wege bei der Gewinnung von Fachkräften gegangen werden und dass jede Familie einen guten Kitaplatz für ihr Kind finden kann! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der heutigen Aktuellen Stunde befassen wir uns mit der frühkindlichen Bildung und der Notwendigkeit, den Erzieherberuf aufzuwerten, außerdem mit zwei Anträgen. Das ist wichtig. Es ist gut, dass wir angesichts von Tausenden Eltern, die ohne Betreuungsmöglichkeit für ihre kleinen Kinder dastehen und von Ihrer rot-rotgrünen Koalition im Regen stehen gelassen werden, darüber sprechen. Das sieht nicht nur die Mehrheit in diesem Haus so, das sehen auch Tausende Teilnehmer der Demonstration „Kitakrise Berlin“ am vergangenen Samstag so.
[Beifall bei der CDU – Beifall von Sebastian Czaja (FDP) – Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Sie waren nicht da!]
Die Menschen kamen bei dieser Demonstration zusammen, um – so heißt es auf der Internetseite der DemoInitiatoren – zur Bewältigung der Kitakrise „Druck auf die Politik“ auszuüben. Damit ist in schönen Worten ausgedrückt: Rot-Rot-Grün hat versagt, Rot-Rot-Grün versagt, und wenn Sie so weitermachen, auch noch: RotRot-Grün wird versagen.