Protocol of the Session on June 14, 2018

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 28. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ich darf Sie begrüßen. Ich begrüße unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.

Am 12. Juni 2018 hat die Fraktion der CDU einen neuen Vorsitzenden gewählt. Im Namen des Hauses beglückwünsche ich Herrn Abgeordneten Dregger zu seiner Wahl in die neue Funktion.

[Allgemeiner Beifall]

Ich habe nun Geschäftliches zur Tagesordnung mitzuteilen. Am Montag sind folgende sechs Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

− Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Berliner

Arbeitsmarkt im Aufschwung“

− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Nervige

Warterei beim Elterngeld, Unterhaltszuschuss, in der Kfz-Zulassung. Wie passt die Servicewüste zu den vollmundigen Versprechen des Regierenden Bürgermeisters?“

− Antrag der Fraktion Die Linke ebenfalls zum Thema:

„Berliner Arbeitsmarkt im Aufschwung“

− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum

Thema: „Berliner Arbeitsmarkt im Aufschwung“

− Antrag der AfD-Fraktion zum Thema: „Rot-Rot-Grün

scheitert an den eigenen Ansprüchen. Jetzt

Lompschers desaströsen Wohnungsbaubericht aufarbeiten und personelle und inhaltliche Konsequenzen ziehen.“

− Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „R2-Grün

will, dass Partizipation passiert, aber Bürgerbeteiligung wird ignoriert – das widersprüchliche Handeln des Senats Müller II“

Die Fraktionen haben sich auf die Behandlung des Antrags der Fraktion Die Linke „Berliner Arbeitsmarkt im Aufschwung“ verständigt, sodass ich dieses Thema gleich für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufe. Die anderen Anträge auf Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden. Die Fraktionen haben sich außerdem einvernehmlich darauf verständigt, die Reihenfolge der Tagesordnung umzustellen und den Tagesordnungspunkt 14 bereits nach dem Tagesordnungspunkt 10 aufzurufen. – Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Zu Tagesordnungspunkt 19 a der Tagesordnung, Stichwort: Beschlussvorlage des Senats zum Umgang mit dem Volksentscheid „Berlin braucht Tegel“ hat die Fraktion der FDP mit Schreiben vom gestrigen Tage an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses folgenden Geschäftsordnungsantrag gestellt:

1. Der Tagesordnungspunkt 19 a zur Plenarsitzung am Donnerstag, den 14. Juni 2018, ist von der Tagesordnung abzusetzen.

2. Hilfsweise ist die Drucksache 18/1122 bzw. die Drucksache 18/0968 nicht zur Abstimmung zu stellen.

Das Schreiben der FDP mit dem Geschäftsordnungsantrag sowie das Antwortschreiben von mir liegen Ihnen als Tischvorlage vor.

Ich gebe nun zunächst einem Vertreter der Fraktion der FDP zur Begründung des Geschäftsordnungsantrags das Wort. – Herr Kollege Czaja hat das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Fraktion der Freien Demokraten bringt vor Eintritt in die heutige Tagesordnung einen Antrag ein, der sich mit zwei Dingen befasst.

1. Der Tagesordnungspunkt 19 a zur Plenarsitzung am Donnerstag, den 14. Juni 2018, ist von der Tagesordnung abzusetzen.

2. Hilfsweise ist die Drucksache 18/1122 bzw. die Drucksache 18/0968 nicht zur Abstimmung zu stellen.

Sie fragen sich wahrscheinlich: Wieso tun wir das? Wieso tun wir das an dieser Stelle?

[Zurufe von der SPD: Ja! – Zuruf von der LINKEN: Sollten Sie sich fragen! – Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Wir tun das, weil es triftige Gründe gibt, und das will ich Ihnen in sieben Punkten erläutern.

[Zurufe von der SPD – Georg Pazderski (AfD): Können wir nicht mal zuhören?]

Hören Sie wenigstens an der Stelle zu, vielleicht ist es das letzte Momentum an Respekt gegenüber einer Million Berlinerinnen und Berlinern, das Sie ihnen jetzt entgegenbringen können.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Erstens: Mit der Einbringung der Drucksache versucht der Senat offensichtlich, sich aus seiner Handlungspflicht, die ihm aus dem Volksentscheid vom 24. September 2017 entstanden ist, zu befreien.

Zweitens: Dieser Volksentscheid ist für den Senat von Berlin verbindlich. Dies wird sogar durch einen Vermerk des Parlamentarischen Dienstes dieses unseres Hauses deutlich gemacht und bestätigt. Das Gutachten vom Wissenschaftlichen Parlamentsdienst, das der Präsident in Auftrag gegeben hat, kommt zu einer ähnlichen Einschätzung.

Drittens: Die uns heute vorliegende Frage wurde bereits eindeutig entschieden. Berlin hat darüber entschieden, und eine Million Berlinerinnen und Berliner haben gesagt, dass der Flughafen offen bleiben soll, und damit hat die Vorlage hier und die Abstimmung darüber vor allen Dingen nichts in diesem Haus und auf der heutigen Tagesordnung zu suchen.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Beifall von Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU)]

Viertens: Der Souverän dieses Landes hat ein klares und eindeutiges Votum abgegeben, und dem dürfen wir uns als Parlamentarier nicht entgegenstellen. Das dürfen wir nicht, und deshalb gehört dieser Tagesordnungspunkt nicht auf die Tagesordnung von heute.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Fünftens: Der Senat wird nicht nur verpflichtet, ergebnisoffen zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Weiterbetrieb von Tegel möglich wäre, sondern er muss alles Erforderliche tun, um die Verwirklichung des Volksentscheids und die Durchsetzung des Volkes Willen auch entsprechend vorzunehmen. Das passiert damit nicht.

Sechstens: Das von unserer Fraktion beauftragte Gutachten von Herrn Prof. Ziekow macht noch einmal deutlich – und das haben wir gemeinsam diskutiert –, dass der Volksentscheid eine Bindungswirkung hat. Und eben weil er diese Bindungswirkung hat, ist das hier heute der falsche Ort, um über diese Frage zu entscheiden.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Siebentens – der letzte Punkt –: Durch das Aufrufen des Tagesordnungspunktes – was Sie heute tun – und vor allem durch das Abstimmen des Tagesordnungspunktes 19 a ist zu befürchten, dass Sie die Rechte der Träger des Volksentscheids, die sich aus der Bindungswirkung des Volksentscheids ergeben, verletzen. Da rufe ich Sie als Demokraten auf, das an dieser Stelle nicht zu machen und das an dieser Stelle Rot-Rot-Grün auch nicht durchgehen zu lassen. Berlin hat entschieden, und deshalb gehört dieser Punkt nicht auf die Tagesordnung. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Es gibt die Möglichkeit zu einer Gegenrede. Der Kollege Schneider hat gleich das Wort.

Ich mache nur darauf aufmerksam, dass der zitierte Vermerk nicht als ein WPD-Gutachten anzusehen ist.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen heute gemeinsam folgende Fragen beantworten: Erstens: Wie ernst nimmt sich dieses Parlament, und wie seriös gehen wir mit einem berechtigten Anliegen aus der Bevölkerung um? Ich habe den Eindruck, dass wir da unterschiedlicher Auffassung sind.

Zweitens: Wie informieren Sie hier das Parlament? Ich empfehle jedem, die vorliegenden Tischvorlagen zu lesen. Sie haben es hier mündlich gerade wiederholt: Sie zitieren das Haus mit einer Rechtsauffassung, die es gar nicht tätigt. Das finde ich mehr als unter der Gürtellinie. Die Rechtsauffassung des Hauses lautet: Wir können dezidiert heute diesen Punkt aufrufen.

Drittens: Ich frage jetzt mal – wahrscheinlich im Namen des ganzen Hauses –, wie Sie eigentlich dazu kommen, hier in erster Lesung, in mehreren Fachausschüssen einen solchen Punkt zu beraten, Expertenanhörungen durchzuführen, und wenn es dann nach monatelanger Beratung zu einer Beschlussfassung kommt, auf einmal in den Raum zu stellen, wir dürften diese Beratungen gar nicht durchführen. Woher nehmen Sie das Recht für eine solche Selbstbeschneidung?

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Herr Czaja, ich bin auf Ihr Abstimmungsverhalten nicht gespannt. Ich bin gespannt, wie sich die CDU verhält, nämlich zu ihrem parlamentarischen Selbstverständnis und zu ihrem Verfassungsauftrag, die Regierung zu kontrollieren. Denn das steht heute an: Hat die Regierung unserer Auffassung nach im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten genug getan?