Protocol of the Session on April 4, 2019

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[Beifall bei der FDP]

Wir haben früh, nämlich im März 2018, die Landesregierung dazu befragt. Es gibt unterschiedliche Auffassungen: Es gibt die Auffassung des Regierenden Bürgermeisters; die ist in der Anfrage des Kollegen Hansel nachzulesen. Und es gibt die Auffassung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Verkehr, die Sie in der Anfrage von mir im März 2018 nachlesen können. Da steht drin: Die Rosinenbomber dürfen in Berlin nicht landen. Allerdings dürfte die Verkehrsverwaltung das letzte Wort haben. Für die Genehmigung ist die gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg zuständig, und die ist der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz untergeordnet.

Deshalb wäre es nur richtig gewesen, ab dem Zeitpunkt, wo Initiativen und Verbände und die Stadtgesellschaft Druck gemacht und gesagt haben: Diese Erinnerung an die Luftbrücke gehört zur Seele unserer Stadt! –, die entsprechenden Maßnahmen durchzusetzen und aufzusetzen, und das haben Sie schlichtweg versäumt!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei CDU und AfD]

Wenn die Erinnerung an die Luftbrücke zur Seele der Stadt gehört, dann ist es wichtig, nach Lösungen zu suchen, die einfach und nachvollziehbar sind. Wer mir hier heute erklären möchte, dass das nicht möglich ist, der hat sich zu keinem Zeitpunkt ernsthaft mit der Frage auseinandergesetzt. In dieser Stadt kann bei jeder Gelegenheit, bei jeder Notsituation ein Hubschrauber landen, und wir kriegen schnellstmöglich Sicherungsmaßnahmen hin. Wieso nicht Sicherungsmaßnahmen auch für eine temporäre Landung aus historischen Gründen auf dem Tempelhofer Feld ermöglichen? – Ich glaube, dass Berlin dafür wäre. Ich glaube auch, dass „100 Prozent Tempelhofer Feld“ dafür wäre, an einem Tag solch einen symbolischen Wert in der Stadt zu dokumentieren. Also machen wir es doch!

[Vereinzelter Beifall bei der FDP und der AfD]

Ich finde, wir müssen aufhören, ein großes Jubiläum in dieser Stadt kleinzureden und zu sagen: Der Senat tut

alles, der Senat macht alles, wir machen ein buntes Volksfest daraus! – Das wird nicht ausreichen, und das wird dem Jahrestag nicht gerecht. Deshalb ist es auf der einen Seite richtig, wenn die CDU fordert, dass wir mehr als nur eine Landung machen müssen. Aber es ist eben auch richtig zu sagen, dass es eine Landung aus symbolischem und historischem Wert heraus braucht. Es ist schlicht der falsche Ort, darüber nachzudenken, das ausschließlich in Schönhagen zu machen, weil da die Landung nicht hingehört. Deshalb finden beide Anträge unsere Zustimmung, der Antrag der CDU und der Antrag der AfD, weil es für die Stadt das richtige Signal ist.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Bangert. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Noch mal zum Mitschreiben, denn irgendwie wollen Sie es nicht verstehen: Es obliegt nicht politischen Interventionen, ob Rosinenbomber im Rahmen des Fly-in auf dem ehemaligen Flugfeld in Tempelhof landen dürfen oder nicht, sondern es obliegt der Genehmigung der zuständigen Behörde. – Das haben ja zumindest Sie, Herr Czaja, schon erfasst. Es ist die Luftfahrtbehörde, und diese entscheidet allein aufgrund von Sicherheits- und Sachlage, und das ist auch richtig so.

Die Luftfahrtbehörde konnte bisher aber gar nicht entscheiden, weil – Kollege Wolf hat es schon gesagt – kein Antrag vorliegt. Knapp sechs Wochen vor diesem Ereignis liegt noch kein Antrag vor.

[Zurufe von der FDP – Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

Ebenfalls nach heutiger Sicht liegen noch nicht einmal Anträge oder Konzepte für begleitende Veranstaltungen vor, weder für das Brandenburger Tor, wo ein Überflug geplant ist, noch für das Tempelhofer Feld. Es liegt überhaupt rein gar nichts vor.

Schaue ich einmal auf die Homepage der Veranstalter, wird schnell klar, dass nicht einmal der Veranstalter mehr einen Überflug des Brandenburger Tors oder eine Landung auf dem Tempelhofer Feld plant.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Czaja?

(Sebastian Czaja)

Keine Zwischenfragen bitte! – Nichtsdestotrotz sind Luftbrücke und Tempelhof auch 70 Jahre danach noch untrennbar miteinander verbunden und nach wie vor emotional besetzt, wie wir hier gerade erleben dürfen. Dennoch greift es zu kurz, diese Erinnerung lediglich mit einem Reenactment wachhalten zu wollen. Das Erinnern an die Luftbrücke ist nämlich weitaus vielschichtiger, denn außer der Versorgung der Berliner Bevölkerung sicherte die Luftbrücke auch das Überleben von Tausenden jüdischen Männern, Frauen und Kindern nach dem Zweiten Weltkrieg: Nach Kriegsende fanden 10 000 jüdische Geflüchtete aus osteuropäischen Staaten in Berlin Aufnahme, zunächst in Durchgangslagern der jüdischen Gemeinde, dann in Displaced-Persons-Camps der Westalliierten. In der politisch unsicheren Situation der Berlin-Blockade ordnete der Militärgouverneur der USamerikanischen Besatzungszone, General Clay, an, diejenigen, die nicht bleiben wollten, aus West-Berlin auszufliegen. – Damit ist die Luftbrücke also auch verbunden.

Aber auch in der Nachkriegszeit blieb die Situation in West-Berlin angespannt. Deshalb wurde 1953 ein weiteres humanitäres Hilfsprojekt ins Leben gerufen – Sie kennen es vielleicht: die Kinderluftbrücke. Insbesondere Kinder aus Flüchtlingsfamilien wurden mittels einer Luftbrücke in die Bundesrepublik geflogen, um sich bei Gasteltern und in Kinderheimen zu erholen.

Wir haben also vielfältige Gründe, uns adäquat zu erinnern. Es ist aber auch so: Der Kalte Krieg und die Teilung Berlins sind längst überwunden. Aber nach wie vor stehen wir in der Verantwortung, die Erinnerung an diese Zeit wachzuhalten. Das ist vollkommen richtig. Das beinhaltet für uns ein würdiges Gedenken am Luftbrückendenkmal gemeinsam mit denjenigen Menschen aus Frankreich, Großbritannien, den USA, aber auch aus Südafrika, Neuseeland, Kanada, Australien, die vor über 70 Jahren die Versorgung der Stadt gewährleistet haben.

Genau so eine Veranstaltung plant der Senat und wird diese auch durchführen. Wir wissen auch alle, wie wichtig die Arbeit der Zeitzeuginnen und -zeugen und deren Dokumentation in diesem Zusammenhang ist, um ein authentisches Erinnern zu ermöglichen. Aber wir wissen genauso: Erinnern zielt auf Zukunft, und daraus erwächst für uns u. a. die Verantwortung, heute humanitäre Hilfe zu leisten, wo immer sie gebraucht wird, auf vielfältige Weise: in Form von Luftbrücken, Seebrücken und zu Land.

So ist es folgerichtig, dass wir anlässlich des 70. Jahrestags der Luftbrücke im Rahmen des Festes der Luftbrücke – das haben schon viele erwähnt –, das auf dem Tempelhofer Feld stattfinden wird, Menschen und Organisationen Raum geben, die sich in Berlin und weltweit humanitär engagieren.

Gemeinsam mit ihnen – den Berlinerinnen und Berlinern, aber auch mit all jenen Menschen, die vor Krieg, Konflikten, Verfolgung und vor den Folgen des Klimawandels aus ihren Heimatländern zu uns geflohen sind – wollen wir feiern und damit ein starkes Zeichen der Solidarität und Hilfsbereitschaft aussenden. Denn gerade dafür ist die Luftbrücke ein weltweites Symbol. Das nenne ich ein zeitgemäßes Erinnern. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag hat die antragstellende Fraktion die sofortige Abstimmung beantragt. Die Fraktion der CDU hat einen Änderungsantrag eingebracht, der als Tischvorlage verteilt wurde. Zunächst lasse ich über diesen Änderungsantrag auf Drucksache 18/1791-1 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag der CDU-Fraktion zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der CDU, die FDP, die AfD. Die Fraktionslosen sind gerade nicht da. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt

Ich komme damit zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 18/1791 – „70 Jahre Luftbrücke: Rosinenbomber noch einmal auf dem Flughafen Tempelhof landen lassen!“ – Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist sind die Fraktionen der AfD und der FDP. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die CDU-Fraktion. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 3.6:

Priorität der Fraktion der FDP

Tagesordnungspunkt 32

Gleichbehandlung jetzt! – IBB-Darlehen zur Förderung von Wohneigentum für alle Berliner

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/1700

In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP. Das Wort hat Frau Abgeordnete Meister. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, nichts treibt die Berliner im Moment mehr um als das Thema Wohnen und Mieten. Aus meiner Sicht ist es ein wichtiger Aspekt – da sind wir gar nicht weit von Ihnen entfernt –, sich zu überlegen, wie man Mieterinnen und Mieter nachhaltig vor Verdrängung schützt. Wissen

Sie, wie man das machen kann? – Indem man sie, wenn es möglich ist, Eigentümer werden lässt. Darauf weist übrigens unser aller Landesverfassung hin und erklärt – ich darf kurz zitieren:

Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.

Ganz Ähnliches haben Sie völlig überraschend bei der Ausübung der Vorkaufsrechte in der Karl-Marx-Allee versucht; ich sage „versucht“, weil das noch ein ausgesprochen schwieriges und letztlich sehr teures, auch juristisch unsicheres Verfahren wird. Im Prinzip gibt es dabei drei Wege: einmal den Weg, dass der Mieter, wenn es ihm finanziell möglich ist, die Wohnung selber kauft und finanziert, oder – das ist der zweite Weg – dass der Mieter eine Unterstützung über ein sehr günstiges IBBDarlehen mit wenigen Prüfkriterien erhält, oder – das ist der dritte Weg – dass der Mieter die Wohnung im gestreckten Erwerb kauft und sofort wieder Mieter wird, was juristisch ausgesprochen heikel ist und letztlich viel Geld kosten wird. – Darüber will ich aber gar nicht reden, sondern darüber, was bei der Karl-Marx-Allee der zweite, der mittlere Weg gewesen ist, nämlich die Zurverfügungstellung eines IBB-Darlehens.

[Beifall bei der FDP]

Immer wieder gibt es die Möglichkeit, dass Mieterinnen und Mieter die Chance erhalten, ihre eigene Wohnung zu kaufen. Allerdings ist es selten so, dass man das langfristig planen konnte, um schon das nötige Eigenkapital anzusparen. Daher möchten wir, dass dieser Sonderweg des IBB-Darlehens nicht nur den Bewohnern und Bewohnerinnen in der Karl-Marx-Allee zugutekommt, sondern allen Berlinern und Berlinerinnen, die in dieser Situation sind.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum nur Mieter und Mieterinnen einer ganz bestimmten Adresse an dieses Darlehen kommen. Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Schmidberger?

[Heiterkeit]

Es soll ja Spaß machen heute, also ja!

Frau Schmidberger! Sie haben das Wort.

Vielen Dank! – Werte Kollegin! Ich habe eine Frage, und zwar würde ich gerne wissen, wie viele Berlinerinnen und Berliner nach Ihrem Konzept in den Genuss einer solchen Förderung kommen sollen.

[Zurufe von rechts: Alle!]

Welche Kriterien legen Sie dabei an? – Sprich, jeder Gutverdiener soll diese Förderung auch bekommen?

Es überrascht mich jetzt, dass Sie von den Mietern und Mieterinnen in der Karl-Marx-Allee als von Gutverdienern reden.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Das habe ich nicht gesagt!]