Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 40. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ich begrüße Sie, unsere Gäste, Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien sehr herzlich.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben.
Ich habe die traurige Pflicht, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass der Berliner Ehrenbürger und ehemalige sowjetische Kosmonaut Waleri Bykowski am 27. März im Alter von 84 Jahren gestorben ist. Waleri Bykowski war vor allem in der DDR sehr populär.
Seinen dritten Flug ins All führte Bykowski im Rahmen des Interkosmos-Programms durch, das Piloten aus befreundeten Nationen die Gelegenheit gab, an Bord der sowjetischen Raumschiffe mitzufliegen. Am 26. August 1978 startete Waleri Bykowski zusammen mit dem deutschen Raumfahrer Sigmund Jähn in der Mission Sojus 31 zur Raumstation Saljut 6, wo sie die dortige Stammbesatzung besuchten. Nach einer Woche Aufenthalt im erdnahen Raum kehrten Bykowski und Jähn mit Sojus 29 zur Erde zurück. Es war ein Jahrhundertereignis für die damalige DDR, aber auch für viele Deutsche, dass ein deutscher und ein sowjetischer Kosmonaut gemeinsam ins All starteten. Vor allen Dingen die jungen Menschen waren damals fasziniert, woraus sich eine tiefe Technikgläubigkeit entwickelte.
Nach seinem Abschied als Kosmonaut im Jahr 1982 war Waleri Bykowski als Testingenieur im Weltraumprogramm der Sowjetunion wissenschaftlich tätig. Von 1988 bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1990 leitete er dann das Haus der sowjetischen Wissenschaften und Kultur in Berlin. Diese Aufgabe spiegelte sicher auch seine Verbundenheit mit dieser Stadt wider. Anschließend kehrte er in seine Heimat zurück und lebte im sogenannten Sternenstädtchen.
Waleri Bykowski wurde neben vielen Auszeichnungen auch die Berliner Ehrenbürgerwürde verliehen. Unsere Anteilnahme gilt der Familie von Waleri Bykowski.
Ich habe wieder Geschäftliches mitzuteilen: Der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 18/0094 „Funktionierende Stadt: Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheid“,
erste Lesung, wurde in der 5. Sitzung am 26. Januar 2017 federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation sowie an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung überwiesen. Dieser Antrag wurde von der antragstellenden Fraktion nunmehr zurückgezogen.
„gesunder Menschenverstand“ ist noch im Senat und der Koalition, Herr Müller? „So geht es nicht mehr weiter!“
für alle Berliner sichern – endlich vernünftige Maßnahmen ergreifen, statt den R2G-Kampf gegen das Auto fortzuführen
Die Fraktionen haben sich auf das Thema der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verständigt. Somit werde ich dieses Thema gleich für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen, und zwar in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 31. Das ist die Mitteilung des Senats – zur Kenntnisnahme – auf Drucksache 18/1754 mit dem gleichlautenden Betreff „Gegen jeden Antisemitismus! – Jüdisches Leben in Berlin schützen“. Die anderen Anträge auf Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Ich verweise sodann auf die Ihnen vorliegende Dringlichkeitsliste. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die dort verzeichneten Vorgänge als Tagessordnungspunkte 7 und 25 bis 28 in der heutigen Sitzung zu behandeln. Ich gehe davon aus, dass den zuvor genannten Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. – Widerspruch zur Dringlichkeitsliste höre ich nicht. Dann ist die Tagesordnung einvernehmlich so beschlossen.
Auf die Ihnen vorliegende Konsensliste darf ich ebenfalls hinweisen – und stelle fest, dass dazu kein Widerspruch erfolgt. Damit ist auch die Konsensliste so angenommen.
Schließlich darf ich Ihnen noch die Entschuldigungen von Senatsmitgliedern mitteilen: Frau Senatorin Günther ist wegen der Verkehrsministerkonferenz in Saarbrücken abwesend. Der Herr Regierender Bürgermeister muss gegen 18.30 Uhr zu einer Dienstreise nach Montevideo zum Jahrestreffen des Städtenetzwerkes „Metropolis“ aufbrechen.
Für die gemeinsame Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung. In der Runde der Fraktionen beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Herr Kollege Walter hat das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ – diese Zeile aus dem Gedicht „Todesfuge“
des von den Nationalsozialisten verfolgten Lyrikers Paul Celan wurde 1990 Titel eines Dokumentarfilms. Die Journalistin Lea Rosh und der Historiker Eberhard Jäckel bereisten Europa in seiner gesamten Ausstreckung und dokumentierten die Stimmen der Überlebenden der Shoah. Mit diesem Film wurde einem großen deutschen Publikum erstmalig das Ausmaß der Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden vor Augen geführt, die geplante Auslöschung der jüdischen Kultur und des jüdischen Lebens eines nahezu kompletten Kontinents mit über sechs Millionen Opfern – „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“.
Warum erzähle ich hier davon? – Weil wir in dem Erinnern an die Shoah nie vergessen dürfen, dass dieses un
vorstellbare Grauen maßgeblich in unserer Stadt vom Schreibtisch aus beschlossen, geplant und befehligt wurde. Das sogenannte Reichssicherheitshauptamt als Vernichtungsapparat der NS-Terrorherrschaft befand sich bekanntermaßen keine 150 Meter Luftlinie von hier entfernt.
Wenn wir heute über das Berliner Landeskonzept zur Weiterentwicklung der Antisemitismusprävention beraten, dann geschieht dies vor diesem geschichtlichen Horizont und in vollem Bewusstsein unserer historischen Verantwortung. Es gilt: Nie wieder!
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LINKEN, der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]
Es ist der antifaschistische Konsens aller Demokratinnen und Demokraten, an den Holocaust zu erinnern, der Opfer zu gedenken, sich entschieden gegen jede Relativierung des NS-Terrors zu stellen und entschlossen jeder Form des Antisemitismus den Kampf anzusagen. Und um das klarzustellen: egal, von wem der Antisemitismus kommt, und egal, aus welchen Ideologien er sich speist – egal, ob klassischer, sekundärer oder ob israelbezogener Antisemitismus.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der LINKEN und der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Oder Muslime!]
Umso unerträglicher ist es für alle Demokratinnen und Demokraten, dass jüdische Einrichtungen in unserer Stadt noch immer geschützt werden müssen, dass Schülerinnen und Schüler aufgrund antisemitischer Attacken die Schule wechseln, dass Jüdinnen und Juden in unserer Stadt auf offener Straße oder in der Anonymität des Internets bedroht, beleidigt und attackiert werden, dass antisemitische Einstellungen jedweder Art noch immer durchgängig in der ganzen Gesellschaft verbreitet sind.