Protocol of the Session on February 16, 2017

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 6. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.

Ich habe zunächst drei Mandatsänderungen in der Fraktion Die Linke bekanntzugeben: Herr Philipp Bertram ist für Frau Katrin Lompscher nachgerückt. – Herzlich willkommen!

[Allgemeiner Beifall]

Frau Gabriele Gottwald ist für Frau Elke Breitenbach nachgerückt. – Auch an Sie ein herzliches Willkommen!

[Allgemeiner Beifall]

Herr Dr. Michail Nelken ist für Herrn Dr. Klaus Lederer nachgerückt. – Herr Nelken, Sie sind uns noch aus vergangenen Zeiten bekannt. Herzlich willkommen!

[Allgemeiner Beifall]

Ich habe dann noch Geschäftliches mitzuteilen. Am Montag sind folgende sechs Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

− Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Ein starkes Stadtwerk für den Klimaschutz“

− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Dauerstau statt Straßenbau. Mit rot-rot-grüner Verkehrsideologie in den Stillstand Berlins.“

− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Ein starkes Stadtwerk für den Klimaschutz“

− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Ein starkes Stadtwerk für den Klimaschutz“

− Antrag der AfD-Fraktion zum Thema: „Kein Abschiebestopp in Berlin. Berlin muss seinen Beitrag im Bund hierzu leisten!“

− Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Spezialdemokratische Bildungspolitik in Berlin – Wenn Schulgebäude und Bildungsniveau um die Wette bröckeln“

[Unruhe]

Es wäre nett, wenn hier ein bisschen mehr Ruhe einkehren würde. – Die Fraktionen haben sich auf die Behandlung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Ein starkes Stadtwerk für den Klimaschutz“ verständigt, sodass ich dieses Thema gleich für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufe, und zwar in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 6.

Ich möchte Sie auf die Ihnen vorliegende Dringlichkeitsliste mit dem Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass den Vorgängen, die auf der Liste der Dringlichkeiten verzeichnet sind, die dringliche

Behandlung auch zugebilligt wird. – Ich höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Auf die Ihnen vorliegende Konsensliste darf ich ebenfalls hinweisen. – Ich stelle fest, dass dazu kein Widerspruch erfolgt. Die Konsensliste ist damit so angenommen.

Entschuldigungen von Senatsmitglieder für die sechste Sitzung: Herr Senator Kollatz-Ahnen ist ganztätig abwesend. Der Grund ist die Teilnahme an der zweiten Runde der Tarifverhandlungen für die Landesbeschäftigten im öffentlichen Dienst. Kurzfristig ist jetzt die Entschuldigung von Frau Senatorin Günther, die erkrankt ist. – Wir wünschen gute Besserung!

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Aktuelle Stunde

gemäß § 52 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

„Ein starkes Stadtwerk für den Klimaschutz“

(auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

in Verbindung mit

lfd. Nr. 6:

Gesetz zur Änderung des Berliner BetriebeGesetzes (BerlBG)

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis90/Die Grünen Drucksache 18/0116

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung zum Gesetzesantrag. Ich habe den Gesetzesantrag vorab an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie an den Hauptausschuss überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen. Für die Besprechung der Aktuellen Stunde und die Beratung des Tagesordnungspunkts 6 steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte, Herr Dr. Taschner, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die rot-rot-grüne Koalition hat sich viel vorgenommen in Sachen Klimaschutz und Energiewende. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag nicht nur eine ganze Reihe von wirklich sinnvollen Maßnahmen aufgeschrieben, nein, wir machen uns auch gleich an die Umsetzung. Wir liefern, und wir liefern schnell, denn der Klimaschutz lässt einfach keine weiteren verlorenen Jahre zu, und in Sachen Energiewende wollen wir den gesellschaftlichen Schwung der letzten Jahre aufnehmen und weiter an

Fahrt gewinnen. In diesem Sinn liefert die Koalition heute den ersten wichtigen Baustein dazu.

Mit der vorliegenden Änderung des Betriebe-Gesetzes entfesseln wir die Stadtwerke.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Wir entwickeln sie weiter zu einem echten Treiber der Energiewende hier in Berlin, zu einem aktiven Akteur für den Klimaschutz und zu einem Energieversorger, der die Interessen der Berlinerinnen und Berliner im Auge hat.

Leider drehte sich viel zu häufig in den letzten Tagen die Diskussion über die entfesselten Stadtwerke um das Thema Vertrieb. Wer ein Stadtwerk aber nur darauf reduziert, zu welchem Preis er als soundsovielter Anbieter am Markt Strom verkauft, dem kann ich nur sagen, der hat die Diskussion über das Stadtwerk der Moderne, der Zukunft aber richtig gründlich verschlafen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Wir wollen ein Stadtwerk, wir wollen Berliner Stadtwerke, die mehr machen als ein traditionelles Stadtwerk, die nicht nur auf Produktion, Vertrieb und Netzbetrieb setzen. Wir wollen ein echtes Stadtwerk 2.0.

Natürlich wollen wir auch möglichst vielen Berlinerinnen und Berlinern die Möglichkeit eröffnen, Strom von ihren Berliner Stadtwerken zu beziehen. Und diese dann gelieferte Energie wird hier erzeugt sein, in Berlin und in der Region, sie wird hier die Wertschöpfung generiert haben, und die Gewinne werden auch wieder hier reinvestiert werden. Dieser Strom ist dann nicht nur erneuerbar, sondern er wird zu einem attraktiven Preis angeboten. Schon jetzt haben die Berliner Stadtwerke rund 2 500 Haushalte mit ihrem Strom versorgt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wow!]

Dieser Strom ist günstiger als der Grundversorgertarif von Vattenfall, in dem immer noch 75 Prozent der Haushalte ihren Strom beziehen.

Indem wir dieses unsinnige Handelsverbot aus dem jetzigen Betriebe-Gesetz streichen, ermöglichen wir mehr und mehr Berliner Haushalten, auch weiter von diesem Preisvorteil zu profitieren.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Natürlich wollen wir, dass der Strom, den die Berliner Stadtwerke anbieten, zu einem größtmöglichen Anteil aus den eigenen Erzeugungsanlagen kommt. Ja, und auch die Berliner Stadtwerke gehen da schon einen Weg voran. Sie nutzen das Potenzial in Berlin nicht nur durch Solaranlagen, zum Beispiel auf Berufsschulen, nein, sie gehen vor allem auch neue und innovative Wege. Genannt sei hier zum Beispiel das Windrail-Projekt in Spandau. Dort

wird zum Beispiel der Aufwind an der Gebäudefassade genutzt. Am Dach befindet sich ein Kasten mit einer Windturbine. Das ist moderne Windenergienutzung in der Stadt – und nicht die Windräder, wie wir sie kennen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Mit solchen Projekten stellen sich die Berliner Stadtwerke aber auch einer ganz besonderen Herausforderung. Wir können einfach nicht hinnehmen, dass die Produktion erneuerbarer Energien nur auf den ländlichen Raum beschränkt bleibt. Nein, die Städte stehen in der Pflicht, Berlin steht in der Pflicht, sein Potenzial zu nutzen. Mit Projekten wie dem Windrail-Projekt zeigen die Stadtwerke schon heute, dass so etwas möglich ist, und das gilt es weiter zu verfolgen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Bei den umzusetzenden Projekten wollen wir natürlich auch das Thema Bürgerbeteiligung groß schreiben. Natürlich sollen möglichst viele Berlinerinnen und Berliner von dem wirtschaftlichen Erfolg ihrer Stadtwerke profitieren können. Dabei werden wir eine Reihe von unterschiedlichen Wegen gehen, die auch eine finanzielle Teilhabe ermöglichen.