Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 63. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ich begrüße Sie, unsere Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen, Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreterinnen und Medienvertreter sehr herzlich.
Der Kollegin Karin Halsch von der Fraktion der SPD darf ich zunächst zum heutigen Geburtstag gratulieren. – Herzlichen Glückwunsch! Alles Gute!
Zum Ablauf der Plenarsitzung darf ich darauf hinweisen, dass, wie bei den letzten Malen, nach etwa sechs Stunden eine halbstündige Sitzungsunterbrechung zum Lüften vorgesehen ist.
Als Geschäftliches habe ich mitzuteilen, dass der Antrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 18/2961 „Führerscheinpflicht für alle Radfahrer“, vorgesehen als heutiger Tagesordnungspunkt 23, von der antragstellenden Fraktion zurückgezogen wurde.
anstalter geben ihr letztes Hemd und der Senat ihnen den Gnadenstoß – wir müssen aufhören, Bestürzung zu spielen und endlich handeln! Kultur- und Veranstaltungsbranche brauchen endlich Perspektiven!“
Die Fraktionen haben sich auf das Thema der Fraktion Die Linke „Berlins Kultur sicher durch die Krise bringen“ verständigt. Somit werde ich gleich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen, und zwar in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 18/2970 „Endlich wieder mehr Kultur wagen – Theater und Konzertsäle verantwortungsbewusst auslasten“. Die
Sodann verweise ich auf die Ihnen zur Verfügung gestellte Dringlichkeitsliste. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die dort verzeichneten Vorgänge unter den Tagesordnungspunkten 3, 6, 6 A, 16 bis 18 sowie 35 A und 35 B in der heutigen Sitzung zu behandeln. Ich gehe davon aus, dass diesen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so. Damit ist auch die dringliche Behandlung dieser Vorgänge beschlossen. Damit ist auch unsere Tagesordnung für den heutigen Tag so beschlossen.
Auf die Ihnen zur Verfügung gestellte Konsensliste darf ich ebenfalls hinweisen – und stelle fest, dass dazu kein Widerspruch erfolgt. Auch die Konsensliste ist damit so angenommen.
Ich darf noch darauf hinweisen, dass Frau Senatorin Scheeres und ihre Staatssekretärinnen heute gesundheitsbedingt entschuldigt sind.
Für die gemeinsame Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung. In der Liste der Fraktionen beginnt die Fraktion Die Linke. – Frau Kollegin Helm, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zweifelsohne eine äußerst unglückliche Fügung, dass sowohl das Coronavirus als auch die Kulturlandschaft auf Veranstaltungen mit Menschenansammlungen angewiesen sind. Nur dort, wo viele Menschen zusammenkommen, findet die massenhafte Verbreitung des Virus statt. Viele Menschen möchte aber auch die Kultur
erreichen, sei es in Opern, Theatern, Konzertsälen, Museen, Kinos oder Clubs, und daher ist ausgerechnet die Kulturbranche, welche die DNA dieser bunten, lebendigen und vielfältigen Stadt so wesentlich prägt wie kaum eine zweite, durch diese Coronakrise betroffen.
Öffentlich geförderte Kulturinstitutionen sind durch Einnahmeausfälle aufgrund ausgefallener Veranstaltungen betroffen. Ihre Spielzeit 2019/2020 endete Anfang März. Die Folgen für ihre Wirtschafspläne und für den Landeshaushalt werden erst gegen Ende des Jahres genau zu beziffern sein, wobei natürlich auch der nun vorsichtig wieder aufgenommene Spielbetrieb unter Coronabedingungen längst nicht die für die zweite Jahreshälfte veranschlagten Zahlen erreichen wird. Private Kulturinstitutionen und selbstständige Kunstschaffende leiden aber besonders unter dem Wegbrechen ihrer Arbeitsmöglichkeiten und sind im letzten halben Jahr unverschuldet in existenzbedrohliche Situationen geraten. Hier konnte die Berliner Politik nicht tatenlos zusehen, hat auch nicht tatenlos zugesehen, sondern schneller als jedes andere Bundesland bereits im März mit den Soforthilfeprogrammen I und II unbürokratisch Unterstützung für Soloselbstständige und Kleinstunternehmen bis zu zehn Beschäftigten geleistet.
Mit der Soforthilfe IV folgten dann im Mail private Institutionen und Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten, sofern sie sich in Liquiditätsschwierigkeiten befanden. Hier profitierten Kabaretts ebenso wie Kinos, Veranstaltungsorte der freien Szene, aber auch die Urania. Die Fortsetzung 2.0 der Soforthilfe IV ist gerade in der Bewilligung, und weitere Schritte werden folgen.
Auch auf Bundesebene lässt die Politik die Kultur nicht im Stich. Unter dem Titel „Neustart Kultur“ wurde ein Rettungspaket in Höhe von einer Milliarde Euro für den Bereich Kultur und Medien beschlossen, aus dem pandemiebedingte Investitionen und die Stärkung der Kulturinfrastruktur sowie digitale Angebote finanziert werden können. Das gilt für Museen ebenso wie für Bibliotheken, für Theater wie auch für Musik und Tanz, und sogar Musikclubs werden explizit genannt.
Erst gestern wurde im Europäischen Parlament beantragt, dass mindestens 2 Prozent des European Recovery Fund in die Kultur fließen sollen, was nicht viel klingt, aber bei 750 Milliarden Euro Fondsvolumen schon eine beachtliche Summe darstellt.
Natürlich ist allen Beteiligten klar, dass allein finanzielle Hilfen nicht reichen, um Berlins Kultur sicher durch die Krise zu bringen. Weder kann der Staat – sei es nun das Land Berlin, der Bund oder die EU – dauerhaft alle Einnahmeausfälle kompensieren, noch kann die Kultur längere Zeit ohne ihr Publikum leben. Veranstaltungen kön
nen nicht auf Dauer durch Streaming und andere digitale Angebote ersetzt werden, auch wenn die vergangenen Monate hier einiges an Möglichkeiten offenbart haben.
Jedoch ist leider auch klar: In diesen Zeiten macht man es sich zu leicht, wenn man fordert, die Schutz- und Hygienevorschriften schnellstmöglich wieder zu lockern und auf ein Minimum zu reduzieren. Manche mögen den Politikstil eines Boris Johnson oder Donald Trump mutig nennen. Ich nenne ihn naiv und verheerend, was die Infiziertenzahlen und Todeszahlen in den betreffenden Ländern ja auch auf traurige Weise zeigen.