Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 80. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ich darf Sie, unsere Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen, unsere Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreterinnen und Medienvertreter sehr herzlich begrüßen.
Der Kollegin Franziska Leschewitz von der Fraktion Die Linke darf ich zum heutigen Geburtstag gratulieren. – Herzlichen Glückwunsch!
Darüber hinaus darf ich als Geschäftliches mitteilen: Am Montag sind folgende sechs Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:
Herr Czaja und andere! Ich möchte nur ungern stören, aber trotzdem die Plenarsitzung durchführen. – Danke schön!
nest du nur oder wohnst du bald? Fusionsplan von Vonovia und Deutsche Wohnen als Chance für die Mieter nutzen“
eine neue Gründerzeit: Die Berliner Wirtschaft braucht einen Neustart, um nach Corona wieder in Schwung zu kommen!“
Die Fraktionen haben sich auf das Thema der AfDFraktion „Wir brauchen eine neue Gründerzeit: Die Berliner Wirtschaft braucht einen Neustart, um nach Corona wieder in Schwung zu kommen!“ verständigt. Somit werde ich gleich dieses Thema unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen, und zwar in Verbindung mit dem vorgesehenen Tagesordnungspunkt 29, Antrag der AfDFraktion, Drucksache 18/3704 „Wir brauchen einen „Blue Deal“ für die Berliner Wirtschaft I – Gewerbeflächenkataster transparent und unbürokratisch öffentlich machen!“. Die anderen Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Sodann verweise ich auf die Ihnen zur Verfügung gestellte Dringlichkeitsliste. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die dort verzeichneten Vorgänge unter den Tagesordnungspunkten 4, 6 A, 20 bis 23, 24 A bis 24 C sowie 38 A bis 38 C in der heutigen Sitzung zu behandeln. Ergänzend verweise ich auf den bei der Erstellung der Dringlichkeitsliste noch nicht, aber Ihnen nunmehr als Tischvorlage vorliegenden dringlichen Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 18/3783, „Keine weitere Verschwendung zulasten der Steuerzahler! Keine weiteren privaten, nichtärztlich geführten Corona-Testzentren!“. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, diesen Vorgang heute als Tagesordnungspunkt 38 D zu behandeln. Ich gehe davon aus, dass den zuvor genannten Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. – Widerspruch zur Dringlichkeitsliste höre ich nicht. Dann ist die dringliche Behandlung dieser Vorgänge beschlossen.
Zum vorgesehenen Tagesordnungspunkt 6 A: Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP, Drucksache 18/3779, „Gesetz zur Änderung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesabgeordnetengesetzes“ darf ich festhalten, dass die Dringlichkeit einvernehmlich beschlossen wurde, sodass die nach unserer Geschäftsordnung erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Abgeordnetenhauses vorliegt.
Auf die Ihnen zur Verfügung gestellte Konsensliste darf ich ebenfalls hinweisen und stelle fest, dass dazu kein Widerspruch erfolgt. Die Konsensliste ist damit ebenfalls angenommen.
Zum Ablauf der Plenarsitzung: Die Fraktionen haben sich erneut auf eine aus Gründen des Infektionsschutzes verkürzte Sitzung verständigt. Nach der Aktuellen Stunde, der Fragestunde und den Prioritäten erfolgt auf Antrag aller Fraktionen eine weitere Rederunde zu den Vorgängen mit Bezug zur Coronapandemie. Dazu ist vorgesehen, den Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Betriebe, Drucksache 18/3738, zum Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 18/3604, „Kurswechsel bei den Coronaeindämmungsmaßnahmen – Außengastronomie öffnen!“ vorzuziehen und mit folgenden Tagesordnungspunkten zu verbinden: Tagesordnungspunkt 19, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz, Drucksache 18/3740, zum Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/2638, „Anpassungen aus der Coronakrise – bürokratische Hürden für die Infrastruktur abbauen“; Tagesordnungspunkt 24 A: Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Abs. 3 der Verfassung von Berlin, Drucksache 18/3775, „Elfte Verordnung zur Änderung der Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung“; Tagesordnungspunkt 24 B: Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Ab. 3 der Verfassung von Berlin und § 3 des
Drucksache 38/3776, „Fünfte Verordnung zur Änderung der Zweiten Pflegemaßnahmen-Covid-19-Verordnung“; Tagesordnungspunkt 24 C: Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Abs. 3 der Verfassung von Berlin und § 3 Satz 1 des Berliner COVID-19-Parlamentsbeteiligungsgesetzes, Drucksache 18/3777, „Achte Verordnung zur Änderung der Zweiten SARS-CoV-II-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung“; Tagesordnungspunkt
38 C: Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/3782, „Änderung der Achten Verordnung zur Änderung der Zweiten SARS-CoV-II-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung“; Tagesordnungspunkt 38 D:
Dringlicher Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 18/3783, „Keine weitere Verschwendung zulasten der Steuerzahler! Keine weiteren privaten, nichtärztlich geführten Corona-Testzentren!“. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Unsere heutige Tagesordnung ist damit so beschlossen. Die übrigen Tagesordnungspunkte werden nur geschäftlich behandelt.
Ich komme zu den Entschuldigungen des Senats: Herr Senator Dr. Lederer ist heute gesundheitsbedingt nicht anwesend.
Schließlich weise ich noch darauf hin, dass wieder zumindest eine Sitzungsunterbrechung zum Lüften erfolgen wird.
Wir brauchen eine neue Gründerzeit: Die Berliner Wirtschaft braucht einen Neustart, um nach Corona wieder in Schwung zu kommen!
Wir brauchen einen „Blue Deal“ für die Berliner Wirtschaft I – Gewerbeflächenkataster transparent und unbürokratisch öffentlich machen!
Für die gemeinsame Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung. In der Runde der Fraktionen beginnt die AfDFraktion. – Der Abgeordnete Hansel hat das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Jetzt, da wir etwas Licht am Ende des Tunnels sehen, müssen wir uns darüber unterhalten, wie wir nach dieser Coronazäsur mit den wirtschaftlichen Folgen, mit Insolvenzen und kaputtgegangenen Betrieben in Gastronomie und Hotellerie in Berlin weitermachen wollen. „Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts.“ – so Ludwig Ehrhard. So ist die Frage, wie wir in Berlin Wirtschaft verstehen und wie wir sie gestalten, die Schlüsselfrage des zukünftigen Wohlstands in unserer Stadt. Mit Mut zur Wahrheit müssen wir feststellen: Mit Kleinkariertheit und Anspruchslosigkeit muss Schluss sein.
Seit langem haben sich Berliner Landesregierungen damit abgefunden, dass andere erfolgreichere Bundesländer der Hauptstadt den Rang ablaufen und unseren Landeshaushalt mitfinanzieren. Seit langem sind die Unzulänglichkeiten der Berliner Verwaltung bekannt, ohne dass im Ergebnis viel passiert wäre. Ich erinnere nur an das doch eher schwache und unzulängliche Verwaltungsreförmchen im Ergebnis der Alt-Kommission. Wieder eine verpasste Chance im 100. Jubiläumsjahr von Groß-Berlin auf eine echte Verwaltungs- und Verfassungsreform hin zu einer deutlich verbesserten Steuerungsfähigkeit Berlins und seiner Bezirke.
Selbstzufriedenheit auf niedrigem Niveau, so läuft das in Berlin. Ja, ich weiß schon, wie die Wirtschaftssenatorin sich gleich hier wieder hinstellen und sagen wird: Es ist alles halb so schlimm. Berlin ist in den letzten Jahren schneller gewachsen als der Bundesdurchschnitt. – Ja, klar, wenn man sieht, von welchem Boden wir da rauskommen, ist es kein Wunder. Es wäre ja auch noch schöner, wenn wir auf diesem mittleren Niveau unterhalb dieser Schwelle noch weiterwursteln würden. Aber richtig bleibt, und das können Sie nicht wegdiskutieren, Frau Pop: Berlin belastet die Republik und bringt sie nicht nach vorne wie andere Hauptstädte das tun wie Athen, London oder Paris. Und nein, auch das Teilungsgeschichtsnarrativ trägt irgendwann nicht mehr. Was wir brauchen, ist ein wirtschaftlicher Aufbruch, aber vor allem ein Aufbruch in den Köpfen, damit Berlin im Vergleich der Metropolen der Welt wieder vorne mitmischen kann. Wir brauchen eine neue Gründerzeit. Die AfDFraktion in der Hauptstadt will sich mit Kleinkariertheit und Anspruchslosigkeit nicht länger abfinden. Berlin verdient mehr. Berlin wird unter Wert regiert. Berlin kann mehr.
Deshalb schlagen wir einen „Blue Deal 2030“ vor. Wir müssen Berlin als ein Unternehmen begreifen, für das wir einen Businessplan brauchen, ein Berlin, das sich an den
erfolgreichen Städten der Welt orientiert, nach vorne blickt im Wissen, wo wir schon einmal waren und woran wir anknüpfen können. Singapur ist ein Beispiel für Berlin, ja, vielleicht ein unerhörtes Beispiel. Wenn man aber 30 Jahre zurückschaut, dann sieht man in dieser Stadt Singapur, was machbar ist, wenn man es denkbar macht. Singapur macht deutlich, wenn eine Metropole auf moderne Industrien mit hoher Wertschöpfung setzt, Schulen und Universitäten international wettbewerbsfähig ausrichtet, für eine exzellente Infrastruktur sorgt und sicherstellt, dass die Verwaltung effizient ist und Investoren berät, statt sie zu vergraulen, dann profitieren alle Bürger davon.
Natürlich wissen wir, dass die Umsetzung des von uns geforderten „Blue Deals 2030“ ambitioniert ist, aber einfach so weitermachen wie bisher, das kann es nicht sein. Darum setzen wir nicht länger auf das Machbare, das unter den gegenwärtigen Bedingungen in Berlin ohnehin sehr wenig wäre, sondern auf das Wünschenswerte. Um zu können, muss man wollen, und das fängt in den Köpfen an.