Ich bin ganz dankbar, dass sich der eine oder andere eben nicht nur mit den Wertungen der Koalitionsfraktionen auseinandersetzt – da stelle ich zumindest partiellen Realitätsverlust fest –, sondern auch mit den Inhalten der sehr ausführlichen Sondervoten von CDU und FDP, bei der AfD weiß ich nicht, wo sie im Ausschuss war, aber jedenfalls war das Sondervotum nicht sonderlich ergiebig. Dass wir aber diese beiden Sondervoten haben, eröffnet uns einige tiefere Einblicke.
Sie haben es eben schon gesagt und ein Stück weit vorweggenommen. Ja, wir sehen diesen ganzen Fall etwas anders als Sie. Natürlich ist die Erzählung der Geschichte der DIESE eG eine Geschichte von politischen Seilschaften. Da müssen wir uns nur die näher Beteiligten, auf die Sie jetzt gar nicht näher eingegangen sind, anschauen, ob es um Herrn Landwehr geht, der an allen Seiten des Tisches gesessen hat, mal bei der GLS Bank, mal im Beurteilungsgremium zur Genossenschaftsförderung, dann auf der Seite der Genossenschaft Forum Kreuzberg, auf der Seite der DIESE eG. Irgendwie begegnet man ihm an allen Seiten dieses Themenkomplexes. Immer mit im Spiel ist auch Florian Schmidt, dessen Praktiken Sie jetzt zumindest mit leisem Fragezeichen versehen lassen. Ich vermute, mehr lässt die Koalitionsdisziplin nicht zu. Ich komme gleich noch ein wenig ausführlicher zu seinem Politikverständnis, das uns einiges dazu verrät, wie RotRot-Grün insgesamt mit Macht und Verantwortung in dieser Stadt umgeht.
Es geht aber nicht nur um politische Seilschaften insbesondere im linken und grünen Spektrum unserer Stadt. Es geht um den Missbrauch von Macht und Recht und ja, bis in höchste Kreise des Senats. Ehrlicherweise wüsste ich nicht, wie ich all die Beteiligten sonst beschreiben sollte. Der damalige Staatssekretär, auf dessen Weisungen hin geradezu alles passend gemacht wurde, was von wirtschaftlicher und rechtlicher Seite kaum passend zu machen war, um die DIESE eG fördern zu können, ist heute Stadtentwicklungssenator.
Das ist schon relativ hoch angesiedelt im Senat. Wahrscheinlich wünscht er sich noch ein bisschen mehr, aber es geht auch nicht viel weiter. Finanzsenator Kollatz war von Beginn an involviert, übrigens bis hinein in kleinste Gesprächsrunden. Senatorin Ahnungslos, Frau Senatorin Pop, war involviert. Auch für sie gilt, dass sie sich überhaupt nicht darum gekümmert hat, was die Investitionsbank Berlin, unsere Bank, diejenigen, die für uns treuhänderisch das Vermögen des Steuerzahlers des Landes Berlin verwaltet, für Warnsignale gegeben hat, als es um die Förderung der DIESE eG ging. Die zuständige Verwaltungsratsvorsitzende, Wirtschaftssenatorin Pop, wollte von alldem nichts gelesen, nichts gehört, nichts gesehen haben.
Damit geht es für mich um hohe Kreise des Senats und auch nicht nur um eine Affäre, die mit dem Namen Florian Schmidt zu verbinden ist. Es geht nicht nur um den Bezirk Friedrichhain-Kreuzberg.
Es geht zwar nur um sieben, und auch das hat der Ausschuss – wir haben es ausführlich im Sondervotum beleuchtet – herausgearbeitet, letztlich rechtswidrige Vorkäufe. Es war nicht nur der Rechnungshof, der das so gesehen hat, sondern es war flächendeckend die vertretene Rechtsauffassung. Schon vom ersten Augenblick an hätten die Vorkäufe nicht ausgeübt werden dürfen. Aber auch wenn es nur um sieben Vorkäufe geht, um knapp 25 Fördermillionen, teils Zuschüsse teils Darlehen, war dieses Projekt too big to fail aus politischen Gründen. Es durfte nicht scheitern. Anders ist es überhaupt nicht zu erklären, warum alle Koalitionspartner, die SPD, die Linken und die Grünen ihre Hand schützend über Florian Schmidt gehalten haben und bis heute halten.
Enorme Risiken für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, vor allem aber auch für die Mieterinnen und Mieter der DIESE eG, haben für keinen dieser Beteiligten gezählt. Das stimmt mich nachdenklich. Das war für uns auch der Grund, diesen Untersuchungsausschuss auf den Weg zu bringen.
Der Fall DIESE eG ist ein Häuserkauf mit leeren Taschen. Sie haben es schon angedeutet, ja, er trägt die Züge eines politischen Wirtschaftskrimis. Wir sind von Rot-Rot-Grün eine Menge gewohnt, inzwischen auch etwas dickfellig geworden, aber mir persönlich, und das ist jetzt mein vierter Untersuchungsausschuss, an dem ich mitwirken darf, ist noch kein Fall untergekommen, in dem so offensichtlich getrickst, getäuscht, manipuliert wurde, und zwar von allen Beteiligten, im Bezirk und auch auf der Senatsebene und das gegen alle Warnungen, die wir nachlesen konnten und teils gehört haben im Ausschuss: aus der Arbeitsebene, aus der Investitionsbank Berlin heraus. Davon zu sprechen, es wusste keiner, was er tat, wäre glatt gelogen. Es gab die Warnungen. Sie sind verschriftlicht, und jeder, der möchte, kann sie auch im Sondervotum der CDU-Fraktion nachlesen. Es ist in
Die Mieterinnen und Mieter hatten, das habe ich schon angedeutet, durch ihre Genossenschaftseinlagen, die übrigens immens hoch sind, wenn man das einmal mit anderen Genossenschaften vergleicht, hohe Verlustrisiken zu tragen und haben sie bis heute zu tragen. Wenn irgendwann dieses Kartenhaus zusammenbricht, werden vor allem die darunter begraben. Da haben Sie schon vollkommen recht, der Steuerzahler nachrangig. Aber angeblich geht es Ihnen ja vor allem um die Mieterinnen und Mieter. Wenn Sie sich anschauen, was da teilweise für Genossenschaftsbeiträge fällig werden, ist das viel. Rufen Sie einmal die Seite DIESE eG auf. Dort können Sie sich für eine von fünf Dachgeschosswohnungen entscheiden. Dann müssen Sie schon 120 000 Euro an Genossenschaftseinlage mitbringen, bevor Sie dann in den Genuss kommen, dort für 10 Euro pro Quadratmeter Nettokaltmiete einzuziehen in eine Wohnung, für die es noch keine Baugenehmigung gibt. Einzahlen sollten Sie bitte vorher schon. Das steht da auch. Ganz so sorglos scheint es um die Finanzsituation der DIESE eG nicht bestellt zu sein, wie Sie das beschreiben. Aber dass das jetzt gerade eine Angelegenheit für Geringverdiener ist, kann man nicht sagen. Insofern sollten Sie einmal darüber nachdenken, für wen Sie hier Politik machen.
Das betrifft auch die Bestandsmieter. Auch da haben wir es mit erheblichen Einlagen und erheblichen Verlustrisiken in fünfstelliger Höhe zu tun. Es mag noch alles eitel Sonnenschein sein. Sie verkaufen es so, wahrscheinlich der Vorstand der DIESE eG nach innen auch, so verstehe ich jedenfalls die Newsletter dort. Aber eines Tages wird sich das rächen, und zwar bitter. Dann werden Sie diejenigen sein, die dafür politisch die Verantwortung zu tragen haben.
Es hätte in der Verantwortung des Senats, es hätte in der Verantwortung des Bezirks gelegen, diese verantwortungslosen Risiken zu verhindern. Nichts davon ist geschehen, ganz im Gegenteil. Man hat noch Angst gemacht. Man hat die Mieterinnen und Mieter geradezu hineingeritten in diese Risiken. Dass dahinter auch noch weitere, jenseits öffentlicher Förderung geradezu waghalsige Finanzkonstruktion lagen, auch das wissen wir heute. Es ist übrigens Ihre SPD im Bezirk, die sagt: Mensch, bei der Rolle, die ein Thomas Bestgen, so ein grüner Immobilienspezi, da hinten spielt, im Hintergrund von Florian Schmidt und überall dort, wo die DIESE eG gerade Geld brauchte, ist er auf mehr oder weniger durchsichtige Weise auch eingesprungen, dass hier Florian Schmidt, zu dessen Gunsten noch gerade großzügige Baugenehmigungen ausreicht, das sollte besser nicht der Fall sein. Da sprechen Sie, Ihre SPD im Bezirk von Befangenheit. Dazu haben Sie jetzt hier kein Wort verloren. Aber, ja, Sie wissen ganz genau, dass es diese Seilschaften gibt, und Sie wissen auch, dass sie kritikwürdig sind.
Denn es sind gerade immer die Grünen, die immer von Korruptionsbekämpfung und von Transparenz reden.
Um es einmal klar zu sagen: Dass ein grüner Bezirksstadtrat die Aussage vor einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus Sorge vor Strafverfolgung verweigert, stinkt zum Himmel und spricht für sich. Das Gleiche gilt für den Vorstand der DIESE eG. Wenn dann noch besagter Immobilienspezi, der Thomas Bestgen,
die Herausgabe wichtiger Beweismittel verweigert, dann kann ich nur sagen: Grün wirkt. – Besten Dank dafür!
Aber trotz aller Behinderungsmanöver, trotz vieler Nebelkerzen, trotz des fehlenden Aufklärungswillens auch der Koalitionsfraktionen hat sich die Arbeit des Untersuchungsausschusses gelohnt. Beendet ist sie in der Sache noch nicht.
Es bleiben wichtige Fragen offen, für mich auch die Frage, warum Florian Schmidt eigentlich noch im Amt ist. Als grüner Robin Hood wird er von dieser Seite des Parlaments gern stilisiert, aber wenn wir hier eintauchen in die Aktenlage, wenn wir eintauchen in die Entscheidungsprozesse, wenn wir wissen, welche Risiken er hier verantwortungslos und ohne jede Rücksicht auf dieses Haus, auf den Senat von Berlin, auf jeden anderen Beteiligten, auf Recht und Gesetz eingegangen ist, dann erinnert mich dieses Selbstverständnis, dieses Rechtsverständnis, dieses Politikverständnis nicht an einen grünen Robin Hood, sondern eher an einen grünen Donald Trump. Wenn wir heute erst wieder davon sprechen, aus welchen Gründen ein übrigens namhafter Strafrechtler, ich kenne jetzt den Verein nicht, aber ich kenne den Strafrechtler, er hat den Münchener Kommentar mit verfasst,
davon spricht, dass die Staatsanwaltschaft in ihren Einschätzungen gründlich falsch liegt, sollte man auch darüber einmal nachdenken. Dafür sind Sie auch Jurist genug.
Das Untersuchungsergebnis liefert reichlich Material und Erkenntnisse über den Tag hinaus, für den Berliner Rechnungshof, der sich noch gar nicht mit dem Senat und der Rolle des Senats in dieser Frage beschäftigt hat – das hat er nicht, er hat sich bisher ausschließlich mit dem Bezirk Friedrichshain Kreuzberg beschäftigt – und für die Strafverfolgungsbehörden, die sich in der Tat lobenswerterweise noch einmal mit dem Vorgang befassen sollten und bei denen übrigens noch einmal ganz andere Tatbestände im Raum standen. Wenn Sie hier einmal durchblättern, werden Sie auf einmal nicht nur Untreueverdacht im Raum stehen sehen, sondern hier ist auch von möglichem Subventionsbetrug die Rede. Auch da frage ich mich, warum eigentlich entgegen allen Regularien keine Hinweise an die Staatsanwaltschaft erfolgt sind. So oder so hoffe ich, dass wir einen Beitrag dazu leisten konnte, mit Blick auf die Zukunft, dass die Verantwortlichen auch irgendwann zur Rechenschaft gezogen werden.
Darüber hinaus – Herr Zimmermann hat es gesagt – lassen sich eine Reihe von Empfehlungen für die Zukunft ableiten. Da sind wir vermutlich mitunter näher beieinander als in mancher Wertung der Einzeltatbestände, denn wir müssen wirksam für die Zukunft ausschließen, dass sich ein solcher Fall wiederholt – aus dem Selbstverständnis unseres Hauses heraus, aus dem Selbstverständnis unserer Verantwortung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in dieser Stadt, aber auch für die Mieterinnen und Mieter.
Abschließend danke auch ich all denen, ohne die dieses Ergebnis nicht möglich gewesen wäre: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschusses sind genannt. Die hatten es auch nicht immer einfach. Das Gleiche gilt für unseren Ausschussvorsitzenden. Das war eine sehr faire und konstruktive Zusammenarbeit. Obwohl wir erhebliche politische Differenzen im Ausschuss hatten, hat das viel Freude gemacht. Das Thema war unerfreulich, aber ich glaube, wir haben gemeinsam Ergebnisse vorgelegt, die sich sehen lassen können. Insofern: Danke allen, die das auf Seiten des Ausschussbüros und auch in Person des Vorsitzenden möglich gemacht haben. Lassen Sie uns daraus lernen und diese Fälle für die Zukunft ausschließen! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir hier den Einsetzungsbeschluss debattierten, sagte ich, dass der Ausschuss völlig überflüssig sei. Heute, bei Vorlage des Abschlussberichts und der Sondervoten nach dem Aktenstudium, den vielen Stunden Zeugenbefragung, muss ich feststellen: Meine Nichterwartung wurde noch übertroffen. Der Ausschuss war überflüssig hoch zwei.
Warum? – Der Ausschuss hat nicht nur nichts Neues zutage gefördert, sondern alles, was wir darin beraten haben, in den Akten gesehen haben, war in der parlamentarischen Beratung in den Gremien schon vorher erörtert worden. Was aber besonders absurd ist, lieber Kollege Evers: dass die Kollegen der Opposition, allen voran Sie, hier heute Geschichten erzählen, als wären wir in völlig verschiedenen Ausschüssen gewesen,
als hätten Sie ganz andere Zeugenaussagen gehört, ganz andere Dokumente gelesen. Um es ganz deutlich zu sagen: Es geht hier nicht darum, dass wir unterschiedliche politische Bewertungen über Tatsachen haben, Herr Evers, sondern Ihr Sondervotum liest sich wie eine Fiction-Story aus einer Parallelwelt: voller alternativer Fakten.
Was ich völlig abgedreht finde, ist der Titel, den Sie Ihrer Fiction gegeben haben, nämlich „Wirtschaftskrimi“. Eine sich Krimi nennende Story, die nichts Kriminelles, nichts Ordnungswidriges, gar keine gesetzwidrige Tatsachen enthält, nicht einmal einen Ladendiebstahl, dann ist es doch Etikettenschwindel.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Stefan Evers (CDU): Noch nicht mal ein Ladendiebstahl!]
Was ich nun allerdings wirklich am dreistesten finde, ist, dass die Partei, die noch bei fast jedem tatsächlichen politiknahen Wirtschaftskrimi in dieser Stadt eine Haupt- oder Nebenrolle gespielt hat,
sich hier hinstellt und die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Förderung aus öffentlichen Programmen für eine neu gegründete Mietergenossenschaft dem Publikum als Krimi verkaufen will. Das ist angesichts der endlosen