Protokoll der Sitzung vom 02.02.2000

(Abg. Nagel SPD: Wenn ich Sie angucke, brau- chen wir Dumdumgeschosse! – Abg. Rech CDU: Mit schweren Eisenkugeln kann man auch wer- fen!)

Wir haben jetzt ein großes Technikprogramm. Allerdings sind wir der Meinung, dass die CDU-Fraktion immer noch in Denkstrukturen der Sechzigerjahre verhaftet ist.

(Abg. Rech CDU: Da war es schön!)

Ich nenne nur ein Beispiel: Polizeifreiwillige. Wir sind nicht so kompromisslos wie die Grünen, die sagen: Das muss man auf null zurückfahren. Aber ich habe oft den Eindruck, dass Sie gar nicht mehr wissen, vor welchem Hintergrund die Polizeifreiwilligen in den Sechzigerjahren eingesetzt worden sind. Das war vor dem Hintergrund des Kalten Krieges. Man hat gemerkt, dass es, wenn es zu einem Konflikt käme, zu wenig Polizeibeamte gäbe. Das sind wir mittlerweile los. Die Anforderungen an die Polizei sind gestiegen. Die Qualifikation ist besser geworden, und trotzdem gibt es Leute, die von der Uniform her nicht von aktiven Polizeibeamten zu unterscheiden sind. Der Bürger kann nicht unterscheiden, ob er es mit einem Polizeifreiwilligen oder mit einem Polizeibeamten zu tun hat. Kein vernünftiger Mensch – ich habe es im Innenausschuss einmal gesagt – würde heute in ein Flugzeug einsteigen, wenn er wüsste, dass die Lufthansa samstags, sonntags Hobbypiloten beschäftigt.

(Lachen des Abg. Rech CDU)

Noch ein Wort zu den Anträgen der Grünen und der SPD im Innenausschuss.

Herr Abgeordneter, ich darf Sie auf das Ende Ihrer Redezeit hinweisen.

Ja, diesen Satz noch. – Sie von den Grünen und von der SPD haben offensichtlich nicht kapiert, dass die Polizei kein Dienstleistungsunternehmen ist.

(Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen: Warum?)

Wenn Sie hier 110 DM für eine Unfallaufnahme verlangen möchten, haben Sie dies nicht kapiert. Wenn Sie verlangen, dass für Veranstaltungen Geld bezahlt werden muss, frage ich Sie, ob Sie überhaupt wissen, was Sie hiermit tun würden. Das Recht, sich friedlich und ohne Waffen unter freiem Himmel zu versammeln, ist ein Grundrecht. Wollen Sie tatsächlich, dass dieses Grundrecht zukünftig nur noch diejenigen, die auch das Geld dafür haben, in Anspruch nehmen können?

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Zu- ruf des Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen)

Dass sich die Grünen diesem Antrag, den sie beim letzten Mal auch eingebracht haben, dieses Mal nicht anschließen,

ist mir schon klar. Denn dann wären sie spätestens nach dem nächsten Castortransport pleite.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Rech CDU: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Das Wort hat der Herr Innenminister.

(Abg. Rech CDU: Der Herr Minister bringt ein ganzes Buch mit!)

Ja, den Haushaltsplan. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die heutige Debatte scheint klarzumachen, dass der Konfliktstoff, jedenfalls was den Einzelplan 03 angeht, überschaubar ist.

Ich bedanke mich zunächst auch für die angemessene und faire Behandlung unserer Anliegen bei den Beratungen des Finanzausschusses vor wenigen Tagen. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch für die enormen Vorarbeiten, die im Innenministerium, vor allem im Haushaltsreferat unter der neuen Leitung von Herrn Arnold mit allen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, erbracht worden sind. Ich bedanke mich auch für die vielfältige Unterstützung, die ich in diesem Haus für die Anliegen des Innenressorts gefunden habe.

Natürlich wäre es uns aus der Sicht des Ressorts – so will ich es ausdrücklich formulieren – auch angenehm gewesen, wenn wir noch mehr Mittel bekommen hätten.

(Abg. Haasis CDU: Ihr hättet etwas damit anfan- gen können!)

Aber wir wissen alle: In unserer Brust schlagen oftmals mehrere Herzen.

(Abg. Bebber SPD: Wie denn das?)

Natürlich muss man auch immer die Gesamtsituation im Auge haben. Oftmals sind diejenigen Personen, die auf der einen Seite noch mehr Ausgaben für durchaus nützliche Anliegen verlangen, und diejenigen, die auf der anderen Seite sagen, mit dem Sparen müsse endlich einmal Ernst gemacht werden, sogar identisch. Beides passt eben nicht zusammen.

Das hat uns, glaube ich, schon zu dem Konsens geführt, dass wir überall, auf allen Ebenen und damit auch bei uns im Land Baden-Württemberg Prioritäten setzen müssen. Denn man kann eine Mark oder demnächst einen Euro eben nur einmal ausgeben. Beim Kampf um das Setzen von Prioritäten wird sich der politische Interessenstreit natürlich auch immer austoben.

Ich bin aber der Auffassung: Der Einzelplan 03, der jetzt in die abschließende Beratung geht, zeigt, dass wir im Land Baden-Württemberg in der Lage sind, die Prioritäten richtig zu setzen, und wir uns endlich auch daranmachen, dass sich der Staat im Wesentlichen auf seine Kernaufgaben konzentriert. Das ist der Punkt, der auch in diesem Einzelplan 03 zum Ausdruck kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

(Minister Dr. Schäuble)

Ich darf auch einige Sätze zum Thema Polizei sagen, zu dem Bereich, der auch das größte Volumen einnimmt.

Verehrter, lieber Herr Kollege Redling, Sie haben die Reorganisation der Polizei angesprochen. Ich will es einmal so formulieren, nachdem Sie gesagt haben, da sei bis zum Jahr 1999/2000 jahrelang nichts passiert und in den Jahren zuvor, von 1992 bis 1996, sei alles Mögliche über die Bühne gegangen. Ich sage Ihnen ganz offen – ich denke, Sie werden es nachvollziehen können –: Mir wäre es außerordentlich angenehm gewesen, wenn ich bei meinem Amtsantritt als Innenminister im Jahr 1996 eine vollendete Reorganisation der Polizei vorgefunden hätte. Aber das war ja gerade nicht der Fall.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir mussten uns in mühevoller Arbeit erst einmal daranmachen, die ganzen Gedanken, die teilweise auch widerstreitend waren, zusammenzubinden.

(Abg. Redling SPD: Fragen Sie einmal Herrn Teu- fel, warum!)

Wir sind jetzt in der Umsetzungsphase –

(Zuruf des Abg. Redling SPD)

das ist ein ganz wichtiger Punkt, der sicherlich auch wieder Ihr Einverständnis finden wird –, wir sind in enger Abstimmung mit der Personalvertretung dabei, die Reorganisation der Polizei in die Wirklichkeit umzusetzen.

Aber noch einmal: Es kann doch nicht die Rede davon sein, dass wir über Jahre hinweg die Hände in den Schoß gelegt hätten. Vielmehr musste, als ich als Innenminister begann, als, besser gesagt, diese Legislaturperiode begann, erst einmal alles zusammengebunden werden. Ich finde schon, dass wir da in der relativen Kürze der Zeit wirklich weit vorangekommen sind. Ich füge auch hinzu – und da, denke ich, sind wir uns vielleicht auch einig –:

(Zuruf des Abg. Bebber SPD)

Wenn im Laufe dieses Jahres die Reorganisation der Polizei umgesetzt sein wird, dann ist es auch notwendig, die Polizei mal wieder einige Zeit von Reformen zu verschonen, damit sich alles wieder einspielt und seinen Gang finden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Rückert CDU: So ist es! Ja!)

Zum Thema Besoldung wurde das Notwendige gesagt. Ich gebe zu und sage dies nicht zum ersten Mal öffentlich: Natürlich ist mit dem Besoldungsstrukturprogramm etwas zu viel versprochen worden. Dies mag vielleicht eine Mahnung an uns alle sein – denn es ist ja offensichtlich eine Krankheit, der Politiker aller Couleur manchmal anheim fallen –, mit Versprechungen vorsichtig zu sein. Wenn Sie aber bedenken, was davon abgesehen in den letzten Jahren umgesetzt worden ist, und wenn Sie weiter daran denken, dass in diesem Doppelhaushalt die Zahl der umzuwandelnden Stellen auf 500 pro Jahr erhöht wird und dass auch 300 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten pro Jahr nach A 11 bestehen werden, dann ist dies wirklich aller Ehren wert, und die Zeit, die es etwas länger dauern wird, bis wir das

Ziel, 50 % der Beamtinnen und Beamten im gehobenen Dienst zu haben, erreicht haben werden, ist dadurch nicht unzumutbar verlängert worden.

(Abg. Redling SPD: Wann werden Sie das Ziel er- reichen?)

Dem gegenüber steht, Herr Kollege Redling, das, was Herr Kollege Rech

(Abg. Redling SPD: Hat er das Weite gesucht?)

„flüchtig“, in ein Gespräch verstrickt – vorhin schon gesagt hat: Wir haben ja in anderen Bereichen mehr getan, als überhaupt versprochen worden ist. Das ist das Thema, dass wir die Beförderungsmöglichkeiten durch die verbesserte Stellenobergrenzenverordnung in vier Jahrestranchen sofort umgesetzt haben bzw. derzeit umsetzen.

Das andere Thema – da komme ich gleich noch einmal zu Ihnen, Herr Kollege Redling – betrifft das Tarifpersonal. Dort haben ich und die Koalition 1996 die Situation vorgefunden, dass alle Welt schrie und schrieb, es müsse dringend – und das stimmt übrigens – etwas für das Tarifpersonal getan werden. Nur sagte niemand, wie es finanziert werden könnte. Es stand – auch im Koalitionsvertrag – immer alles unter dem so genannten Finanzierungsvorbehalt. Ich empfinde es schon als eine ganz entscheidende Verbesserung, dass es uns gemeinsam – beiden Koalitionsfraktionen und der Regierung – gelungen ist, hier jetzt doch den Durchbruch zu schaffen, und zwar einfach in der Weise – das ist ja vorhin gesagt worden –, dass die Hälfte des aufgrund der frei werdenden Stellen beim Kraftfahrzeugpersonal zur Verfügung stehenden Geldwertes für Verbesserungen im Tarif verwendet werden kann. Das macht in diesem Jahr einen Betrag von weit über 1 Million DM aus.

(Der Redner hustet mehrfach. – Abg. Hackl Bünd- nis 90/Die Grünen: Gute Besserung!)

Ja, das kann ich brauchen. Es ist eine normale, hundsgewöhnliche, aber nicht so angenehme Grippe.

Nun haben Sie gesagt, Herr Kollege Redling, das seien alles nur leere Versprechungen. Sie sagten, wenn ich es mir richtig notiert habe: „nicht gehalten, was das Tarifpersonal angeht, was versprochen“. Ich darf Ihnen da einfach nur den Rat geben: Lesen Sie Seite 458 des Haushaltsplans. Dort ist der Planvermerk zu diesem Thema – Umwandlungen von Stellen bzw. Zur-Verfügung-Stellen des Betrages, der durch nicht mehr zu besetzende Stellen frei wird, für Verbesserungen des Tarifpersonals – expressis verbis dargestellt. Es kann also keine Rede davon sei, dass sich in diesem Haushaltsplan die Verbesserungen für das Tarifpersonal nicht wieder finden. Insofern kann ich nur sagen, dass Ihre Aussage von vorhin – ich drücke mich milde aus – schlicht und ergreifend unzutreffend war.

(Abg. Redling SPD: Ich habe die letzten zwei Sät- ze dieses Vermerks auch noch gelesen, die Sie nicht lesen!)

Ja und?