Protokoll der Sitzung vom 22.11.2000

Ich bitte Sie, das ist eine autonome Anstalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

(Abg. Oettinger CDU: Wer stimmt den Gebühren denn zu? Wir doch! – Weitere Zurufe von der CDU)

Aber über das Haushaltsgebaren dieser Anstalt entscheiden die Anstalt selbst und die Gremien dieser Anstalt, aber nicht dieser Landtag.

(Abg. Seimetz CDU: Aber über Geld, das wir be- willigen! Das entscheidet der Intendant, ja? – Abg. Dr. Schlierer REP: Wir sind hier autonom bei der Gebührenentscheidung! – Weitere Zurufe)

Die Rundfunkgebühren, meine Damen und Herren, sind sicherlich das zentrale Thema dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrags. Auch die SPD, Herr Kollege, wird diesen Gebührenerhöhungen zustimmen.

Es gibt Leute, die behaupten, es handle sich bei diesen 3,33 DM um eine Erhöhung von über 10 %. Das ist eine böswillige Verdrehung. Dies wurde zwar nicht hier, aber draußen im Land und auch in Sachsen behauptet. In Wahrheit ist es eine Gebührensteigerung von jährlich 2,9 %, wenn man dies auf die kommenden vier Jahre umlegt.

Wir sagen dazu Ja, und zwar aus folgenden Gründen: Diese von der KEF als notwendig ermittelte Erhöhung ist angemessen, weil sie noch nicht einmal die medienspezifische Kostensteigerung in Höhe von 5,1 % berücksichtigt. Die Anstalten selbst hätten am liebsten 5,7 % zusätzlich gehabt. Wir haben es mit erheblichen Kostensteigerungen zu tun, insbesondere bei dem Erwerb von Spielfilmrechten und Sportrechten.

(Abg. Oettinger CDU unterhält sich mit Abg. Bea- te Fauser FDP/DVP.)

Es ist sehr interessant, dass Herr Oettinger hier immer seine Rede ablässt und dann den Raum verlässt. Ich halte das für einen schlechten Stil.

(Abg. Scheuermann CDU: Er ist noch da! Da steht er!)

Wo ist er? Oh ja, er dreht mir gerade den Rücken zu. Ich sehe es.

(Abg. Ingrid Blank CDU: Er wollte Sie nicht ver- unsichern aus der ersten Reihe, Frau Kipfer!)

Frau Kollegin, ich darf Sie bitten, bei der Sache zu bleiben. Das Verhalten von Herrn Kollegen Oettinger ist vergleichbar mit dem vieler anderer Abgeordneter.

(Zuruf von der SPD: Abg. Hans-Michael Bender zum Beispiel! – Abg. Dagenbach REP: Es sind doch kaum welche da, Herr Präsident! – Weitere Zurufe)

Ich weiß es zu würdigen, dass Herr Oettinger mir wieder sein Gesicht zuwendet.

Wir haben es, um es an einem Beispiel zu demonstrieren, mit einer Kostensteigerung von durchschnittlich 15 % beim Erwerb von Spielfilmrechten zu tun. Beim Erwerb von Sportrechten waren es im Durchschnitt der letzten Jahre 35 %. Allein der Erwerb der Rechte für die Übertragung der Fußballeuropameisterschaft 2000 lag bei 140 Millionen DM. Für den Erwerb der Rechte zur Übertragung der Fußballeuropameisterschaft im Jahr 2004 wurden 950 Millionen DM gezahlt. Das ist eine exorbitante Steigerung bei dem Erwerb von Sportrechten.

Nun fragen manche: Warum soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk überhaupt noch Sport übertragen, wenn er dafür so viel Geld bezahlen muss? Dazu sagen wir: Das Programm einer öffentlich-rechtlichen Anstalt muss auch Elemente enthalten, die massenattraktiven Charakter haben. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der dies nicht mehr leisten kann, wird in eine Nische gedrängt und nicht mehr eingeschaltet. Dann stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Legitimität der Gebührenerhebung insgesamt. Das läutet das Ende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein. Deshalb muss auch eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, müssen ARD und ZDF teure Sportveranstaltungen übertragen können. Dies wird unter anderem durch die Erhöhung der Rundfunkgebühr ermöglicht.

(Abg. Haas CDU: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Obwohl auch die KEF dies weiß, beschränkt sie die Erhöhung der Rundfunkgebühr auf jährlich 2,9 %. Dies spricht für eine sorgfältige Abwägung bei der Gratwanderung zwischen einerseits den Wünschen der ARD, des ZDF und des Deutschlandradios und andererseits der Verpflichtung für diese Anstalten, nach wie vor sparsam zu wirtschaften und Effizienzsteigerungen bei sich herbeizuführen. Dies tut auch der Südwestrundfunk.

Wir sagen Ja zur Erhöhung der Rundfunkgebühr, weil wir den SWR als größtes Medienunternehmen in Baden-Württemberg nicht schwächen wollen. Auch die Landesregierung – wir haben es gehört – setzt auf die Erhöhung der Rundfunkgebühren bei der indirekten Finanzierung der Film- und Mediengesellschaft. Wir wissen aber auch, Herr Minister Palmer, dass davon allein die MFG nicht wird leben können, dass auch das Land noch seinen Beitrag wird zahlen müssen. Dies sage ich im Hinblick auf die vollmundigen Angaben,

(Abg. Haas CDU: Wer hier den Mund voll nimmt, sind Sie!)

die Sie in Ihrem jüngsten Bericht zur Filmförderung gemacht haben, wo Sie davon sprechen, dass die Mittel für die MFG bei der Filmförderung auf 20 Millionen DM aufgestockt werden müssen. Darüber können wir uns an anderer Stelle unterhalten.

Wir sagen Ja zur Gebührenerhöhung, weil wir uns entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einer politischen Bewertung der Gebühren enthalten wollen. Auch nach sozialen Gesichtspunkten ist diese Gebührenerhöhung zumutbar.

(Abg. Rapp REP: Aber nur nach Ihren Maßstä- ben!)

Immerhin sind heute schon über 3 Millionen Haushalte in der Bundesrepublik aus sozialen Gründen von der Rundfunkgebühr befreit. Schließlich bedeutet eine Gebühr von künftig 31,58 DM 1 DM pro Tag für ein öffentlich-rechtliches Rundfunkprogramm, das vielfältig ist, das Unterhaltung bietet und sehr viele Informationen und Bildungsangebote bereithält.

Der politisch interessante Teil in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist in der Tat das Abschmelzen des ARD-Finanzausgleichs. Ich habe noch im Ohr, wie die CDU noch vor wenigen Jahren die totale Abschaffung des Finanzausgleichs forderte. Herr Palmer, Sie haben mit einem treuen Augenaufschlag behauptet, das habe überhaupt nichts zu tun mit den jeweiligen politischen Mehrheitsverhältnissen in den Ländern.

(Minister Dr. Palmer: Das beweisen wir doch gera- de!)

Aber Sie sind auffällig still geworden, nachdem jetzt im Saarland die CDU die Landesregierung übernommen hat. Denn Sie wollten letztendlich nichts anderes als das Austrocknen der kleinen ARD-Anstalten,

(Abg. Birzele SPD: Sehr richtig!)

nämlich des Saarländischen Rundfunks, von Radio Bremen und auch des Senders Freies Berlin.

(Abg. Haas CDU: Das wäre ja auch kein Verlust!)

Dass dies jetzt so nicht stattfindet, ist, glaube ich, nicht Ihr Verdienst, sondern dem Widerstand auch der SPD-geführten Länder und der Intendanten selber zu verdanken, die Ihnen in unglaublich scharfen Verhandlungen nachgewiesen haben,

(Abg. Haas CDU: Im Blockieren waren Sie schon immer groß!)

dass das, was Sie ursprünglich vorhatten, gar nicht durchführbar ist.

(Beifall bei der SPD – Abg. Haas CDU: Beifall an der falschen Stelle!)

Im Übrigen geht das Abschmelzen des ARD-Finanzausgleichs natürlich zulasten der kleinen Anstalten. Deren

Programmvolumen, das Sie damit hätten finanzieren müssen, geht zulasten der großen Anstalten. Das heißt, der SWR muss umso mehr produzieren, damit das, was der Saarländische Rundfunk nicht mehr produzieren kann, aufgefangen werden kann. Das passiert nicht nur in BadenWürttemberg. Sie wissen genau, dass auch in anderen Bundesländern die Filme produziert werden, die der SWR ausstrahlt.

Wir wollen die kleinen Anstalten erhalten, weil wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch als eine föderale Abbildung der unterschiedlichen Kulturen der Länder in unserem Bundesstaat betrachten. Daher brauchen wir die kleinen Anstalten.

Frau Kollegin, ich darf Sie auf das Ende Ihrer Redezeit hinweisen.

Ich bin gleich zu Ende, Herr Präsident.

Wir hoffen jetzt, dass die Sachsen zustimmen werden – an dem Tag, an dem wir hier die zweite Lesung haben werden. Es ist immerhin bemerkenswert, dass Herr Oettinger als Vorsitzender der CDU-Medienkommission es nicht fertig gebracht hat, seine sächsischen Kollegen von der Notwendigkeit – so, wie er es eben dargestellt hat – der Gebührenerhöhung zu überzeugen.

Im Übrigen: Alles, was Herr Oettinger auf die Zukunft gerichtet gesagt hat

(Abg. Bebber SPD: Herr Oettinger ist nicht da!)

er ist jetzt nicht mehr da –...

Frau Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit bereits um drei Minuten überzogen.

(Abg. Bebber SPD: Ungalant!)

... – letzter Satz –, wird zu einer spannenden Erörterung führen und kann auch in dieser interparlamentarischen Arbeitsgruppe besprochen werden. Wir sind durchaus nicht abgeneigt, einer solchen interparlamentarischen Arbeitsgruppe näher zu treten.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. Jacobi.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die wesentlichen Punkte, die in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag geregelt werden, sind genannt; ich will sie nicht wiederholen.