Nein, es geht jetzt darum – die Sorgen und Befürchtungen der Menschen in Baden-Württemberg und ganz Deutschland sind ja real –, die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten abzuho len und ihnen auch die notwendige Sicherheit zu geben. Des halb müssen wir, an unsere Verhältnisse angepasst, die richti gen Entscheidungen treffen. Der Ministerpräsident hat vorhin zu Recht gesagt, dass es nach einem solchen Ereignis keine Denkverbote geben darf und alles im Zusammenhang mit der Energieversorgung aus Atomkraft auf den Prüfstand gestellt werden muss. Wir begrüßen deshalb das dreimonatige Mora torium auf die Laufzeitverlängerung.
Wir begrüßen das dreimonatige Moratorium, und wir unter stützen es. Denn damit schaffen wir uns einen notwendigen Rahmen, um die Sicherheit der Kraftwerke auch auf bisher Undenkbares hin zu prüfen – ich sage das noch einmal, weil es wichtig ist, weil es auch in Ihre Köpfe Eingang finden soll – und eventuell auch neue Ideen zu entwickeln.
Wir begrüßen auch die Entscheidung der Bundeskanzlerin und der betroffenen Ministerpräsidenten, alle Kernkraftwerke, die vor 1980 in Betrieb genommen worden sind, während der Si cherheitsüberprüfung vom Netz zu nehmen. Diese Entschei dung ist notwendig und richtig, aber sie ist mitnichten eine Kehrtwende und bedeutet keinen sofortigen Ausstieg aus der Kernkraft, sondern ist eine konsequente und ehrliche Umset zung dieses Untersuchungsprozesses, der eingeleitet wird. Da mit bleibt die Union auch ein berechenbarer Partner der Bür ger.
Meine Damen und Herren, unsere Technik ist gut. Wir müs sen uns damit nicht verstecken. Trotzdem gibt es nach diesem Ereignis in Japan Befürchtungen der Menschen. Wenn wir ei nes aus Stuttgart 21 gelernt haben, dann dieses: Man kann nicht einfach sagen: „Das wurde schon alles überprüft.“ Es ist in der Diskussion in Stuttgart im letzten Jahr häufig genug ge sagt worden: „Es wurde schon alles überprüft.“ Trotzdem ha ben die Menschen das nicht von vornherein für bare Münze genommen. Sie haben immer wieder gesagt: Wenn es so war, dass alles überprüft wurde, warum kommen dann noch immer neue Zweifel auf, die von immer mehr Menschen geäußert werden, übrigens auch immer wieder neue Zweifel auch von weiteren Wissenschaftlern?
Deshalb ist es klar: Wir müssen Fragen dann beantworten, wenn sie gestellt werden. Die Fragen werden jetzt gestellt. Deshalb müssen wir sie jetzt überzeugend beantworten.
Denn gerade bei diesem Thema ist Vertrauen das Wichtigste, und uns können die Bürgerinnen und Bürger vertrauen.
Deshalb bittet die CDU-Fraktion die Landesregierung, nach dem Vorbild der Schlichtung bei Stuttgart 21 einen Fakten check nach Ende der Sicherheitsprüfungen einzurichten und damit der Öffentlichkeit auch ohne Geheimakten etc. transpa rent die Ergebnisse des Sicherheitschecks vorzustellen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sehr gut! – Un ruhe bei der SPD)
Die CDU-Fraktion begrüßt, dass ein Sofortprogramm vom Ministerpräsidenten veranlasst wurde, das bereits angelaufen ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allen Maßnah men ist uns klar: Die Tage der Kernenergie in Deutschland und damit auch in Baden-Württemberg sind am Ende gezählt. Wir haben den Ausstieg aus der Kernenergie klar beschlos sen, und dazu stehen wir auch. Hier sind wir mit SPD und Grünen dem Grundsatz nach einig.
Das ist der entscheidende Punkt. Es geht doch nur noch um die Frage der Länge der Brücke – um nichts anderes.
Deshalb ist eines klar: Baden-Württemberg ist ein Industrie standort ohne eigene Ressourcen. Eine vollständige Abhän gigkeit von Energieimporten müssen wir vermeiden.
Wir brauchen Energieproduktion in Baden-Württemberg selbst. Das gilt auch für die Stromgewinnung, meine sehr ver ehrten Damen und Herren.
Dabei zeigen uns doch gerade die Ereignisse in Libyen und im Nahen Osten auf, dass die Abhängigkeit von Öl und Gas auch große Risiken birgt. Unsere Unternehmen sowie unsere Bürgerinnen und Bürger sind auf eine möglichst kostengüns tige und sichere Energieversorgung angewiesen.
Diese Fakten haben gleichermaßen Bestand und sind für eine hoch technologisierte Industriegesellschaft und für Menschen, die in dieser Industriegesellschaft zu Wohlstand gekommen sind, auch für die Zukunft ganz entscheidend wichtig. Es gilt:
Jeder von uns braucht Strom, ob im Haus oder im Unterneh men, in Krankenhäusern oder in Kindergärten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Opposition ver sucht stets, den Menschen zu suggerieren, wir seien die Par tei, die die Atomkraft vor sich her trage oder die gegen einen Ausstieg sei.
Wir sind für den Ausstieg. Im Unterschied zu Ihnen sind wir aber nicht von Ideologien und Illusionen getragen, sondern wir richten uns an realistischen Möglichkeiten aus.
Deshalb ist die Forderung von Trittin, von den Grünen und mittlerweile auch von der SPD, die Atomkraftwerke im Land sofort abzuschalten, schlichtweg unredlich. Das ist Wahl kampfgetöse.
Das kann auch nicht unser Ziel sein. Ich glaube, die Mehrheit der Baden-Württemberger wären nicht damit einverstanden, wenn wir unsere Strom- und Energieproduktion gänzlich von anderen – vom Ausland, von der Gazprom, von den Franzo sen, von Katar oder von Libyen – abhängig machen würden. Damit wären sie nicht einverstanden.
Deshalb gilt für die CDU in diesem Land nach wie vor fol gender Dreiklang: erstens den Anteil fossiler Energien an der Produktion minimieren, zweitens Kernkraft als Brückentech nologie weiter nutzen und drittens regenerative Energien aus bauen. Diesen Dreiklang müssen wir in allen drei Bereichen konsequent umsetzen.
Dabei gilt: Je schneller wir den Umstieg zu den erneuerbaren Energien schaffen, desto früher können wir auf die Kernkraft verzichten. Wir sind deshalb bereit, wesentlich früher als ge plant Kraftwerke abzuschalten, wenn Alternativen bereitste hen. Auch hierin müssten sich eigentlich alle einig sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Ministerpräsi dent hat vorhin darauf hingewiesen, dass wir in Baden-Würt temberg weit gekommen sind. Der Anteil regenerativer Ener gien im Land beträgt mittlerweile 15 %. Vor zehn Jahren lag ihr Anteil noch bei 7,5 %.
Wir liegen in vielen Bereichen im vorderen Feld oder in der Spitzengruppe, aber nicht in allen Bereichen, weil es Berei che gibt, die unterschiedlich wahrgenommen werden können. Dabei denke ich an die Windenergie. Wir sprechen uns aber auch für deren Ausbau aus. Wir nehmen auch gern den Aus bau in den Bereichen hin, in denen wir, wie beispielsweise bei der Bioenergie, noch größere Potenziale sehen.
Meine Damen und Herren, um einen weiteren forcierten Aus bau regenerativer Energien zu erreichen, schlagen wir folgen de konkrete Maßnahmen für die nächste Zeit vor:
Erstens wollen wir dem 15. Landtag empfehlen, freie Mittel aus den Nettogewinnen der laufenden Beteiligung des Lan des an der EnBW dafür einzusetzen, die erneuerbaren Ener gien zu fördern und auszubauen, und hierfür auch durch Um schichtungen Haushaltsmittel in einer Größenordnung von mindestens 100 Millionen € in die Hand zu nehmen.
Zweitens: Die CDU-Fraktion regt des Weiteren an, zukünftig aus freien Mitteln der Ausschüttung der Landesstiftung Ba den-Württemberg Forschungsprogramme und Modellprojek te zur Steigerung der Effizienz im Bereich der Produktion er neuerbarer Energien aufzulegen. Wir streben eine Zukunftsof fensive V zur Stärkung der erneuerbaren Energien in BadenWürttemberg an.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Da hat man vom Kollegen Schmid überhaupt nichts gehört!)
Drittens: Um die energetische Gebäudesanierung voranzu bringen, wird eine verstärkte Fokussierung des Entwicklungs programms Ländlicher Raum, des Städtebauförderungspro gramms und der Wohnungsbauprogramme des Landes auf die sen Bereich vorzusehen sein.
Viertens: Wir wollen den Ausbau der Stromnetze. Außerdem wollen wir den Ausbau der Speichermöglichkeiten für Strom und Wärme, wie z. B. durch Pumpspeicherkraftwerke, deut lich beschleunigen. Dazu müssen auf Landes- wie auf Bun desebene die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden – z. B. durch ein Netzausbaubeschleunigungsgesetz. Ein gutes Vorbild hierfür ist das Verkehrswegebeschleuni gungsgesetz für die neuen Länder. So können Fristen verkürzt oder der Instanzenzug reduziert werden.
Deshalb fordere ich SPD und Grüne auf, hierbei Farbe zu be kennen und unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.