Liebe Abgeordnete der CDU, ich rate Ihnen dringend: Setzen Sie sich mit der Gemein schaftsschule auseinander.
Nehmen Sie die Stimmen der Kommunalvertreter ernst. Hö ren Sie auf die Bürgermeister und Gemeinderäte vor Ort. Denn sie haben schon lange erkannt, dass die Gemeinschaftsschu le ein brillanter Baustein in dieser Schullandschaft ist.
Lieber Kollege Wacker, Sie kennen die Situation aus unserem Wahlkreis hinsichtlich der neuen Gemeinschaftsschulen. In Heddesheim und in Hemsbach sind 38 Kinder abgelehnt wor den.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das sind Wacker- Kinder! – Abg. Georg Wacker CDU: Fragen Sie mal in Bammental!)
Sagen Sie den Eltern, dass sie sich falsch entschieden haben. Sagen Sie den Gemeinderäten, die einstimmig für die Einrich tung der Gemeinschaftsschule gestimmt haben, dass das eine falsche Entscheidung war. Dabei wünsche ich Ihnen viel Er folg.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zunächst zwei Vorbemerkungen. Wir Freien Demokraten sind keine grundsätzlichen Gegner der Gemeinschaftsschule,
auch wenn wir Zweifel daran haben, ob sich tatsächlich die zahlreichen Heilserwartungen an die Gemeinschaftsschule er füllen werden, die Grün-Rot mit dieser neuen Schulart in Ver bindung bringt. Zwar wurde nach unserer Einschätzung auch dieses Reformprojekt reichlich überstürzt und nicht ausrei chend vorbereitet umgesetzt –
kein Bildungsplan, keine ausreichende Lehrerfortbildung, kaum Unterrichtsmaterialien –, aber die Gemeinschaftsschu le ist nun einmal eingeführt worden. Wir wollen sie auch nicht wieder abschaffen. Denn auch dort brauchen alle Beteiligten Planungssicherheit und Verlässlichkeit.
Aber Bildungspolitik ist eben auch kein Experimentierfeld. Auch dort muss der Nachweis erbracht werden, dass sie die Kinder zu einem erfolgreichen Abschluss führt. Das heißt für uns, dass eben auch die Gemeinschaftsschulen ihre eigenen Zielsetzungen erfüllen müssen.
Welches also sind die Ziele der Gemeinschaftsschule? GrünRot hat den Eltern im Land versprochen, dass ihre Kinder dort alle Schulabschlüsse hervorragend erwerben können und dort auch entsprechend hervorragend vorbereitet werden, damit sie
Daher ist die Frage des vorliegenden CDU-Antrags keine Kleinigkeit. Grün-Rot hat den Eltern landauf, landab erzählt und versprochen, dass ihre Kinder an der Gemeinschaftsschu le alle Schulabschlüsse ablegen können. Ich bin mir sicher, dass sich zahlreiche Eltern auf diese Zusage auch verlassen.
Da sich die FDP/DVP als Qualitätssicherung dieser Regierung betrachtet, gehen wir im Interesse der betroffenen Kinder und Eltern dieser Frage nach. Denn es wäre ein dramatischer Wort bruch, wenn sich diese grün-rote Zusage als ein leeres Ver sprechen herausstellen würde.
Gewisse Zweifel sind durchaus angebracht. Denn um an ei ner Gemeinschaftsschule auch tatsächlich das Abitur ablegen zu können, müssen eine ganze Reihe von Voraussetzungen bzw. Rahmenbedingungen erfüllt sein. Es müssen mindestens 60 Schülerinnen und Schüler mit gymnasialem Niveau am En de der Klasse 10 vorhanden sein.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das heißt 120 Einstiegsschüler! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das gibt es nirgends!)
Geht man von Professor Bohl aus – er meint, dass ein Verhält nis von je einem Drittel Hauptschülern, Realschülern und Gymnasiasten optimal wäre –, dann braucht eine Gemein schaftsschule in den Eingangsklassen ca. 180 Schüler.
vielleicht beantwortet er sie ja auch –: Welche der 271 Ge meinschaftsschulen im Land hat denn in den fünften Klassen 180 oder wenigstens 150 Schüler?
In der Stellungnahme der Landesregierung steht im Übrigen, dass landesweit tatsächlich nur 10 % der Schüler, die auf die Gemeinschaftsschule übergegangen sind, auch eine Gymna sialempfehlung haben.
Das bedeutet eigentlich: Nimmt man die Vorgaben der Ge meinschaftsschulbefürworter ernst, dann brauchten wir in den Eingangsklassen der Gemeinschaftsschulen eigentlich 600 Schülerinnen und Schüler.
Eine weitere, vor allem inhaltliche Voraussetzung, um Schü ler auf das Abitur vorzubereiten, ist, dass der Unterricht durch gängig von der fünften bis zur zwölften Klasse auch auf gym nasialem Niveau angeboten wird. Hierfür braucht man – wie überraschend – Lehrerinnen und Lehrer, die über eine gym nasiale Lehrbefähigung verfügen. Hierzu bietet die Stellung nahme der Landesregierung eine durchaus interessante Infor mation. In der Statistik am Ende der Drucksache steht, wie viele Lehrkräfte mit gymnasialer Lehrbefähigung im Schul jahr 2013/2014 an Gemeinschaftsschulen unterrichtet haben. An den 128 Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg un
terrichten sage und schreibe 221 Lehrerinnen und Lehrer mit gymnasialer Lehrbefähigung, das heißt im Durchschnitt ge rade einmal rund 1,7 Lehrkräfte pro Gemeinschaftsschule.
So sieht die gymnasiale Wirklichkeit an den Gemeinschafts schulen aus, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wie gesagt: Wir sind keine grundsätzlichen Gegner der Ge meinschaftsschule. Aber die Gemeinschaftsschule muss, wie alle anderen Schularten auch, ihre eigenen Ansprüche erfül len. Momentan sind gewisse Zweifel angebracht.
Wichtig wäre daher zum einen, den Eltern reinen Wein einzu schenken und ihnen diese Informationen nicht vorzuenthal ten, und zum anderen, schnellstmöglich ein tragfähiges flä chendeckendes Konzept für die Kooperation mit den berufli chen Gymnasien aufzubauen. Keine akzeptable Lösung ist die Absenkung des Niveaus an den allgemeinbildenden Gymna sien, wie wir heute Morgen schon gehört haben.