Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist dem Ge setz einstimmig zugestimmt.
U m s e t z u n g d e r E m p f e h l u n g e n d e r E n q u e t e k o m m i s s i o n „ F i t f ü r s L e b e n i n d e r W i s s e n s g e s e l l s c h a f t – b e r u f l i c h e S c h u l e n , A u s - u n d W e i t e r b i l d u n g “
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen, liebe Kollegen! In der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ hatten wir mehrere Dutzend Empfehlun gen, auch gemeinsam getragene Empfehlungen, verabschie det. Ich denke, es ist schon wichtig, von Zeit zu Zeit einmal eine Art Zwischenbilanz zu ziehen und zu schauen, was wir von diesen Empfehlungen umgesetzt haben. Deshalb möchte ich die Regierungsbefragung heute nutzen, um drei Fragen an das Kultusministerium zu stellen.
Erstens: Welche Maßnahmen wurden zur Stärkung der dua len Ausbildung sowie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und des Fachkräftenachwuchses mittlerweile unternommen?
Zweitens: Welchen Nutzen haben die umgesetzten Maßnah men bei der Unterstützung und Förderung aller Schülerinnen und Schüler mit ihren unterschiedlichen Begabungen und na türlich auch mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten gebracht?
Drittens: Wir hatten eine Reihe von Empfehlungen für die Phase nach der Schule und nach der Berufsausbildung verab schiedet. Deshalb meine Frage: Welche Fortschritte sind im Bereich der Weiterbildung erzielt worden?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank an den Kollegen Kleinböck dafür, dass er heute das Augenmerk in der Regierungsbefragung auf diesen wichtigen Bereich der beruflichen Schulen im Zusam menhang mit den Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ richtet. Denn in der Tat ist diese Agenda, die sich alle hier im Landtag vertretenen Fraktionen seinerzeit gegeben haben, heute noch sehr aktuell.
Auch die beruflichen Schulen müssen, um den sich ständig verändernden Herausforderungen begegnen zu können, im mer wieder ihre eigene Systematik, ihre eigene Pädagogik überprüfen. Für viele der notwendigen Reformschritte sind gerade auch die Empfehlungen der Enquetekommission ganz wichtige unterstützende Faktoren. Deswegen möchte ich an den Beginn meiner Ausführungen noch einmal die klare Aus sage stellen, dass das berufliche Schulwesen ganz sicher ei nes der Aushängeschilder unseres Bildungssystems in BadenWürttemberg ist und damit als Brücke in die berufliche Aus bildung und in den Beruf auch ein Erfolgsgarant unseres Wirt schaftsstandorts ist.
Die vielfältigen Abschlussmöglichkeiten, die vielfältigen Bil dungswege im Bereich der beruflichen Schulen ermöglichen es, möglichst vielen jungen Menschen den Weg in Ausbildung oder Studium zu ebnen und sie gleichzeitig in gewisser Wei se auch schon, bezogen auf bestimmte Berufsbilder oder Be rufsprofile, vorzuqualifizieren.
Ich glaube, uns allen ist bekannt, dass die Entwicklungen in unserer Gesellschaft gerade auch die beruflichen Schulen vor große Herausforderungen stellen. Dazu gehören aktuell das Thema Zuwanderung, das Thema Flüchtlinge, aber auch die Gewissheit, dass wir heute – ganz anders als noch vor Jahr zehnten – von lebenslangem Lernen sprechen und dieses auch Wirklichkeit werden lassen müssen. Natürlich stehen die be ruflichen Schulen gerade auch im Hinblick auf die Weiterent wicklung der Schullandschaft vor großen Herausforderungen, auch hier jeweils die richtigen Anschlussmöglichkeiten zu bie ten.
An konkreten Einzelmaßnahmen möchte ich die folgenden beispielhaft aufführen – es sind wirklich zahlreiche Maßnah men aus ganz verschiedenen Bereichen –:
Zum einen nenne ich die Erweiterung der Einführung von Ganztagsangeboten an beruflichen Schulen auf inzwischen 160 Klassen an 71 beruflichen Schulen.
Weiter nenne ich das sehr erfolgreiche Modell der Auswei tung der dualen Ausbildungsvorbereitung, der sogenannten AV Dual. Nachdem es in vier Modellregionen zur Erprobung mit 433 Jugendlichen gestartet war, sind im laufenden Schul jahr bereits zehn Modellregionen dabei, dieses Erfolgsmodell umzusetzen. Ich gehe davon aus, dass die duale Ausbildungs vorbereitung, also die stärkere betriebliche Prägung gerade auch im Bereich der Praktika, für viele Jugendliche der rich tige Weg ist, um möglichst schnell in ein Ausbildungsverhält nis zu gelangen.
Ich nenne die Fortsetzung der Teilnahme von über 180 Schu len an der ebenfalls aus den Empfehlungen der Enquetekom mission aufgelegten Maßnahme zur individuellen Förderung. Im Hinblick auf das Thema „Heterogenität an beruflichen Schulen“ ist dies auch ein ganz wichtiger Schlüssel zur Be wältigung der Aufgaben.
Zum Schuljahr 2014/2015 haben – um auch das Thema Inklu sion anzusprechen – insgesamt 124 Schulen einen sonderpä dagogischen Dienst eingerichtet. Dabei ist dieses Angebot im Schuljahr 2014/2015 im Rahmen der Fortsetzung der Maß nahmen zur Inklusion um 19 Schulen erweitert worden. Auch in diesem Bereich müssen die beruflichen Schulen natürlich auf die veränderten Anforderungen reagieren.
Wir haben als Schulversuch – auch über die Enquetemittel – die Einführung der Fremdsprache Englisch in der Berufsschu le vorangebracht. Daran haben zuletzt 189 Schulen mit fast 3 000 Berufsschulklassen teilgenommen.
Im Rahmen des bedarfsgerechten Ausbaus der beruflichen Gymnasien wurde u. a. über die Empfehlungen der Enquete kommission auch das Sozialwissenschaftliche Gymnasium entsprechend den Vorgaben der KMK in ein Profil Soziales überführt und durch ein Profil Gesundheit ergänzt. 2010/2011 wurde ja bereits das Profil Umwelttechnik am Technischen Gymnasium eingeführt, das derzeit an 25 Schulstandorten – auch ausgelöst durch die Empfehlungen der Enquetekommis sion – angeboten wird.
Über die Enquetemittel haben wir auch ein umfangreiches Fortbildungsbudget für schulspezifische Fachfortbildungen geschaffen. Auch das ist ganz wichtig, um die Lehrkräfte hier auf der Höhe der Zeit zu halten.
Im Rahmen der Evaluation, gerade auch im Bereich von Er ziehung und Pflege, haben wir durch die sogenannte AZAVZertifizierung einen ganz wichtigen Schritt gemacht. Wir kön nen nämlich heute mit unseren beruflichen Schulen selbst die entsprechenden Zertifizierungsmöglichkeiten nachweisen. Das erspart natürlich der öffentlichen Hand Kosten, wenn die Schulen selbst in der Lage sind, AZAV-Zertifizierungen vor zunehmen, und damit im Bereich der Weiterbildung auch wichtige Angebote machen können.
Ferner haben wir durch Enquetemittel ein Zulagenprogramm zur Gewinnung von Lehrkräften in den sogenannten Mangel fächern bewerkstelligt. Auch das unterstützt die Schulen.
Dazu kommen natürlich auch Maßnahmen, die ohne Enquete mittel vorgenommen wurden. Wir haben das Unterrichtsdefi zit reduziert, wir haben die Bugwelle nicht weiter anwachsen lassen und viele weitere Maßnahmen ergriffen.
Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, bin ich in diesem Bereich der Empfehlungen der Enquetekommissi on davon überzeugt, dass die aufgezählten Maßnahmen die richtigen waren, um unsere beruflichen Schulen erfolgreich weiterzuführen.
Zur Weiterbildung habe ich jetzt noch nichts gesagt, aber hier steht „Sprechzeitende“. Ich werde das nachholen.
Genau. Herr Minister, ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass die Fragesteller maximal drei Minuten Zeit haben, um ihre Frage zu formulieren, und die zuständigen Ressortministerinnen und -minister für ihre Antworten fünf Minuten Zeit haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es vorweg zu sagen – ich habe ja jetzt drei Minuten Zeit; insofern kann ich das Ganze auch ein bisschen ausschmü cken –:
In der Regierungszeit der früheren Großen Koalition wurde ein wegweisender Beschluss gefällt, nämlich dass die En quetekommissionen mit die wertvollsten parlamentarischen Einrichtungen sind. Damit hat man wirklich die Chance, frak tionsübergreifend Handlungsempfehlungen zu entwickeln und diese auch fraktionsübergreifend umzusetzen. Damit legen sich alle Fraktionen und auch die Regierung – unabhängig da von, wer regiert – selbstverpflichtend auf, die Handlungsemp fehlungen entsprechend umzusetzen. Insofern ist es auch selbst verständlich und erwartungsgemäß, dass die Handlungsemp fehlungen – die Sie auszugsweise zitiert haben – auch 1 : 1 umgesetzt werden.
Dennoch habe ich eine konkrete Frage. Die Regierungsfrak tionen von Grünen und SPD haben damals als Oppositions fraktionen ein Sondervotum abgegeben. Bestandteil des rotgrünen Minderheitenvotums war, ab 2010 pro Jahr 400 zu sätzliche Deputate für das berufliche Schulwesen einzurich ten. Votum von SPD und Grünen war also: zusätzlich drei Mal 400 Deputate. Damit meine ich nicht die Stellen, die den Schulen für eine Wiederbesetzung zur Verfügung stehen.
Herr Minister, wie gehen Sie mit diesem Sondervotum dieser Fraktionen um? Was tun Sie, um dieses Sondervotum umzu setzen? Kam es denn tatsächlich zu der Neubesetzung von ins gesamt 1 200 zusätzlichen Deputaten bis zum Jahr 2013?
Zweite Frage: Herr Staatssekretär Dr. Mentrup hatte bereits im Jahr 2012 im Bildungsausschuss ausgesagt, dass es zu ei ner Drittellösung kommt, was die Unterbringungskosten für die Bezirks- und Fachklassen betrifft. Nunmehr hat es eine ganze Legislaturperiode gedauert, bis diese Zusage auch tat sächlich eingelöst wurde. Um es konkret zu sagen: Die Ein lösung erfolgt erst nach Ablauf dieser Legislaturperiode. Wie Ihrem Haushaltsplanentwurf zu entnehmen ist, ist diese Tranche von 4 Millionen € erst nach der Sommerpause des Jahres 2016 vorgesehen.
Deswegen die konkrete Frage: Entspricht dieser Betrag exakt der Drittellösung, oder beabsichtigen Sie, darüber hinaus mehr zu tun, wie Sie es ja auch gegenüber dem Ausschuss zumin dest in Aussicht gestellt haben?
Herr Kollege Wacker, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre ers te Frage, insbesondere was das Thema Unterrichtsversorgung angeht. Ich denke, wenn wir uns einmal die letzten zehn, 15 Jahre im Hinblick auf die Unterrichtsversorgung an berufli chen Schulen anschauen, können wir feststellen – nicht ohne Grund war ja dieses Minderheitenvotum von SPD und Grü nen derart ausgefallen –, dass Sie leider allzu lange die beruf lichen Schulen auf einem ganz erklecklichen strukturellen Un terrichtsdefizit haben sitzen lassen.