Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ab 14:30 Uhr Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie von 10 bis 13 Uhr Herr Staatssekretär Dr. Andre Baumann, und ganztägig entschuldigt hat sich Frau Staatssekretärin Gisela Erler.
Meine Damen und Herren, unsere Kollegin Frau Dr. Kirsten Lehnig hat mit Schreiben vom 28. Juni 2016 mitgeteilt, dass sie ihr Landtagsmandat mit Ablauf des 4. August 2016 nie derlegen wird.
Grund für die Niederlegung des Mandats ist der Umzug von Frau Kollegin Dr. Lehnig und ihrer Familie in ein anderes Bundesland. Durch diesen Umzug verliert Frau Kollegin Dr. Lehnig die Wählbarkeit, weshalb das Landtagsmandat ohne hin erloschen wäre.
Frau Dr. Lehnig gehört dem Landtag seit dem 4. April 2016 an. Sie wurde als Mitglied in den Ständigen Ausschuss und in den Ausschuss für Verkehr sowie in den Richterwahlausschuss und in den Staatsanwaltswahlausschuss gewählt.
Ich danke Ihnen, liebe Frau Kollegin Dr. Lehnig, für Ihre – wenn auch nur kurze – Tätigkeit als Abgeordnete herzlich und wünsche Ihnen und Ihrer Familie für Ihre Zukunft viel Erfolg und alles Gute.
Meine Damen und Herren, unter Punkt 3 unserer Tagesord nung ist die Zweite und Dritte Beratung des Gesetzentwurfs über die Feststellung eines Dritten Nachtrags zum Staatshaus haltsplan von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2016 vorgesehen. Sie sind gemäß § 50 Satz 2 unserer Geschäfts ordnung mit dieser Fristverkürzung zwischen Zweiter und Dritter Beratung des Gesetzentwurfs einverstanden. – Es er hebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Aktuelle Debatte – Nach dem VERA-Schock – wie können wir in Baden-Württembergs Schulen wieder zu Bestleis
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 60 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion und zehn Minuten für den Zusammenschluss frakti onsloser Abgeordneter zur Verfügung. Ich darf die Landesre gierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten.
Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Kurz vor der Landtagswahl muss der Ministerpräsident eine Vorahnung gehabt haben, wie die VERA-Vergleichsarbeiten in Baden-Württemberg ausfallen würden. So heißt es in einem Bericht der „Bietigheimer Zei tung“ vom 5. Februar 2016 über eine Podiumsdiskussion – ich zitiere –:
Kretschmann gesteht ein, dass man (Warminski-Leitheu ßer) in der Bildungspolitik nicht alles richtig gemacht ha be. Die Abschaffung der verbindlichen Grundschulemp fehlung wäre besser am Ende der Reform geschehen. „So hat es manches erschwert“, resümiert der Regierungs chef, ohne seine Anspielung näher zu begründen.
Genau um dieses zu verhindern, nämlich die überstürzte und unvorbereitete Abschaffung der Verbindlichkeit der Grund schulempfehlung, redeten die Fraktion der FDP/DVP und da mals auch noch die Fraktion der CDU geradezu gebetsmüh lenartig auf die grün-rote Regierungsmehrheit ein – vergeb lich. Die ideologische Dampfwalze rollte ungerührt über die sorgenvollen Einwände hinweg.
Stattdessen wurde die Gemeinschaftsschule ohne vorangegan genen Modellversuch, ohne Erprobung in der Praxis, ohne Er fahrungen aus anderen Bundesländern einfach ins Schulge setz hineingeschrieben, als könnte man den Erfolg einer völ lig neuen Schulart per Dekret verordnen, und dies auch ohne Bildungsplan, ohne Lehrerfortbildung und ohne Konzept für ihre Aufgabe der Inklusion.
Zur Erinnerung: Die FDP/DVP-Fraktion hat damals einen An trag auf Einrichtung eines Modellversuchs für die erste Run de der 42 Gemeinschaftsschulen – samt sorgfältiger Evalua tion – gestellt. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie ah nen es: Auch diese Alternative war der grün-roten Koalition kein Nachdenken wert.
Gewarnt haben wir Freien Demokraten damals auch vor der versuchten oder tatsächlichen Demontage von Leistungsan forderungen, und davon legte Grün-Rot eine ganze Serie hin:
Drittens: Das Sitzenbleiben wurde nicht nur an den Gemein schaftsschulen abgeschafft, sondern – viertens – auch in der Orientierungsstufe an der Realschule.
Fünftens: Mit dem Papier „Gymnasium 2020“ plante das Kul tusministerium Niveauabsenkungen beim Abitur, genauer ge sagt: bei der zweiten Fremdsprache und durch ein Prüfungs fach weniger.
Sechstens: Der damalige Kultusminister brachte sogar eine generelle Abschaffung der Noten ins Spiel, nachdem die Ge meinschaftsschule hier schon Vorreiterin ist.
Da aber Noten im Allgemeinen auch für Leistungsrückmel dungen stehen, ging hiervon ein gefährlich missverständliches Signal an junge Menschen aus. Denn die Demontage von Leistungsanforderungen wirkt demotivierend – gerade für die jenigen, deren Eltern eben nicht konsequent ein Auge auf die schulischen Leistungen ihrer Kinder haben können. Diese Schüler geben sich dann der trügerischen Botschaft hin, Leis tung werde überschätzt.
Diesen Zusammenhang sollten sich Grüne und Sozialdemo kraten einmal bewusst machen, wenn sie Bildungserfolge von der sozialen Herkunft unabhängig machen wollen. Liebe Kol leginnen und Kollegen von SPD und Grünen, im Grunde wol len Sie den Bildungserfolg nicht von der sozialen Herkunft abkoppeln, sondern sie wollen den Bildungserfolg von der Leistung abkoppeln. Das ist aber etwas anderes.
Damit erreichen Sie im Grunde genau das Gegenteil von dem, was Sie eigentlich erreichen wollen. Dass nun bei den VERAVergleichsarbeiten ein Drittel der Achtklässler mit Ausnahme der Gymnasiasten bei der Rechtschreibung und über die Hälf te in der Mathematik nicht über das Grundschulniveau bzw. den Mindeststandard hinauskommen, ist ein Desaster für ein Land, das seinen Wohlstand dem Können, dem Fleiß und der Leistungsbereitschaft seiner Einwohner verdankt.
Ich möchte an dieser Stelle gar nicht behaupten, dass eine Landesregierung allein hierfür die Verantwortung tragen wür de, aber fest steht auch: Die vergangenen fünf Jahre unter Grün-Rot waren nicht nur fünf verlorene Jahre, sondern sie
Grünes Weltverbessern und rotes Herumdilettieren haben wahrlich kein Upgrade für unser Bildungswesen in BadenWürttemberg gebracht,
und jetzt besteht die Gefahr, dass sich grüner Unwille zur Kursumkehr und schwarze Unfähigkeit zur Veränderung ge paart haben.
Nun könnte man einwenden, der FDP/DVP müsste ein Schul konsens doch eigentlich sehr sympathisch sein.
Schließlich haben wir im Jahr 2014 als bislang einzige Land tagsfraktion ein konkretes Konzept für einen Schulfrieden vor gelegt. Doch unser liberales Schulfriedenskonzept unterschei det sich ganz wesentlich vom grün-schwarzen Schulkonsens. Darauf gibt der grün-schwarze Koalitionsvertrag auch schon einen Vorgeschmack; ich nenne einige Punkte:
Der grün-schwarze Schulkonsens sucht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Grünen und CDU, anstatt zu prüfen, was für die Verantwortlichen vor Ort die beste Lösung wäre.
Konkretes Beispiel: die Verlängerung des sogenannten G9-Schulversuchs. Die Grünen wollen sein Auslaufen, die CDU vollständige Wahlfreiheit.