Protokoll der Sitzung vom 23.07.2020

Ich sage Ihnen auch, das Rekrutieren von Mitarbeitern und das Besetzen dieser Stellen wird nach der zweiten Welle – von der wir ja alle wissen, dass sie kommen wird, nämlich die In solvenzwelle und die Arbeitslosenwelle – überhaupt kein Pro blem sein.

Der nächste Punkt ist das hier schamvoll kaschierte Wahlge schenk der Grünen an ihre Klientel, die Besoldungen bei den Schulleitern, den Schulrektoren anzuheben. Ja, ich weiß, dass insbesondere bei Grundschulen, aber auch bei Real- und Werkrealschulen zum Teil große Lücken bestehen und es gro ße Schwierigkeiten gibt, Schulrektoren über das normale, heu te gebräuchliche und vorgeschriebene Bewerbungsprinzip zu gewinnen. Aber wir haben in der Lehrerschaft ganz mehrheit lich Beamte. Wenn Sie Schulrektoren brauchen, dann brau chen Sie in dieser Situation, jetzt, die Gehälter. Das ist ein Ge setz, das Sie erarbeitet haben, bevor wir in die größte Krise aller Zeiten gerutscht sind. Weisen Sie es dienstrechtlich an, dass der geeignete Lehrer Schulrektor wird, und er wird es machen müssen, und zwar beamtenrechtlich.

Insbesondere: 27 Millionen € für die Heilfürsorge statt der Beihilfe. Ja, schön. Es ist schön, wenn wir uns das leisten kön nen. Die Heilfürsorge ist seit Bestehen des Landes BadenWürttemberg für den Polizeidienst vorgesehen. Bundesweit bekommen Heilfürsorge auch noch Soldaten. Warum ist das so? Weil die Heilfürsorge für alle unsere Beamten vorgesehen ist, die in Ausübung ihrer staatlichen Tätigkeit einer besonde ren Gefährdung unterliegen. Nun hat eben – er ist wahrschein lich gegangen, weil er das schon geahnt hat – der Herr Innen minister in der Regierungsbefragung ausgeführt, dass er ins letzte Jahrhundert gehen muss – ins letzte Jahrhundert! –, um einen Zeitpunkt zu finden, zu dem Baden-Württemberg so si cher und ruhig und angenehm für die Bevölkerung, für alle Baden-Württemberger war wie heute. Jetzt frage ich mich, wie Sie es Ihren Wählern erklären wollen, dass im sichersten Baden-Württemberg aller Zeiten die Arbeit in unserem Jus tizvollzug so gefährlich ist, dass wir den dort Beschäftigten wegen der besonderen Gefährdung die Heilfürsorge andienen müssen – die den Steuerzahler 27 Millionen € kostet und die nur für besonders gefährdete Gruppen, nämlich Polizisten und Soldaten, vorgesehen war.

(Zurufe)

Wäre es nicht sehr viel sinnvoller, dieses Geld zu nehmen, um die Ursachen dafür zu bekämpfen, dass die Arbeit im Justiz vollzug so gefährlich geworden ist?

(Zuruf: Keine Ahnung!)

Vor Corona wäre dieser Gesetzentwurf rundherum richtig ge wesen; aktuell ist er völlig aus der Welt gefallen.

(Beifall)

Herr Abg. Fischer, Sie ha ben das Wort für die FDP/DVP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Da ich der Letz te bin, könnte ich eigentlich sagen: „Den Letzten beißen die Hunde“ – wenn ich so in die Runde schaue.

(Zurufe – Unruhe)

Auf der anderen Seite könnte ich aber auch sagen: Herzlichen Dank, dass ich vor diesem erlesenen Kreis meine Rede halten darf.

(Beifall – Oh-Rufe)

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Landesbe soldungsgesetzes sowie weiterer Vorschriften ist laut Landes regierung die Umsetzung einer Vielzahl von aufgelaufenen Änderungsbedarfen im Beamten- und Besoldungsrecht. Das stimmt einerseits; andererseits ist dies aber teilweise das Ein geständnis des Scheiterns der aktuellen Regierung wie auch der grün-roten Vorgängerregierung.

(Widerspruch – Zuruf: Na, na! – Vereinzelt Lachen)

Doch. Denn zu weiteren versprochenen Änderungen im Be amtenrecht werden den Partnern dieser Koalition die Kraft und die Zeit fehlen.

Beispiel Lebensarbeitszeitkonten und 40-Stunden-Woche: Die vom Beamtenbund zu Recht geforderte Absenkung der Wo chenarbeitszeit wenigstens auf 40 Stunden findet sich in Ih rem Gesetzesvorhaben wieder nicht;

(Beifall)

noch nicht einmal die Lebensarbeitszeitkonten, auf die man die 41. Stunde dann vielleicht draufbuchen könnte, sind hier enthalten. Damit ist das Land Baden-Württemberg weiter Spit zenreiter bei der Arbeitszeit der Beamten. Bei der Aufsto ckung wurde versprochen, dies in besseren Zeiten wieder rückgängig zu machen. Nun sind die besseren Zeiten erst ein mal wieder vorbei, ohne dass dieses Versprechen eingelöst worden wäre.

Beispiel Verschlechterung bei den Beamten durch das grünrote Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014: Dieser Katalog des Grauens, den die grün-rote Vorgängerregierung damals ver abschiedet hatte, musste auf Druck von Gerichten ja teilwei se schon wieder einkassiert und teuer ausgeglichen werden.

Die Draufsattelung bei der abgesenkten Eingangsbesoldung und nun die willkürlich abgesenkte Schwelle bei der Zuver dienstgrenze für Ehe- und Lebenspartner auf 10 000 €: Im Be schluss des Gerichts kommt das Unverständnis über die da malige Missachtung einfachster Grundsätze im Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Beamtinnen und Beamten zum Ausdruck. Einfach kürzen, weil es halt nötig erscheint – so kann und darf das Land mit seinen Beamtinnen und Beamten nicht umgehen.

Sie haben dies und die weitere angegriffene Berechnungs grundlage nun korrigiert und ebenso die Steigerung auf 20 000 € ins Gesetz geschrieben. Dem werden wir natürlich zustimmen.

Nun zu diesem Gesetzentwurf. Sie schaffen das Eingangsamt A 5 ab – was zu begrüßen ist, da mit diesem Einstiegsgehalt hier in den Ballungszentren eine Familie nicht mehr zu ver sorgen ist. Was hier wie eine Großzügigkeit daherkommt, ist aber in Wahrheit ebenfalls Gerichtsentscheidungen geschul det. Diese zwingen, den Abstand von der Besoldung eines Staatsdieners zur Sozialhilfe einzuhalten. – Darüber möchte ich nicht noch weiter nachdenken. Das geht gar nicht.

Der Beamtenbund hat hier mit dem Färber-Gutachten nach gewiesen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Sie lö sen das nun über diesen Weg, den wir mitgehen.

Ebenso unterstützen wir die Anhebung der Besoldung für Schulleitungen und Konrektoren, auch wenn das zahlenmä ßig ein großer Batzen ist. Die zugrunde liegende Erkenntnis, dass eine Schule ein komplizierter Organisationsbetrieb ist, der nicht so nebenbei erledigt werden kann, ist folgerichtig und kommt endlich in der schulischen Realität an.

(Beifall)

Der Staat mag von Voraussetzungen leben, die er nicht selbst herstellen kann – was ein Stück weit auch auf die Opferbe reitschaft seiner Bediensteten zutrifft. Allerdings hat man sich im schulischen Alltag zu sehr darauf ausgeruht. Die Folgen kennen wir alle: Lehrermangel, Schulleitermangel, Konrek torenmangel. Warten wir ab, was die nun vorgeschlagenen Maßnahmen erreichen können.

Für eine leistungsfähige Verwaltung benötigen wir nicht nur motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch ei ne Ausstattung auf der Höhe der Zeit. Ist diese gegeben, kön nen wir auch leichter die von mir genannten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen umsetzen.

(Zuruf: Genau!)

Weitere Punkte werden wir dann nach der Sommerpause im Ausschuss diskutieren.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ich habe noch sieben Minuten.

(Heiterkeit)

Noch sieben Sekunden. – Ich bedanke mich für die letzten zwölf Monate. Ich bin jetzt zwölf Monate im Landtag. Ich be danke mich für die Unterstützung, für das Verständnis, Herr Stickelberger, dass ich in manchen Ausschusssitzungen viel leicht über das Ziel hinausschieße oder Fragen stelle, wo sie nicht hingehören. Ich denke aber: Auch das bekomme ich noch in den Griff.

Ab September haben wir dann wieder Gelegenheit, diese Din ge dann in Zusammenarbeit gemeinsam richtigzustellen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir können die Aussprache beenden.

Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/8487 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen zu über weisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 9 erledigt.

Ich rufe die Punkte 10 bis 22 der Tagesordnung gemeinsam auf:

Punkt 10:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 15. Juni 2020 – Jährliche Unterrichtung des Landtags ge mäß Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes zu dem Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg e. V. (VDSR-BW) – Drucksachen 16/8260, 16/8472

Berichterstatter: Abg. Reinhold Gall

Punkt 11:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses zu dem Antrag der Landesregierung vom 14. Ju li 2020 – Zugehörigkeit von Mitgliedern der Landesregie rung zu Organen wirtschaftlicher Unternehmen – Druck sachen 16/8473, 16/8475

Berichterstatter: Abg. Rüdiger Klos

Punkt 12:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen zu der Mitteilung der Landesregierung vom 23. Ju ni 2020 – Bericht der Landesregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Denkschrift 2016 des Rechnungshofs zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Ba den-Württemberg – Beitrag Nr. 17: Landesamt für Geo information und Landentwicklung Baden-Württemberg – Drucksachen 16/8299, 16/8440

Berichterstatter: Abg. Dr. Albrecht Schütte

Punkt 13: