Protokoll der Sitzung vom 09.05.2018

Ich darf um Ruhe bitten, auch in der ersten Reihe. – Vielen Dank.

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Weinmann das Wort.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Herr Abg. Sckerl, ich darf Sie um Ruhe bitten.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ich darf mich empören, Frau Präsidentin!)

Sie dürfen sich empören.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Auch ohne Ihre Erlaubnis! – Glocke der Präsidentin)

Sie dürfen sich empören. Aber die Debatte wird hier geführt. Und wenn der nächste Redner am Redepult steht, bitte ich um Ruhe. – Vielen Dank.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist nicht gut für den Blutdruck! – Gegenruf des Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Da habe ich keine Probleme! – Abg. Winfried Mack CDU: Ich möchte den Kolle gen unterstützen! – Heiterkeit)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Gern hätte ich dem Zwist noch etwas zugehört. Aber in der Tat ist das Thema viel zu ernst, als dass wir es hier in die Lächerlichkeit ziehen sollten.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD)

Daten sind die neue Währung, sind das neue Öl, und die Da tensicherheit ist hierfür elementar. Beides – Datenschutz und Datensicherheit – sind in der EU-Datenschutz-Grundverord nung verankert und in ihrer grundlegenden Stoßrichtung rich tig und begrüßenswert.

Der vorliegende Gesetzentwurf nutzt die Gestaltungsspielräu me, die die Datenschutz-Grundverordnung eröffnet, zum Teil sehr weitgehend aus.

Problematisch – das hat auch die bisherige Diskussion gezeigt – ist die Zusammenschau der Datenschutz-Grundverordnung mit bereichs- und berufsspezifischem Datenschutzrecht.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Klar!)

Dabei geht es von der Frage der Datenverarbeitung öffentli cher Stellen zu anderen Zwecken – welchen? – über die Fra ge einer bestimmten Regelung des innerbehördlichen Daten austauschs, über Beschränkungen des Auskunftsrechts, den Umfang der Prüfungsbefugnisse des Landesbeauftragten für den Datenschutz bis hin zur Notwendigkeit zur Regelung der Grenzen der Befugnisse der Aufsichtsbehörden bei Berufen mit besonderer Verschwiegenheit – vergleichbar mit § 29 Ab satz 3 des neuen Bundesdatenschutzgesetzes.

Allein die Vielzahl der von den Verbänden und Institutionen und vom Landesbeauftragten für den Datenschutz – Herr Dr. Brink ist heute unter uns – vorgebrachten Bedenken zeigt, dass die von uns und den Kolleginnen und Kollegen von der SPD initiierte Anhörung, die am 4. Juni stattfinden wird, notwen dig ist.

Gleichwohl – Kollegin Gentges hat es angesprochen – ist das Tempo des weiteren Verfahrens durchaus fragwürdig. Bereits am 6. Juni soll dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung ver abschiedet werden. Eine ernsthafte und gewissenhafte Ausei nandersetzung mit den Ergebnissen der Anhörung ist da kaum vorstellbar und – mit Verlaub – wohl auch nicht gewünscht.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Dabei ist der zeitliche Druck selbst verschuldet. Seit Jahren ist bekannt, dass zum 25. Mai 2018 die Datenschutz-Grund verordnung in Kraft treten wird. Erstmals vor wenigen Wo chen ist die Landesregierung in die Pötte gekommen und hat einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Damit ist die Landesregierung nicht allein verantwortlich, aber doch mit verantwortlich dafür, dass dieses Thema erst jetzt im Handel, im Gewerbe und in der Gesellschaft ankommt und erst jetzt langsam auf uns zukommt. Profitieren von dem Damokles schwert des 25. Mai werden die bereits mit den Hufen schar renden Abmahnkanzleien, profitieren werden die Fortbil dungs- und Ausbildungsträger,

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

die heute durchs Land tingeln und teure Fortbildungsmaßnah men verkaufen. Das hätte so nicht passieren müssen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD sowie des Abg. Rainer Stickelberger SPD – Abg. An ton Baron AfD: Vollkommen richtig!)

Grundlegend ist bei der Ausgestaltung und der euroweiten Umsetzung auch zu berücksichtigen, dass eine einheitliche und transparente Umsetzung erfolgt; denn es steht zu befürch ten, dass einige Mitgliedsstaaten eine lückenhafte Umsetzung als Standortvorteil nutzen wollen.

Es ist angesprochen worden: Natürlich haben wir Verständnis für den Unmut; denn mit der Umsetzung der DatenschutzGrundverordnung werden Unternehmen und Vereine, aber ins besondere auch kleine Handwerksbetriebe und Freiberufler ordentlich zu kämpfen haben, sind doch die Belastungen be sonders für Kleinunternehmen unverhältnismäßig hoch.

Dass sich die Regierung mit ihren Behörden von dem stärks ten Druckmittel, nämlich den Bußgeldern, ausnimmt, ist schwer vermittelbar und bestätigt die Sorge, dass gerade bei der öffentlichen Hand der Datenschutz noch nicht den Stel lenwert genießt, der eigentlich geboten ist.

In diesem Sinn werden wir die vorgebrachten Bedenken im Rahmen der von uns beantragten Anhörung diskutieren und gegebenenfalls Änderungsanträge einbringen.

Herr Minister Strobl, Sie hatten vorhin gesagt, Maß und Mit te seien der Ausdruck dieses Gesetzes. Ich denke, Mittelmä ßigkeit sollte nicht unser Maßstab sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD)

Nun erteile ich Herrn Abg. Dr. Gedeon das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Nachteile sind klar: Bürokra tie, Bußgeldverfahren usw. Die Vorteile sind nicht klar. Der FC Rielasingen muss jetzt, wenn er an sein Schwarzes Brett schreibt, dass der Spieler XY für das nächste Spiel gesperrt ist, erst einmal die Genehmigung dafür einholen. Das ist im Wesentlichen Beschäftigungstherapie und Ablenkungsthera pie.

Das entscheidende Problem ist ein ganz anderes: Das entschei dende Problem ist Facebook, das entscheidende Problem ist Google. Die wissen, wann ich eine Theaterkarte bestelle. Die handeln mit den Intimdaten. Da wird jedoch nichts Wesentli ches gemacht. Insofern ist das Ganze für mich ein Ablen kungsmanöver, typisch EU: Man lässt die Leute sich an ir gendwelchen Nebenfronten beschäftigen, um von der eigent lichen Gefahr, die uns droht, der totalen Kontrolle, der tota len Steuerung durch Facebook, Google und die ganzen Kon zerne, abzulenken.

Darum fordere ich, diese EU-Politik nicht mitzumachen. Das ist typische Ablenkungspolitik. Ich fordere, das zu boykottie ren. Auf das bisschen Gutes, was daran ist, können wir ver zichten.

Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Her mann Katzenstein GRÜNE)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Aussprache ist da mit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/3930 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres, Digitalisie rung und Migration sowie federführend an den Ständigen Aus schuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen. Vielen Dank.

Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der AfD – Gesetz zur Änderung des Kreistagswahlrechts – Druck sache 16/3686

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

In der Aussprache erteile ich nun für die Fraktion der AfD Herrn Abg. Berg das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen Abgeordnete! Wir wollen heute über ein wenngleich trockenes, so doch sehr wichtiges Thema debat tieren, nämlich über die von der AfD-Fraktion beantragte Än derung des Kreistagswahlrechts, wodurch die 2013 abge schaffte Möglichkeit einer Kandidatur in zwei Wahlkreisen innerhalb eines Landkreises wieder eingeführt werden soll. Damit wird das Kreistagswahlrecht in Baden-Württemberg in diesem Punkt dem Landtagswahlrecht wieder angeglichen.

Weshalb sollte eine Doppelkandidatur bei der einen Wahl pro blemlos implementiert werden können und bei der anderen nicht? Dies ergibt für uns, die AfD-Fraktion, wenig Sinn, lie be Kollegen.

(Beifall bei der AfD)

In den 35 Landkreisen in Baden-Württemberg werden jeweils 36 bis 86 Kreistagsdirektmandate vergeben. Ebenso viele Kandidaten sind mindestens notwendig, damit eine Partei oder eine Wählervereinigung ihr volles Stimmenpotenzial aus schöpfen kann. Hochgerechnet sind es landesweit ca. 2 000 Kandidaten, die eine Partei aufstellen muss, um flächende ckend mit vollen Wahllisten antreten zu können.

Durch die Ermöglichung der Doppelkandidatur, wie sie von uns angestrebt wird, würde eine Partei also trotzdem noch über 1 000 Kandidaten landesweit benötigen, die sich zur Wahl stellen. Eine Partei, liebe Kollegen, die über 1 000 Kan didaten in ganz Baden-Württemberg aufstellen kann, sollte doch die nötige Legitimation haben, um bei der Kreistagswahl die gleichen Chancen zu erhalten wie die großen Parteien. Fin den Sie das nicht auch, werte Damen und Herren?

(Beifall bei der AfD)

Da bei der Vergabe der Direktmandate im ersten Schritt die Anzahl der erhaltenen Stimmen für einen einzelnen Kandida ten kaum eine Rolle spielt, sind die Kandidaten von einer möglichst vollständig aufgefüllten Wahlliste abhängig. Nur

so können genug Stimmen auf der Wahlliste angesammelt werden, um eines der Direktmandate zu erhalten.