Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie herzlich zur 106. Vollsitzung des Bayerischen Landtags, die ich hiermit auch eröffne. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Diese Genehmigung wurde erteilt. Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 15.
Der Doppelhaushalt des Kultusministeriums 2003/2004 steht im Zeichen einer gewaltigen Kraftanstrengung zugunsten der Bildungschancen der bayerischen Kinder und Jugendlichen. Die Bundespolitik hat mit ihrer verfehlten Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik alle öffentliche Haushalte in Bedrängnis gebracht. Wir stellen uns der Herausforderung und legen einen Haushalt vor, ohne der nachfolgenden Generation eine höhere Schuldenlast aufzubürden.
Die Ausgaben für Unterricht und Kultus machten 1987 16,8% des gesamten Staatshaushalts aus. Der Anteil wird 2004 auf circa 22,2% steigen. Die Kennzeichen des Doppelhaushalts 2003/2004 sind: Der Bildungsetat wird im Jahr 2003 circa 7,5 Milliarden e umfassen und 2004 auf circa 7,8 Milliarden e ansteigen. Damit steigen die Ausgaben im Bildungsetat in diesen beiden Jahren zum wiederholten Male an. Somit wird das Kultusministerium weiterhin den größten Anteil am Gesamthaushalt haben.
Leider erlaubt es die wirtschaftliche Lage nicht, aus dem Vollen zu schöpfen. Trotz einer vorausschauenden und soliden Haushaltspolitik leben wir auch in Bayern nicht auf einer Insel der Seligen. Nicht alles, was in Berlin verbockt wird, kann hier in Bayern repariert werden.
Wenn das Ziel des ausgeglichenen Staathaushalts bis 2006 erreicht werden soll, müssen alle Ressorts Opfer bringen. Die Staatsregierung ist sich aber dessen bewusst, dass die Bildung der Motor der Zukunft ist. Deshalb können wir die geplanten Maßnahmen zur weiteren Verbesserung des Bildungswesens weitgehend so durchführen, wie wir es geplant haben. Nach meinem
Dafürhalten setzen wir damit die richtigen Zeichen. Die Bildungschancen unserer Kinder und Jugendlichen haben für uns deshalb höchste Priorität. Erfolgreiche Bildungspolitik ist das Markenzeichen des Freistaats Bayern.
Wir haben ein gegliedertes, begabungs- und damit kindgerechtes Schulwesen geschaffen und in ganz Bayern ein flächendeckendes Netz weiterführender Schulen aufgebaut. Die Qualität unserer Schulen und ihrer Abschlüsse ist in ganz Deutschland und darüber hinaus anerkannt.
Die Pisa-Studie hat unsere Politik bestätigt. Sie ist aber auch Ansporn. Nur Bayern und Baden-Württemberg können nach der Pisa-Studie international überhaupt mithalten: Erstens. Im internationalen Vergleich liegt Bayern als einziges Land immer über dem OECDDurchschnitt, sogar im oberen Drittel. Zweitens. In Deutschland belegt Bayern in allen untersuchten Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften Platz eins. Drittens. Unsere Schülerinnen und Schüler lesen häufiger zum Vergnügen als die Jugendlichen in anderen Ländern. Außerdem sind die Schüler und ihre Eltern – im Gegensatz zu dem, was die Opposition hier so gerne behauptet – mit ihren Schulen wesentlich zufriedener, als dies anderswo in Deutschland der Fall ist. Viertens. Im Gymnasialvergleich hat Bayern die größte Gruppe an Schülerinnen und Schülern mit Leistungen auf höchstem Niveau und in allen drei Untersuchungsbereichen betreffend die gesamte Schülerschaft die kleinsten Gruppe mit schlechten Leistungen. Fünftens. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund werden in Bayern wesentlich besser gefördert als in anderen Ländern. Ihre Leistungen liegen über denen von Jugendlichen mit vergleichbarem Hintergrund, oft sogar – und das erstaunt mich immer wieder – über denen der deutschen Jugendlichen in anderen Ländern, und sind denen der so viel zitierten skandinavischen Länder ebenbürtig.
Wir werden alles daran setzen, dass die bayerischen Schülerinnen und Schüler nicht nur weiterhin in Deutschland an erster Stelle liegen, sondern auch international an die Spitze vorstoßen. Daran wird uns auch die Berliner Chaostruppe nicht hindern.
Mit den Worten „Qualität ist nicht alles“ offenbart Frau Bulmahn ihre negative Einstellung zur Schule, zu Leistung und Bildungsniveau. Die 68er lassen einen halt doch nicht so leicht los. Das gilt auch für ihren Glauben an den Zentralismus, wenn sie mit allen Mitteln versucht, ihre Zuständigkeiten selbst gegen das Grundgesetz zu erweitern und die Kulturhoheit der Länder im Föderalismus auszuhebeln. All das tut sie nur, um über die Fehlleistungen von Rot-Grün hinwegzutäuschen.
Zentralistische Konzepte sind aber kontraproduktiv. Wir dürfen nicht deutschlandweite Gleichmacherei betreiben, sondern müssen den Wettbewerb um die besten Lösungen suchen. Nur das kann uns weiterbringen. Ein gutes Beispiel für die Ineffektivität und Arroganz der
Bundesbildungsministerin ist die Erarbeitung von länderübergreifenden Bildungsstandards. Schon im Mai 2002 haben die Kultusminister in der Kultusministerkonferenz beschlossen, für alle Länder geltende Bildungsstandards und regelmäßige vergleichende Tests unter wissenschaftlicher Begleitung zu erarbeiten. Während Frau Bulmahn im Februar der Öffentlichkeit durch einen Sachverständigen erklären lassen will, was Standards sind und wie sie erarbeitet werden sollten, präsentiert die Kultusministerkonferenz bereits die ersten Ergebnisse. Bayern hat daran federführend mitgearbeitet. Wir haben gemeinsam mit den unionsregierten Ländern Standards vorgelegt, als andere noch darüber diskutierten.
Aber die Bundesregierung versucht auch noch auf anderen Wegen, die Länder auszubooten. Da ist dieses scheinbar großzügige Danaer-Geschenk von 4 Milliarden e für Ganztagsschulen. Diese 4 Milliarden e halte ich inzwischen für einen Wahlkampfgag, der in die Reihe der nicht erfüllten Wahlkampfversprechen eingereiht werden muss.
Man muss sich nur einmal die vorgeschlagene Verwaltungsvereinbarung vom Bund an die Länder ansehen. Die war vor der Bundestagswahl aber nicht erhältlich. Jetzt, nach der Bundestagwahl, haben wir sie erhalten. Es wurde allerdings vergessen, das Datum zu ändern. Noch heute steht der 06. 09. 2002 darauf. Ich bin sehr erstaunt, was darin zu finden ist.
Erstens. Ich finde in dieser Verwaltungsvereinbarung einen Finanzierungs- und Haushaltsvorbehalt. Das heißt, die vier Milliarden e sind überhaupt nicht garantiert, sondern hängen davon ab, ob der Haushalt hält.
Zweitens. Die Länder und Kommunen bleiben auf den eigentlichen Kosten, nämlich den Personal- und Betriebskosten völlig alleine sitzen. Dafür gibt es keinen Euro dazu.
(Zuruf der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD) – Dr. Bernhard (CSU): Gesamtschulen sind nicht Bundesaufgabe!)
Baumaßnahmen sind auch nicht Aufgabe des Bundes. Entweder man gibt eine Anschubleistung und will etwas machen, aber nach dem Wahlkampf zu sagen, man baut etwas, und anschließend dürfen Länder und Kommunen das Geld für Personal und Betriebskosten zur Verfügung stellen, und vorher sind sie durch die katastrophale Wirtschaftslage völlig ausgehungert worden – – Ich stelle mir die Frage, wie Länder und Kommunen angesichts dieser Situation überhaupt ihre Aufgaben erfüllen sollen.
Drittens dürfen die Mittel nach diesem Vereinbarungsvorschlag ausschließlich für Baumaßnahmen verwendet werden, und das auch nur, wenn es sich um Vorhaben handelt – jetzt bitte ich, genau zuzuhören –, die noch
nicht geplant waren. Jemand, der schon einmal etwas geplant hat und darüber nachgedacht hat und dies eingereicht hat, ist arm dran. Er hätte nämlich solange warten müssen, bis die Verwaltungsvereinbarung des Bundes kommt. Wenn sie überhaupt noch nicht vorgesehen waren oder erst wesentlich später verwirklicht würden – – Ich stelle mir die Frage, welche Bauten dabei überhaupt noch infrage kommen. Bei den Fördermöglichkeiten gibt es so viele Einschränkungen, dass es wohl leichter gewesen wäre aufzuschreiben, was innerhalb Deutschlands überhaupt noch gefördert wird. Einen besonderen Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung soll die Verwaltungsvereinbarung auch noch bringen.
Ich will die Reihenfolge aufzeigen, wie die Projekte nach der Verwaltungsvereinbarung ablaufen sollen: Die Projekte müssen von der Kommune oder dem Projektträger zunächst einmal dem Land gemeldet werden. Angesichts eines harmlosen Bauantrags oder Investitionsantrags muss ein pädagogisches Konzept erarbeitet und zu einem Bauantrag mit einem Volumen über 100000 e geliefert werden. Dann wird dieses vom Land weiter an den Bund geleitet. Der Bund prüft dann, ob das Land richtig geprüft hat bzw. ob der Projektträger wirklich ein gutes pädagogisches Konzept hat. Dann geht das von Berlin wieder zurück an das Land mit Anregungen, was noch weiter getan werden soll.
Dann wird das Land das wieder zurück an die Kommune oder an den Projektträger schicken. Anschließend kann der Projektträger das ändern und gibt das wieder ans Land. Wenn er es wieder ans Land gegeben hat, gibt es das Land wieder an den Bund. Wenn der Bund einverstanden ist, gibt er es wieder zurück an das Land. Wenn das Land weitere Dinge erhalten hat, gibt es das wieder zurück an den Projektträger.
Ich stelle mir die Frage, wie der Bund – da beziehe ich Aund B-Länder mit ein – das machen will. Wir haben wesentlich mehr Erfahrung in der Pädagogik, als sie Berlin jemals haben wird. Durch ihre Kulturhoheit haben die Länder mehr Erfahrungen damit. Man wird den Ländern doch zutrauen können, dass sie ihre Aufgaben selbstständig durchführen und sie nicht an der zentralistischen Ader von Berlin hängen.
Als Letztes möchte ich einen besonders netten Hinweis bringen, der der Verwaltungsvereinbarung noch die Krone aufsetzt. In einem Paragrafen steht die Vorschrift zur Anbringung eines Hinweisschildes. Vor jeder Schule, die 100000 e erhalten hat, selbst wenn ihr Bau die Kommune Millionen gekostet hat, der Freistaat Millionen für das Personal ausgibt, muss ein großes Schild aufgestellt