Protokoll der Sitzung vom 06.05.2003

(Zuruf der Frau Abgeordneten Steiger (SPD))

Darin sollten wir uns doch eigentlich einig sein.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch darauf hinweisen, dass die Errichtung fünf neuer Berufsfachschulen geplant und beschlossen ist. Die Standortentscheidung wird in Kürze fallen.

Die zweite Kampagne, die wir auf den Weg bringen werden, und zwar mit der bayerischen Wirtschaft, ist „Ausbildung in Bayern, unsere Zukunft – eins plus“. Wir werden dafür natürlich werben; das ist gar keine Frage. Wir werden regionale Ausbildungsstellenkonferenzen abhalten. Wir werden einen bayerischen Tag der Ausbildung, an dem alle Verantwortlichen der Politik und der Wirtschaft beteiligt sein werden, abhalten. Wir werden direkt Ausbil

dungsstellen einwerben. Den Tag der Ausbildung werden wir abhalten, weil wir ihn für wichtig halten. Wir halten ebenfalls die regionalen Ausbildungsmessen und Ausbildungsbörsen für ungeheuer wichtig, genauso die Medienoffensive mit einem einheitlichen Logo, auch die damit im Zusammenhang stehende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Ich weise darauf hin, dass sich die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft wirklich intensiv einbringt und sich heute bereit erklärt hat, in Bayern zusätzlich 1100 Lehrstellen zu schaffen. Das lässt sie sich in den nächsten fünf Jahren immerhin 37 Millionen e kosten, die zu den 30 Millionen e hinzukommen, die sie im Bildungsbereich ohnehin schon ausgibt.

Die Handwerkskammer hat angekündigt, für die Berufe gemäß Anlage B 20 neue Ausbildungsberufe zu schaffen. Die IHK hat sich bereit erklärt, die 47000 Lehrstellen in Bayern aufrechtzuerhalten. Keine Lehrstelle soll wegfallen. Ich meine, das ist eine großartige Leistung, zu der sich die Wirtschaft, die IHK, die Handwerkskammern und der VBW heute gemeinsam mit der Bayerischen Staatsregierung verpflichtet haben. Das verdient durchaus unseren Dank und unsere Anerkennung.

(Beifall bei der CSU)

Es gibt etwas, was in Ihrer Diskussion völlig untergeht und wozu ich mich schon manchmal gefragt habe: Wo leben wir überhaupt? Sie vergessen völlig, dass wir im letzten Jahr 44000 Insolvenzen hatten. Pro Tag gibt es in Deutschland 100 Insolvenzen von Unternehmen. Wenn so viele Unternehmen vom Markt verschwinden, dann verschwinden damit natürlich nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Ausbildungsplätze. Deswegen haben wir ja – darunter leidet die rot-grüne Bundesregierung intensiv – ständig steigende Arbeitslosenzahlen. Das wirkt sich natürlich genauso auf den Lehrstellenbereich aus; das ist gar keine Frage. Letztendlich ist das die Quittung einer jahrelang völlig verfehlten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik auf Bundesebene.

Meine Damen und Herren, da kommen Sie mit dem Vorschlag einer Umlage an. Aber die belastet die Wirtschaft doch wieder zusätzlich. Die gehört zu den völlig verfehlten Lösungsansätzen, die Sie anbieten. Es ist unabdingbar, dass wir endlich eine wachstumsorientierte Steuer-, Finanz- und Wirtschaftspolitik des Bundes bekommen. Jeder Tag, mit dem die Reform später eingeleitet wird, ist ein Tag zu spät. Wir schauen im Moment nämlich zu, wie die Lohnnebenkosten ständig steigen.

Ich gehe noch auf einen Bereich ein, den ich für ungeheuer wichtig halte, den Sie aber nur ganz nebenbei gestreift haben. Ich halte es für ungeheuer wichtig, dass wir gerade für die handlungsorientierteren Jugendlichen Ausbildungsordnungen und Ausbildungsberufe schaffen, die theorieentlastet sind. Die Handwerkskammer hat sich verpflichtet, 20 neue Ausbildungsverordnungen mit theorieentlasteten Berufen zu schaffen.

Sie haben in diesem Zusammenhang die Praxisklassen angesprochen. Diese sind eine hervorragende Sache.

Wir fördern zurzeit diejenigen, die Ausbildungsstellen für Schulabgänger aus Praxisklassen schaffen, mit 2500 e.

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wörner?

Nein. – Wir wissen doch ganz genau, dass gerade die handlungsorientierteren Jugendlichen hier auf der Strecke bleiben. Deswegen brauchen wir andere Ausbildungsberufe. Deswegen muss auch die Bundesregierung von ihrer konsensorientierten, also gemeinsam mit den Tarifparteien getragenen Zielsetzung, handlungsorientiertere Berufsausbildungen zu schaffen, wegkommen. Wenn dieser Konsens nicht erreicht wird, muss die Bundesregierung auch einmal den Mut haben, ohne den Konsens der Tarifparteien entsprechende Ausbildungsverordnungen zu schaffen. Wir werden dazu eine Bundesratsinitiative von Bayern aus auf den Weg bringen; denn ich halte es für ungeheuer wichtig, dass wir tatsächlich auch den handlungsorientierteren Jugendlichen die Möglichkeit geben, einen Ausbildungsberuf zu erlernen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einmal sagen, dass das, worüber wir heute reden, letztlich die Fehler der Bundesregierung und die Folgen einer wachstumshemmenden Bundespolitik und eines aufgelaufenen Reformstaus in der Arbeitsmarktpolitik sind. Das sind die wahren Ursachen für die Probleme, die wir zurzeit im Arbeits- und im Lehrstellenmarkt haben.

Nehmen wir einmal das jüngste Beispiel des Münchner Chip-Herstellers Infineon. Da ist die Verlagerung der Sparte Automobil- und Industrieelektronik in das österreichische Villach geplant. Bei Infineon sind in Deutschland immerhin 30400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Glauben Sie wirklich, das Unternehmen denkt deshalb an eine Standortverlagerung, weil es ihm hier in Deutschland so gut gefällt? – Nein, es sind ganz andere Gründe: Der Standort in Deutschland ist viel zu hoch belastet. Deswegen will das Unternehmen weggehen. Das Beispiel Infineon ist symptomatisch für die desolate Verfassung der deutschen Wirtschaft und des deutschen Arbeitsmarkts, die zur horrenden Zahl von Insolvenzen hinzukommt. Die Standortbedingungen für die Unternehmen in Deutschland verschlechtern sich durch die höheren Steuerbelastungen und die höheren Lohnnebenkosten sowie durch den verriegelten Arbeitsmarkt und die Reformunfähigkeit der Bundesregierung ständig weiter.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das sind die wahren Ursachen. Deshalb halte ich es für ganz wichtig, dass endlich einmal die notwendigen Reformen auf den Weg gebracht werden. Dadurch lässt sich die Arbeitslosensituation in Deutschland und damit auch in Bayern verbessern, ebenso auch die Lehrstellensituation. Es ist wichtig für unsere Jugend, hier wieder zukunftsfähig zu sein.

(Beifall bei der CSU)

Nachdem Frau Staatsministerin Stewens mehr als zehn Minuten gesprochen

hat, bekommt auf Wunsch der SPD-Fraktion noch ein Redner das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Staatsministerin, was Sie zur Situation der Ausbildungsstellen in Bayern gesagt haben, kann für die vielen Jugendlichen, die jetzt immer noch ohne einen Ausbildungsplatz für das Ausbildungsjahr 2003/04 sind, keine Ermutigung sein. Sie haben ihnen Steine statt Brot gegeben. Sie haben nicht gesagt, wie Sie die Schwierigkeiten – es handelt sich nicht um neue Schwierigkeiten – und die regionalen Diskrepanzen, die heute wieder deutlich gemacht worden sind und in den letzten Jahren gewachsen sind, in den Griff kriegen wollen. In Oberfranken haben wir eine Ausbildungsstellendiskrepanz von 100 : 64, das heißt 64 Ausbildungsstellen kommen auf 100 Bewerber. Sie haben nicht gesagt, wie Sie das ändern wollen. Dass Sie dann sagen, dass es in den neuen Bundesländern 700 Ausbildungswillige gibt, ist doch geradezu lächerlich.

Sie haben nicht gesagt, wie Sie es ändern wollen, dass Hauptschüler auf dem Ausbildungsmarkt schlechtere Chancen haben als andere Schulabgänger. Sie werden die Leute nicht dadurch zufrieden stellen, dass Sie sagen, die Bundesregierung sei schuld. Schuld ist auch die Staatsregierung. Seien Sie doch so ehrlich zuzugeben, dass Ihre Politik in den letzten Jahren wenig Erfolge gebracht hat und die regionalen Unterschiede nicht kleiner, sondern größer geworden sind. Das ist vor dem Hintergrund einer Arbeitslosigkeit, die uns alle bedrückt, besonders gravierend.

Sie haben nichts dazu gesagt, dass im Jahr 2006 die Zahl der Schulabgänger zurückgehen wird und damit auch für die Wirtschaft und das Handwerk die Chance, qualifizierten Nachwuchs auszubilden, wesentlich geringer wird.

Es gibt Prognosen, wonach 2008 der Fachkräftemangel deutlich ansteigen wird. Alle – Wirtschaft, Handwerk, Bundesregierung und Staatsregierung – müssen ein gemeinsames Interesse daran haben, diese Entwicklung vorausschauend zu beeinflussen.

Sie haben nichts darüber gesagt, warum denn der Beschäftigungspakt Bayern gescheitert ist. Der Beschäftigungspakt Bayern hat aus meiner Sicht nur einen einzigen positiven Aspekt gehabt, nämlich den, dass sich Wirtschaft, Staatsregierung und Gewerkschaften erfolgreicher als heuer gemeinsam um die Ausbildungssituation gekümmert haben. Jetzt haben Sie den Konsens aufgekündigt.

(Zuruf von der CSU)

Natürlich haben Sie ihn aufgekündigt. Der Ministerpräsident – das wissen Sie doch ganz genau – hat mit seinen gesetzlichen Regelungen bezüglich der Tarife den Ausstieg provoziert.

Meine Damen und Herren, das Problem erfordert, dass wir nicht erst 2004 oder 2005, sondern jetzt handeln. Darum haben wir Sie in unserem Dringlichkeitsantrag

auch gebeten, ein nachhaltiges Ausbildungsprogramm für Bayern aufzulegen. Den Auszubildenden in Bayern nutzt es doch nichts, wenn die Relationen in anderen Bundesländern, insbesondere in den neuen Ländern – wir wissen doch ganz genau, warum das so ist – schlechter sind. Bayern liegt aber, was die Ausbildungsdefizite angeht, mit an der Spitze der alten Bundesländer. 14,3% weniger Ausbildungsstellen werden nur noch von wenigen überboten. Deswegen hätten Sie jetzt und sofort handeln müssen.

Das 13-Punkte-Programm, das Sie, Frau Staatsministerin, für Oberfranken aufgelegt haben, ist ein Tropfen auf den heißen Stein und wird die vielen Ausbildungsbewerber gerade in dieser nördlichen Region Bayerns nicht zufrieden stellen. Deswegen sagen wir: Sie haben Ihre Aufgaben bezüglich der Ausbildungssituation in Bayern bisher nicht gelöst. Sie haben genauso versagt, wie Sie das anderen vorwerfen. Deswegen können Sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 2 a

Gesetzentwurf der Abgeordneten Prof. Dr. Gantzer und anderer (SPD)

zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (Druck- sache 14/12161)

Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird nicht begründet; ich habe gehört, dass dazu auch nicht gesprochen wird.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Ich sehe: Damit ist besteht Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 2 b

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Beamtenfachhochschulgesetzes (Drucksache 14/12175)

Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird begründet. Das Wort hat Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser.

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe- rium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen kurz begründen, warum wir eine Änderung des

Beamtenfachhochschulgesetzes vorlegen und in Erster Lesung beraten lassen.

Zum Ersten geht es um die Fortbildung. In der Praxis findet an der Beamtenfachhochschule bereits Fortbildung statt. Ich habe vor zwei Jahren eine Arbeitskonferenz einberufen, die zwei Tage lang die Probleme einerseits der Ausbildung und andererseits der Fortbildung der Beamten beleuchtet hat. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Weiterbildung von so entscheidender Bedeutung für unsere Mitarbeiter und die Beamten ist, dass wir die Fortbildung institutionalisieren und nicht nur gewissermaßen zur Raumfüllung in Hof und anderswo praktizieren wollen. Wir wollen dafür eine gesetzliche Grundlage. Wir brauchen für unsere Beamten eine Grundlage für das Ermöglichen permanenten Lernens. Heute ist es ja nicht mehr so, dass man zu Beginn seines Berufslebens eine Ausbildung vorweist und damit eine Kariere einschlagen kann, sondern man muss permanent dazulernen, sich auf neue Bedingungen einstellen; denn das, was man gelernt hat, veraltet sehr schnell. Dies gilt auch für die Beamten. Deshalb – das ist der entscheidende Punkt – die gesetzliche Verankerung der Verpflichtung zur Fortbildung in der Beamtenfachhochschule.

Meine Damen und Herren, zum Zweiten wollen wir in diesem Gesetz eine gute gesetzliche Grundlage für den Studiengang Verwaltungsinformatik sicherstellen. Wir wollen einerseits die Festschreibung des Status quo. Andererseits bietet die offene Formulierung im Gesetzentwurf die Möglichkeit zur Ausbildung weiterer technischer Laufbahnen bei Bedarf. Ich füge an, dass die Verwaltungsinformatik generell für alle Ministerien von großer Bedeutung ist und dieser Studiengang gut angenommen wird.

Unter all den Einzelheiten will ich noch hervorheben, dass die Beamtenfachhochschule schließlich auch umbenannt wird. Sie heißt dann Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern. Ob dieser Begriff in der Praxis im Sprachgebrauch permanent verwendet werden wird, bezweifle ich persönlich. Es handelt sich aber um eine fachlich richtige und zutreffende Namensgebung.