Protocol of the Session on April 14, 2000

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Meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 39. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotographen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde – ich habe Ihre Zustimmung vorausgesetzt – erteilt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich einen Glückwunsch aussprechen. Heute feiert der Kollege Rainer Boutter Geburtstag.

(Beifall)

Im Namen des Hohen Hauses und persönlich gratuliere ich Ihnen, Herr Boutter, sehr herzlich und wünsche Ihnen für das neue Lebensjahr alles Gute, besonders Gesundheit und viel Erfolg bei der Erfüllung Ihrer parlamentarischen Aufgaben.

Nun rufe ich erneut auf:

Tagesordnungspunkt 10

Antrag der Abgeordneten Kellner, Dr. Runge, Scharfenberg und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Keine Aufweichung der Nachtflugregelung am Flughafen München II (Drucksache 14/1980)

Die Aussprache hat bereits stattgefunden. Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die auf Wunsch der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN in namentlicher Form erfolgen soll. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne ist auf der Seite der CSU-Fraktion im Bereich der Eingangstüren aufgestellt, die Enthaltung-Urne befindet sich auf dem Stenographentisch. Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfür steht ausreichend Zeit zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 9.04 bis 9.09 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.

Ich fahre dann mit der Tagesordnung fort.

(Unruhe)

Vielleicht nehmen die Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis, dass wir uns schon seit einer geraumen Zeit in einer Landtagssitzung befinden.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 14

Gesetzentwurf der Staatsregierung

Gesetz zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes und der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (Drucksache 14/1968)

Zweite Lesung –

dazu

Änderungsanträge der Abgeordneten Kellner, Hartenstein, Paulig und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksachen 14/2320 und 14/2322)

sowie

Antrag der Staatsregierung

Zustimmung zum Entwurf zur Änderung des Standortsicherungsplans (Drucksache 14/2305)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit beträgt 30 Minuten pro Fraktion. Als Erster hat Herr Kollege Mirbeth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um die Änderung des Landesplanungsgesetzes und des Landesentwicklungsprogramms. Die SPD hat im Umweltausschuss insbesondere die Eile beklagt, die an den Tag gelegt worden ist. Ich meine, liebe Kollegin Biedefeld, die SPD hat im Umweltausschuss eine Chance vertan, weil sie sich verweigert und nicht zugestimmt hat. Sie haben aber heute noch eine Chance – Sie können heute nämlich den Fehler aus der Sitzung des Umweltausschusses korrigieren; Sie können heute zustimmen.

(Kaul (CSU): Sie sind aber sehr großzügig, Herr Kollege Mirbeth!)

Es ist Morgen, und man sollte den Tag gut beginnen.

(Beifall bei der CSU – Kaul (CSU): Ein Ostergeschenk für die SPD!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, im Wesentlichen geht es darum, dass eine Änderung des Raumordnungsgesetzes in die bayerische Landesplanung umgesetzt wird. Bisher konnten raumordnungswidrige Planungen nur auf zwei Jahre befristet verhindert werden. Nach der Änderung ist dies dann unbefristet möglich. Die Fortschreibung ermöglicht auch die Einbeziehung projektbezogener Ziele. Da geht es zum Beispiel um den Forschungsreaktor in Garching. Wir wollen eine landesplanerische Vertiefung erreichen und wollen dieses Großforschungsgerät für den Wissenschaftsstandort Bayern sichern. Es geht aber auch um bedeutende Infrastrukturmaßnahmen, zum Beispiel um die ICE-Strecke Nürnberg – Erfurt – übrigens das einzige bayerische Schienenverkehrsprojekt aus dem Projekt deutsche Einheit – oder um die ICE-Strecke München –

Stuttgart. Ich kann mich erinnern, dass Herr Kollege Güller – ich sehe ihn jetzt leider nicht – vor einiger Zeit in der „Süddeutschen Zeitung“ beklagt hat, dass hier nichts vorangeht. Er hätte jetzt Gelegenheit mitzustimmen und diese Dinge mit auf den Weg zu bringen. Es geht auch um Autobahnmaßnahmen, zum Beispiel die A 94 und die A 99, und um weitere Projekte, die ich jetzt im Einzelnen nicht aufführen will.

Der Änderungsantrag der GRÜNEN – dies will ich unterstreichen – geht sogar noch weiter in die Tiefe. Wir sind der Meinung, dass dies nicht notwendig ist, weil keine raumbedeutsame Planung vorgesehen ist. Es handelt sich um regionale Maßnahmen. Das bestätigt aber im Grunde genommen die Richtigkeit des Gesetzentwurfes, Prioritäten zu setzen.

Alle diese in der Fortschreibung enthaltenen Maßnahmen sind im Bundesverkehrswegeplan von 1992 mit herausragender Bedeutung aufgeführt. Erst vor wenigen Tagen haben Staatsminister Dr. Wiesheu und Staatssekretär Regensburger eine ganze Liste von Maßnahmen und Projekten für die Fortschreibung des Straßenverkehrsplans und des Verkehrsplans insgesamt vorgelegt. Enthalten ist in dieser Änderung auch eine Fortschreibung des Energieprogramms Bayern, nämlich der Verzicht auf zehn Standorte für Wärmekraftwerke: fünf für fossile Brennstoffe, fünf für Kernkraftwerke. Sie interpretieren falsch, wenn Sie meinen, dies wäre der Einstieg in den Ausstieg aus der Kernenergie. Dies ist gerade nicht der Fall, sondern dieser Verzicht ist der Ausdruck des Verantwortungsbewusstseins für eine reale Energiepolitik im Hinblick auf die Erkenntnis einer verlangsamten Strombedarfsentwicklung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich wieder zu den Verkehrsprojekten zurückkommen. Wir müssen aus bayerischer Sicht auf den Bund Druck ausüben. Wir wollen den Bund für die Maßnahmen, die bereits seit 1992 im Verkehrsentwicklungsplan enthalten sind, nicht aus der Verantwortung entlassen. Nach Auffassung meiner Fraktion müssten wir hier eigentlich an einem Strang ziehen und müssten Sie uns unterstützen. Dass Sie bei der Auseinandersetzung zu diesen Themen in der Sache nichts anderes zu sagen hatten als Kompetenzgerangel, und dass Sie darauf hinwiesen, dass Bayern hier nicht zuständig wäre, ist höchst erstaunlich.

Wir sind der Meinung, dass das Raumordnungsgesetz nicht nur einen Sicherungsauftrag, sondern auch einen Entwicklungsauftrag hat, und dass man im Rahmen der Landesplanung und der Raumordnung Prioritäten zu setzen hat. Wir wollen vor allem erreichen, dass die Beachtenspflicht in besonderer Weise unterstrichen wird. Die Teilfortschreibung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes und der Landesentwicklung enthält raumbedeutsame Planungen. Das heißt, die Bundesbehörden sind künftig bei ihren Entscheidungen, zum Beispiel bei der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans 2000, an die Beachtung dieser Maßnahmen gebunden. Deshalb sind wir der Meinung, dass diese Fortschreibung nicht früh genug auf den Weg gebracht werden kann. Selbstverständlich ist uns bewusst, dass wir den Bundestag bzw. den Bundesgesetzgeber im

Budgetrecht nicht festnageln können. Doch dies wäre gerade Ihre Aufgabe; denn Sie haben die Möglichkeit, bei Ihrer Bundestagsfraktion Einfluss darauf zu nehmen, dass diese Mittel zur Verfügung gestellt werden.

(Hofmann (CSU): Sie haben doch keinen Einfluss!)

Offensichtlich nicht, oder Sie wollen keinen Einfluss ausüben; dies kann natürlich auch sein. Ich erinnere daran, dass hier vor einiger Zeit über die Arbeitsmarktpolitik in Nürnberg gesprochen worden ist und hierzu Vorwürfe erhoben worden sind. Heute geht es um den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Bayern, und da haben Sie die Chance, Einfluss auszuüben, Ihren Beitrag einzubringen und Ihren Fehler von der Sitzung im Umweltausschuss zu korrigieren.

(Beifall bei der CSU)

Ich komme aus der Oberpfalz. Der Bezirksvorsitzende der Oberpfalz, Dr. Albert Schmid, hat vor kurzem zur Frage: Woran liegt es eigentlich, dass wir aus dem 28-Prozent-Getto nicht herauskommen? gemeint, dies könne nicht bloß genetische Gründe haben. Insofern stimme ich ihm zu.

(Zuruf des Abgeordneten Kaul (CSU))

Wir sind nicht aufgerufen, Ihnen Ratschläge zu geben, wie Sie aus Ihrem 28-Prozent-Getto herauskommen. Aber Sie haben heute die Möglichkeit, hierzu Ihren Beitrag zu leisten und die Interessenswahrer Bayerns zu sein; denn auch Sie haben einen Wählerauftrag für dieses Ziel. Wenn Sie Ihre Parteiinteressen vor Landesinteressen stellen, dürfen Sie heute nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Biedefeld das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Mirbeth, Sie meinen, wir haben eine Chance vertan. Ich meine hingegen, wir haben keine Chance vertan und auch keinen Anlass, unser Votum aus dem federführenden Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen zu revidieren. Ich werde dies entsprechend darlegen und sage Ihnen auch, wir haben keine Chance vertan, weil wir uns an keinen Schaufensteraktionen der Staatsregierung und der CSU beteiligen.

Wie erklärten Sie bayernweit: „Es bedarf der planerischen Verfestigung einer Reihe von Infrastrukturprojekten im Bundesverkehrswegeplan 1992, die für die Entwicklung Bayerns von herausragender Bedeutung sind.“ Dies ist durchaus legitim. Es ist wichtig und richtig: Infrastrukturprojekte, die für Bayern von Bedeutung sind, gehören in das LEP, so weit es in die Landesgesetzgebung fällt, auch bei überregionaler Bedeutung ist es richtig.

Aber Sie können dem Bund weder in zeitlicher Hinsicht noch in Bezug auf die Budgetierung verbindliche Vorgaben machen. Das ergibt sich klar aus den gesetzlichen Grundlagen, Herr Mirbeth. Es geht in diesem Zusammenhang nicht um Kompetenzgerangel. Sie können sich gegebenenfalls bemühen, Raumordnungsgesetze und andere Gesetze über Initiativen der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag zu ändern.

Wo sind denn gerade bei Verkehrsprojekten für Bayern die wichtigen Maßnahmen? Wo sind denn die wichtigen Ortsumgehungen, die von vielen Bürgerinnen und Bürgern seit vielen Jahren gefordert werden? Nichts davon kommt in der Sonderfortschreibung vor. Wo finden sich denn wichtige regionale Erschließungsmaßnahmen durch die Bahn in Bayern in dieser Sonderfortschreibung? Nichts ist darin enthalten. Wie sieht es mit dem Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs aus? Sie haben Ihre Hausaufgaben zum Beispiel beim Staatsstraßenbau, der für Bayern und die bayerische Bevölkerung wichtig ist, nicht gemacht. Der Staatsstraßenbau ist in keiner Weise berücksichtigt.

(Beifall bei der SPD)

Das Presseecho war groß, aber damit hatte es auch schon sein Bewenden. Was die Bundesverkehrsprojekte betrifft, so haben Sie eine große Luftnummer abgeliefert. Die Bundesregierung hat zumindest versucht, Sie aus Ihrem Fantasialand wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, was ihr aber offenbar nicht gelungen ist. Die Bundesregierung hat dazu ein Rechtsgutachten eingeholt, was Ihnen bekannt sein dürfte. Den Bundesverkehrswegeplan erstellt der Bund, und nicht die Bayerische Staatsregierung, auch wenn Sie sich nicht damit abfinden können, dass Sie im Bundestag nicht mehr die Mehrheit haben und deshalb den Bundesverkehrswegeplan nicht mehr gestalten können. Sie machen all denjenigen, die meinen, den Bau der von Ihnen im Gesetzentwurf angeführten Verkehrsprojekten beschleunigen oder