Susann Biedefeld
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Herr Staatssekretär, wann genau wird in der größten Gemeinde im Landkreis Coburg, an der Hauptschule in Meeder, ein M-Zug eingeführt, um endlich auch im Nordwesten des Landkreises Coburg eine derartige Einrichtung anbieten zu können, da Meeder strategisch günstig liegt und mit der vorhandenen Bahnverbindung und möglichen Busverkehrseinrichtungen den Schulstandort prädestiniert?
Herr Staatssekretär, Sie sprechen von einem Schulverbund, sollte der M-Zug kommen. Das haben Sie eben noch einmal offen gelassen. In welcher der drei Kommunen wäre denn dann der Schulstandort für den M-Zug?
Herr Staatssekretär, was würden Sie denn der Gemeinde Meeder an zukunftsweisender Entscheidung für eine neue Schulturnhalle geben, eine Einfachturnhalle oder eine Zweifachturnhalle? Es ist wegen einer Klasse gerade an der Grenze. Wenn der M-Zug käme, wäre eine Zweifachschulturnhalle notwendig.
Werter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Bayern braucht eindeutig eine neue Umweltpolitik und ganz offensichtlich wohl auch einen neuen Umweltminister. Dies hat diese Regierungserklärung wieder ganz deutlich aufgezeigt.
Wir haben in der vergangenen Stunde eine angebliche Erfolgsbilanz gehört – ich sage: ein Pamphlet des Herr Umweltministers, das vor Ungereimtheiten nur so strotzt und mit der Realität absolut, aber wirklich absolut nichts mehr zu tun hat.
Herr Minister Schnappauf, zwischen Ihren Reden und Ankündigungen und Ihren Taten liegen tiefe Abgründe, dazwischen liegen ganze Welten. Sie tun grundsätzlich genau das Gegenteil dessen, was Sie sagen – und dies zulasten von Natur und Umwelt in Bayern, und dies zulasten der Menschen in Bayern und deren Lebensqualität.
Bayern ist Spitze im Umweltschutz, wollen Sie uns heute wieder verkaufen. Der Freistaat Bayern, Pionierland des Umweltschutzes,
sagten Sie. Das war einmal vor 30 Jahren, Herr Minister; seitdem geht es bergab. Längst hat Bayern die rote Laterne,
die Schlusslichtposition in vielen Bereichen des Naturund Umweltschutzes eingenommen. Und der amtierende Umweltminister sorgt in ungeahnter Weise für ständig neue Tiefpunkte. Umwelt- und Naturschutz verkommt in Bayern zur Restgröße, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nicht der Name Trittin, sondern der Name Schnappauf ist ein Synonym für unterlassende Hilfeleistung für Natur und Umwelt in Bayern.
Ich sage den vielen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land Bayern ein herzliches Dankeschön, die im Gegensatz zu Ihnen, Herr Schnappauf, ehrenamtlich und mit viel Engagement und Leidenschaft das tun, wovon Sie leider nur reden.
Bayern ist Spitze im Umweltschutz, sagen Sie, Herr Minister. Es ist aber komisch, dass dies die Menschen bei der letzten Bundestagswahl im September nicht so gesehen haben und sich die mangelnde Umweltkompetenz des Herrn Ministerpräsidenten als einer der wahlentscheidenden Faktoren herauskristallisiert hat. Es kommt nicht von ungefähr, dass der seinerzeitige Kanzlerkandidat die Umweltpolitik in seinem Kompetenzteam nicht vertreten hatte. Nach seinen Erfahrungen in Bayern erschien das wohl entbehrlich, was wir gut verstehen bzw. nachvollziehen können. Als es dann aber notwendig war, dieses Versäumnis zu kaschieren, hat er den Umweltschutz zur Chefsache erklärt. Was für eine Drohung, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Dass Bayern beim Umweltschutz Spitze in Deutschland ist, glauben doch wirklich nur noch Sie selbst, Herr Minister, Sie alleine. Ihre heutige Regierungserklärung war wahrhaft kein großer Wurf, wahrlich keine Erfolgsbilanz und kein hoffnungsvoller Blick in die umweltpolitische Zukunft Bayerns. Wie sagten Sie – da stimme ich Ihnen zu –: Umweltschutz ist kein Schönwetterthema. – Richtig. Aber was haben Sie heute gemacht? Ihre Regierungserklärung war ein Schönreden und eine Schönrechnerei, ein Ablenken von Defiziten in der Umwelt- und Naturschutzpolitik in Bayern, ein Wegtäuschen von Defiziten und auch ein Ablenken von Ihren ganz persönlichen Mängeln.
Mit seiner heutigen Regierungserklärung bewegt sich Herr Schnappauf auf sehr, sehr dünnem Eis, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nicht nur, dass er unserer Meinung nach der schwächste Minister im Kabinett ist, dass er sich nicht durchsetzen kann, dass er vor dem Umweltschutz zu schützen versucht, statt die Umwelt zu schützen; er kann nicht einmal – das ist interessant – in seiner Partei, in der CSU auf ein belastbares Umweltprogramm zurückgreifen,
Herr Kollege Hofmann.
Dies belegt, das Gezerre, die Streitigkeiten innerhalb der CSU um ein neues Umweltprogramm. – Man liest es ja, man hört es ja; heute früh hat man es wieder gehört.
Es gibt viel Gezerre und viele Streitigkeiten um die Vorlage eines neuen Umweltpro
gramms. In Kreuth muss es wohl auch ganz schön heftig zugegangen sein, als über dieses Umweltprogramm diskutiert wurde. Eine Hauptrolle spielte da wohl Herr Wirtschaftsminister Wiesheu – der Wirtschaftsminister beim Umweltprogramm! –, aber nicht der Umweltminister, nicht Herr Schnappauf. Er hatte wohl eine Nebenrolle oder war gar nur als Statist tätig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Da gibt es ein 55 Seiten starkes Papier – ich habe es gelesen; ich weiß nicht, wie viele Kolleginnen und Kollegen aus der CSU-Fraktion dieses Papier kennen – unseres ehemaligen Kollegen und jetzigen CSU-Bundestagsabgeordneten Josef Göppel, Vorsitzender des CSU-Umweltarbeitskreises. Seit mehr als zwei Jahren arbeitet der CSU-Umweltarbeitskreis an einem neuen Programm, aber noch immer gibt es keinen klaren Beschluss, kein beschlossenes Umweltprogramm. Es gibt immer noch keine klaren Aussagen, wie es in der Naturschutz- und Umweltpolitik in Bayern weitergehen soll. Während keine klaren Aussagen da sind, gibt es wohl unüberbrückbare Differenzen und Gegensätze.
Arbeiten wir doch einmal die Gegensätze auf. Wiesheu habe gesagt – so war es zumindest in einer namhaften bayerischen Zeitung zu lesen –, dass in diesem Umweltprogramm viel albernes und dummes Zeug stehe. Göppel habe daraufhin erklärt – dies war auch nachzulesen –, dass der Arbeitskreis in dieses Programm nur das hineingeschrieben habe, liebe Kolleginnen und Kollegen, was Stoiber in seinem Bundestagswahlkampf zur Umweltpolitik gesagt hat.
Das ist interessant.
Dann kommt die Fortsetzung der Geschichte: Dr. Stoiber schreibt in seinen Sanierungsplan, dass er – man höre gut zu – fünf Jahre lang keine neuen Steuern und keine Steuererhöhungen einführen will. Im Programm des CSU-Arbeitskreises steht auf Seite 14, ich zitiere: „Verteuerung umweltbelastender, nicht nachhaltiger Wirtschafts– und Verhaltensweisen durch Erhöhung bestehender bzw. Einführung neuer Steuern und Lenkungsabgaben“. Weiter ist dort zu lesen: „Die Einführung einer Steuer von 0,25% für internationale Devisentransaktionen“. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine neue Steuer. Auf der Seite 23 des Papieres ist zu lesen: „Wir treten im Interesse des Klimaschutzes für eine allmählich ansteigende CO2-Energiesteuer mit den Bezugsgrößen CO2-Ausstoß und Primärenergieverbrauch ein.“
Auf der Seite 29 des CSU-Umweltprogramms findet sich die Forderung nach Autobahngebühren, nach einer Kombination aus Mineralölsteuer und einer wegeabhängigen Straßenbenutzungsgebühr für alle Autos und somit für alle Autofahrerinnen und Autofahrer. Heute haben wir dazu die Meinung des bayerischen Umweltministers gehört. Er bezeichnet dies als „neue soziale Schranken“. Herr Minister und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, was denn nun? – Auf was basiert Ihre Regierungserklärung? – Ist das Ihre ganz persönliche Meinung oder ist es die Meinung der Staatsregierung insgesamt? –
Steht die CSU-Landtagsfraktion hinter dieser Regierungserklärung und hinter Herrn Minister Schnappauf, oder steht die CSU hinter ihrem Umweltarbeitskreis? – Wofür stehen Sie? – Was hält der CSU-Umweltarbeitskreis, zum Beispiel Herr Göppel oder Herr Seehofer, davon? – Herr Seehofer hat sich bereits auf die Seite von Herrn Göppel gestellt. Was halten diese Herren von Ihren Ausführungen, von Ihren Widersprüchen zu dem Programm des Arbeitskreises? – Hat der Arbeitskreis zwei Jahre lang für den Papierkorb gearbeitet? – Was handelt der bei diesem Streit eingeschaltete Schlichter Alois Glück aus? – Stimmt das, was er ausgehandelt hat, mit Ihrer Regierungserklärung überein? –
Angeblich gibt es auch ein Papier, das nicht 55 Seiten, sondern nur neun Seiten umfasst und das von Herrn Generalsekretär Dr. Goppel erarbeitet wurde. Wird dieses eher nichtssagende neunseitige Papier von Herrn Generalsekretär Dr. Goppel beschlossen? – Was denn nun? – Neue Steuern, ja oder nein? – Energiesteuer, ja oder nein? – Ausstieg aus der Atomenergie, ja oder nein? – Herr Minister, ich frage Sie: Werden die Aussagen, die Sie heute gemacht haben, auch nach dem 18. und 19. Juli 2003 gelten, also nach dem CSU-Parteitag, auf dem der CSU-Umweltarbeitskreis sein Programm verabschieden lassen will? – Herr Kollege Göppel hat schon angekündigt, dass er nicht allein stehe. Auch Herr Seehofer und andere stehen auf seiner Seite. Sie haben klar gesagt, dass Sie von Ihren Positionen nicht zurückweichen werden.
Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis. Vielleicht sollte ich weniger kritisieren und mehr Mitleid mit Ihnen haben. Ich habe es mir aber dann doch anders überlegt.
Sie sind bislang den Beweis dafür schuldig geblieben, dass Sie in Bayern auch nur ansatzweise etwas für die Natur geleistet haben. Die Umweltpolitik von Ihnen und der CSU ist von Halbherzigkeit und Ignoranz gekennzeichnet. Naturschutz und Ökologie spielen in der CSU nur eine ganz unbedeutende Nebenrolle. Dafür gibt es in Bayern viele Belege, die ich jetzt ansprechen möchte. Die CSU hält krampfhaft am Donauausbau mit Staustufen fest.
Die CSU und der Umweltminister tragen die Verantwortung dafür, dass Bayern bei der Bodenversiegelung mit über 28 Hektar pro Tag das Schlusslicht ist. Sie haben diese Zahl selbst eingeräumt.
28 Hektar pro Tag sprechen eine deutliche Sprache. Herr Umweltminister, Sie haben selbst gesagt, dass sich Zahlen nicht einfach wegdiskutieren lassen. Sie lassen sich auch nicht von einem Ministerpräsidenten wegfrühstücken.
Die CSU hält die Atomkraft für eine zukunftsweisende Energie. Die CSU verweigert sich dem Schutz des Trinkwassers.
Die CSU lässt Naturschutz nur dort zu, wo er keine anderen Interessen, vor allem wirtschaftliche Interessen, stört.
Herr Minister Dr. Schnappauf, Sie haben festgestellt, dass Umweltschutz für die CSU eine zeitlose Daueraufgabe sei. Davon merkt man aber leider nichts, zumindest nicht in Ihrem Handeln. Ich frage Sie, ob der Titel „Umweltminister“ für Sie nur ein schöner Titel für Ihr Image ist. Wo bleiben die Taten? – Wann werden die vielen Ankündigungen aus Ihrem Munde und aus Ihrem Hause umgesetzt? –
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen in Bayern kein neues Umweltprogramm. Bayern braucht eine neue Umweltpolitik. Wir brauchen mutige Taten statt scheinheiliger Worte. Nur so werden wir eine nachhaltige Umweltpolitik in Bayern, für Bayern und für mehr Lebensqualität der Menschen verwirklichen können.
Herr Minister, Ihre Untätigkeit hat leider auch verheerende Folgen für Ihr Ministerium. Wenn sich Kreativität und Phantasie eines Ministeriums in PR-Gags und bunten Bildchen in Hochglanzprospekten erschöpfen, müssen sie erlahmen. Die guten Ideen kommen nicht weiter als bis in die Schubladen des Ministerbüros. Zur Umsetzung wäre ein starker Minister nötig, der sich im Kabinett durchsetzen kann und die notwendigen Mittel einfordert und durchkämpft. Dieser Minister müsste bereit sein, neue Wege im Naturschutz und der Umweltpolitik zu beschreiten. Umwelt- und Naturschutz verkommen in Bayern zur Restgröße, weil Sie nicht fähig sind, der Vielzahl der Verstöße der Eingriffsverwaltung entgegenzusteuern. Wir sehen das regelmäßig an den Petitionen. Wir sehen das vor Ort in unseren Stimmkreisen. Sie sind nicht fähig, der Vielzahl der Verstöße der Eingriffsverwaltung entgegenzusteuern.
Ich nenne nur den Straßenbau und hier das Beispiel B 173. Weitere Beispiele sind die Wirtschaft, die Landwirtschaft oder das Innenressort. Ihnen kommt es nicht in den Sinn, den Raubbau an der Natur zu verhindern. Die natürlichen Lebensgrundlagen werden in Bayern immer mehr heruntergewirtschaftet. Das geschieht unter Ihrer Führung und Ihrer Verantwortung. Ihre vordringliche Aufgabe ist es, die Politik der CSU zu vertuschen,
die gegen die Natur und die Umwelt betrieben wird. Sie haben eine klare Aufgabe bekommen. Sie sind die Beschwichtigungs- und Rechtfertigungsstelle der Staatsregierung für umweltzerstörendes Nichthandeln. Hierfür gab es in den vergangenen vier Jahren genügend Beispiele, die ich anführen könnte.
Die SPD-Landtagsfraktion hält das Prinzip der Nachhaltigkeit für unabdingbar. Wir sagen klar, was Nachhaltigkeit bedeutet. Die ökologischen Belange gehören auf den ersten Platz der politischen Agenda.
Herr Kollege Kaul, ich komme gleich zum Landesentwicklungsprogramm. Nur auf der Basis gesicherter Lebensgrundlagen kann man gut leben, arbeiten und wirtschaften. Der Umgang mit den Flutkatastrophen hat gezeigt, warum die Umweltpolitik der CSU grundsätzlich falsch ist. Wir wollen Vorsorge treffen. Das bedeutet, wir wollen den Klimawandel abschwächen und die Rückhaltung des Wassers verbessern. Für die CSU sind Umwelt und Natur ein Reparaturbetrieb. Das heißt, wenn die Schäden entstanden sind, baut die Staatsregierung Dämme und Deiche und entschädigt die Opfer, wenn auch nur unzureichend.
CSU und Staatsregierung betreiben nicht den Schutz der Natur, sondern den Schutz vor der Natur. Sie warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Ihr Motto lautet: Reparatur statt Vorsorge. Sie investieren in Schäden und deren Behebung, statt die Schäden zu vermeiden. Genau das ist der Unterschied zu unserem politischen Ansatz. Wir setzen auf Vorsorge und Prävention, nicht auf die Reparatur vorhandener Schäden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Bayern lässt es sich gut leben. Hier ist über Jahrhunderte hinweg eine einzigartige Kulturlandschaft gewachsen. Wir wollen dieses Erbe erhalten. Wir wollen die Schöpfung bewahren.
Fortschritt darf deshalb nicht nur ein Immer-Mehr sein, wenn der Preis die Ausbeutung unserer Natur und der Verlust unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist. Bayerische Umwelt- und Naturpolitik braucht unbedingt ein Umdenken, braucht Kurskorrekturen.
Wo wollen wir als SPD-Landtagsfraktion diese Korrekturen vornehmen? Nachhaltigkeit macht Bayern zukunftsfähig, sagen wir. Nachhaltigkeit ist die Grundvoraussetzung für Gerechtigkeit. Das betrifft alle Bereiche: für faire Chancen auf Arbeit, Einkommen, Bildung, Teilhabe und vieles andere mehr. Ohne diese Gerechtigkeit kann es keine Sicherheit geben, das wissen wir. Damit wird Nachhaltigkeit nicht nur zur Frage der Verantwortung für die kommenden Generationen, sie ist auch Bedingung für Demokratie, sie ist Bedingung für Frieden und Sicherheit in Bayern und in der Welt. Wir haben es in Anbetracht des Irak-Krieges jetzt wieder vor Augen, was Nachhaltigkeit bedeutet. Da wird Krieg um die Ressource Öl geführt. Wir wollten diesen Krieg nicht im Gegensatz zur Position der CSU.
Wir hätten ihn gern verhindert. Wir wollen keinen Krieg um die Ressource Öl.
Nachhaltige Politik steht auf drei Säulen. Das ist auch etwas, was Sie nach wie vor nicht erkennen wollen.
Nachhaltige Politik steht auf drei Säulen: Ökonomie ist die erste Säule. Soziale Gerechtigkeit ist die zweite Säule. – Sie können doch noch reden, Herr Kollege Kaul.
Nachhaltige Politik steht auf drei Säulen: auf Ökonomie, sozialer Gerechtigkeit und auf Ökologie. Das ist die dritte Säule, die Sie aber gern vergessen und nicht berücksichtigen.
Für uns bedeuten diese Ansprüche keinen Widerspruch. Das ist auch ein Unterschied zwischen der Politik der CSU und der SPD.
Sollten Abwägungen zwischen den verschiedenen Interessen notwendig werden, zwischen Wirtschaft, Ökonomie und Ökologie, dann muss der Ökologie Vorrang eingeräumt werden. Das ist wirklich nachhaltige Politik und das ist Nachhaltigkeit.
Klimaschutz – Herausforderung und Chance für uns. Das Klima verändert sich auch in Bayern. Wir leben hier nicht auf einer Insel der Glückseligen. Die durchschnittliche Temperatur in Bayern hat sich in den letzten 20 Jahren bereits um knapp 1 Grad erhöht. Deutlich erkennbar sind die Folgen dieser Entwicklung beispielsweise an den Hochwassern, die weitaus häufiger kommen als in früheren Jahrzehnten. Wir merken es auch woanders. Schauen wir uns einmal die bayerischen Skigebiete an, die teilweise schon keinen Schnee mehr haben. Viele andere Faktoren gibt es, an denen sich die Entwicklung klar darstellt. Die Folgen des Klimawandels werden von den Menschen als Bedrohung empfunden, und die Politik muss auf diese Herausforderung doppelt reagieren. Wir müssen alles, aber auch wirklich alles unternehmen, um den Klimawandel abzumildern. Dazu gehört an erster Stelle die Verminderung der Treibhausgase, vor allem des Kohlendioxids.
Zweitens müssen wir lernen, mit den Folgen des Klimawandels zu leben. Hier stehen wir, beispielsweise beim
Umgang mit Hochwassergefahren, vor einer wichtigen Weichenstellung. In Bayern ist eine aktive Klimaschutzpolitik am Start stecken geblieben, wirklich in den Kinderschuhen stehen geblieben. Während es – das sind die Zahlen, die kann man nicht wegdiskutieren – in Deutschland seit 1990 gelungen ist, die CO2-Emissionen um 19% abzusenken, liebe Kolleginnen und Kollegen, weist Bayern im gleichen Zeitraum eine Zunahme auf.
Wer steht hier vor einem Scherbenhaufen seiner Politik? Nicht Herr Trittin, sondern Sie, Herr Schnappauf.
Die bayerische Politik muss endlich reagieren. Deshalb fordern wir: Bayern muss seinen Beitrag zur Erfüllung der Klimaschutzziele entsprechend den internationalen Verpflichtungen Deutschlands leisten. Dazu fordern wir unter anderem seit langem eine Überprüfung, die jährlich in einem Klimaschutzbericht erfolgen muss. Aus diesem Klimaschutzbericht muss politisches Handeln wieder abgeleitet werden. Keine Sonntagsreden, sondern politisches Handeln muss aus den jährlichen Klimaschutzberichten, die wir einfordern, abgeleitet werden.
Für Bayern und seine Regionen, sogar für jeden Betrieb in Bayern, müssen im Rahmen des Umweltpaktes verbindliche, wirklich ganz klare und verbindliche CO2-Ziele vorgegeben werden. Entscheidend ist, dass sich Bayern endlich ein Ziel setzt. Ich begrüße es, dass Sie sich heute endlich einmal festgelegt haben, endlich eine Zahl gebracht haben. Die steht nämlich nicht im Landesentwicklungsprogramm. Sie haben gesagt, bis zum Jahr 2010 wollen Sie den CO2-Ausstoß um 10 Millionen Tonnen senken. Unsere Forderung lautet: Bis zum Jahr 2012 werden die CO2-Emissionen in Bayern um 20 Millionen Tonnen abgesenkt, um das Doppelte.
Damit würde Bayern endlich den internationalen Vereinbarungen genügen. Mit 10 Millionen werden Sie den internationalen Verpflichtungen nicht gerecht. Herr Kaul, das wissen auch Sie als langjähriger und erfahrener Umweltpolitiker. Das reicht nicht aus.
Sie kündigen eine Klimaberatungsstelle an. Sie wollen sie einrichten. Ich sage, das begrüßen wir, aber nur so lange, wie es sich nicht wieder um eine weitere PRZweigstelle Ihres Hauses und für Sie handelt. Nicht nur Presseaktionen und Pressemitteilungen dürfen aus dieser Klimaberatungsstelle kommen, sondern dort muss wirklich die Arbeit geleistet werden, um CO2-Emissionen zu minimieren. Das muss aus dieser Klimaberatungsstelle als Erfolg hervorgehen. Wenn es so ist, begrüßen wir diese Beratungsstelle.
Die Menschen in Bayern wollen die Energiewende. Zentraler Bestandteil der Klimastrategie ist eine nachhaltige Energiepolitik. Sie belastet das Klima nicht, sie schont Ressourcen und erhält Energieträger für die Zukunft.
Die SPD-geführte Bundesregierung hat die entscheidenden Weichen für diese Energiewende gestellt, Herr Minister Schnappauf. Innerhalb von nur vier Jahren wurden weit mehr als 100000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung hat sich verdoppelt, und der Export von Technologien steigt sprunghaft an. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein großer Erfolg dank unserer SPDgeführten Bundesregierung.
Die Förderprogramme und Markanreizprogramme des Bundes haben gerade in Bayern – und darüber freuen wir uns, aber es zeigt auch den Handlungsbedarf und die Defizite in Bayern auf – einen Boom bei Photovoltaik, bei Solaranlagen, bei Biomasse und bei Biogas ausgelöst. Jeweils deutlich mehr als 40% der bundesweiten Anträge für die Nutzung der Sonnenenergie kommen aus dem Freistaat. Bei den Biomasseanlagen sind es sogar 51% und bei Biogas 56% Anträge aus Bayern für die Bundesprogramme.
Sie loben sich heute für Ihre Arbeit. Wo wäre Bayern im Bereich der regenerativen Energien ohne diese Politik, die von der Bundesebene kommt.
Es kommen immer neue zusätzliche Programme in Richtung CO2-Einsparung, in Richtung Ausbau erneuerbarer Energien. Zum Beispiel für alle Maßnahmen zur energetischen Sanierung von Altbauten wird die Bundesregierung noch im April ein neues Förderprogramm mit einem Umfang von 160 Millionen e auflegen. Mit diesem neuen Programm können nun auch Energie einsparende Maßnahmen an Gebäuden, die vor 1978 errichtet wurden, gefördert werden. Darunter fällt zum Beispiel der Austausch alter Öfen zugunsten hocheffizienter Heizungssysteme. Das wird ein wesentlicher zusätzlicher Beitrag zur Minderung der Kohlendioxidbelastung. Zusammen mit dem bereits seit September 2000 bestehenden Gebäudesanierungsprogramm stehen nun über 360 Millionen e für umweltfreundliche Altbausanierung aus Bundesmitteln zur Verfügung. Das ist wirklich eine umweltfreundliche, eine nachhaltige Energiepolitik.
Von dieser positiven Entwicklung – dazu kann ich nur aufrufen – darf sich die bayerische Landespolitik, darf sich die bayerische Energiepolitik nicht länger abkoppeln. Wir fordern: Auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte müssen Energieagenturen bzw. Projektmanager angesiedelt werden. Was für Aufgaben sollen sie übernehmen? Wir haben hier klare Vorstellungen. Sie sollen informieren und beraten, sollen Informationen an Bauwillige geben, an Bausanierer und an Investoren. Sie sollen auch die Kommunen bei ihren Klimaprojekten unterstützen. Es reicht nicht, irgendwo auf Bezirksebene abzuwarten, dass freiwillig und ehrenamtlich eine Energieagentur entsteht, wie wir sie zum Beispiel in Oberfranken haben.
Sie kann die anfallenden Aufgaben, den Beratungsbedarf, die Information und die notwendige Aufklärung nicht mehr bewältigen. Wir brauchen derartige Einrichtungen auf der Ebene der Landkreise und der kreisfreien Städte.
Zweitens. Wir brauchen entsprechende Förderschwerpunkte für die Geothermie. Bayern hat gerade bei dieser Energiesparte natürliche Standortvorteile. Das trifft auch für die Biomasse zu. Auch hier gibt es natürliche Standortvorteile in Bayern. Diese Potentiale werden nicht ausgeschöpft. Hier wollen wir Förderschwerpunkte haben.
Drittens. Wir wollen bürokratische Hemmnisse bei der Genehmigung von Windkraftanlagen, Biogasprojekten und Wärmepumpanlagen beseitigt und durch klare, unmissverständliche landeseinheitliche Regelungen ersetzt wissen. Für die Investoren wäre dies enorm wichtig, weil es jetzt keine Planungs- und Investitionssicherheit gibt. Wir brauchen also landeseinheitliche Regelungen, die die bürokratischen Hemmnisse ablösen.
Bayern stünde es gut an, mit gutem Beispiel voranzugehen. Bayern muss 8000 seiner eigenen Liegenschaften energetisch sanieren. Die Staatsregierung darf nicht nur Private auffordern, etwas zur CO2-Reduzierung, zur Energieeinsparung und Energieeffizienz beizutragen. Bayern darf nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen, sondern sollte mit gutem Beispiel vorangehen. Die 8000 Liegenschaften des Freistaates Bayern müssen energetisch saniert werden.
Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat Ihnen das schon oft aufgeschrieben. Sie sind dieser Vorgabe nie gefolgt. Sie müssten dem endlich im Interesse der Umwelt und der Arbeitsplätze in Bayern Rechnung tragen.
Neben der energetischen Sanierung der staatseigenen Liegenschaften wollen wir die privaten Haushalte unterstützen. Wir wollen, dass an Privathaushalte zur Unterstützung der Eigeninitiative zinsverbilligte bayerische Ökokredite ausgereicht werden.
Energiesparen, Energieeffizienz und der Einsatz erneuerbarer Energien müssen bei Forschung und Entwicklung sowie in der Ausbildung besser berücksichtigt und ein noch größerer Schwerpunkt werden.
Auch beim Verkehr müsste der Freistaat endlich mit gutem Beispiel vorangehen. Durch die Umstellung der eigenen Verkehrsflotte und der Seenschifffahrt auf Ökodiesel kann der CO2-Ausstoß vermindert werden. Gleichzeitig würde die Staatsregierung die Energie aus Biodiesel fördern. Eine weitere alte Forderung der SPDLandtagsfraktion ist die Förderung der Wasserstofftechnologie und der Verkehrsleitsysteme.
Viertens. Die SPD ist der Meinung, dass es keine neue Sackgassen in die Atomkraft geben darf. Die SPD-geführte Bundesregierung hat mit der Atomwirtschaft den
Ausstieg aus der Atomkraft mit klaren Fristen und ohne Entschädigungen fest vereinbart. Mit dem Atomkonsens ist das Ende der Atomnutzung abzusehen. Wir wollen, dass die Hypotheken des strahlenden Atommülls, die Tausende von Generationen belasten werden, nicht weiter anwachsen. Herr Minister Dr. Schnappauf, Sie sprachen von Ideologien. Ich sage Ihnen, mit ideologischer Atommüllproduktion arbeitet man nicht nachhaltig und auch nicht im Sinne der nachkommenden Generationen.
Wir fordern deshalb erstens keine Abstriche bei der Sicherheit und Gewährleistung der Atomaufsicht, zweitens keine Leistungssteigerungen von bayerischen Reaktoren, drittens keine überdimensionierten und unnötig großen Zwischenlager in den bayerischen Atomkraftwerken, wie sie beantragt worden sind, und viertens – das ist uns und der bayerischen Bevölkerung ein besonderes Anliegen – fordern wir, dass die Option des Energiebeirats bei der Staatsregierung, ein weiteres Atomkraftwerk in Bayern zu errichten, aufgehoben wird. Wir wollen kein weiteres Atomkraftwerk in Bayern haben.
Die Bayerische Staatsregierung hat es bisher nicht geschafft, sich von der nicht verantwortbaren Technologie Atomkraft loszusagen. Sie hält sich nach wie vor ein Hintertürchen in neue atomare Sackgassen offen. Das ist enttäuschend. Herr Minister Dr. Schnappauf, Sie sind der Atomminister von Bayern, der Minister der Atomlobby. Sie sind kein Umweltminister; denn als solcher ist es nicht ihre Aufgabe, immer wenn es notwendig wird, für die Atomlobby in die Bresche zu springen. Dafür werden Sie nicht bezahlt.
Der vorbeugende Hochwasserschutz, das Flussgebietsmanagement und der Erhalt der Ökosysteme sind sehr wichtig. Die konkreten Forderungen der SPD-Landtagsfraktion gebe ich zu Protokoll,
und Kollege Wörner wird unter dem Tagesordnungspunkt 23 eingehend auf unsere Vorstellungen eines wirksamen Hochwasserschutzes für Bayern eingehen. Wir haben ein Fünfpunkteprogramm vorgelegt. Dieser Antrag wird in der heutigen oder morgigen Vollsitzung behandelt werden. Deshalb gehe ich nicht näher darauf ein.
Unser Lebensmittel Nummer 1, das Trinkwasser, müssen wir schützen und sichern. Ich gebe die Forderungen der SPD-Landtagsfraktion zu Protokoll,
und Kollege Wörner wird zum Tagesordnungspunkt 4 e – Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des bayerischen Wassergesetzes und des bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes ausführlich Stellung nehmen und die Position der SPD-Landtagsfraktion darstellen.
Die Abfallwirtschaft muss eine Kreislaufwirtschaft werden. Auch das ist ein wichtiges Anliegen der SPD-Landtagsfraktion. Der Grundsatz „Vermeiden und Verwerten vor sicherer Ablagerung“ muss konsequent durchgeführt werden.
Wir fordern eine ökologische Schadstoffwirtschaft, die nach folgenden Grundsätzen funktionieren soll: Die Abfallwirtschaft muss in kommunaler Verantwortung stehen. Dabei sind kommunale Kooperationen sinnvoll. Auch für den Gewerbeabfall muss es wieder eine klare kommunale Zuständigkeit geben. Die privaten Abfallverwerter müssen konsequent kontrolliert werden.
Ein Pakt der besonderen Art ist der von Staatsminister Dr. Schnappauf initiierte „Dosen-Pakt“, den er mit Aldi und Metro geschlossen hat und der zu Recht vor zwei Jahren sang- und klanglos verschwunden ist. Die Folgen erfahren jetzt die Verbraucherinnen und Verbraucher. Damals verbündeten Sie sich, Herr Minister Dr. Schnappauf, mit der Einweg-Lobby gegen die Interessen der bayerischen Brauereien, der Kommunen und der Umwelt.
Zusammen mit der Einweg-Lobby ging es Ihnen um die Forcierung des Ausbaus des Dosenangebots gegen das erfolgreiche Pfandsystem. Sie haben sich lange gegen das Pfandsystem gewehrt und tragen maßgebliche Schuld am jahrelangen freien Fall der Mehrwegquote. Das haben viele vergessen. Deshalb will ich es in Erinnerung rufen.
Jetzt plötzlich sitzt Herr Dr. Schnappauf ganz vorne in der Lokomotive des Dosenpfand-Zuges, den er jahrelang zu bremsen versucht hat. Trotzdem wurde das Dosenpfand eingeführt. Das ist gut so. Glücklicherweise sind Sie mit Ihrer Blockade gescheitert.
Wir haben Ministerpräsident Dr. Stoiber und Umweltminister Dr. Schnappauf eine besondere Auszeichnung als Dank für dieses Dosen-Chaos zuerkannt. Wie sieht es aus? – Sie und Herr Ministerpräsident Dr. Stoiber erhalten den großen Blechorden mit Plastikrand, hergestellt aus einer Getränkedose und einer PET-Einwegflasche, verziert mit dem berechtigten Zorn der Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich jetzt mit einer gewaltigen Zettelwirtschaft und dem Fehlen eines einheitlichen Rücknahmesystems herumschlagen müssen. Das sind die Tatsachen, Herr Minister Schnappauf.
Im nächsten Punkt geht es um den vernetzten Naturschutz statt der Insellösungen. Der Naturschutz ist in der bayerischen Regierungspolitik ein Stiefkind. Anders kann man es nicht bezeichnen.
Naturschutz – ich habe es schon einmal angeführt – wird nur erlaubt, wo er keine anderen Interessen stört, und das wollen wir als SPD-Landtagsfraktion ändern. Das neue Bundesnaturschutzgesetz fordert, 10% der Lan
desfläche zu schützen; das gehört zu unseren Vorstellungen und Forderungen. Es ist dringend erforderlich, dass dieses Bundesgesetz auf bayerischer Ebene endlich umgesetzt wird. Dazu sind Sie scheinbar nicht in der Lage oder Sie wollen es trotz des Titels „Umweltminister“ wirklich nicht.
Naturschutz wird in Bayern oft auf „Inseln“ betrieben. Biotope und andere geschützte Flächen müssen endlich miteinander vernetzt werden, wie es auch das EU-Recht verlangt. Die bereits vorliegenden Arten- und Biotopschutzprogramme auf der Ebene der Landkreise und der kreisfreien Städte müssen endlich umgesetzt werden. Diesen Halbsatz aus Ihrer Rede, dass Sie das mit den Menschen und den Kommunen umsetzen wollen, haben Sie weggelassen. Die Realisierung und Umsetzung, genau das haben Sie in Ihrer Rede weggelassen. Es reicht nicht, Erhebungen und Karten in irgendwelchen Schubladen in unseren Städten und Landkreisen zu haben, sondern wir müssen die Programme endlich umsetzen, und dafür müssen den Kommunen endlich Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Die zögerlichen Meldungen von wertvollen Schutzgebieten in FFH-Gebieten an die Europäische Union sind ebenso ein Armutszeugnis für Bayern wie die Defizite bei der Umsetzung der Natura 2000. Besonderen Schutz verdient das wertvolle Ökosystem Alpen. Dieses muss vor weiterem Raubbau insbesondere durch die steigende Belastung durch den die Alpen querenden Verkehr und intensiven Sport sowie Tourismusnutzung bewahrt werden. Was fordern wir dazu? Wir kritisieren nicht nur, sondern wir arbeiten auch daran, und wir haben hier im Hohen Hause genug parlamentarische Initiativen auf den Weg gebracht, die immer wieder abgelehnt wurden. Wir wollen wirklich zum besonderen Schutz unserer Alpen, dass in Bayern endlich die Alpenkonvention und ihre Protokolle parlamentarisch umgesetzt werden. – Auch hier gibt es wieder nur Reden, keine Taten, Herr Minister Dr. Schnappauf.
Sie arbeiten nach dem Show-Prinzip. Sie lösen nicht die Probleme, sondern Sie blenden. Umweltpolitik dient, so scheint es, allein Ihrer persönlichen Darstellung. Hier ein paar Beispiele, warum ich dies so massiv zum Ausdruck bringe. Herr Minister Dr. Schnappauf, der Besetzer der Nachhaltigkeit. Herr Kollege Kaul, hören Sie zu, jetzt komme ich zum Landesentwicklungsprogramm, das Sie angesprochen haben. Minister Dr. Schnappauf hat in seinem Entwurf zum Landesentwicklungsprogramm das Wort „Nachhaltigkeit“ wirklich nachhaltig besetzt. Allein die Streichung dieses Wortes „Nachhaltigkeit“ würde das Werk wohl um 20 Seiten kürzen. Wir haben durchgezählt und es überschlagen: Wenn man das Wort „Nachhaltigkeit“ streichen würde, würde dieses Landesentwicklungsprogramm wirklich 20 Seiten kürzer. Allerdings hat sich der Herr Minister – das ist das Schlimme an der Geschichte – offensichtlich nicht kundig gemacht, was „nachhaltig“ bedeutet. „Nachhaltig“ bedeutet: Verzahnung von Wirtschaft, von Sozialem und Ökologie. Wenn es zum Konfliktfall zwischen Sozialem und Ökologie
oder gerade zwischen Ökonomie und Ökologie kommt, muss wirklich im Interesse der Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen die Ökologie Vorrang haben; dies schreibt übrigens auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Göppel in seinem 55-seitigen Programm. Nehmen Sie es einfach auf, beschließen Sie es, dann kommen wir voran. „Nachhaltigkeit“ heißt nicht „unverbindlich“, wie Sie, Herr Minister Dr. Schnappauf und die CSU dies auch noch unterstützen.
Das Landesentwicklungsprogramm gibt keine Antwort auf die immer größer werdende Schere bei der wirtschaftlichen Entwicklung, in Bezug auf die Arbeitsplätze innerhalb Bayerns, auf das Einkommen, den Verkehr, die Bildung, die Gesundheit und viele andere Parameter. Wenn man sich die Landesentwicklungspolitik in Bayern anschaut, wird das Gefälle immer größer und klafft die Schere immer mehr auseinander.
Sie führen an, der Klimaschutz sei ein eigenes Kapitel. Gut, doch im Plan sind keine klaren Vorgaben und Ziele zu lesen. Es wird kein klares Klimaschutzziel und keine klare Vorgabe genannt und auch nicht gesagt, in welchem Zeitrahmen man welches Ziel erreichen will. Das findet man im Landesentwicklungsprogramm nicht.
Interessant ist ein weiterer Punkt: das Landesentwicklungsprogramm und die vorangegangene Sonderfortschreibung Landesentwicklungsprogramm. Der Dammbruch, den sich die Staatsregierung mit ihrer Sonderfortschreibung zum Thema „Einzelhandelsgroßprojekte“ geleistet hat, ist bestenfalls nachhaltiger Verrat am Einzelhandel, an Kommunen und an der Umwelt, Herr Minister.
Die Folgen Ihrer Politik zeigen sich jetzt schon. Auf eine SPD-Anfrage hin musste die Staatsregierung zugeben, dass in nur vier Monaten nach der Neuregelung durch die Sonderfortschreibung des LEP für Einzelhandelsgroßprojekte solche Großmärkte auf der grünen Wiese im Umfang – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – von über 86000 qm entstanden sind. 86000 qm auf der grünen Wiese und versiegelter Boden – von wegen freie Flächen, von wegen entsprechende Politik. Hier sind keinerlei Ansätze erkennbar. Sie haben mit dieser Sonderfortschreibung genau das Gegenteil beschlossen, und genau das Gegenteil tun Sie auch. In diesen 86000 qm sind die Folgen der Sonderregelung noch nicht erfasst, dass Großmärkte bis zu 900 qm – es waren vorher 700 qm – nicht einmal landesplanerisch erfasst sind; auch das muss man wissen, sie sind ja genehmigungsfrei. Es hilft dem Minister nur wenig, wenn ihn plötzlich das schlechte Gewissen packt. Es ist ohnehin zu befürchten, dass Veranstaltungen, in denen er sich jetzt den Schutz der Innenstädte auf die Fahnen schreibt und über den hohen Landverbrauch jammert, wieder nur reine Show-Veranstaltungen ohne Konsequenzen bleiben.
Zum Abschluss sage ich: Auch wenn die CSU sichtlich Mühe hat, zu ihrem neuen Umweltprogramm zu kommen – Bayern braucht dieses Programm eigentlich nicht. Die Fakten sind bekannt, die Lösungsvorschläge liegen
auf dem Tisch. Bayern braucht eine neue Umweltpolitik. Herr Minister, fördern Sie nicht nur mit Worten, sondern mit Taten endlich die von Ihnen selbst angesprochene technologische und ökologische Modernisierung. Wir als SPD-Landtagsfraktion arbeiten daran, und würden uns freuen, wenn auch Sie dies täten. Wir arbeiten daran für das Land, für die Natur, für die Menschen in diesem Land und deren Lebensqualität.
Herr Minister, welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, nachdem das Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe in Straubing im Rahmen des Gesamtkonzeptes Nachwachsende Rohstoffe in Bayern bei der Teilmaßnahme zum Projekt Weidenanbau des Innovationszentrums des Deutschen Flechthandwerks Lichtenfels nun bereits zum zweiten Mal die Zustimmung zum vorzeitigen Beginn einer Maßnahme erteilt hat, diesen Teilmaßnahmen eine adäquate Förderung zukommen zu lassen?
Herr Minister, ich möchte noch einmal nachfragen. Der Bescheid über die Möglichkeit eines vorzeitigen Baubeginns liegt vor. Wann werden die Mittel fließen? Ich frage vor allem in Bezug auf den Landwirt Heinrich Geßlein, der bereits seit 2001 Weide anbaut und noch keine Mittel erhalten hat.
Herr Minister, sind Sie sich darüber im Klaren, dass dieses Projekt insgesamt infrage steht, wenn diese Mittel nicht schnell ausbezahlt werden? Hier geht es nicht nur um die Rettung eines Landwirts, sondern auch um die Rettung eines alten Kunsthandwerks, nämlich des Flechthandwerks. Mit dem Projekt „Weidenanbau“ ist ein Hightech-Projekt verbunden, nämlich die Entwicklung und Forschung im Flechthandwerk.
Bedeutet das, dass der Landwirt auch das Geld bekommt? Er hat bereits im letzten Frühjahr und im Jahr 2001 angepflanzt. Die Weiden brauchen vier Jahre. Wird er auch das Geld für diese Zeit rückwirkend erhalten?
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es bemerkenswert, dass Frau Ministerin Stewens zumindest den Großteil dieser Debatte mitverfolgt hat. Das ist schon bemerkenswert.
Sie hat wohl die Aussage Ihres Chefs, des Herrn Ministerpräsidenten, in der letzten Woche nicht gehört. Er hat von Werten gesprochen, von Werten wie Disziplin und Pünktlichkeit. Anscheinend ist das bei Ihnen noch nicht angekommen, Frau Stewens.
Ich frage mich, ob Sie sich in Ihrer Position – Sie sind nicht ganz unumstritten – einen derartigen Ungehorsam überhaupt noch leisten können.
Ich finde es bemerkenswert, dass es die Frauenministerin in Bayern herausstellt, dass sie bei der Verleihung eines Frauenförderpreises speziell die Frauen begrüßt. Das ist als Ergebnis der Gleichstellungs- und Frauenpo
litik in Bayern etwas mager; darauf kann sich Frauenpolitik allein nicht beschränken.
Ich kann nur stichwortartig einige Beispiele ihrer Frauenund Gleichstellungspolitik anführen, zum Beispiel das Gleichstellungsgesetz, das sehr zahnlos und nicht sehr zielführend ist und nicht dazu beiträgt, Frauen- und Gleichstellungspolitik in unserem Land tatsächlich voranzubringen; das ist Ihr Werk. Der Gleichstellungsbericht wird immer mit etwas eigenartigen Ausreden verzögert vorgelegt. Das zeigt wohl, dass Sie ein rein theoretisches Interesse an einer Frauenpolitik haben. Ich möchte weiter die – im Gegensatz zur Politik auf Bundesebene – völlig unzureichende Anwendung des Prinzips des Gender Mainstreaming ansprechen. Ich möchte daraus schließen, dass Sie entweder keine Ahnung von diesem Thema oder kein Interesse an einer besseren Frauen- und Gleichstellungspolitik in Bayern haben. Ich spreche weiter die halbherzige Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes an. Ich könnte noch vieles mehr anführen. Das ist Ihre Frauen- und Gleichstellungspolitik in Bayern.
Es wäre angesagt, endlich einmal zu handeln und nicht immer nur, wie Frau Dodell, zu sagen: Wir wollen, wir wollen, wir wollen.
Auch Kollegin Männle hat eben nur von Ankündigungen und davon, was wünschenswert wäre, gesprochen. Auch wenn es vor Weihnachten die richtige Zeit ist, Wünsche aufzulisten, wollen wir doch lieber Taten sehen.
Frau Kollegin Dr. Fickler, was Sie zu Anfang ausgeführt haben, war schon eine böse, böse Unterstellung.
Ich greife das auf, Frau Kollegin Radermacher: Das waren geschmacklose Ausführungen. Sie wissen sehr wohl, dass die Kollegin Lochner-Fischer seit vielen Jahren – seit sie Mitglied des Bayerischen Landtags ist – für die SPD-Fraktion federführend, auch als AsF-Landesvorsitzende, die Frauen- und Gleichstellungspolitik in der Fraktion und hier im Hohen Hause vertritt und vorangebracht hat.
Dann heißt es immer: Wir wollen die Wahlfreiheit. Darauf möchte ich gerne eingehen. Heißt Wahlfreiheit, dass sich Frauen – oder auch Männer – zwischen Familie oder Beruf entscheiden müssen? – Genau das wollen wir nicht. Wir wollen keine Wahlfreiheit. Ich möchte mich auch als junge Frau nicht zwischen Familie und Beruf entscheiden müssen, sondern ich möchte die Möglichkeit haben, Familie und Beruf zu vereinbaren. Das ist unser Ansatz.
Ich sage ganz klar: Hier wird immer noch versucht, Frauen zu bevormunden. Sie wollen Frauen vorschreiben, wie sie ihr Leben, ihr Familienleben, ihre Lebensentwürfe zu gestalten haben.
Jawohl. Ich greife ein Beispiel des Herrn Kollegen Goppel auf: Eine Familie besteht aus Frau und Mann mit Trauschein und mit Kind oder Kindern. Für uns besteht eine Familie dort, wo Kinder sind. Das kann auch eine allein erziehende Mutter oder ein allein erziehender Vater sein.
In Ihrer Familienpolitik gilt eine allein erziehende Frau wohl als nicht förderwürdig.
Sie haben nach wie vor Ihr altes Klischee, das ist nach wie vor Ihre alte Ansicht von Familienpolitik. Das ist auch ein wichtiger Grund dafür, warum wir in der Gleichstellungs- und Frauenpolitik in Bayern nicht weiterkommen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. Mai 1993 eindeutig festgelegt, dass der Staat für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen hat und Frauen nicht gezwungen sein dürfen, sich für das eine oder andere zu entscheiden. Im Bundesverfassungsgerichtsurteil ist von Vereinbarkeit, nicht von Wahlfreiheit die Rede. Setzen Sie dieses Bundesverfassungsgerichtsurteil doch endlich um.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Ich denke, die Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger hier in Bayern liegt uns allen am Herzen. Ich glaube, daran besteht kein Zweifel. Dass es aber hinsichtlich der Atomkraftwerke keinen hundertprozentigen – ich betone: hundertprozentigen – Schutz vor Flugzeugkatastrophen bzw. Terroranschlägen gibt, muss uns allen ebenfalls klar sein. Ich finde den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bezüglich einer Flugverbotszone im Umkreis von 20 Kilometern an sich lobenswert. Nachdem wir den 11. September vergangenen Jahres alle vor Augen haben, müssen wir gemeinsam – Bund, Länder und Kernkraftwerksbetreiber – sämtliche Sicherheitsmaßnahmen auf den Prüfstand stellen und alles ausloten, um der Bevölkerung tatsächlich mehr Sicherheit zu bieten.
Wie gesagt, der Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist zwar lobenswert, geht aber unserer Ansicht nach an den Realitäten vorbei. Der Antrag gaukelt Sicherheit nur vor und erhöht möglicherweise das Sicherheitsgefühl der Menschen, er garantiert aber nicht mehr Sicherheit. Selbst wenn es ein generelles Überflugverbot gäbe, wäre die Sicherheit nicht gegeben. Herr Kollege Pienßel hat bereits darauf hingewiesen, und auch ich möchte das klar sagen.
Tatsache ist, sollte jemand einen Anschlag auf ein Kernkraftwerk vorhaben, dann wird eine 20-Kilometer-Flugverbotszone ihn nicht davon abhalten und daran hindern. Das muss man klar sagen. Wir von der SPD haben mit Experten gesprochen; auch uns liegen Zahlen vor. Wenn ein Linienflugzeug in einer Sekunde 236 Meter zurücklegt – das muss man sich einmal vorstellen: in einer Sekunde 236 Meter –, dann legt es in einer Minute 14 Kilometer zurück. Herr Kollege Pienßel spricht von 15 Kilometern. Ob es sich nun um 14 Kilometer oder 15 Kilometer handelt, ist wohl nicht wesentlich. Wenn man von 14 Kilometern ausgeht, würde das heißen, dass eine 20-Kilometer-Zone in 1,5 Minuten durchquert wäre. Eine Katastrophe könnten wir – wenn überhaupt – höchstens noch mit militärischen Mitteln wie dem Einsatz von Bodenluftraketen bzw. Abfangjägern verhindern.
Man muss in diesem Zusammenhang aber auch die Verhältnismäßigkeit der Mittel betrachten. Eine Flugverbotszone im Umkreis von 20 Kilometern eines Atomkraftwerks würde definitiv den Flugbetrieb des Münchner Flughafens lahmlegen, nichts anderes. Das muss man wissen, wenn man so etwas fordert. Man muss sich auch fragen, was die Maßnahme für die Sicherheit bringt. Wie stehen die Mittel hier zueinander im Verhältnis? Wenn man nur Sicherheit vorgaukeln will, ja. Aber man muss in der Diskussion auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen, die durchaus auch eine Rolle spielen.
Garantierte Sicherheit gibt es nicht. Also kann man der Tourismusbranche nicht ihr wichtigstes Transportmittel entziehen. Es ist einfach so, dass die modernen Linienflugzeuge – Airbus und Boeing – nicht die Möglichkeit haben, auf Feld und Flur zu landen. Wir haben auch nicht die Möglichkeit, Aktionen durchzuführen, wie sie kürzlich durch die Medien gingen, als ein Flugzeug mit dem LKW durchs Land in ein Museum gezogen wurde. Es ist bei uns nicht möglich, alte Flugzeuge per LKW zum Flughafen zu ziehen; das muss man berücksichtigen.
Dass die CSU-Staatsregierung mit Kabinettsbeschluss vom 20. November 2001 ein direktes Überflugverbot von Kernkraftwerken einfordert, halte ich für bemerkenswert, gerade wenn man das von Herrn Kollegen Pienßel und mir Dargestellte berücksichtigt. Ich habe keinen Zweifel daran, dass der CSU und der Staatsregierung die Sicherheit der Bevölkerung am Herzen liegt, doch denke ich, wir gaukeln der bayerischen Bevölkerung mit solchen Forderungen etwas vor und können letztlich nicht mehr Sicherheit bieten.
Der richtige Weg ist der, den die Bundesregierung eingeschlagen hat und der nicht kurzfristig zu sehen ist. Kurzfristig bedarf es weiterer Sicherheitsmaßnahmen. Mittelund langfristig ist der einzig gangbare Weg der Ausstieg aus der Kernenergie. Man denke nur an die Wahrscheinlichkeit von Störfällen – zum Beispiel zuletzt in den AKW Biblis und Philippsburg –, an die Endlichkeit des Grundstoffes Uran – er reicht gerade für 65 Jahre aus –, an die existierende Gefahr von Flugzeugabstürzen auf Atomkraftwerke und die nicht absehbaren Folgen und nicht zuletzt an die noch nicht geregelte Endlagerproblematik.
Es gibt also zig Gründe für den Ausstieg, der so schnell wie möglich erfolgen muss. Deshalb hat die Bundesregierung den richtigen Weg im Sinne künftiger Generationen und im Sinne der Sicherheit der Bevölkerung eingeschlagen. Die Bundesregierung und Bundeskanzler Schröder haben Gott sei Dank den Konsens mit den Energieversorgungsunternehmen gefunden und damit eine nachhaltige Energiewirtschaft und mehr Sicherheit für die Bevölkerung auf den Weg gebracht, und das ist gut so.
Dass gerade die Bayerische Staatsregierung einen Beschluss bezüglich eines Überflugverbots faßt, ist erstaunlich, weil sie die deutsche und speziell die bayerische Kernenergie und deren Sicherheitsstandards ständig lobpreist. Dieses Verhalten zeugt meines Erachtens von einer starken Inkonsequenz der Staatsregierung. Man kann nicht auf der einen Seite eine Risikotechnologie über den grünen Klee loben und auf der anderen Seite Sicherheitsstandards einfordern, die de facto nicht zu realisieren sind und die auch nicht mehr Sicherheit bringen. Wie gesagt: Der Ausstieg ist der sicherste Weg.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die CSU-Fraktion den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN mit der Begründung – das Zitat vom Abgeordneten Hofmann kann ich mir sparen; ich wollte es eigentlich bringen – ablehnt, es könnte der Eindruck entstehen, dass nur die GRÜNEN solche Überflugverbote für sinnvoll halten, finde ich aber ungeheuerlich. Wenn man die Diskussion in den Ausschüssen betrachtet, kann man zusammenfassend sagen: Auf der einen Seite lobt die CSU die Kernenergie und hält unerschütterlich an ihr fest; auf der anderen Seite fordert sie ein Überflugverbot; den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN lehnt sie wegen entgangener Lorbeeren ab – ich beziehe mich dabei auf Herrn Kollegen Hofmann. Wir meinen, dieses Verhalten hat mit einer verantwortungsvollen Politik nichts mehr zu tun, sondern nur mit einem Herumtaktieren. Es ist seltsam, dass Sie einem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nicht zustimmen können, nur weil ein falscher Eindruck entstehen könnte. Offensichtlich geht es Ihnen doch nicht um die Sicherheit unserer Bürger, sondern um eine klare Abgrenzung von Rot-Grün, die im Wahlkampf erfolgen muss, koste es was es wolle.
Zum Schluss möchte ich sagen, wir vonseiten der SPDFraktion finden das Schreiben von Verkehrsminister Dr. Wiesheu an Bundesverkehrsminister Bodewig vom Januar dieses Jahres bemerkenswert. Staatsminister Dr. Wiesheu wirkt in diesem Schreiben tatsächlich auf ein Überflugverbot im Umkreis von Kernkraftwerken hin. Er schreibt wortwörtlich: „Das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung muss erhöht werden.“ – Das „Sicherheitsgefühl“! Ein Verkehrsflugzeug auf seinem von der Flugsicherung freigegebenen Kurs ist unter ständiger Radarkontrolle. Staatsminister Dr. Wiesheu regt in seinem Schreiben weiter an; sollte das Flugzeug ohne Grund von der Flughöhe oder dem Kurs abweichen, dann sei von der Flugsicherung Alarm auszulösen und dieser an die Luftverteidigung aber auch an die Zentrale des gegebenenfalls gefährdeten Atomkraftwerks weiterzuleiten.
Das ist die Forderung von Wirtschaftsminister Dr. Wiesheu. Das muss man sich einmal überlegen. Schön und gut, kann ich nur sagen. Was macht man denn in einem solchen Fall, was macht man, wenn der Alarm ausgelöst worden ist?
Was passiert in einer solchen Situation? Man schaltet den Reaktor wohl ab und fährt ihn auf einen unkritischen Druckbereich herunter. Das wäre, so nehme ich an, die logische Konsequenz aus einer derartigen Forderung. In der Kürze der Zeit wäre das aber sehr schwer bzw. gar nicht zu bewerkstelligen. Außerdem muss man sich einmal die Zahlen ansehen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, der Rednerin mehr Aufmerksamkeit zu widmen und die Gespräche einzustellen.
Über 80 verdächtige Fälle wurden allein im vierten Quartal 2001 an die Luftverteidigungsdienststellen gemeldet. Über 80 verdächtige Fälle! Stellen Sie sich einmal vor, was geschähe, wenn man bei jedem dieser Verdachtsfälle die genannten Maßnahmen – Abschalten und Herunterfahren des Reaktors in einen sicheren Druckbereich – einleiten würde. Wenn wir das wahrmachen würden, was für Folgen würden sich daraus ergeben? Wie würde das mit Ihrer bisherigen Intention in Einklang stehen? Der wirtschaftliche Betrieb der betroffenen Kernkraftwerke würde doch in jedem Fall in Frage gestellt. Das kann ich mir nicht vorstellen. Die Frage ist deshalb, Herr Dr. Wiesheu, wollen Sie den Betreibern der bayerischen Kernkraftwerke, wollen Sie der Kernkraft in Deutschland an den Kragen? Wollen Sie das? Ich kann hieraus jedenfalls nichts anderes schließen. Es wäre deshalb sehr interessant, eine Antwort von Ihnen zu bekommen. Sie können sich uns gegenüber ruhig outen, wir haben damit kein Problem, im Gegenteil, wir würden es begrüßen.
Wie gesagt, die Einleitung von Abwehrmaßnahmen in einem ausreichend dimensionierten Sperrgebiet würde den zivilen Flugverkehr in den betroffenen Regionen zum Erliegen bringen. Das würde in der Umgebung von Großflughäfen zu einer zwangsläufigen Einstellung des Flugbetriebs führen. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie auch, Herr Dr. Wiesheu, haben Sie Ihre Forderung und die Forderung Ihres Kabinetts mit den Betroffenen besprochen? Haben Sie diese Frage mit den Betreibern der bayerischen Kernkraftwerke erörtert und mit den Fluggesellschaften und den Flughafenbetreibern besprochen? Das ist doch sehr interessant. Ich nehme an, die würden eine ganz andere Meinung dazu haben. Die Vorstellung, die Sie hier an den Tag gelegt haben, ist aus unserer Sicht deshalb sehr interessant.
Wir haben es hier mit einem vielschichtigen Problem zu tun, das wurde vorhin auch beim Redebeitrag des Kollegen Pienßel deutlich. Prüfen wir gemeinsam – die Bun
desregierung hat damit bereits begonnen –, prüfen wir ernsthaft mit den Ländern alle Möglichkeiten, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Prüfen wir dies unter Berücksichtigung aller Argumente und unter Beteiligung aller Betroffenen, die ich eben angeführt habe. Wir wollen mehr Sicherheit, aber wir wollen mehr Sicherheit nicht vorgaukeln. Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag der GRÜNEN deshalb ab.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung, die auf Wunsch der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN in namentlicher Form erfolgen soll. Ich gebe schon jetzt bekannt, dass es nach Abgabe der Stimmkarten eine Mittagspause bis 13.30 Uhr geben wird. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereits aufgestellt. Die Ja-Urne steht auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSUFraktion. Die Enthaltung-Urne steht auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden.
Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird von mir nach der Mittagspause bekannt gegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Tausendfreund, Dr. Runge und anderer betreffend Flugverbotszonen im Umkreis von Atomreaktoren, Drucksache 14/8216, bekannt. Mit Ja haben 9 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 143. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Ich rufe nun auf:
Tagesordnungspunkt 8
Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Biedefeld, Gartzke und anderer und Fraktion (SPD)
Nein zum Verordnungsentwurf der Staatsregierung für die Genehmigung von FOC/Einzelhandelsgroßprojekten; Möglichkeit zur Bildung kommunaler Allianzen (Drucksache 14/9442)
Ich eröffne die Aussprache. Frau Biedefeld, bitte.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses, auch wenn noch nicht viele hier sind. Wir reden heute über eine sehr weitreichende Entscheidung. Über die Entscheidung nämlich, in welche Richtung sich unsere bayerischen Innenstädte entwickeln. Es wird eine Richtungsentscheidung sein zwischen Verödung oder Lebendigkeit, zwischen Billigsortiment oder qualitativ hochwertigen Waren, zwischen Verlust des städtischen Charakters oder Lebensund Liebenswürdigkeit unserer bayerischen Innenstädte.
Auch der Bayerische Landtag unterstützt im Rahmen der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms die Forderung – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, die Funktions- und Leistungsfähig unserer Städte und Stadtteilzentren zu erhalten und zu verbessern.
Diese Aussage und dieses Ziel werden aber ganz eindeutig unterlaufen, wenn die CSU-Mehrheit hier im Hohen Hause dem uns vorliegenden Antrag der Staatsregierung, dem Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm in Bayern zustimmt. Diese Verordnung hat zwar relativ wenig Text, aber eine Begründung mit einem Umfang von sechs Seiten. Mit der Verabschiedung dieser Verordnung würde das Ziel, die Funktions- und Leistungsfähigkeit unserer Innenstädte zu erhalten, ganz eindeutig verfehlt. Wir müssen dem Vorhaben der Staatsregierung, was die künftige Genehmigung von Einzelhandelsgroßprojekten und FOCs betrifft, ganz klar Einhalt gebieten. Dazu sind wir aufgefordert, damit unsere Innenstädte den sie auszeichnenden Charakter erhalten können und zumindest eine realistische Chance bekommen, im harten Wettbewerb des Einzelhandels zu bestehen. Diese Chance müssen wir ihnen einräumen.
Wenn diese Verordnung von der Mehrheit im Hohen Hause heute so beschlossen würde, würden große Löcher aufgerissen. Es würde zu einem Dammbruch und damit zu einer Flut von Großmärkten auf der grünen Wiese kommen. Davor aber müssen wir unsere Kommunen bewahren, und dazu sind wir heute aufgefordert. Das dürfen wir nicht zulassen.
Die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel haben sich nicht erst seit gestern verschlechtert. Das wissen wir alle. Wir diskutieren alle ständig mit den zuständigen Verbänden und Fachleuten. Die Umsätze gehen ständig zurück, aber die Verkaufsflächen wachsen. Die Zunahme der Verkaufsflächen bei unveränderter Nachfrage ist signifikant. Auf der Fläche findet ein harter Verdrängungswettbewerb statt. Hierbei ziehen die Stadtzentren eindeutig den Kürzeren. Das merken wir bereits jetzt bei der Entwicklung unserer Innenstädte.
Der Wettbewerb im Einzelhandel, welcher heute in Bayern bereits Überkapazitäten von 30% aufweist, würde sich noch stärker verschärfen und noch mehr ruinös werden. Die Innenstädte und Stadtteilzentren der großen Städte, insbesondere aber die Mittel- und Kleinstädte mit Einwohnerzahlen zwischen 10000 und 50000 würden ihre Attraktivität verlieren. Möglicherweise würden sie sogar ihrer Lebensfähigkeit beraubt, wenn diese Verordnung mit der Mehrheit im Hohen Hause so beschlossen werden sollte. Zwischen den kleineren Gemeinden würde ein ruinöser Wettbewerb entstehen. Die Projekte auf der grünen Wiese würden eine Vielzahl neuer Probleme sozialer, verkehrlicher und auch ökologischer Art schaffen. Die Grundversorgung würde nur mangelhaft gesichert, eine Anbindung der Märkte mit öffentlichen Verkehrsmitteln würde fehlen und schließlich wären ein erhöhter Landschaftsverbrauch, ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, der Bau neuer Straßen und vieles andere mehr die Folge.
Wir als Parlamentarier haben deshalb die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Standorte in den integrierten Lagen gefördert werden. Mit integrierten Standorten meinen wir die echten Innenstadtlagen, nicht Standorte irgendwo am Stadtrand. Wir meinen wirklich die Innenstädte. Diese Standorte müssen wir fördern. Die Standorte auf der Grünen Wiese müssen wir soweit wie möglich verhindern.
Dieser Zielsetzung schließt sich zumindest auf den ersten Blick der uns vorliegende Entwurf vom 17. April 2002 zur Teilfortschreibung an. Darin wird unter anderem festgestellt, dass der Erhalt attraktiver und lebendiger Innenstädte mit einer Vielfalt kleiner und mittelständisch geführter Betriebe zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung notwendig ist.
Wenn wir für den Entwurf der Staatsregierung stimmen, Ausnahmeregelungen für Fabrikverkauf, für Einzelhandelsgroßprojekte, teils in gigantischer Größenordnung, zuzulassen, dann hat dies wirklich einen Dammbruch zur Folge – das muss man klar sehen –, dessen Auswirkungen wir heute noch gar nicht richtig abschätzen können. Es muss sich jeder, der heute über dieses Thema abstimmt, darüber klar sein, dass die Konsequenzen ausgestorbene Innenstädte, Verödung, Vereinsamung und Verlust des innerstädtischen Charakters sein werden. Dann kann man nur noch sagen: Bordsteine hoch, gute Nacht.
Das ist nicht in unserem Interesse. Ich hoffe, dass Sie im Hinblick auf die einschlägigen Eingaben und Briefe sowie die Forderungen und Appelle, die an alle Kolleginnen und Kollegen dieses Hohen Hauses gerichtet wurden, ein Einsehen haben und Ihre Position, die Sie bislang vertreten haben, revidieren. Wir sagen klar: nicht Bordsteine hoch, nicht gute Nacht, was unsere bayerischen Innenstädte betrifft – nicht mit der SPD.
In Einzelhandelsgroßprojekten und insbesondere den FOCs kann das Sortiment jederzeit wechseln. Die Fachleute haben dies in den verschiedensten Anhörungen und Gesprächen sowie Diskussionen immer wieder
gesagt. Deshalb darf es für FOCs keine Sondergenehmigungen geben.
Sie müssen bei den Genehmigungsverfahren wie jedes andere Einzelhandelsgroßprojekt behandelt werden. Das ist unsere klare Forderung. Vor allem muss aber die vorhandene Kaufkraft – das ist uns ein besonderes Anliegen – im Nah- und Einzugsbereich für die Genehmigungsfähigkeit herangezogen werden, und zwar nicht in dem Ausmaß, wie es das Kabinett vorhat und erneut hochgepuscht hat, sondern den tatsächlich gegebenen Tatsachen, der tatsächlich vorhandenen Kaufkraft, entsprechend.
Für die SPD-Fraktion gilt, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit vorwiegend innenstadtrelevanten Sortimenten wie Textilien, Schuhe, Parfümartikel oder Spielwaren und vieles andere mehr prinzipiell wirklich nur in innerstädtischen Lagen genehmigt werden dürfen. Das führt zu einer Stärkung unserer Innenstädte. Wir lehnen deshalb die vorgesehene Ausnahme, wonach solche Einzelhandelsgroßprojekte bei Vorliegen einer Ministererlaubnis in städtebaulichen Randlagen genehmigt werden können, ab. Das muss man sich einmal vorstellen, willkürliche Entscheidungen wären das, nichts anderes. Wir lehnen es ab, dass so etwas bei Vorliegen einer Ministererlaubnis auch in städtebaulichen Randlagen genehmigt werden sollte. Das kann nicht sein. Es gibt keine klaren Kriterien dafür, auch nicht in dieser mehr als sechsseitigen Begründung. Das wären wirklich willkürliche Entscheidungen zulasten unserer bayerischen Innenstädte und auf Kosten der Liebenswürdigkeit unserer bayerischen Städte.
Jede Ministererlaubnis würde einen Präzedenzfall schaffen, das lehnen wir ab. An welchen Kriterien wollen Sie das wirklich festmachen? – Das ist nirgendwo nachzulesen. Sie selbst haben sich auch nie dazu geäußert, weder von Seiten des zuständigen Ministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen Herr Staatsminister Schnappauf, noch von Seiten der CSU-Fraktion. Welche klaren Kriterien wären dies denn? – Das ist nirgendwo festgelegt. Wir meinen, jede Ministererlaubnis würde Präzedenzfälle schaffen, die letztendlich die Ausnahme zur Regel werden lassen würden. Ich sage hier nur wieder das Stichwort: Dammbruch.
Für uns ist es wichtig, dass hinsichtlich der Genehmigung von Einzelhandelsgroßprojekten der Anschluss an einen gut funktionierenden ÖPNV gegeben ist. Vor allem ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger in einer immer älter werdenden Gesellschaft sind auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Sie haben einen Anspruch darauf. Wir wissen, wie schwierig das umzusetzen ist. Auch ohne diese neue Verordnung haben wir uns alle darum bemüht, und wir wissen alle, wie weit wir damit gekommen sind.
Den Begriff „städtebaulich integrierter Standort“ lehnen wir ab, weil dies ein unbestimmter Rechtsbegriff ist. Wenn dieser Begriff doch Verwendung finden sollte, dann sollte nur bei Möbelhäusern, Baumärkten oder Gartencentern davon abgewichen werden.
Das Prinzip der zentralen Orte für die Genehmigung eines Standortes hat sich bewährt. Daran gibt es keinen Zweifel. Deshalb muss daran festgehalten werden. Von dieser Forderung werden wir nicht abweichen. Um dem ländlichen Raum eine Chance zu geben, kann es möglich sein, sich entsprechend entwickelnde Gemeinden in ihrer Zentralörtlichkeit aufzuwerten. Diese Diskussion werden wir führen, wenn es um die Gesamtfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms geht. Hier haben sich entwickelnde Kommunen wirklich eine Ansatzmöglichkeit. Das müssen wir in den weiteren Beratungen berücksichtigen.
Eine weitere wichtige Möglichkeit für den ländlichen Raum ist unserer Meinung nach die Zusammenarbeit in kommunalen Allianzen. Das haben wir in unserem Antrag so aufgeführt. Mit dem Zusammenschluss einzelner Gemeinden wird eine gemeinsame Kaufkraft gebildet, die die Genehmigung von Einzelhandelsgroßprojekten ermöglicht. Bei der Genehmigung ist dann aber die in der Gemeinde oder dem Stadtgebiet tatsächlich vorhandene Kaufkraft zu berücksichtigen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf können in Einzelfällen auch Ortsrandlagen als städtebaulich integrierte Standorte in Betracht kommen. Das wird mehrmals aufgeführt. Ich sage es noch einmal: Die Ausweitung des Begriffs, der ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, hat verheerende Folgen. Alle, die wir heute hier sitzen, werden das noch erleben. Ich sage, es ist wirklich interpretierbar und willkürlich auslegbar. Wir sind strikt dagegen.
Der bayerische Ministerrat hat in seiner Zielformulierung vom 29. Mai 2001 – und dies in Übereinstimmung mit den Verbänden, die Sie auch angeschrieben haben, Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, nämlich dem Bayerischen Städtetag, dem Bayerischen Industrieund Handelskammertag, der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern, dem Landesverband des bayerischen Einzelhandels und dem Landesverband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Bayern – eine Vereinbarung über die Abschöpfungsquote getroffen. Es wurde eine Abschöpfungsquote von höchstens 10%, in Innenstadtlagen von höchstens 20% vereinbart. Das wurde in der gemeinsamen Diskussion der Staatsregierung mit den Verbänden für angemessen gehalten. Die nunmehr vorgenommene massive Anhebung der Abschöpfungsquote auf 30% gefährdet wirklich die noch vorhandene kleinteilige Angebotsstruktur in den gewachsenen Ortszentren. Wir lehnen dies deshalb ab.
Wir stimmen mit den Verbänden, die ich eben namentlich aufgeführt habe, vollkommen überein. Wir fordern folgende Regelungen: bei Waren des sonstigen Bedarfs für die ersten hunderttausend Einwohner höchstens 20% Abschöpfungsquote, in den Innenstadtlagen 30% und für die 100000 Einwohner übersteigenden Einwohner 10% Abschöpfung der sortimentsspezifischen Kaufkraft im jeweiligen Verflechtungsbereich des innerstädtischen Einzelhandels.
Im Interesse des ländlichen Raums ist eine maßvolle Anhebung der Abschöpfungsquote für die ersten 100000 Einwohner sinnvoll. Dies führen auch die ent
sprechenden Fachverbände aus. Außerdem sollte die Ansiedlung in Innenstadtlagen wirklich begünstigt werden. Mit dem vorliegenden Entwurf der Verordnung ist dies nicht vorgegeben. Das Ziel wird eindeutig verfehlt.
Die Erhöhung der Quoten für nicht innenstadtrelevante Sortimente von 15 auf nunmehr 25% im Einzugsbereich ist für uns völlig unvertretbar. Deshalb lehnen wir den vorliegenden Entwurf klar ab. Wenn Einzelhandelsgroßprojekte gigantischen Ausmaßes im Interesse der Innenstädte vermieden werden sollen, muss die Abschöpfungsquote zumindest auf die ursprünglich vorgesehenen 15% abgesenkt werden.
Zusammenfassend stelle ich für die SPD-Fraktion fest: Die derzeitige Genehmigungspraxis für die Einzelhandelsgroßprojekte in Bayern hat sich bewährt. Wir stellen weiter fest, dass sich bei Einzelhandelsgroßprojekten das Prinzip der zentralen Orte grundsätzlich bewährt hat. Wir stellen außerdem fest, dass es bei Neuregelungen unter keinen Umständen zu derartigen unbestimmten Rechtsbegriffen kommen sollte, zum Beispiel „städtebaulich integrierte Randlage“; denn diese führen – das ist auch nicht im Interesse dieses Hohen Hauses – zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten und bringen keine Vereinfachung, sondern im Gegenteil mehr Aufwand für die Genehmigungspraxis. Auch das kann nicht im Interesse unserer Betriebe, unseres Einzelhandels sein.
Zum Weiteren stellt die SPD-Fraktion fest, dass wir insgesamt im Hohen Haus Abstand nehmen sollten von der Vielzahl der vorgesehenen Ausnahmetatbestände. Würde ich diese anführen, würde ich heute spätabends noch am Rednerpult stehen. Bei Genehmigungen von Einzelhandelsgroßprojekten ist für uns unerlässlich, dass insbesondere aus sozialen Gründen die qualifizierte Anbindung an den Personennahverkehr dauerhaft gegeben und gesichert ist.
Als weitere Feststellung möchte ich vorgeben, dass grundsätzlich bei allen Genehmigungen in erster Linie auf die vorhandene Kaufkraft im Gemeinde- oder Stadtgebiet abgestellt werden sollte und Genehmigungen von Einzelhandelsgroßprojekten nur zulässig sein sollten, wenn die Kaufkraft tatsächlich gegeben ist.
Im ländlichen und im Stadtumlandbereich muss es – wie gesagt – möglich sein, dass mit rechtsverbindlichen Verträgen kommunale Allianzen gebildet werden, um die Einwohnerzahl und Kaufkraft zu erhöhen, damit die Genehmigung für ein Einzelhandelsgroßprojekt tatsächlich gegeben ist.
Es ließen sich an dieser Stelle noch eine Reihe Forderungen im Interesse unserer Kommunen stellen. Ich möchte es bei den wenigen wichtigen Forderungen belassen. Entscheidend ist, dass es bei der Überarbeitung des Landesentwicklungsprogramms die ursprüngliche Absicht war – ich sage das an die Kolleginnen und Kollegen der CSU –, die Innenstädte, die Stadtteilzentren und die Ortszentren der zentralen Orte Bayerns wieder zu stärken. Das war ursprünglich unser gemeinsames Ziel. Nun rücken die Kolleginnen und Kollegen der CSU von diesem Ziel ab.
Trotz einiger weniger konstruktiver Ansätze verfehlt der vorliegende Entwurf das Ziel. Ich bitte Sie daher noch einmal sehr herzlich, dem Entwurf in der vorliegenden Fassung auf keinem Fall zuzustimmen. Ich sage auch: Im Falle der Zustimmung lehnen Sie nicht nur unsere Position ab, sondern Sie lehnen auch maßgebliche Positionen von bayerischen Verbänden ab, mit denen Sie eigentlich ansonsten gut zusammenarbeiten. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie den erwähnten bayerischen Landesverbänden eine Kriegserklärung machen. – Nichts anderes ist es.
Ich bitte Sie, stimmen Sie unserem Antrag zu. Nehmen Sie die Anregungen und Korrekturen der Verbände in den Entwurf auf und bewahren wir uns gemeinsam vor einem weiteren sich verschärfenden ruinösen Wettbewerb. Bewahren wir uns vor dem ruinösen Wettbewerb zwischen den kleineren Kommunen, und bewahren wir uns gemeinsam in Bayern vor der Zunahme sozialer, verkehrlicher und ökologischer Probleme. Ich beantrage für die SPD-Fraktion namentliche Abstimmung.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Dr. Runge. Bitte.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD fordert die Staatsregierung und das Hohe Haus auf, den Beschluss des Ministerrats zu den Factory-Outlet-Centers vom 20. November dieses Jahres rückgängig zu machen und damit ein klares Ja zum Beschluss vom 24.03.1998 und ein klares Nein zu FOCs in Bayern zu sagen. Insbesondere wollen wir die Planungen der Regierung von Oberbayern auf Eis legen. Für die SPD-Fraktion beantrage ich zum Antrag auf Drucksache 14/8255 namentliche Abstimmung.
Während der bayerische Staatssekretär des Innern in Berlin vor dem Einzelhandelsverband lauthals den Verfall der Attraktivität der Innenstädte beklagte, machte die Bayerische Staatsregierung in München den Weg frei für FOCs im Bayernland.
Das ist keine grandiose Leistung. Ich sage: Diese Heuchelei ist nicht mehr zu überbieten.
Wir fordern heute von der CSU ein in ihrem Abstimmungsverhalten deutlich erkennbares Bekenntnis zum
Einzelhandel und zum Mittelstand. Sie lassen Einzelhandel und Mittelstand bei Ihren Sonntagsreden immer hochleben. Wir fordern nicht nur ein klares Bekenntnis zum Einzelhandel und zum Mittelstand, sondern auch eine Entscheidung für den Erhalt der Attraktivität unserer Innenstädte.
Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen hat im Bericht über die Möglichkeiten der landesplanerischen Einflussnahme auf Einzelhandelsgroßprojekte im Februar 1998 ausgeführt, dass solchen neuen Megaeinkaufsformen grundsätzlich entgegenzutreten ist und dass solche neuen Megaeinkaufsformen grundsätzlich abzulehnen sind, da damit gesunde und leistungsfähige Strukturen zerstört werden, wohnortnahe Ausbildungs- und Arbeitsplätze im Handel vernichtet werden, Einkaufsmöglichkeiten für mobilitätsbehinderte Menschen verloren gehen, die Lebensfähigkeit vieler Städte und Märkte in Gefahr gerät und ganz offensichtlich auch noch negative Auswirkungen auf die Umwelt entstehen, wie Ressourcenverbrauch und zusätzlicher Verkehr.
Was hat sich seit damals geändert? – Sagen Sie uns das heute einmal. Vielleicht können wir das dann nachvollziehen, wir verstehen es nicht. An diesen Entwicklungen hat sich nichts verändert.
Sie schreiben in Ihrem Dringlichkeitsantrag bei Nummer 2:
Gegenüber der Situation der Beschlussfassung vom 24. März 1998 haben sich Entwicklungen ergeben, die eine erneute Überprüfung der Rahmenbedingungen und der ordnungspolitischen Entscheidungen notwendig machen.
Man höre und staune. Wir wollen hören, welche Entwicklungen dies sind. Sagen Sie doch bitte einmal, was das Wort „Überprüfung“ in dem Satz bedeuten soll. Das ist überhaupt nicht glaubwürdig. Am 20. November hat der Ministerrat bereits beschlossen, ein FOC in Ingolstadt zu genehmigen. Der Beschluss steht. Warum soll dann noch etwas überprüft werden? Erst fasst der Ministerrat den Beschluss, und dann erfolgt die Teilfortschreibung eines Landesentwicklungsprogramms. Was soll das? Was ist das für eine Politik?
Wir erleben das regelmäßig, und das ist typisch für Sie: Bevor Sie sich mit den Beteiligten und mit den Betroffenen darüber unterhalten, bevor sich der Bayerische Landtag mit dieser Materie beschäftigt und darüber diskutiert, wollen Sie wieder vollendete Tatsachen schaffen. Das Beispiel Ingolstadt zeigt dies eindeutig auf. Sie wollen vollendete Tatsachen schaffen.
Die CSU ist dabei nicht besser als der Ministerrat. Auch Sie haben sich bereits eindeutig festgelegt. Warum
etwas überprüfen? – Sie haben sich eindeutig festgelegt. Im ersten Spiegelstrich der Ziffer 3 Ihres heute vorgelegten Dringlichkeitsantrages heißt es, Einzelhandelsgroßprojekte und Factory-Outlet-Center seien gleichen Maßstäben zu unterwerfen, und es dürfe keine Bevorzugung von FOCs erfolgen.
Das ist ein klares Ja zu FOCs. Hier ist nicht von einer Überprüfung die Rede, hier ist nicht von der Ausnahme Ingolstadt die Rede. Noch vor wenigen Tagen und Wochen haben Sie überall in Bayern die Gefährdung der zentralen Funktion der Innenstädte als Versorgungsund Handelsschwerpunkte durch die Entstehung von FOCs beklagt. Jetzt stimmen Sie für FOCs. Gestern loben Sie noch den Einzelhandel und den Mittelstand über den grünen Klee, heute lassen Sie die Entstehung von FOCs auf der grünen Wiese zu. Das ist keine glaubwürdige Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Das heutige Abstimmungsergebnis werden wir im Land verbreiten.
Mit der Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung, dem seit Jahren umstrittenen Factory-Outlet-Center in Ingolstadt Genehmigung zu erteilen, haben Sie, meine Damen und Herren von der CSU, hat der Ministerrat dem bayerischen Einzelhandel und vielen bayerischen Kommunen de facto den Todesstoß versetzt. Sie werden sehen, dass aufgrund dieser Entscheidung viele Anträge von Projektentwicklern gestellt werden, die auch ein FOC errichten wollen. Ich bin gespannt, wie Sie die angebliche Ausnahme Ingolstadt begründen wollen, was Sie den anderen Projektentwicklern erzählen wollen, wenn derartige Anträge auf dem Tisch liegen.
Diese Woche war zu lesen:
Schnäppchenbranche zieht es zur Donau. Nachdem die Staatsregierung in Ingolstadt klein beigegeben hat, bahnt sich in Schwaben die nächste Kraftprobe um ein großes Fabrikverkaufszentrum Legoland an.
Es zeichnet sich ab: Der von Ministerpräsident Stoiber erklärte Ausnahmefall Ingolstadt wird ganz schnell zur Regel in Bayern mit allen Folgen und Konsequenzen, gerade für den Einzelhandel und den Mittelstand.
Wir von der SPD sagen ein klares Nein zu den FOCs. Es hat sich nichts geändert: Sie zerstören gesunde und leistungsfähige Strukturen, wohnortnahe Arbeits- und Ausbildungsplätze im Handel. Damit gehen Einkaufsmöglichkeiten für mobilitätsbehinderte Menschen verloren. Sie gefährden die Lebensfähigkeit vieler kleiner Städte und Märkte, und man muss den Umweltaspekt sehen: Auswirkungen auf die Umwelt und Ressourcenverbrauch.
Was die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern, Fachziel Einzelhandelsgroßprojekte/
FOC betrifft, ist die von uns am 7. November eingeforderte und beantragte und in der letzten Woche im federführenden Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen beschlossene öffentliche Anhörung im Landtag als Entscheidungsgrundlage unerlässlich. Dazu werden Vertreter des gesamten bayerischen Einzelhandels, der kommunalen Spitzenverbände, der hauptsächlich betroffenen Städte und Gemeinden im Stadtumlandbereich, der Oberzentren und auch der Umweltverbände eingeladen. Wir müssen mit den Betroffenen und mit den Beteiligten diskutieren, bevor mit der Errichtung des FOC in Ingolstadt vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Das Thema Einzelhandelsgroßprojekte ist unserer Meinung nach so sensibel und beeinflusst ganze Regionen so stark, dass wirklich ein abgewogenes Urteil und nicht ein Schnellschuss der Staatsregierung notwendig ist.
Warum greift die Staatsregierung mit ihrem Beschluss den notwendigen parlamentarischen Beratungen vor? Warum scheut sie die öffentliche Diskussion, die unserer Meinung nach unverzichtbar ist? Warum brät sie eine Extrawurst für das geplante FOC in Ingolstadt? – Wir sagen: Landesentwicklung fordert eine wirklich breite Basis und sollte nicht mit voreiligen Beschlüssen vom Ministerrat diktiert werden. Das lehnen wir ab.
Es ist erfreulich, dass sich die CSU unserem Antrag auf öffentliche Anhörung jetzt doch angeschlossen hat und sich ihn zu eigen macht. Die Anhörung sollte zunächst nicht stattfinden, sie wollten unseren Antrag erst ablehnen.