Protocol of the Session on March 12, 2003

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Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 112. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk, Fernsehen und Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich dem Kollegen Kurt Eckstein herzlich gratulieren, der heute Geburtstag feiert. Ich nehme an, dass er gleich kommen wird. Wir wünschen ihm aber jetzt schon alles Gute für das neue Lebensjahr, Gesundheit und viel Erfolg bei der Erfüllung seiner parlamentarischen Aufgaben.

(Willi Müller (CSU): Vielleicht hat er gestern Abend schon gefeiert!)

Solche Mutmaßungen, Herr Kollege Müller, dürfen nur Fraktionskollegen anstellen, nicht Gegner im Stimmkreis.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 6

Mündliche Anfragen

Wir haben heute eine lange Fragestunde. Ich darf zunächst Herrn Staatsminister Sinner bitten, die erste Frage des Kollegen Hofmann zu beantworten.

Herr Staatsminister Sinner, trifft es zu, dass aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes die ab 1. Januar 2003 gültige Trinkwasserverordnung vorschreibt, dass in allen Haushalten künftig auch für das Waschen von Wäsche Wasser in Trinkwasserqualität zur Verfügung stehen muss und deshalb Wasser aus Regenwassernutzungsanlagen für diesen Zweck nicht mehr verwendet werden darf?

Herr Staatsminister.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Herr Präsident! Herr Kollege Hofmann, es trifft zu, dass mit Inkrafttreten der neuen Trinkwasserverordnung vom 21. Mai 2001 ab dem 1. Januar 2003 entsprechend den Vorgaben der einschlägigen EU-Richtlinie für die Körperpflege und -reinigung sowie für die Reinigung von Gegenständen, die bestimmungsgemäß nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen, Wasser mit Trinkwasserqualität zur Verfügung stehen muss. Diese Forderung richtet sich allerdings nur an die Wasserversorgungsunternehmen.

Die Trinkwasserverordnung regelt nicht die Einsatzmöglichkeiten für Regenwasser bzw. entsprechende Nutzungsanlagen für Dachablaufwasser oder Grauwasser. Der Verbraucher kann deshalb, wenn die entsprechenden gemeindlichen Satzungen dies zulassen – da gibt es ja oft einen Anschluss- und Benutzungszwang –, Regenwasser im Rahmen seiner Eigenverantwortung im privaten Bereich verwenden. Er kann solche Anlagen instal

lieren; er kann sie nutzen; und er hat dies nach den Bestimmungen der Trinkwasserverordnung der Kreisverwaltungsbehörde anzuzeigen.

Die Trinkwasserverordnung schreibt allerdings vor, dass die Leitungen und die Entnahmestellen solcher Anlagen gekennzeichnet sein müssen und dass sie nicht mit Anlagen verbunden werden dürfen, die Trinkwasser führen. Es gibt eine ganze Reihe von Anlagen, die auch in Baumärkten erhältlich sind, und Unternehmen, die solche Anlagen perfekt installieren können.

Die Antwort auf Ihre Frage lautet also im Kern: Die Nutzung von Regenwasser zum Waschen ist möglich; allerdings muss überall Wasser in Trinkwasserqualität angeboten werden.

Zusatzfrage: der Fragesteller.

Herr Staatsminister, habe ich Sie dann richtig verstanden, dass es den Gemeinden in ihrer Planungshoheit und Verantwortung überlassen bleibt, durch den Anschluss- und Benutzungszwang entweder zu verhindern, dass Regenwasser zum Wäschewaschen verwendet wird, oder aber dies zu gestatten? Das heißt, Gemeinden könnten sich nicht auf den bayerischen Gesetzgeber berufen, wenn sie die Nutzung von Regenwasser verbieten.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Das ist so richtig. Das stammt zwar vom Bundesgesetzgeber, aber wir vollziehen. Keine Gemeinde kann sich darauf berufen, dass die Trinkwasserverordnung die Nutzung von Regenwasser verbietet. Die Gemeinde muss, wenn sie Wasserversorger ist – das ist die Gemeinde ja in der Regel –, Wasser in Trinkwasserqualität anbieten. Dann ist es eine Frage der Satzung – ich habe das vorhin schon erwähnt –, wie der Anschlussund Benutzungszwang geregelt ist. Auf jeden Fall liegt die Entscheidung in der Hoheit der Gemeinde.

Zusatzfrage: Kollege Hofmann.

Herr Minister, sind Ihrem Haus Fälle bekannt, in denen nach Nutzung von Regenwasser, zum Beispiel zum Wäschewaschen, hygienische Probleme aufgetreten sind? Herr Präsident, wenn ich noch nachschieben darf: Ich frage deshalb, weil in den Gemeinden missverständliche Informationen solchen Inhalts verbreitet werden und dann Gemeinderäte sehr schnell dazu neigen, mit einem Benutzungs- und Anschlusszwang sicherzustellen, dass keine Nutzung von Regenwasser möglich ist.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Ich kann aus dem Stegreif jetzt nicht beantworten, was meinem Haus möglicherweise bekannt ist. Einem Haus ist manchmal sehr viel bekannt. Ich habe mich persönlich mit dem Thema Regenwassernutzung ausführlich beschäftigt, bin auch sehr intensiv für Regenwasser

nutzung eingetreten und habe auch in verschiedenen Beiträgen deutlich gemacht, dass es entscheidend ist, eine Verwechslung von Trinkwasser mit Regenwasser zu vermeiden. Die Kennzeichnung ist der entscheidende Punkt. Wenn dies gewährleistet ist, kann man bei normalen Waschvorgängen schon davon ausgehen, dass nicht unbedingt hygienische Probleme auftreten.

Im Übrigen liegt die Verantwortung nicht bei der Gemeinde – das will ich deutlich machen –, sondern die Verantwortung liegt beim Einzelnen. Wenn der Einzelne selbst eine Regenwasseranlage installiert hat und dann Probleme auftreten sollten, hat er eine Eigenverantwortung. Weder die Gemeinde noch wir als Behörde sind das Kindermädchen für jeden Privatmann und können ihn vor jedem Risiko schützen. Er muss dann selber entscheiden, wie eine solche Anlage gefahren wird. Das ergibt sich aus der Gebrauchsanleitung. Hier ist er selbst verantwortlich.

Weitere und letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Hofmann.

Herr Minister, ich bitte Sie herzlich, geeignete Maßnahmen einzuleiten, damit das, was Ihre Pressestelle am 20. Dezember 2002 verbreitet hat, nicht irreführend interpretiert wird – Herr Präsident, ich darf darauf hinweisen; man muss darauf Bezug nehmen, aber es gehört zur Frage –: Aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes schreibt die neue Trinkwasserverordnung vor, dass in allen Haushalten künftig auch für das Waschen von Wäsche Wasser in Trinkwasserqualität zur Verfügung stehen muss. Daraus entstehen Irritationen. Ich bitte, dies bei den Gemeinden klarzustellen.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Ich bin gern dazu bereit. Diese Forderung richtet sich natürlich an das Wasserversorgungsunternehmen. Damit ist dies, glaube ich, klargestellt. Wir werden die Beantwortung dieser Anfrage zum Anlass nehmen, dies noch einmal deutlich zu machen. Möglicherweise berichtet ja ohnehin die Presse über diese Fragestunde.

Herzlichen Dank, Herr Staatsminister. Das war die einzige Frage an Sie. – Ich darf jetzt Herrn Staatsminister Miller bitten, die an sein Haus gerichteten Fragen zu beantworten. Erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Minister, welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, nachdem das Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe in Straubing im Rahmen des Gesamtkonzeptes Nachwachsende Rohstoffe in Bayern bei der Teilmaßnahme zum Projekt Weidenanbau des Innovationszentrums des Deutschen Flechthandwerks Lichtenfels nun bereits zum zweiten Mal die Zustimmung zum vorzeitigen Beginn einer Maßnahme erteilt hat, diesen Teilmaßnahmen eine adäquate Förderung zukommen zu lassen?

Herr Staatsminister.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Biedefeld, bei dem Projekt, das unter anderem die feldmäßige Anlage von Weidenkulturen in mehreren aufeinander folgenden Jahren zum Gegenstand hat, handelt es sich um ein Vorhaben, für das im Rahmen des Gesamtkonzepts Nachwachsende Rohstoffe eine Einzelfallprüfung und eine Einzelfallentscheidung notwendig sind. Die Zustimmung zum vorzeitigen Beginn der Maßnahme für ein zweites Feldstück zur Anlage einer Weidenkultur durch das Technologie- und Förderzentrum in Straubing wurde mit Schreiben vom 24. Februar 2003 erteilt, damit aufgrund witterungsbedingt anstehender Arbeiten ein förderunschädlicher Beginn der Teilmaßnahme möglich war.

Dieser Beginn muss im Frühjahr erfolgen. Das Technologie- und Förderzentrum wird nach einer Abstimmung noch ausstehender Detailfragen mit dem Institut für Strukturentwicklung, Betriebswirtschaft und Agrarinformatik der Landesanstalt für Landwirtschaft einen Zuwendungsbescheid für das Projekt vorbereiten. Der Landwirt, Herr Heinrich Geßlein, Marktgraitz, wurde vor wenigen Tagen darüber informiert.

Zusatzfrage: die Fragestellerin.

Herr Minister, ich möchte noch einmal nachfragen. Der Bescheid über die Möglichkeit eines vorzeitigen Baubeginns liegt vor. Wann werden die Mittel fließen? Ich frage vor allem in Bezug auf den Landwirt Heinrich Geßlein, der bereits seit 2001 Weide anbaut und noch keine Mittel erhalten hat.

Bitte, Herr Staatsminister.

Die Abstimmungsarbeiten werden noch einige Wochen in Anspruch nehmen. Die Maßnahmen, die der Landwirt bisher durchgeführt hat, sind jedoch förderunschädlich. Er wird dann die Genehmigung erhalten.

Eine weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Minister, sind Sie sich darüber im Klaren, dass dieses Projekt insgesamt infrage steht, wenn diese Mittel nicht schnell ausbezahlt werden? Hier geht es nicht nur um die Rettung eines Landwirts, sondern auch um die Rettung eines alten Kunsthandwerks, nämlich des Flechthandwerks. Mit dem Projekt „Weidenanbau“ ist ein Hightech-Projekt verbunden, nämlich die Entwicklung und Forschung im Flechthandwerk.

Bitte, Herr Staatsminister.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Das ist mir klar. Die Weiden brauchen eine gewisse Wachstumszeit, bis sie Ertrag bringen. Diese Einzelfallprüfung wird einige Wochen – ich spreche nicht von Monaten – in Anspruch nehmen. Danach wird der Landwirt die Genehmigung und das Geld erhalten. Er wird in diesem Frühjahr anpflanzen. Dafür muss er die Rechnungen vorweisen. Danach bekommt er die Förderung.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Biedefeld.

Bedeutet das, dass der Landwirt auch das Geld bekommt? Er hat bereits im letzten Frühjahr und im Jahr 2001 angepflanzt. Die Weiden brauchen vier Jahre. Wird er auch das Geld für diese Zeit rückwirkend erhalten?

Bitte, Herr Staatsminister.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Natürlich. Auch für die erste Maßnahme wurde ein förderunschädlicher vorzeitiger Maßnahmebeginn genehmigt. Maximal 50% der Investitionskosten des Landwirts werden gefördert. Bei diesen Weiden handelt es sich um einen Sonderfall, der nicht nach Richtlinien behandelt werden kann. Deshalb ist die Bearbeitung sehr aufwendig. Wir werden diese Bearbeitung jedoch zügig in Angriff nehmen.

Für den Kollegen Schammann stellt die nächste Frage Herr Kollege Sprinkart.

Herr Landwirtschaftsminister, wie viele landwirtschaftliche Betriebe haben im Jahr 2002 inklusive der Verlängerung des Antragszeitraums bis Ende Januar 2003 ihre KULAPAnträge – aufgeschlüsselt nach Maßnahmen K33 und K34 – nicht erneuert bzw. nicht verlängert, was sind nach Meinung der Staatsregierung die Gründe dafür, und wie viele landwirtschaftliche Betriebe haben infolge der Erhöhung der Förderung für „umweltschonende Flüssigmistausbringung“ von 0,5 auf 1 e je Kubikmeter einen Antrag auf Teilnahme an der Maßnahme K60/K61 gestellt?

Bitte, Herr Staatsminister.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Sprinkart, bei der Maßnahme K33 – dabei handelt es sich um die extensive Grünlandnutzung „Grünlandprämie Stufe a“ – sind im Jahre 2002 30659 Vereinbarungen ausgelaufen und 21285 Verpflichtungen eingegangen worden. Somit sind bei dieser Maßnahme 9374 weniger Vereinbarungen geschlossen worden.

Bei der Maßnahme K34 – das ist die extensive Grünlandnutzung „Grünlandprämie Stufe b“ – sind im Jahre 2002 12592 Vereinbarungen ausgelaufen und 13359 Verpflichtungen eingegangen worden. Somit sind bei dieser Maßnahme 767 mehr Vereinbarungen geschlossen worden. Der Flächenumfang der auslaufenden KULAP-Vereinbarungen wird jedoch ab dem Verpflichtungsjahr 2003 zum Beispiel durch Zupacht weitgehend ausgeglichen.

Die wichtigsten Gründe für die Nichterneuerung von Vereinbarungen sind der Strukturwandel, der durch die Aufgabe bzw. das Auslaufen der Betriebe entstanden ist, die Änderung der Betriebsorganisation, zum Beispiel durch die Aufgabe der Viehhaltung und die Verpachtung oder den Verkauf von Grünlandflächen sowie die Änderung der KULAP-Maßnahme, zum Beispiel der Wechsel von K33 zu K34, der Wechsel zu Maßnahme K14 (ökologi- scher Landbau) oder die Teilnahme an anderen einzelflächenbezogenen Maßnahmen.

Die Antragssituation bei der Maßnahme „umweltschonende Flüssigmistausbringung“ – das sind die Maßnahmen K60 und K61 – stellt sich wie folgt dar: In der Antragsperiode vom 1. Oktober 2002 bis 15. Dezember 2002 wurden 3205 Anträge gestellt. In der Verlängerungsperiode bis zum 31. Januar 2003 waren es 1511 Anträge. Somit sind bei dieser Maßnahme insgesamt 4716 Anträge gestellt worden.