Adi Sprinkart

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Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Unserer Fraktion kann man sicherlich nicht nachsagen, dass sie der Staatsregierung permanent die Benachteiligung Schwabens vorhalten würde. Wir tun das vor allem deshalb nicht, weil dies weniger ein Problem der Staatsregierung ist. Vielmehr ist das Problem die mangelnde Durchsetzungskraft der schwäbischen CSU-Kollegen im Kabinett und in der Mehrheitsfraktion. Im Fall des Klinikums Augsburg liegt die Benachteiligung auf der Hand. Im Antrag der SPD wird nicht einmal die Errichtung einer Universitätsklinik gefordert, obwohl eine solche Augsburg als dem drittgrößten Ballungsraum in Bayern durchaus zustehen würde. In diesem Falle wäre die Finanzierung durch den Freistaat automatisch geregelt.
Was wir jedoch wollen und vor allem unbedingt brauchen sind die entsprechenden Fördermittel für den medizinisch-technischen Bedarf, da der Zweckverband diese Mittel nicht aufbringen kann. Abgesehen davon ist das auch nicht seine Aufgabe. Gestern Nachmittag haben wir lange und eingehend über die Verbesserung der kommunalen Finanzen diskutiert. Mit Ihrer Verweigerungshaltung beim Klinikum Augsburg bürden Sie den betroffenen Kommunen Kosten auf, die sie nicht schultern können.
Der Krankenhauszweckverband Augsburg und die ihn tragenden Gebietskörperschaften brauchen keine salbungsvollen Worte, sondern Fördermittel für die notwendige Ausstattung des Klinikums. Andernfalls würden der Raum Augsburg und damit Schwaben insgesamt in der medizinischen Versorgung noch weiter hinter die anderen Regionen Bayerns zurückfallen. Das kann nicht im Sinne Augsburgs, nicht im Sinne Schwabens und auch nicht im Sinne der Staatsregierung sein. Eine solche Verweigerungshaltung wäre vielmehr verantwortungslos gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in Augsburg und Schwaben. Ich halte es für bezeichnend, dass vonseiten der CSU-Fraktion kein Schwabe ans Rednerpult trat, sondern ein Niederbayer.
Herr Staatsminister, zunächst eine Bemerkung: Auch beim ersten Ausbau gab es eine Totalsperrung. Das Problem ist die weiträumige Umgehung; die Leute müssen 20 Kilometer Umweg fahren. Es ist doch nicht okay, wenn für 300 oder 400 Meter Ausbau eine Totalsperrung vorgenommen wird, im nächsten Jahr vielleicht wieder 300 Meter gebaut werden und wieder eine Totalsperrung angeordnet wird und die Umleitungsstrecke wieder 20 Kilometer lang ist. Ich meine, dies ist das Problem. Wenn die Umleitung ortsnah wäre, wäre das überhaupt kein Problem.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.
Herr Staatsminister, wie ist es zu erklären, dass Sie in einem Schreiben an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses vom 5. Juni bei den Straßenbaumaßnahmen 2003 mit Baukosten zwischen 1 und 2,5 Millionen e aufführen: Staatsstraße 2006, Ausbau östlich von Missen, 1,9 Millionen e? Wenn ich vom Straßenbauamt richtig informiert bin, erhalten sie in diesem Jahr 500000 e. Mit 1,9 Millionen e hätte man die ganze Straße bis zur nächsten Abfahrung bauen können; die große Umleitung wäre dann das nächste Mal nicht mehr erforderlich gewesen.
Herr Staatsminister, halten Sie es nicht für ein Messen mit zweierlei
Maß, wenn Sie vor zweieinhalb Jahren erklärten, die Bundesregierung müsste die B 19 bis Oberstdorf bis zum Jahr 2005, also bis zur nordischen Ski-WM fertig stellen, wofür noch nicht einmal die Planungen abgeschlossen sind, während Sie bei einer Straße, für die Sie zuständig sind, nicht einmal in der Lage sind, 1200 Meter in einem Stück zu bauen?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich zunächst dem Dank meiner Vorredner an die Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses anschließen.
Eines hat der Untersuchungsausschuss aus unserer Sicht deutlich gemacht: Allein die allseits bekannte Tatsache, dass der Ministerpräsident Familiare beim Deutschen Orden ist, hat ganz offensichtlich ausgereicht, dass von Anfang an nicht untersucht wurde, ob der Deutsche Orden als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden kann, sondern untersucht wurde nur, wie diese Anerkennung bewerkstelligt werden kann.
Der Ministerpräsident hat immer wieder betont, dass seine Mitgliedschaft als Familiare seine Privatsache gewesen sei und mit dem Amt des Ministerpräsidenten überhaupt nichts zu tun hätte. Unabhängig davon, ob wir diese Aussage als richtig akzeptieren oder nicht: Die Realität war eine andere. Nicht Edmund Stoiber als Privatperson wurde wahrgenommen, sondern immer der Ministerpräsident. Das lässt sich mit einer Reihe von Aussagen belegen. So hat sein persönlicher Referent immer wieder davon gesprochen, dass der Ministerpräsident Familiare ist, ebenso die Spiegelreferentin für das Kultusministerium. In vielen Schreiben – darauf hat Kollege Kaiser schon hingewiesen – und in Aktenvermerken wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Ministerpräsident Stoiber Familiare des Deutschen Ordens ist.
Darüber hinaus gab es das Schreiben des Ministerpräsidenten an Kultusminister Zehetmair, in dem er ihn bittet, die Anerkennung des Ordens als Körperschaft des öffentlichen Rechts positiv zu beurteilen. Nun wurde von der Regierungspartei immer wieder versucht, diesen Brief herunterzuspielen. Ich meine, das ist wenig glaubhaft.
Erstens ist nämlich die Bitte, etwas positiv zu beurteilen, eine deutliche Steigerung gegenüber der üblichen Formulierung der wohlwollenden Prüfung. Darauf weist auch der zuständige Referatsleiter im Kultusministerium indirekt hin, indem er äußert, dass es nichts Besonderes gewesen sei, dass sich der Ministerpräsident mit der Bitte um wohlwollende Prüfung an das zuständige Ministerium gewendet habe. Er spricht von wohlwollender Prüfung, nicht aber von der Bitte um positive Beurteilung. Der Ministerpräsident hat in diesem Punkt eindeutig einen Schritt über das normal übliche Maß hinaus getan.
Zweitens beschreibt der zuständige Sachbearbeiter des Kultusministeriums selbst den Einfluss dieses Schreibens, indem er als Zeuge sagt: Das Schreiben des Ministerpräsidenten war etwas, was dazu beigetragen hat, eine zu drei viertel schon offene Tür vollends zu öffnen. Jetzt können wir sagen: Der Anteil des Schreibens des Ministerpräsidenten war nicht besonders hoch. Er war aber nach Aussage des zuständigen Sachbearbeiters eindeutig vorhanden. Der Ministerpräsident als Familiare und sein Schreiben an den Kultusminister, wobei ich die eben zitierte Gewichtung durchaus akzeptieren kann, hatten, um im Bild zu bleiben, die Wirkung, dass nur noch gefragt wurde: Wie kann dem Deutschen Orden die Tür geöffnet werden?
Der deutlichste Beleg dafür ist die Aussage des zuständigen Sachbearbeiters, der in einem Aktenvermerk formulierte, das Hauptproblem der geringen Mitgliederzahl ließe sich umgehen. Meine Damen und Herren, man umgeht etwas nur, wenn man ein bestimmtes Ziel vor Augen hat. In einem ergebnisoffenen Prozess – das sollte ein Anerkennungsverfahren normalerweise sein – wird man es nicht umgehen.
Während man anderen Orden mit geringerer Mitgliederzahl gewissermaßen zur Abschreckung, wie der zuständige Ministerialrat erläuterte, ein Merkblatt geschickt hat, in dem es heißt, um den Orden eventuell erfolglose Aufwendungen zu ersparen, sei der Hinweis angezeigt, dass die Antragstellung geringe Aussicht auf Erfolg habe, wenn die Zahl der Ordensmitglieder in Bayern weniger als 200 betrage, wurde beim Deutschen Orden überlegt, wie man dieses Problem umgehen kann. In der Tat wurde die Tatsache der niedrigen Mitgliederzahl umgangen, indem man auf Oblaten zurückgriff, die aber nicht existent waren, sondern die in Aussicht gestellt wurden, und indem man die Familiaren mit einbezog.
Ein zweiter Punkt, bei dem sich die Mitgliedschaft des Ministerpräsidenten ausgewirkt hat, war zum Beispiel
die Frage nach dem Sitz des Ordens. Er lag zum Zeitpunkt der Antragstellung und auch der Anerkennung schlicht und ergreifend nicht in Bayern. Um es transparent zu machen: Wenn Sie sich als normaler Bürger an irgendetwas beteiligen wollen, wofür Voraussetzung ist, dass Sie in einer bestimmten Gemeinde Ihren Wohnsitz haben, wird es nicht ausreichen, dass Sie in Aussicht stellen, den Wohnsitz dort zu beziehen, sondern Sie werden zu diesem Zeitpunkt schlicht und ergreifend in der Gemeinde oder in der Stadt gemeldet sein müssen. Das Gleiche müsste in diesem Fall auch für eine Organisation wie den Deutschen Orden gelten. Es galt aber nicht.
Nächster Punkt: Prüfung der Wirtschaftsbetriebe. Sie erfolgt anhand der Testate von Wirtschaftsprüfern durch einen Mann, der von sich selber sagt, dass er kein Fachmann auf diesem Gebiet ist. Es geht weiter, dass der Verein bei der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts hätte aufgelöst werden müssen. Der Verein lief weiter, ganz entgegen den üblichen Gepflogenheiten. Ministeriumsvertreter verstiegen sich zu der Äußerung, der Verein sei ein materiell-rechtliches Nullum, das allerdings noch Bürgschaften übernahm.
Diese Sonderbehandlung, diese Nachsichtigkeit bis an die Grenzen des Erlaubten und teilweise auch darüber hinaus zog sich durch den gesamten Untersuchungsausschuss.
Ich gebe zu: Für sich allein genommen hätten all diese Vorkommnisse, diese Vorfälle durchaus unter der Rubrik abgeheftet werden können: So etwas kann passieren, sollte aber nicht passieren. In der Summe zeigt das Ganze aber System.
Das geht bis hin zum Ermittlungsverfahren gegen den Deutschen Orden und seine Führungspersonen. Der zuständige Kriminalhauptkommissar erklärte, dass er bei der Beschlagnahme einen halbvollen Lastwagen mit Akten habe wieder ausräumen müssen; das sei ihm in seiner Laufbahn noch nie passiert. Zufälligerweise, aber wirklich ganz zufälligerweise telefonierte genau zu diesem Zeitpunkt oder kurz davor der anwaltliche Vertreter des Deutschen Ordens, unser ehemaliger Kollege Gauweiler, mit dem Generalstaatsanwalt Froschauer, uns auch kein Unbekannter, und siehe da: Die Akten blieben beim Deutschen Orden. Es mag Leute geben, die an das Christkind glauben – für diejenigen war das vermutlich wirklich Zufall.
Noch ein Wort zum Zeugen Lang-Rose. Ich kann Ihnen ein Psychogramm relativ einfach aufzeigen. Es war das Bild eines Mannes, der sich um sein Lebenswerk betrogen gefühlt hatte und genauso agierte. Er hat das sogar noch richterlich bestätigt bekommen; es wird ihm aber leider nichts helfen. Die zum Teil etwas wirren Ausführungen, die offensichtlich waren, halte ich daher für eine eher traurige Angelegenheit.
Kommen wir zu den rechtlichen Konsequenzen. Aus Sicht meiner Fraktion möchte ich zwei Schlüsse für die künftigen An- und Aberkennungsverfahren hervorheben. Erstens. Unsere Fraktion geht davon aus, dass die Anerkennung von Glaubensgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausreichend durch das Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geregelt ist. Eine bis ins kleinste Detail gehende gesetzliche Regelung für die Anerkennung ist nicht notwendig und auch nicht hilfreich. Ein solcher Versuch würde nur zu einer unsystematischen und starren Kasuistik führen. Ein solch enges rechtliches Korsett würde der Vielfalt der verschiedenen Orden und anderen Glaubensgemeinschaften nicht gerecht werden. Wir haben auch Bedenken, ob eine solche Regelung nicht gegen die verfassungsrechtliche Religionsfreiheit verstößt.
Zweitens. Die Anerkennungsbehörde muss aber auf die strikte Trennung zwischen Glaubensausübung und wirtschaftlicher Betätigung achten, um so dem Risiko des Missbrauchs entgegenzuwirken.
Dies kann durch eine entsprechende Auflage geschehen, nachdem etwa der Glaubensgemeinschaft zur Bedingung gemacht wird, dass sie die Tätigkeiten, die nicht unmittelbar der Glaubensverwirklichung dienen, in privatrechtlicher Form ausüben muss. Eine solche Vorgehensweise ist verfassungsrechtlich unbedenklich, da das Grundgesetz den besonderen Schutz der Körperschaft des öffentlichen Rechts nur für den Glaubensbereich manifestiert hat. Vorteil einer solchen Auflage ist, dass der Anerkennungsbehörde damit eine Möglichkeit eingeräumt wird, die Körperschaftsrechte bei Verstoß gegen die Auflagen wieder zu entziehen.
Führt eine Glaubensgemeinschaft einen Wirtschaftsbetrieb, gebietet auch der Gedanke der Wettbewerbsgleichheit, dass dieser zum Beispiel in Form einer GmbH geführt wird. Damit ist Mitarbeitern, Geschäftspartnern und auch Banken klar, dass dem Betrieb keine unerschöpflichen Geldquellen zur Verfügung stehen. Geschäfte und Darlehen werden dann an den am Markt üblichen Kriterien gemessen werden und nicht mehr von der Hoffnung beflügelt werden, dass der Staat schon einspringen werde.
Wir sehen uns in unserem Antrag vom 26. 04. 2001 bestätigt, in dem wir eine gesetzliche Regelung bzw. eine Verwaltungspraxis fordern, die es ermöglicht, Glaubensgemeinschaften den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abzuerkennen, wenn diese die ihnen verliehenen Rechte missbrauchen, zumal es üblich ist, dass der Staat Vorteile, die er gewährt, auch rückgängig machen kann. Ich denke, in diesem Punkt sind wir uns einig.
Meine Damen und Herren, die CSU kommt in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, der Untersuchungsausschuss sei nicht notwendig gewesen. Dieser Aussage könnten wir nur dann zustimmen, wenn wir es als Normalität akzeptieren würden, dass nach 40 Jahren Alleinregierung der CSU in Bayern schon die Mitglied
schaft des Ministerpräsidenten in einer Organisation ausreicht, dass die Ministerialbürokratie – um mit Staatsminister Sinner zu sprechen – in vorausstolperndem Gehorsam reagiert und dieser Organisation – in diesem Fall dem Deutschen Orden – eine Sonderbehandlung zuteil werden lässt.
Wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen das aber weder als Normalität an noch wollen wir uns damit abfinden. Deshalb war der Untersuchungsausschuss nicht überflüssig. Es war kein Untersuchungsausschuss der großen Knalleffekte, aber er hat uns gezeigt, dass es in Bayern nach wie vor eine Verflechtung von Privatinteressen und ministeriellem Handeln gibt, was man gemeinhin wohl als Filz bezeichnet.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf enthält neben einer Vielzahl redaktioneller Änderungen auch Maßnahmen, die gravierende Auswirkungen auf die Betroffenen haben, und dieser Gesetzentwurf ist ein beredter Beleg für die Entwicklung der Meinungsbildung auf Regierungsseite und auf Seiten der Regierungspartei, zum Beispiel bei der Beihilfe für Arbeitnehmer, die über der Beitragsbemessungsgrenze liegen.
Im Rahmen der Haushaltsberatungen wurde die Beihilfe für diese Gruppe von Arbeitnehmern komplett gestrichen, wobei im Nachhinein klar und deutlich wurde, dass die Staatsregierung die Auswirkungen dieser Maßnahmen vollkommen falsch eingeschätzt hatte. Herr Eykmann, das würde ich jetzt nicht als handwerklichen Fehler bezeichnen; damit würde ich den Handwerkern Unrecht tun. Das sind eindeutig fachliche Fehler, die nicht gerade ein gutes Licht auf die Verantwortlichen im
Finanzministerium werfen. Dass nämlich Angestellte infolge dieser Regelungen bis zu 1000 e im Monat hätten zusätzliche Krankenversicherungsleistungen bezahlen müssen, war einfach nicht hinnehmbar. Das wurde, denke ich, auch von der Staatsregierung so gesehen.
Nun haben wir in der Plenarsitzung am 11. 03. dieses Jahres drei Dringlichkeitsanträge zu diesem Thema diskutiert und sie letztlich an die Ausschüsse überwiesen. Damals haben Sie, Herr Kollege Eykmann, gesagt, die Anträge der Opposition seien noch nicht vollständig fertig gestellt; einige Dinge fehlten in diesen Anträgen. Wenn ich mir jetzt anschaue, was in der Novelle steht, und das mit den Dringlichkeitsanträgen von damals vergleiche, komme ich zu dem Ergebnis: Die CSU lag am deutlichsten daneben. Ganz offensichtlich waren Sie aus dem Finanzministerium falsch informiert worden oder wollten sich nicht weiter bewegen als das Finanzministerium. Die SPD hatte es am genauesten getroffen, und wir lagen auch sehr gut.
Inzwischen haben wir eine grundsätzliche Wiederherstellung des bisherigen Rechtszustandes bei der Arbeitnehmerbeihilfe, was für mich durchaus eine überraschende Entwicklung war.
Das Gleiche gilt für den Selbstbehalt beim Zweibettzimmer bzw. bei der Chefarztbehandlung. Das ist zunächst gut für die Betroffenen. Ich frage mich allerdings: Warum nimmt die CSU Maßnahmen, die sie vor einem halben Jahr gegen den Widerstand der Opposition beschlossen hat, jetzt zurück, obwohl das überhaupt nicht in die haushälterische Landschaft passt?
Sie werden zugeben müssen: Es passiert nicht alle Tage,
dass Sie Haushaltsgesetze nach so kurzer Zeit ändern, und zeugt heute auch nicht gerade von wohlüberlegtem und weitblickendem Handeln.
Ich kann mir das nur so erklären, dass Sie wohl die Verunsicherung und die Empörung in der Beamtenschaft, die durch die an das Licht der Öffentlichkeit gedrungenen Streichvorschläge des Finanzministeriums entstanden sind, ein Stück weit beschwichtigen möchten. Ich denke, die Betroffenen sind schlau genug, Ihnen dabei nicht auf den Leim zu gehen.
Schließlich ging es noch darum, ob die Staatsregierung am Parlament vorbei die beihilferechtlichen Vorschriften ändern kann. Wir sind der Meinung: Nein, das sollte sie nicht tun können. Die Mehrheit sah das allerdings anders.
Zuallerletzt ging es noch darum – Kollegin Naaß hat es schon angesprochen –, ob das verpflichtende Arbeitszeitkonto für Lehrer bzw. Lehrerinnen, die jetzt im Erziehungsurlaub sind und teilzeitbeschäftigt, auch geltend gemacht werden soll. Wir lehnen das ab, da es vor allem eine Benachteiligung derjenigen ist, die aus familienpolitischen Gründen Teilzeit in Anspruch nehmen bzw. sich im Erziehungsurlaub befinden.
Darauf muss ich jetzt nicht unbedingt eingehen.
Aus all diesen Gründen werden wir uns bei diesem Gesetz der Stimme enthalten.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Der Abstimmung zugrunde liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/12252, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 14/12389, 14/12390 und 14/12405 bis 14/12407 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes auf Drucksache 14/12638.
Vorweg lasse ich über die vom federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge auf den Drucksachen 14/12406 und 14/12407 abstimmen.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag auf Drucksache 14/12406 abstimmen. Wer entgegen dem ablehnenden Votum des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt.
Nun lasse ich über den Änderungsantrag auf Drucksache 14/12407 abstimmen.
Wer entgegen dem ablehnenden Votum des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Zum Gesetzentwurf empfiehlt der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes Zustimmung der Maßgabe verschiedener Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/12638. Wer dem Gesetzentwurf mit den vom federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfohlenen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Dann ist das so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher und erziehungsgeldrechtlicher Vorschriften“.
Durch die Annahme des Gesetzentwurfes in der Fassung des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes haben die Änderungsanträge auf den Drucksachen 14/12389, 14/12390 und 14/12405 ihre Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon zustimmend Kenntnis.
Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:
Tagesordnungspunkt 4
Gesetzentwurf der Abgeordneten Maget, Steiger, Berg und anderer und Fraktion (SPD)
Zweite Lesung –
Tagesordnungspunkt 5
Gesetzentwurf der Staatsregierung
eines Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung, Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze (Bayeri- sches Behindertengleichstellungsgesetz und Ände- rungsgesetze – BayBGG und ÄndG) (Drucksache 14/11230)
Zweite Lesung –
hierzu:
Änderungsantrag der Abgeordneten Christine Stahl, Schopper, Gote und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 14/11878)
Änderungsantrag der Abgeordneten Steiger, Wahnschaffe und anderer (SPD) (Drucksache 14/12027)
Änderungsantrag der Abgeordneten Glück, Unterländer, Kobler und anderer (CSU) (Drucksache 14/12097)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Das Wort hat Frau Steiger.
Wie hoch sind die Gesamtkosten der Grundlagenstudie Wintertourismus, wie hoch ist der Anteil des Freistaates Bayern an der Studie und wie ist es zu erklären, dass Wochen nach Vorstellung der Studie auf einer Pressekonferenz diese noch nicht zugänglich ist?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekretär.
Wann gibt es die Langfassung dieser Studie, oder die gibt es die für die Öffentlichkeit überhaupt nicht?
Das, was der Presse zur Verfügung gestellt worden ist, habe ich natürlich auch. Ich wollte aber wissen, auf welchen Grundlagen die Studie angefertigt und die Ergebnisse erzielt wurden.
Die nächste Zusatzfrage wäre eine andere: Was waren die Beweggründe der Staatsregierung, sich mit 50% an dieser Studie zu beteiligen? Die Tatsache, dass auf die Bedeutung der Seilbahnen hingewiesen wird, wird es kaum gewesen sein, denn die Tourismusorte, in denen es Seilbahnen und Lifte gibt, wissen das besser. Sie bräuchten keine Studie für 50000 e.
Herr Staatssekretär, könnte es nicht sein, dass Sie durch diese Studie den Druck, Beschneiungsanlagen zu genehmigen, erhöhen wollen, was im Allgäu meines Erachtens vollkommen überflüssig ist, weil wir schon alles beschneit haben? Könnte es sein, dass mit dieser Studie Druck auf die Kommunen ausgeübt wird, dass sie sich mit öffentlichen Mitteln an den Seilbahnen und Liften beteiligen, was angesichts der Haushaltslage der Kommunen nicht gerade einfach sein dürfte?
Herr Staatsminister Erwin Huber, haben Sie als Vertreter Bayerns in einer der letzten Sitzungen des Beirats bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post die Ergreifung von konkreten und schnell wirkenden Maßnahmen gefordert, die die Post veranlassen, von ihrem Vorhaben abzurücken, für die Agenturnehmer inakzeptable Agenturverträge anzubieten mit der Folge, dass viele Agenturen schließen werden und eine flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen, wie in der Post-Universaldienstleistungsverordnung festgelegt, nicht mehr gewährleistet werden kann, wenn ja, wie sahen diese Maßnahmen aus, und wurden sie beschlossen?
Herr Staatsminister, Sie können sich darauf verlassen, dass wir dies tun. Meine Zusatzfrage lautet: Wurde im Beirat für den Fall, dass aufgrund der neuen Vertragsvorlagen in Orten eine Poststelle wegfällt, in denen sie nach der PUDLV eigentlich installiert sein müsste, keine konkrete Frist gesetzt, innerhalb derer die Post wieder eine neue Poststelle zu installieren hat? Wurde so etwas im Beirat nicht beschlossen?
Herr Staatsminister, sind Sie mit mir nicht der Meinung, dass das, was beschlossen wurde, die Post im Prinzip zwar dazu nötigt, in solchen Orten wieder eine Agentur oder eine Poststelle einzurichten, dass das Verfahren aber ungeheuer langwierig ist?
Herr Landwirtschaftsminister, wie viele landwirtschaftliche Betriebe haben im Jahr 2002 inklusive der Verlängerung des Antragszeitraums bis Ende Januar 2003 ihre KULAPAnträge – aufgeschlüsselt nach Maßnahmen K33 und K34 – nicht erneuert bzw. nicht verlängert, was sind nach Meinung der Staatsregierung die Gründe dafür, und wie viele landwirtschaftliche Betriebe haben infolge der Erhöhung der Förderung für „umweltschonende Flüssigmistausbringung“ von 0,5 auf 1 e je Kubikmeter einen Antrag auf Teilnahme an der Maßnahme K60/K61 gestellt?
Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Antragsteller für die Maßnahme K33 um ein Drittel zurückgegangen ist, möchte ich Sie fragen, ob der Umstand, dass sich die Landwirte nicht den Kriterien des Kulturlandschaftsprogramms unterwerfen wollten, ein Grund für diesen Rückgang sein könnte.
Herr Staatsminister, sind Sie mit mir einer Meinung, dass die Maßnahmen K60 und K61 ein gutes Beispiel dafür sind, wie aus dem KULAP ein Modulationsprogramm gemacht werden könnte, wenn eine zusätzliche Auflage eingeführt würde, in diesem Fall Gülleuntersuchungen durchzuführen? Der Erfolg gibt Ihnen Recht. Sie haben die Teilnehmerzahl um 50% erhöht. Eine andere Frage ist, ob diese Maßnahme für die Modulation die wichtigste ist.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Den Flurschaden, den die Staatsregierung mit ihren Kürzungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst angerichtet hat, kann man mit zwei Worten umschreiben: Vertrauensbruch und Demotivation.
Vertrauensbruch deshalb, weil einschneidende Maßnahmen – beileibe nicht nur Sparmaßnahmen – beschlossen wurden, ohne die Verbände zu beteiligen. Darauf ist Frau Kollegin Naaß bereits eingegangen. Außerdem wurde ohne Vorwarnung und ohne vernünftige Übergangsregelungen die Möglichkeit der Altersteilzeit eingeschränkt. Damit wurde die Lebensplanung vieler Beschäftigter von heute auf morgen über den Haufen geworfen.
Herr Kollege Dr. Eykmann, Sie sind auf den Gesichtspunkt der Kostenneutralität eingegangen. Was hätte uns daran gehindert, mit den Betroffenen und den Verbänden darüber zu beraten, wie die Altersteilzeit kostenneutral gestaltet werden könnte? Die Heraufsetzung der Antragsaltersgrenze auf 60 Jahre trägt zwar etwas zur Kostenneutralität bei, dennoch wird die Altersteilzeit dadurch nicht völlig kostenneutral. Wir hätten über mehrere Möglichkeiten verhandeln können. Wir hätten dabei zu einem Ergebnis kommen können, das die Betroffenen mitgetragen hätten. Das wäre offen gewesen. So war es jedoch ein eindeutiger Vertrauensbruch.
Einen Vertrauensbruch gab es auch bei den AZV-Tagen, die bei den Lehrerinnen und Lehrern in Form von Altersermäßigungen umgesetzt wurden. Die Lehrerinnen und Lehrer haben hierauf gespart, und jetzt müssen sie feststellen, dass sie umsonst gespart haben, denn das, was sie als Altersermäßigung erhalten hätten, ist ganz oder teilweise gestrichen worden. Es gibt den Spruch: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Aus diesem Grund werden auch die Lehrerinnen und Lehrer wissen, dass das Arbeitszeitkonto, welches man bei ihnen eingeführt hat, in Wirklichkeit eine Stunde Mehrarbeit bedeutet auf der steht: auf Nimmerwiedersehen.
Das Gleiche finden wir bei der 40-Stunden-Woche für die Beamtinnen und Beamten und es gilt auch für die Leistungsstufen. Sie sind schließlich keine milde Gabe des Staates als Arbeitgeber, sondern das haben sich die
Beschäftigten durch eine Streckung der Altersstufe selbst finanziert. Die Staatsregierung hat sich dafür loben lassen, weil sie in der Besoldung ein wichtiges Leistungselement eingeführt hat. Wenn die Leistungsstufen-Verordnung jetzt aber bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag außer Kraft gesetzt wird, ist dies wohl das Signal, dass es in Bayern Leistungshonorierungen nur nach Geschäftslage gibt. Ich frage: Soll es auch Leistung nur nach Geschäftslage geben?
Davon kann wohl keine Rede sein. Durch die drastischen Einsparungen in fast allen Bereichen kommt auf die Kolleginnen und Kollegen ein ungeheueres Maß an Mehrarbeit zu. Bei manchen Behörden wird dadurch die Funktionsfähigkeit in Frage gestellt. Bei der Finanzverwaltung spricht man offen darüber, dass die Steuergerechtigkeit außer Kraft gesetzt wird. Dabei stellt sich bei den Finanzbehörden eine spezielle Situation dar. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dort kosten den Staat eigentlich nichts, sondern sie bringen ihm Geld. Durch die dramatischen Einsparungsmaßnahmen gehen dem Staat aber Steuergelder verloren. Es handelt sich also nicht um Einsparungsmaßnahmen im Haushalt.
Ich denke, nicht die Einsparungen sind das Thema, das die Beschäftigten im öffentlichen Dienst so unversöhnlich stimmt. Es ist vielmehr die Frage, wie man mit den Betroffenen umgeht. Dies ist im hohen Maße demotivierend und unehrlich.
Ich will Ihnen hierzu zwei Beispiele nennen. Das erste betrifft die Lehramtsbewerber. Wir haben eine lange Warteliste an Lehramtsbewerbern. Trotzdem haben wir nicht genügend Lehrer. Das liegt daran, dass ein Teil der Lehramtsbewerber Einjahresverträge angeboten bekommen, die sie nicht annehmen können oder wollen. Man könnte diese Situation dadurch verbessern, dass man ihnen bessere Vertragsbedingungen gibt. Man könnte sie durch ein Bonussystem verbessern, wodurch diejenigen, die solche Verträge annehmen, auf der Warteliste weiter nach vorne kommen. Was aber tun Sie? – Herr Eykmann, ich war sehr überrascht. Sie fordern, dass diejenigen, die diese befristeten Verträge nicht annehmen, von der Warteliste gestrichen werden, wenn dies ohne nachvollziehbare Gründe geschieht. Diese Forderung hat zwei Fehler. Erstens. Die Forderung ist dirigistisch und demotivierend, das brauchen wir nicht. Zweitens. Diese Forderung ist bürokratisch, denn wer legt fest, was nachvollziehbare Gründe sind? Man bräuchte eine eigene Stelle, die solche Gründe festschreibt. Würde man das aber über ein Bonussystem regeln, hätten wir das Problem gewissermaßen am Markt erledigt.
Nächstes Beispiel. Die Beihilfe für Angestellte wurde bereits angesprochen. Dabei handelt es sich eindeutig um einen Schnellschuss des Finanzministeriums, den man abgegeben hat, ohne die Konsequenzen für die Betroffenen zu kennen. Die Reaktion des Ministeriums ist wie üblich die, die Schuld bei den Betroffenen zu suchen. Es wird gesagt, diese hätten eine Gesetzeslü
cke genutzt. Man behauptet, man habe die Betroffenen gewarnt, es werde Schreckliches auf sie zukommen. Mir ist von den Betroffenen aber bekannt, dass man ihnen hierzu sogar geraten hat.
Sie wollen mehr Kompetenzen vom Bund. Aber wie gehen sie mit den Kompetenzen um, die sie vom Bund bekommen? Das beste Beispiel dafür ist der Anwärtersonderzuschlag. Der Bund hat hier eine Möglichkeit geschaffen. Im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes haben wir lange darum gerungen, ob wir den Antrag der CSU als gemeinsamen Antrag einbringen und behandeln können. Als wir uns dazu durchgerungen hatten, kam plötzlich aus dem Kultusministerium die Nachricht: Es gibt keinen Bewerbermangel mehr bzw. der Bewerbermangel hat sich dramatisch reduziert. So jedenfalls war der Beitrag von Frau Staatsministerin Hohlmeier im Finanzausschuss. Zwei Wochen später, Anfang Dezember, konnten wir in einem Bericht der Staatsregierung lesen, dass es diesen Bewerbermangel nicht mehr gibt. Nun werfen wir aber einen Blick in die Broschüre „Die Lehrerprognose in Bayern für das Jahr 2002“, die ebenfalls im Dezember 2002 herausgegeben wurde, also genau zu den Zeitpunkt, als wir den Bericht der Staatsregierung bekommen haben. In dieser Broschüre ist auf Seite 16 nachzulesen: „In den Fachrichtungen Elektrotechnik, Metalltechnik und Ernährungswissenschaften besteht mittlerweile ein Bewerbermangel“. – Was soll man davon halten? Man könnte sagen: Vielleicht war die Untersuchung schon etwas älter und wurde erst im Dezember herausgegeben. Ein paar Seiten vorher können wir aber nachlesen: „Der für das Kalenderjahr 2002 ausgewiesene Bedarf an Berufseintritten stellt kein Prognoseergebnis dar, sondern gibt die Zahl der tatsächlich erfolgten Berufseintritte an.“ Das Ministerium sagt also innerhalb von wenigen Wochen, vielleicht sogar innerhalb der gleichen Woche, zweimal genau das Gegenteil. Was sollen die Betroffenen davon halten? – Die kommen sich doch, wenn ich es platt sagen darf, „verarscht“ vor. Das wird niemand abstreiten können.
Wir haben sehr teure Aufträge an Unternehmensberatungen wie Roland Berger und andere vergeben. Die wurden dann aber nicht umgesetzt, und das Ergebnis, das dabei herauskam, hätten wir im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes aus dem Stegreif und noch dazu kostenneutral geben können. Hätten sie das Geld hierfür lieber in den öffentlichen Dienst gesteckt. Sie hätten damit mehr erreichen können.
Lassen sie mich abschließend sagen: Wer einen zukunftsweisenden öffentlichen Dienst als bürgernahes Dienstleistungsunternehmen will, der braucht motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie, von der CSU und von der Staatsregierung tun aber alles, um diese Motivation zunichte zu machen.
Herr Staatsminister, trifft es zu, dass Bayern im Rahmen des Programms zur ländlichen Entwicklung im EU-Haushaltsjahr 2002 rund 17 Millionen f EU-Mittel zurückgeben musste, und trifft es weiter zu, dass der Verfall dieser EU-Mittel hätte verhindert werden können, wenn sich Bayern das Agrar Investitionsförderungsprogramm im Rahmen des Programms zur ländlichen Entwicklung hätte von der EU kofinanzieren lassen?
Herr Staatsminister Miller, welche Maßnahmen planen Sie für die Zukunft, damit eine solche Situation, wie sie jetzt eingetreten ist, dass man nicht alle EU-Mittel ausschöpfen kann, nicht mehr eintritt? Es ist einfach – peinlich will ich jetzt nicht gerade sagen – bedauerlich, wenn wir EU-Mittel, für die wir selbst zahlen, nicht abrufen und damit verschenken.
Herr Staatsminister, Sie haben gerade die Ausgleichszulage angesprochen, genauso wie das Kulap. Das sind vermutlich zwei Bereiche, bei denen bereits ein halbes Jahr oder ein Jahr vorher festgestellt wird, welche Mittel wir abrufen werden. Wäre es nicht notwendig, um künftig sicherzustellen, alle EU-Mittel auszuschöpfen – unter Umständen später noch hinzukommende zusätzlich ausschöpfen zu können –, einen Puffer einzubauen, um sagen zu können: „Da kann man noch richtig drauflegen, damit wir diese Mittel im Lande behalten.“?
tionen, worüber andere entscheiden und wo wir nur fördern können. Insbesondere ist das bei der Dorferneuerung, bei der Ernährungswirtschaft und im Forstbereich der Fall. Wenn wir das Agrarinvestitionsförderungsprogramm drin hätten, hätten wir auch da eine Unsicherheit, weil Sie nie genau voraussagen können, wie viele Förderanträge gestellt werden.
Herr Staatsminister, befürchten Sie Konsequenzen aus der Tatsache, dass Bayern nicht alle EU-Mittel abgerufen hat, in der Form, dass man sagt, man verteilt die EU-Mittel innerhalb der Bundesländer neu?
Herr Präsident, Sie werden sicher noch rechtzeitig mit der Abstimmung beginnen können, wenn diese um halb acht losgehen soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will etwas zum Regionalflughafen Memmingerberg sagen. Der Regionalflughafen Allgäu ist kein neues Thema. Auch die Untersuchung des Standorts Memmingen ist nicht neu. Ich darf zitieren im Zusammenhang mit einer Stellungnahme zum Regionalflughafen Memmingen:
Der Militärflugplatz Memmingen kommt wegen der großen Entfernung dieses Flugplatzes zum Oberallgäu als Alternative nicht infrage.
Raten Sie, von wem der Satz stammt: vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr aus dem Jahre 1988 in einem Antwortschreiben an den Bund Naturschutz in Kempten. Unterzeichner ist pikanterweise Diplomingenieur Töpel. Dieser Diplomingenieur Töpel ist heute Professor und öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für Flugplätze und hat den Antrag auf Erteilung einer luftrechtlichen Änderungsgenehmigung für Memmingerberg erstellt.
Ich habe bisher nicht feststellen können, dass in den vergangenen 15 Jahren das Oberallgäu näher an Memmingen gerückt wäre. Aber vielleicht gibt es da bei Betreibern, bei Prof. Töpel oder bei der CSU andere Erkenntnisse. Sie werden uns das ja dann mitteilen.
Insofern war das Thema Regionalflughafen Allgäu zunächst einmal abgewendet.
Es gab einen zweiten Anlauf von der Allgäuinitiative, die eine Potenzialanalyse in Auftrag geben wollte. Peinlicherweise oder fälschlicherweise hat der Vertreter der Lufthansa Consulting zum Besten gegeben, dass dabei natürlich auch die Verkehrsverbindungen zu bestehenden Flughäfen untersucht würden. Daher hat die Lufthansa Consulting diesen Auftrag nie bekommen.
Dann kam der Beschluss der Bundeswehr, den Standort Memmingerberg aufzugeben – und der Regionalflughafen Memmingerberg war geboren. Fortan wurde von politischer Seite der Eindruck erweckt, aber auch vonseiten der Wirtschaft, als hinge die Entwicklung des Allgäus nahezu ausschließlich von der Realisierung dieses Regionalflughafens ab. Aber, meine Damen und Herren, wofür haben wir Allgäuer einen Minister? – Dafür, dass er bei solch schwierigen Entscheidungen vorausschauend handelt. Und das hat Josef Miller, der heute leider nicht da ist, auch getan. In der „Allgäuer Zeitung“ vom 28. 04. 2001 konnten wir lesen, dass auf Initiative von Landwirtschaftsminister Josef Miller die Lufthansa den Standort Memmingen prüft. Ich zitiere:
Laut Landwirtschaftsminister Josef Miller soll das die weiteren Planungen erleichtern und verhindern, dass möglicherweise falsche Hoffnungen geweckt werden und Fehlinvestitionen getroffen werden.
Bravo, kann ich da nur sagen. Die Lufthansa tat ihm den Gefallen in Form einer Expertise, die am 30. 11. 2001 fertiggestellt wurde. Das Ergebnis dieser Potenzialanalyse war nun wirklich geeignet, Fehlinvestitionen und falsche Erwartungen zu verhindern. Ich darf wieder aus dieser Analyse zitieren:
Der potenzielle Markt für die Flugdienste ab Memmingen – Linie, Charter und Fracht – liegen in den Einzugsgebieten der Flughäfen München und Stuttgart sowie der Regionalflughäfen Augsburg und Friedrichshafen. Die Einzugsgebiete dieser Flughäfen überschneiden sich mehrfach mit dem Einzugsgebiet des Standorts Memmingen. Die bestehenden Flughäfen, auch die Standorte Augsburg und Friedrichshafen, sind etablierte Standorte mit entsprechendem Angebot an innerdeutschen, europäischen und interkontinentalen Flugdiensten. Die bodenseitige Infrastruktur über Straße und Schiene bieten die weitgehend problemlose Anbindung an die Flughäfen. Die Analyse
und das ist das Wichtige –
des Marktpotenzials hat ergeben: Für Linien- und Charterdienste bestehen lediglich marginale Potenziale.
In der technisch operationellen Analyse – hier will ich nur einen Punkt herausgreifen – kommt das Gutachten zu dem Ergebnis:
Die Tragfähigkeit der Start- und Landebahn lässt einen dauerhaften Betrieb für die heute üblichen Linien- und Charterflugzeuge mit mehr als 100 Sitzen nicht zu. Die gegenwärtige Breite der Rollbahn begrenzt die Nutzung auf ausschließlich kleine
Flugzeugtypen. Somit sind für eine zivile Nutzung des NATO-Flugplatzes Memmingen weitere Investitionen in flugbetriebliche Anlagen notwendig, um diesen als attraktiven Standort für regelmäßige Flugdienste anbieten zu können.
Das lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.
Doch es passierte mit dieser Expertise, was in der Regel mit Gutachten, die nicht das gewünschte Ergebnis gebracht haben, geschieht: Es verschwand. Es verschwand in der Schublade von Josef Miller, auch wenn er sagt, er habe das dann an die Air-Park Allgäu GmbH weitergegeben. Aber diese Air-Park Allgäu GmbH wurde erst ein halbes Jahr später, nämlich im Juli 2002, gegründet. Also muss es bis dorthin irgendwo verschwunden sein.
Diejenigen, die unbedingt den Flughafen Memmingen wollen, hätten also über ein halbes Jahr Zeit gehabt, von ihren Wunschträumen in die Realität zurückzufinden. Genau das Gegenteil – ich komme gleich zum Ende – geschah: Es wurde eine Gesellschaft gegründet und ein Gutachten in Auftrag gegeben, bei dem natürlich die wirtschaftlichen Auswirkungen eines solchen Flughafens in den schillerndsten Farben dargestellt wurden. Ich wäre fast geneigt zu sagen, Herr Landwirtschaftsminister: Ihre Absicht war löblich, das Ergebnis vernichtend – fast, denn die Geheimhaltung der Lufthansaexpertise hatte natürlich das Ziel, dass den Kritikern nicht auch noch Munition geliefert wird. Wäre diese Expertise bereits 2001 bekannt geworden, hätte das die Diskussion in eine andere Richtung gelenkt.
Nun stellen alle Gutachten, selbst das von Air-Park GmbH in Auftrag gegebene, eine Konkurrenzsituation vor allen Dingen von Memmingen und Augsburg beim Linienverkehr heraus. Hinter vorgehaltener Hand sagen selbst Befürworter des Flughafens, auf Dauer würden beide nicht überleben können. Die aktuelle Situation des Flughafens Augsburg führt uns fast dramatisch vor Augen: Der Flughafen Augsburg ist schon ohne Konkurrenz von Memmingerberg kaum überlebensfähig. Daran wird sich vermutlich auch nichts ändern, wenn der Ministerpräsident das zu seiner Chefsache erklärt.
Wie ich dem heutigen Bericht der Kabinettssitzung entnehme, steht er zu seinem Versprechen von 12,3 Millionen e. Das wird aber nicht reichen, da die Kosten in Augsburg inzwischen von 25 auf 40 Millionen gestiegen sind. Der Chef verspricht den Augsburgern Geld, der Little Chef Wirtschaftsminister Wiesheu stellt den Memmingern Fördergelder in Aussicht. Angeblich soll es sich um 17,5 Millionen handeln. Es ist schlicht und ergreifend Wahnsinn, wenn wir in Schwaben zwei Flughäfen mit öffentlichen Mitteln fördern wollen, wissend, dass sie sich gegenseitig das Wasser abgraben und dass nur einer überleben kann. Das nenne ich Verschwendung von Steuergeldern vom Feinsten. Wer angesichts knapper öffentlicher Kassen mehr Eigenverantwortung von den Bürgern einfordert, kann hier nicht so verantwortungslos mit Steuergeldern umgehen.
Hinzu kommt noch – und das wird, vermute ich, die wenigsten von Ihnen interessieren – die Belastung von
Mensch und Umwelt, die Tatsache, dass die Bürger vor Ort und auch die meisten Kommunen dagegen sind und dass die Flughafenpläne der Betreibergesellschaft eine nichtfliegerische Nutzung des Flughafenareals behindern statt fördern. Ich bitte Sie deshalb, den Änderungsantrag 14/10903 abzulehnen, da er die maximale Forderung der Betreibergesellschaft beinhaltet und letztendlich die Basis für eine staatliche Förderung dieses Wahnsinns schaffen würde.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehen wir uns den Antrag der SPD genau an. Im ersten Satz sagt sie: „Die Bayerische Staatsregierung wird aufgefordert, von ihrer Forderung nach einer Nullrunde für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Abstand zu nehmen“. Das könnte man in zweierlei Hinsicht sehen. Wenn wir nur von der Erklärung des Ministerpräsidenten und den früheren Aussagen des Finanzministers ausgehen, dann haben Sie Recht, denn dann müsste man noch einiges dafür tun. In der „Welt am Sonntag“ lese ich allerdings folgende Stellungnahme des Finanzministers: „Ich trete für eine moderate Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst ein, die eine angemessene Teilhabe der Beschäftigten am allgemeinen Einkommenszuwachs gewährleistet.“ Damit hat er das, was der Ministerpräsident gesagt hat, zurückgenommen. Wir haben hier also ein gewisses Wirrwarr an Aussagen.
Der Bundeskanzler hat dafür einen wunderbaren Begriff gewählt. Minister Huber hat ihn auch angesprochen, deshalb will ich ihn mir an dieser Stelle sparen.
Interessant fände ich, wenn die Position des Finanzministers wirklich bestehen bliebe. Dann hätte er nämlich einen Haushalt, der nicht mehr stimmt. Auch das ist ein interessanter Gesichtspunkt. Man weiß dann nicht mehr, was eigentlich richtig ist.
Nun zum entscheidenden Thema, in diesem Fall zum fairen Umgang, Herr Kollege Dr. Eykmann: Sie haben vergessen zu sagen, was der bayerische Finanzminister mit der Bundesregierung wegen dieser beiden, von Ihnen beschriebenen Maßnahmen gemacht hat. Er ist über uns hergefallen wie über räudige Hunde. Deshalb muss er sich das jetzt auch gefallen lassen.
Ich habe bereits heuer im Herbst gesagt: Ich werde in diese gegenseitigen Schuldzuweisungen nicht einstimmen, weil ich nicht weiß, wann es mich selbst trifft. Wenn der Staat also sparen muss, wird es vermutlich nicht gehen, ohne dass davon auch die Mitarbeiter im öffentli
chen Dienst betroffen sind. Ob das aber gleich ein Drittel der Haushaltssanierung sein muss, darüber kann man streiten; das ist eine andere Frage. Aus diesem Grund gilt meine Kritik, gilt unsere Kritik, nicht den grundsätzlichen Einsparungsmaßnahmen, sondern der Art und Weise, wie diese erfolgen. Es gab interessanterweise eine Mehrheit im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes, das hat Herr Kollege Franzke bereits angesprochen.
Die Überschrift des Antrags „Fairer Umgang mit den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes“ hätte ich allerdings – und hier stimme ich mit Ihnen, Herr Kollege Dr. Eykmann, überein – auf die Maßnahmen bezogen, die wir hier in Bayern beschlossen haben. Bei den Kürzungsmaßnahmen, die hier getroffen würden, kommen wir zu dem Ergebnis, dass sie in erster Linie die älteren Beamtinnen und Beamten treffen. Die Heraufsetzung der Antragsaltersgrenze für die Altersteilzeit auf 60 Jahre bedeutet, dass die Beamten im Vollzugsdienst überhaupt keine Altersteilzeit mehr beanspruchen können. Die Anhebung der Antragsaltersgrenze, die Streichung der Altersermäßigung bei den Lehrern und die Erhöhung der Selbstbeteiligung bei Klinikaufenthalten treffen vor allem die älteren Beschäftigten im öffentlichen Dienst, weil diese sich nicht mehr entsprechend versichern können. Ich denke, diese Vorgehensweise kann aus unserer Sicht nicht mehr toleriert werden. Wie schon gesagt, der Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes hat diese Vorgehensweise auch durch seine Beschlussfassung kommentiert.
Lassen Sie mich noch kurz auf einige der Maßnahmen eingehen, vor allem auf die Altersteilzeit. Die Maßnahmen bei der Altersteilzeit bringen keine Einsparungen.
Ich gehe jetzt darauf ein. Sie bringen keine Einsparung. Ich habe heute die sehr genaue Frage an den Finanzminister gestellt, wie hoch die Einsparungen aufgrund der jetzigen Maßnahmen in den nächsten fünf Jahren sein werden. Der Finanzminister aber hat auf meine Frage mit keinem Satz geantwortet. Er weiß auch genau warum, weil es nämlich keine Einsparungen gibt.
Herr Kollege Eykmann, die Überschrift des Antrags heißt so schön: „Fairer Umgang mit den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes“, und genau darüber spreche ich im Augenblick. Das werden Sie mir wohl nicht verwehren können.
Es bringt also keine Einsparungen. Die Staatsregierung hat die Altersteilzeit – außer bei den Lehrern – zum Stellenabbau missbraucht. Jetzt, wo das geleistet ist, werden die Konditionen deutlich verschlechtert. Wenn man die Altersteilzeit kostenneutral haben will, könnte man über eine Gestaltung verhandeln. Das Ganze aber nach oben zu drücken, wird auch aus zweiter Sicht ein Bumerang sein. Es betrifft die Frühpensionierung. Wir wissen,
dass die Frühpensionierungen infolge der Altersteilzeit gesunken sind. Ihre Zahl wird vermutlich wieder ansteigen. Um gleich Ihrem Vorurteil vorzubeugen: Bei 70% der Beamtinnen und Beamten kommt der Antrag auf Frühpensionierung vom Arbeitgeber und nicht vom Arbeitnehmer. Es wird deutlich, dass man durch die Einengung der Altersteilzeit in erster Linie verdecken will, dass man zu wenig Nachwuchs ausgebildet hat. Infolge dessen handelt es sich hier um ein personalpolitisches Problem. Der arbeitsmarktpolitische Ansatz, junge Menschen einzustellen, um ihnen einen Arbeitsplatz zu geben und die Lebensälteren zu entlasten, hat angesichts von 4 Millionen Arbeitslosen auch weiterhin seine Berechtigung.
Nachdem ich nicht nur für Fragen des öffentlichen Dienstes zuständig, sondern selbst Landwirt bin, möchte ich am Schluss noch einen Vergleich aus der Landwirtschaft bringen. Vor einigen Jahren haben wir die Agenda 2000 beschlossen. Damals waren die Bauern und die CSU dagegen. Mit den Ergebnissen war niemand zufrieden. Jetzt will man die Agenda 2000 überprüfen, doch CSU und Bauernverband weisen das mit dem Argument „Das muss so bleiben, wir wollen Planungssicherheit“ zurück. Ich muss Ihnen sagen: Was für Bauern gilt, muss auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des öffentlichen Dienstes gelten. Auch sie sollen Vertrauensschutz und Planungssicherheit für ihre Lebensplanung haben. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.
Herr Minister, zunächst darf ich sagen: Ich freue mich, dass wir nun einmal auf dem Feld des Verbraucherschutzes miteinander zu tun haben und nicht nur bei der Beamtenpolitik.
In welchem Umfang werden seit der Privatisierung der Molkerei Weihenstephan am sächsischen Standort der Molkerei Müller Milchprodukte für die „blaue Weihenstephaner Linie“ hergestellt, was hat die Staatsregierung unternommen, um beim Verkauf der Staatsmolkerei sicherzustellen, dass unter dem bayerischen Siegel der „Qualitäts- und Frische-Garantie, mit Raute und Löwe“ nur bayerische Milch verarbeitet wird und wie beurteilt die Staatsregierung den Verkauf von nicht-bayerischer Milch unter dem bayerischen Siegel unter dem Gesichtspunkt transparenter Verbraucherinformation insbesondere wegen der zu erwartenden Einführung des Zeichens „Geprüfte Qualität – Bayern“ auch für Milch?
Wenn Ihnen das nicht bekannt ist: Es gibt erfrischende Joghurts aus Pfirsich und Waldfrucht, die eine sächsische Veterinärkontrollnummer tragen und damit wohl in Sachsen hergestellt werden, aber unter der „blauen Linie“ geführt werden. Meine Frage, Herr Staatsminister: Wäre es nicht eine besondere Verpflichtung Ihrerseits gewesen, sicherzustellen, dass unter Raute und Löwe wirklich nur bayerische Milch verarbeitet wird? Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass Raute und Löwe sicher nicht die Produkte jeder Molkerei zieren dürfen, während das hier mit der ehemaligen staatlichen Molkerei zusammenhängt. Viele Verbraucher, die gezielt dieses Produkt kaufen glauben, es handle sich um ein bayerisches Produkt und sie unterstützten damit die bayerischen Milchbauern und nicht irgendwelche LPG-Nachfolgebetriebe aus Sachsen.
Es wäre Ihnen aber doch sicher möglich gewesen, in die Verträge einzubauen, dass unter diesem speziellen Siegel nur Milch aus Bayern verarbeitet und angeboten werden darf?
Damit haben Sie natürlich in Kauf genommen, dass unter diesem Siegel auch Milch, die außerhalb Bayerns erzeugt worden ist, verarbeitet und angeboten wird. Das ist in meinen Augen eine Verbrauchertäuschung.
Herr Staatsminister, können Sie mir erklären, was das Level des Ökosiegels ursprünglich mit dem Nitrofenskandal zu tun hat?
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir einige Anmerkungen. Zunächst zu Ihnen, Herr Loscher-Frühwald. Sie haben sich mit Ihrem Satz, dass man auch dann, wenn es sich um Ökoprodukte handle, den Skandal aufklären müsse, verraten. Gerade weil es sich um Ökoprodukte handelt, wollen wir die Dinge aufklären. Das ist nicht nur eine Nebensächlichkeit.
Ich komme zum nächsten Thema. Ich habe Herrn Staatsminister Miller gefragt, was der Nitrofen-Skandal ursächlich mit dem Standard des Öko-Siegels zu tun habe. Mir ist nicht bekannt, dass der EU-Standard etwas mit der Verursachung des Nitrofen-Skandals zu tun hätte. Dass Verarbeitungsbetriebe konventionelle und biologische Futtermittel herstellen, finden wir auch bei den Verbänden. Sie werden vermutlich in Bayern keine Futtermittelhersteller finden, die nur Bio-Futtermittel mischen. Mir fallen auf jeden Fall aus dem Stegreif keine ein. Alle führen auch konventionelle Futtermittel. Also gibt es auch da keinen Zusammenhang.
Man kann sehr wohl über den Level des Qualitätssiegels diskutieren. Das aber in den Zusammenhang mit dem Nitrofen-Skandal zu bringen, ist unlauter und zeigt, dass Sie nur polemisieren wollen.
Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung, Herr Sinner. Frau Bundesministerin Künast zu unterstellen, Sie wolle mit allen Mitteln auch die konventionelle Landwirtschaft in den Nitrofen-Skandal hineinziehen, ist schlicht und ergreifend infam. Das versucht sie nämlich überhaupt nicht. Sie hingegen sind gerade auf dem besten Wege, eine Diskussion über die Rückstände in konventionellen Lebensmitteln anzuzetteln. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die „Augsburger Allgemeine Zeitung“. Wenn Sie diese Diskussion wollen, dann können Sie sie gerne mit uns führen. Wir wollen sie nicht, weil wir das nicht nötig haben.
Wenn ich heute die Antwort Ihres Hauses, Herr Sinner, auf die Antwort meiner Kollegin Ruth Paulig lese, dann muss ich feststellen, dass es Ihnen in Sachen Verbraucheraufklärung auch nicht pressiert. Sie haben am 28. Mai erfahren, dass es vermutlich in Bayern mit Nitrofen belastetes Getreide gibt. Sie haben bis heute nicht veranlasst, dass Lebensmittel von den betroffenen Betrieben auf Nitrofen untersucht worden sind. Das ist jetzt zwei Wochen her. Man kann nicht sagen, dass Sie eine große Eile an den Tag legen. Deshalb sollten Sie nicht über die Bundesministerin schimpfen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/9666, das ist der Antrag der CSU-Fraktion, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie Herr Kollege Hartenstein und Frau Kollegin Grabmair. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/9672, das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein und Frau Kollegin Grabmair. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:
Bildungsansprüche erfüllen – Bildung ist staatliche Aufgabe (Drucksache 14/9667)
Verbesserung der Situation an den Fachoberschulen und Berufsschulen (Drucksache 14/9673)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Frau Kollegin Pranghofer hat das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir werden diesem Antrag zustimmen. Erlauben Sie mir trotzdem einige Anmerkungen.
Der erste Punkt des Antrags, nämlich die Marktordnungsinstrumente verstärkt zur Marktentlastung und Preisstabilisierung einzusetzen, ist überflüssig wie ein Kropf. Frau Lück hat schon gesagt, dass die Bundesregierung dies bereits mache. Der zweite Punkt, die Quotenaufstockung zu überdenken, ist wünschenswert aber utopisch. Der dritte Punkt des Antrags, nämlich die Forderung nach Fortführung der Quoten, macht Sinn, weil wir damit eindeutig Position beziehen, was andere leider nicht machen.
Dazu sage ich noch etwas.
Zum Zweiten stelle ich fest, dass der Antrag „hingeschludert“ wurde. Genau genommen hätte die beabsichtigte Senkung des Interventionspreises in den Forderungskatalog aufgenommen werden müssen, denn diesen zu senken hat die gleichen Auswirkungen wie die Ausweitung der Quoten.
Drittens. Das Bekenntnis zur Milchquotenregelung halte ich für richtig, und wir unterstützen diese Forderung. In nahezu allen Organisationen gibt es dazu geteilte Meinungen. Bis heute liegt – auch wenn das Kollege Zengerle nicht gerne hört – vom Deutschen Bauernverband noch keine offizielle und eindeutige Stellungnahme vor.
Wenn wir denen von Bayern aus ein wenig auf die Sprünge helfen können, ist das nur gut. Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung keine Position beziehen will, die gegen die Position des Berufsverbandes sein wird. So viel kann ich Ihnen sagen.
Sie können sich ganz sicher darauf verlassen. Nun soll erst der Bauernverband sagen was er will, dann werden Sie sehen, was die Bundesregierung daraus macht.
Ja.
Das ist nicht Gegenstand des Antrags. Herr Kollege Ranner, Sie haben Ohren, um zu hören. Ich habe nicht vom Bayerischen Bauernverband gesprochen; ich habe gesagt, der Deutsche Bauernverband habe in dieser Sache keine klare Position. Ich habe gesagt, die Bundesregierung wird nicht gegen den Berufsverband entscheiden.
Bleiben wir bei der Quote. Die Auflösung der Quotenregelung wäre ein worst case; darüber sind wir uns einig. Aber, wir haben auf Einladung von Landwirtschaftsminister Miller einen Tag lang in Kempten Gespräche geführt. Damit dies nicht umsonst war, möchte ich einige Ergebnisse dieser Tagung bekannt geben. Die Professoren Heissenhuber und Hülsemeier haben deutlich aufgezeigt, dass der Milchpreis auch vermutlich bei der Erhaltung der Quote fallen wird, nicht nur bei Auflösung der Quote. Außerdem haben sie sehr gut aufgezeigt, dass der Milchpreis jetzt schon für viele kleine Betriebe nicht kostendeckend ist. Wir müssen also auch noch eine andere Diskussion führen. Der Erhalt der Quotenregelung ist mitnichten ein Garant für die Erhaltung der flächendeckenden Landwirtschaft, besonders in benachteiligten Gebieten. Bei Wegfall der Quote ist die Wirkung noch viel schlimmer und geht weit über die benachteiligten Gebiete hinaus.
Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, die vereinbarte Erhöhung der Milchquote nicht durchzuführen. Ich schätze, das wird nicht realisierbar sein. In Italien wurde ein Teil der Milchquote bereits erhöht.
Zum Thema Wirksamkeit der Maßnahmen der Marktordnungsinstrumente: Auf Dauer werden Marktordnungsinstrumente den Milchpreis nicht hoch halten. Landwirtschaft hat etwas mit Markt zu tun. Marktordnungsinstrumente werden auf Dauer nicht die Marktmechanismen aushebeln. Der Milchpreis ging letztes Jahr sehr stark hinauf, was damit zusammenhängt, dass Milchprodukte gefragt waren oder die Briten wegen der Maul- und Klauenseuche keine Milch nach Italien liefern konnten. Davon hat die bayerische Landwirtschaft profitiert. Jetzt gibt der Markt nach. Marktordnungsmechanismen sind kurzfristig sicherlich sinnvoll, sie werden auf Dauer das Problem aber nicht lösen. Sie werden wegen WTO auf Dauer nicht haltbar sein. Auch das war ein klares Ergebnis auf der Tagung in Kempten. Man musste aber zuhören und nicht nur dasitzen.
Die Exporterstattungen wurden bereits letzten Herbst kräftig erhöht; Kollegin Lück hat dies ausgeführt. Nun stellt sich die Frage, ob wir uns wegen 20% zu viel Milch auf dem Markt den Milchpreis kaputtmachen lassen sollen. Das ist das Thema A-C-Quote. Das allerbeste Beispiel, dass Marktordnungsinstrumente nicht dauerhaft helfen können, ist der Milchpreis in den Neunzigerjahren. Ich setze voraus, dass die damalige Regierung Ihrer Partei die Marktinstrumente optimal ausgenutzt hat. Sehen wir mal, wie die Milchpreise in den Neunzigerjahren waren. – Auf gut Deutsch gesagt: vernichtend.
Kollege Zengerle rechnet uns nun wunderbar vor, dass ein Cent weniger Milchpreis 70 Millionen e in Bayern ausmachen. Ich nehme an, dass die Zahlen stimmen; ich habe sie nicht überprüft: 1983 haben Sie die Verantwortung für die Agrarpolitik in der Bundesrepublik übernommen. Damals lag der Milchpreis bei 32 Cent. 1984 haben Sie den bayerischen Milchbauern 70 Millionen e aus dem Sack genommen, 1985 waren es noch einmal 70 Millionen e, 1986 waren es 70 Millionen e, 1987 waren es 100 Millionen e. 1988 haben Sie den bayerischen Milchbauern 30 Millionen e gegeben, 1989 noch einmal 100 Millionen e. 1990 haben Sie ihnen wieder 30 Millionen e genommen, 1991 100 Millionen e, 1992 40 Millionen e, 1993 140 Millionen e, 1994 210 Millionen e,1995 250 Millionen e, 1996 270 Millionen e, 1997 250 Millionen e und 1998 140 Millionen e.
Von 1983 bis 1998, also in Ihrer Regierungsverantwortung, macht das für die Milchbauern einen Einkommensverlust von 1,5 Milliarden e Milchgeld aus; uns werfen Sie vor, wir würden nicht handeln.
Zum Thema: Kollegin Lück hat vorhin gesagt, Sie kämen mit Ihrem Antrag zu spät. Ich kann Ihnen genau sagen, um wie viel Sie zu spät kommen – um zwanzig Jahre.
Sie hätten den Antrag damals stellen sollen, damals hätte er funktioniert.
Beim nächsten Punkt handelt es sich um ein Herzensanliegen von mir. Sie fordern, die Bundesregierung solle Maßnahmen ergreifen, um den Milchabsatz zu fördern. Was den Schulmilchabsatz anlangt, ist Bayern eines der Schlusslichter unter den Bundesländern. Der Schulmilchabsatz befindet sich in Bayern im freien Fall. Wir erreichen nur 4,6% aller Schüler. In unserem Lieblingsbeispielsland Nordrhein-Westfalen sind es mehr als dreimal so viel. Es ist eine Schande für das Milchland Bayern. Der Antrag der GRÜNEN vom letzten Jahr, die Schulmilchvermarktung zu fördern, ist mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt worden. Ich frage Sie: Wenn nicht bei den Kindern und Schülern, wo dann sollen wir anfangen, den Milchabsatz in unserem Lande zu erhöhen?
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Auf die gesundheitlichen Aspekte – Stichwort Osteoporose-Vorsorge – will ich gar nicht eingehen.
Sie glauben doch nicht wirklich, dass es an der Verpackung liegt. Sie ist in Nordrhein-Westfalen nicht anders als bei uns.
Kolleginnen und Kollegen, ich kann es kurz machen, meine Redezeit ist gleich beendet. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, Sie sollten zunächst vor Ihrer eigenen Tür kehren, bevor Sie sich über den Dreck bei den anderen aufregen.
Herr Staatsminister, ich frage Sie: Mit welcher Begründung hält die Staatsregierung an der 40-Stunden-Woche für die Beamtinnen und Beamten in Bayern fest?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, bitte.
Herr Staatsminister, gilt dies auch für die Beamten des Bundes?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, bitte.
Frau Staatsministerin, beabsichtigt die Staatsregierung als Konsequenz aus der Pisa-Studie für Kindertageseinrichtungen neue, lehrplanähnliche Bildungs- und Erziehungspläne zu erarbeiten, und ist daran gedacht, die Bildungspläne von Kindergärten und Schulen aufeinander abzustimmen, und die notwendige Vernetzung dieser beiden Bildungseinrichtungen zu verbessern?
Frau Staatsministerin, wenn ich Sie richtig verstehe, bringen diese Fortschreibungen der Erziehungs- und Bildungspläne zumindest in Teilbereichen lehrplanähnliche Entwicklungen für Kindergärten mit sich.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das Sympathische an Herrn Kollegen Kreuzer ist, dass ich das Rednerpult nicht höherstellen muss, wenn ich nach ihm spreche.
Untersuchungsausschüsse werden oft als „stumpfes Schwert“ der Opposition bezeichnet. In diesem Fall sollte das Schwert nicht zu stumpf sein, da der Untersuchungsausschuss, den wir heute einsetzen, das Zusammenspiel der Staatsregierung und der bayerischen Behörden mit der Nachfolgeorganisation eines mittelalterlichen Ritterordens untersuchen soll.
Mehr als meist aussagelose Antworten auf die zahlreichen Anfragen unserer Fraktion wird der Untersuchungsausschuss auf jeden Fall an den Tag bringen. Letztendlich hat die Staatsregierung diesen Untersuchungsausschuss provoziert. Das bisherige Verhalten der Staatsregierung weckt bei uns und in der Öffentlichkeit immer wieder Misstrauen. Informationen wurden entweder nur scheibchenweise übermittelt oder ganz verweigert.
Ministerpräsident Dr. Stoiber selbst hat sich in den letzten Jahren in dieser Sache als großer Schweiger profiliert, und das, obwohl unbestritten ist, dass er sich mit einem Empfehlungsschreiben an das Kultusministerium in das Verfahren zur Anerkennung des Deutschen Ordens als Körperschaft des öffentlichen Rechts eingemischt hat, und obwohl er selbst Laienbruder in diesem Orden ist. Vielleicht erwartete man sogar gerade von Bruder Edmund eine Empfehlung. Herr Kollege Kreuzer, es ist ein Unterschied, ob Herr Dr. Stoiber die Empfehlung als Privatmann gibt oder auf einem Papier mit Briefkopf des Ministerpräsidenten.
Die Parallelen zur LWS-Affäre liegen auf der Hand: Ministerpräsident Dr. Stoiber schreibt Briefe und spricht Empfehlungen aus. Wenn sich diese Empfehlungen später als falsch erweisen, lehnt er jede Verantwortung
ab. Er nimmt nicht einmal mehr persönlich Stellung, sondern schickt einen Minister vor. Der Ministerpräsident mutierte in der LWS-Affäre ebenso wie im Falle des Deutschen Ordens vom Schreiber zum Schweiger. So gesehen, diskutieren wir heute über einen zweiten – wenn man den LWS-Ausschuss mitzählt, einen dritten – Schreiber-Untersuchungsausschuss.
Aus Sicht der GRÜNEN-Fraktion sind in diesem Untersuchungsausschuss zwei Punkte besonders zu untersuchen, erstens das Verfahren zur Anerkennung des Deutschen Ordens als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Kultusministerium. Wie kann es sein, dass eine Organisation, der von der Staatsregierung die so genannte „Gewähr der Dauer“ attestiert wurde, nur zwei Jahre später zahlungsunfähig wird? In seinem Brief vom 19.01.1998 an den damaligen Kultusminister Zehetmair schrieb der Ministerpräsident, dass er „sehr beeindruckt von den Aktivitäten des Deutschen Ordens“ sei. Ich bin neugierig darauf, welche Aktivitäten er damit im Einzelnen meinte.
Wir sind auch beeindruckt von den bisher bekannt gewordenen Aktivitäten des Ordens, genauer gesagt: Wir sind erschüttert, dass Aktivitäten, die der Sanierer Pfeil als hirnrissig bezeichnet hat, in Bayern unter dem Deckmantel einer anerkannten Körperschaft des öffentlichen Rechts möglich waren. Wir sind so beeindruckt, dass wir jetzt genau wissen wollen, welche Aktivitäten der Orden an den Tag gelegt hat und weshalb die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch die Bayerische Staatsregierung möglich war, obwohl nach dem bisherigen Kenntnisstand nicht alle Zulassungskriterien erfüllt waren.
Der zweite wichtige Punkt ist das Versagen der Staatsregierung im Sanierungsverfahren. Die Staatsregierung gewährte dem Deutschen Orden über die LfA zusammen mit den Gläubigerbanken und der Katholischen Kirche einen Kredit. Der Anteil der LfA betrug 5 Millionen DM, wie Finanzminister Faltlhauser dies in einer Antwort auf eine mündliche Anfrage von Emma Kellner am 11.07. des letzten Jahres bestätigt. Frau Staatsministerin Stewens hat hingegen am 03.07. letzten Jahres im Haushaltsausschuss bestritten, dass bayerische Steuergelder in die Sanierung des Ordens geflossen seien. Diese Aussage lässt sich auf zwei Arten interpretieren: Entweder geht Frau Stewens davon aus, dass die zinsgünstigen Kredite der LfA nicht aus Steuergeldern finanziert werden, oder sie will sagen, dass diese Mittel irgendwohin geflossen sind, nur nicht in die Sanierung des Deutschen Ordens. Diese Ungereimtheiten müssen geklärt werden.
Die Staatsregierung bekundet in Antworten auf Anfragen immer wieder, dass es bei kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts keine staatlichen Kontrollmöglichkeiten gebe und auch kein Einfluss auf das Sanierungsverfahren genommen werden könne. Ich bin davon überzeugt: Sollte das Sanierungsverfahren erfolgreich sein, wofür es inzwischen einige Hinweise gibt, wird das gewiss ein großer Erfolg der Staatsregierung gewesen sein. Bei der Zusage der staatlichen Hilfe hätten aber Bedingungen gestellt werden können. Die Staatsregierung hat dieses Kontrollinstrument jedoch fahrlässig aus
der Hand gegeben. Wie es dazu kommen konnte, muss der Ausschuss klären.
Neben der Aufklärung des Verhaltens der Staatsregierung und bayerischer Behörden soll dieser Ausschuss auch vorbeugend tätig werden. Wenn die Untersuchungen des Ausschusses abgeschlossen sind, sollte überlegt werden, wie solche Fehlentwicklungen wie beim Deutschen Orden in Zukunft verhindert werden können. Das Anerkennungsverfahren für Körperschaften des öffentlichen Rechts muss transparenter gestaltet werden. Auch eine Aberkennung der Körperschaftsrechte muss möglich werden. Hier besteht derzeit noch eine Gesetzeslücke. Es kann nicht sein, dass Körperschaften des öffentlichen Rechts, die im Gesundheitswesen tätig sind und deren Einrichtungen vom Staat und von Krankenkassen mitfinanziert werden, ohne jede Kontrolle agieren.
Zum Schluss möchte ich die Mitglieder der CSU im Untersuchungsausschuss darum bitten, die Aufklärung der Fragen nicht zu behindern und das Mauern der Staatskanzlei nicht auch noch zu unterstützen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf die exakte Aufklärung dieser Fragen, und sie hat ein Recht darauf zu erfahren, für welche Organisation sich der Ministerpräsident kraft seines Amtes einsetzt. – Wir stimmen der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt eine Neufassung des Antrags; ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/8929.
Nach dem Antrag und der Beschlussempfehlung soll der Untersuchungsausschuss aus insgesamt acht Mitgliedern bestehen. Die CSU-Fraktion hat das Vorschlagsrecht für fünf Mitglieder, die SPD-Fraktion für zwei Mitglieder und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein weiteres Mitglied. Für jedes Mitglied ist von den jeweils vorschlagsberechtigten Fraktionen ein stellvertretendes Mitglied zu benennen.
Wer dem Antrag in der vom Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vorgeschlagenen Neufassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist das so beschlossen.
Im Einzelnen wurden von der Fraktion der CSU als Mitglieder benannt Herr Peter Welnhofer, Herr Franz Meyer, Herr Franz Josef Pschierer, Herr Sebastian Freiherr von Rotenhan und Herr Markus Sackmann, als deren Vertreterin bzw. Vertreter Frau Renate Dodell, Herr Herbert Ettengruber, Herr Christian Meißner, Herr Dr. Gerhard Waschler und Herr Georg Winter.
Die SPD-Fraktion hat als Mitglieder Herrn Dr. Heinz Kaiser und Herrn Heiko Schultz benannt, als deren Vertreter
Herrn Wolfgang Vogel sowie Herrn Hans-Ulrich Pfaffmann.
Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN schickt als Mitglied Herrn Adi Sprinkart und als stellvertretendes Mitglied Frau Theresa Schopper in den Ausschuss.
Besteht damit Einverständnis, dass ich über die Fraktionsvorschläge gemeinsam abstimmen lasse? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich gemeinsam abstimmen. Wer mit der Entsendung der vorher genannten Landtagsmitglieder in den Untersuchungsausschuss einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist das so beschlossen.