Protocol of the Session on May 22, 2003

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Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 117. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 10. Mai ist Herr Willi Schneider im Alter von 87 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben.

(Die Anwesenden erheben sich)

Er gehörte dem Landtag von 1966 bis 1974 an und vertrat für die SPD zuerst den Wahlkreis Oberbayern, danach den Stimmkreis Ingolstadt-Stadt und -Land. Von Beruf Oberstudiendirektor, engagierte er sich besonders im Ausschuss für Kulturpolitische Fragen. Außerdem war er Mitglied des Rundfunkrates.

Der Bayerische Landtag wird dem Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren. Sie haben sich zu Ehren des Toten von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, seit der letzten Vollsitzung haben einige Kollegen einen runden Geburtstag gefeiert. Jeweils ein Lebensjahrzehnt vollendeten Herr Kollege Heinrich Traublinger am 9. Mai, Herr Kollege Franz Meyer am 13. Mai und Herr Kollege Volker Hartenstein am 17. Mai. Heute begeht Herr Kollege Harald Güller ebenfalls einen runden Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall)

Ich gratuliere den Genannten im Namen des Hohen Hauses und persönlich sehr herzlich und wünsche ihnen gute Gesundheit und für ihre weitere parlamentarische Arbeit viel Erfolg.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen zur Tagesordnung.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Vorschlagsberechtigt ist heute die Fraktion der SPD. Sie hat eine Aktuelle Stunde beantragt zum Thema „Gemeinschaftsinitiative für Bayerns Kommunen – Soforthilfe in Bayern jetzt“.

In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion erhält eines ihrer Mitglieder zehn Minuten Redezeit; dies wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligen Fraktion angerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält eine Fraktion auf Antrag für eines ihrer Mitglieder zusätzlich fünf Minuten Redezeit. Ich bitte Sie, auf mein Signal zu achten. Erster Redner ist Herr Kol

lege Maget. Herr Maget bringt einen Zehn-Minuten-Beitrag.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist höchste Zeit, dass die CSU-Regierung in Bayern endlich die Benachteiligung der Städte, Gemeinden und Landkreise im Freistaat Bayern beendet. Es ist höchste Zeit, dass wir endlich zu fairen Finanzbeziehungen zwischen dem Freistaat Bayern und seinen Kommunen kommen, und es ist höchste Zeit, dass Bund und Land gemeinsam endlich handeln und die Kommunen nicht länger vertrösten.

(Beifall bei der SPD)

Konkrete Taten und Hilfe sind gefragt, keine Ankündigungen. Insofern waren der Auftritt und die Rede des bayerischen Innenministers Dr. Beckstein gestern in Berching eine große Enttäuschung. Die Staatsregierung war aufgefordert, den Kommunen konkrete Hilfe zu leisten. Was geblieben ist und was man gehört hat, sind aber bloße Ankündigungen gewesen – nur leere Worte, kein roter Heller für die Kommunen in Bayern. Das ist gestern leider das Ergebnis gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in der Vergangenheit von großzügigen, mehrere Hundert Millionen schweren Hilfsprogrammen für die Kommunen gelesen. Davon ist gestern leider kein Cent übrig geblieben. Das ist deutlich geworden, obwohl – das muss ich an dieser Stelle leider sagen – die Veranstalter durchaus versucht haben, die Zuständigkeit für die Finanznot der Kommunen einseitig darzustellen. Ich habe mich zum Beispiel schon sehr gewundert – das will ich hier gar nicht verschweigen –, wie der Präsident des Bayerischen Gemeindetags die Abwesenheit des Bundesfinanzministers kommentiert hat. Man wusste doch, dass zur gleichen Stunde eine Sitzung des Haushaltsausschusses in Berlin stattfindet, bei der der Minister und seine Staatssekretäre selbstverständlich anwesend sein müssen. Weil in Berlin die Sitten anders sind als hier im Bayerischen Landtag und die Minister sich um die Angelegenheiten des Landes kümmern und das Parlament ernst nehmen. Und weil das Parlament auch ernst genommen werden will im Gegensatz zu Ihnen,

(Beifall bei der SPD)

müssen in Berlin der Finanzminister und die Staatssekretäre anwesend sein, wenn Sitzungswoche ist und wenn vor allem eine Sitzung des Haushaltsausschusses ansteht.

Es kommt noch schlimmer: Ihre Fraktion hat den Bundesfinanzminister gestern um 14.00 Uhr in das Parlament zitiert, und zur gleichen Zeit beklagen sich Ihre Parteifreunde, dass er nicht in Berching anwesend ist.

(Frau Radermacher (SPD): Das ist eine Frechheit!)

Ein solches Zusammenspiel finde ich mehr als peinlich und schäbig.

(Beifall bei der SPD)

Ich werde das auch Herrn Dr. Brandl übermitteln, weil er dazu verpflichtet ist, sein Amt parteineutral auszuüben, und das hat er gestern – das sage ich ganz offen – nicht getan.

Ich komme nun aber zu dem zurück, was den Kommunen wirklich gut tut. Gut tun würde ihnen endlich konkrete Hilfe.

(Hofmann (CSU): Wenn die SPD zurücktritt!)

Ich war in Berching, lieber Herr Kollege; Sie nicht. Ich habe mir das schon angehört.

(Hofmann (CSU): Das braucht es ja auch nicht!)

Was hilft den Kommunen? – Den Kommunen hilft allein eine gemeinschaftliche Anstrengung des Bundes und des Landes zu sofortiger Hilfe. Dabei helfen wir gerne mit. Was den Bund betrifft, so kann ich feststellen, dass immerhin von dort die bisher einzige konkrete Hilfe tatsächlich geleistet wurde: Das ist die Rückerstattung von 130 Millionen e Flutopferhilfe. Das ist bares Geld in den Kassen. Das vermisst man noch von Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Man hat es den Kommunen nicht erst weggenommen, Herr Kollege Ach, sondern man hat es ihnen gegeben. Das ist eine echte Leistung den Kommunen gegenüber, auf die das Land und der Bund im Übrigen verzichten. Das Land bezahlt für seine Flutopfer-Solidarität; die Kommunen müssen das nicht tun. Das ist eine echte Hilfe für die Kommunen.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden uns zum Zweiten auch für die Festlegung und die Fortsetzung der Gewerbesteuer und ihre Verbreiterung nachhaltig einsetzen. Dazu erwarte ich immer noch ein klares Wort von Ihnen. Es gibt eine klare Festlegung der SPD für die Fortsetzung der Gewerbesteuer.

(Beifall bei der SPD)

Das ist das wichtigste Signal, das die Kommunen heute brauchen.

(Dr. Bernhard (CSU): Wann hat denn Herr Eichel das gesagt?)

Herr Kollege Dr. Bernhard, wir haben am Montag im SPD-Parteivorstand in Berlin

(Lachen des Abgeordneten Dr. Bernhard (CSU))

warten Sie doch einmal – einen Beschluss zur Agenda 2010 gefasst, die ein großes Kapitel zum Thema Kommunalfinanzen enthält. In diesem Kapitel ist das ausdrückliche Bekenntnis zum Modell der kommunalen Spitzenverbände enthalten. Ich habe selber Herrn Eichel gefragt, der anwesend war und der zugestimmt hat, ob das belastbar und tragfähig ist und ob er zu dieser Aus

sage auch steht. Er hat ausdrücklich bestätigt: Das wird die Linie des Bundesfinanzministers sein. Ich bin froh darüber. Ich hätte das so nicht erwartet, Herr Kollege Dr. Bernhard.

(Hofmann (CSU): Er verspricht alles!)

Aber ich erwarte heute ein klares Wort des bayerischen Finanzministers.

(Beifall bei der SPD – Dr. Bernhard (CSU): Hat er denn die Kommission schon aufgelöst?)

Was Herr Beckstein gestern hätte sagen können und müssen, wäre Folgendes gewesen: Ja, wir kommen den Kommunen bei der Erstattung der tatsächlichen Kosten bei der Übernahme übertragener Aufgaben entgegen. Was ist mit den Kosten für die R 6? Was ist mit der Schülerbeförderung? Was ist mit den Lehrerinnen und Lehrern an den kommunalen Schulen? – Nichts! Kein Cent vom Freistaat Bayern in Richtung fairer Behandlung der Kommunen im Freistaat. Kein Wort, kein Entgegenkommen, kein roter Heller für Bayerns Kommunen.

Ich hätte mir erwartet, dass Sie endlich sagen: Den bei uns verbleibenden Teil der Gewerbesteuerumlage erstatten wir euch zurück. Kein Wort in dieser Richtung. Ich hätte mir erwartet, dass ein Vorschlag des Herrn Schnappauf, den wir aufgegriffen haben, endlich übernommen wird, nämlich: Schritt für Schritt Freistellung von den Kosten der Deutschen Einheit.

(Beifall bei der SPD)