Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 84. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten und diese erhalten.
Wir haben heute eine lange Fragestunde mit 90 Minuten. Ich bitte zunächst den Herrn Staatssekretär für Wirtschaft, Verkehr und Technologie um die Beantwortung der ersten Fragen. Der erste Fragesteller ist Herr Kollege Schläger.
Herr Staatssekretär, wieso präsentierte das Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie den baden-württembergischen Aluminium- und Magnesiumteilhersteller LM Leichtmetallsystemtechnik GmbH der Stadt Arzberg als neue Industrieansiedlung, wenn es seit April 2001 von der schwierigen Situation wusste, in der die Firma war, und warum präsentierte das Staatsministerium in Arzberg einen Unternehmer in den leuchtendsten Farben als Hoffnungsträger, der zuvor schon maßgeblich an drei Unternehmenspleiten beteiligt war?
Herr Präsident, Herr Kollege, meine lieben Damen und Herren! Ich darf die Frage wie folgt beantworten: Die Firma LM Leichtmetall GmbH suchte seit August 2000 einen neuen Standort, bevorzugt in Bayern. Nachdem zunächst mehrere Standorte durch das Unternehmen in Bayern in Aussicht genommen wurden, entschied es sich im Januar 2001 für Arzberg. Das Unternehmen konnte damals einerseits einen interessanten Auftragsbestand verschiedener Automobilzulieferer und andererseits von allen Fachleuten unbestritten innovative Produkte nachweisen. Daneben hat das Unternehmen überzeugend dargestellt, dass es ohne einen zusätzlichen Standort mit entsprechend qualifizierten Arbeitskräften die zu erwartenden Aufträge nicht ordnungsgemäß abwickeln kann. Daraus ergab sich im Zusammenhang mit der Schließung des Kraftwerkstandortes Arzberg durch E.ON eine für alle Seiten attraktive Situation. Leider ist zu bedauern, dass die gegenwärtigen Schwierigkeiten bei Leichtmetall eingetreten sind.
Der geschäftsführende Gesellschafter hat gestern nochmals gegenüber dem Wirtschaftsministerium erklärt, dass zu Zeiten, in denen er Gesellschafter bzw. Geschäftsführer von Gesellschaften gewesen ist, bei diesen keine Insolvenzverfahren anhängig wurden.
Herr Staatssekretär, Sie haben es gerade selber gesagt: Nachdem sich auch E.ON verpflichtet fühlt, in Arzberg für einen Nachfolger zu sorgen und zu investieren und auch staatliche Gelder für Investitionen zur Verfügung gestanden wären oder noch zur Verfügung stehen, ist es dann nicht leichtfertig, wenn die Staatsregierung überhaupt nicht weiß, dass es sich um einen Unternehmer handelt, der zu Hause eigentlich einen desolaten Betrieb hat?
Herr Kollege, da sind Sie offensichtlich nicht richtig informiert. Tatsache ist, dass es sich bei diesem Unternehmer um einen durchaus erfolgreichen Sanierer handelt, einen Unternehmer, der in Unternehmen einsteigt, die sich in Liquidation befinden, bei denen die Arbeitsplätze vollständig weggefallen wären, wenn er nicht eingestiegen wäre. In den uns bekannten Fällen ist der Unternehmer jeweils in einer äußerst schwierigen Situation als Sanierer eingestiegen und hat Arbeitsplätze erhalten, die sonst weggefallen wären, und hat diese Unternehmen, solange er sich bei ihnen engagierte, erfolgreich geführt. Das ist auch die Aufgabe von Sanierern. Leider Gottes haben wir viel zu wenig Sanierer, die sich bemühen, Arbeitsplätze zu erhalten, Unternehmen wieder hochzubringen und dann weiterzugeben.
Dieser Unternehmer hat diese Unternehmen hochgebracht und die Arbeitsplätze erhalten. Erst nach Jahren, nachdem er diese Unternehmen jeweils übergeben hatte, sind diese Unternehmen dann wieder in Schwierigkeiten bzw. in die Liquidation gekommen. Gerade diesem Unternehmer kann man also nach unseren Informationen nicht den Vorwurf machen, dass er sozusagen ein Kaputtsanierer sei. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Aufbau- und Konstruktivsanierer. Herr Kollege, ich betone: Ich wäre sehr froh, gerade in Ihrer Region, in der nördlichen Oberpfalz, mehr solche Investoren zu haben, die trotz schwierigster Voraussetzungen in Unternehmen einsteigen, bei denen sich sonst niemand findet, um diese Unternehmen wieder hochzubringen.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, dass noch nicht abschließend geklärt ist, ob sich LM nicht doch in Arzberg ansiedeln kann? Sollte dies nicht gelingen, wird dann die Staatsregierung alles tun, um dort gemeinsam mit E.ON andere Unternehmen anzusiedeln?
Herr Kollege Müller, Sie können davon ausgehen, dass wir von der Tatsache, dass die von uns und von allen erhoffte Ansiedlung nicht positiv gelaufen ist, überhaupt nicht begeistert sind. Das tut uns außerordentlich leid –
ich sage das klar und deutlich. Ich sage aber nochmals: Damals hat das Unternehmen exzellente Aufträge vorgelegt; es hat einen guten Ruf gehabt. Es ist bekannt, dass ein großer bayerischer Automobilhersteller diesem Unternehmen auch mit einem beachtlichen Kredit geholfen hat und damit demonstrativ zum Ausdruck bringen wollte, dass er an den Produkten dieses Unternehmens äußerst interessiert ist und auch daran glaubt, dass dieses Unternehmen sozusagen wieder in schwarze Zahlen und in ein gutes Fahrwasser kommt. Wer weiß, wie streng große Automobilunternehmen ihre Zulieferer derzeit raten und prüfen, meine Damen und Herren, weiß auch, dass im Grunde genommen alle davon ausgegangen sind, dass die Sache positiv läuft. Das ist aber nicht der Fall gewesen.
Herr Kollege Müller, natürlich sind wir derzeit in sehr intensiven Gesprächen, die natürlich nicht auf dem Jahrmarkt der Öffentlichkeit stattfinden, in Gesprächen, die das Ziel haben, dass es dennoch etwas wird, dass wir einen – möglicherweise auch anderen – Investor finden, der einsteigt und dass dennoch Arbeitsplätze entstehen. Natürlich versuchen wir in diesen intensiven Gesprächen, auch andere Investoren in den leidgeplagten Ort Arzberg zu bringen.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade noch einmal bestätigt, dass durchaus Hoffnungen bestehen, dass diese Firma doch noch zum Einsatz kommt. Deshalb frage ich: Ist es richtig, dass die Herren – ich will sie auch personifizieren – Scharfenberg und Wohland in dieser Firma nicht mehr an erster Stelle sind? Dann stellt sich nämlich die weitere Frage. Wer ist im Moment überhaupt Inhaber dieser Firma?
Das Sagen hat jetzt, so wie es aussieht, der Insolvenzverwalter. Immer dann, wenn ein Insolvenzverwalter das Sagen hat, ist dieser bemüht, eine Lösung zu finden. Wir unterstützen den Insolvenzverwalter natürlich beim Suchen einer konstruktiven Lösung. Zum Erreichen einer konstruktiven Lösung brauchen wir aber auch überregionale und örtliche Banken, die mitfinanzieren. Diese Banken prüfen sehr genau ein potenzielles Zukunftskonzept auf die Tragfähigkeit und auf die Nachhaltigkeit. Die Banken schauen dabei vor allen Dingen auch auf das Management.
Die Frage des Managements wird eine entscheidende Rolle spielen. Ich sage aber noch einmal: Das Gesetz des Handelns liegt jetzt beim Insolvenzverwalter. Wir bemühen uns, mit dem Insolvenzverwalter eine konstruktive Lösung zu finden.
Schriftliche Anfrage „Förderangebot Regionalmanagement im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der regionalen Wirtschaft“ in der Vorbemerkung erwähnte Regionalmarketingkonzept für die Region Hochfranken entwickelt, unter welchem Titel ist es zu erhalten und wie wurde es konkret umgesetzt?
Frau Kollegin Gote, ich darf die Frage wie folgt beantworten: Das Kuratorium Hochfranken e.V. hat 1999 in Zusammenarbeit mit „Invest in Bavaria“, der Stabsstelle meines Hauses für Ansiedlungspolitik und Standortmarketing, ein derartiges Konzept entwickelt. Das für die Region Hochfranken entwickelte Regionalmarketingkonzept ist bewusst als Teil des Bayernmarketings ausgestaltet. Die Dachmarke „Bayern“ dient der Region als Zugpferd.
Zielsetzung des Marketings sind insbesondere die Zielbranchen „Kunststoffe“, „Technische Keramik“, „Logistik“, „Automobilzulieferer“ und „Telekommunikationsdienstleistungen“. Diese werden aktiv beworben. Entscheidungsträger und Multiplikatoren sollen direkt angesprochen werden. Die Kompetenz der Region als Tor zu den Ostmärkten soll hervorgehoben und gefördert werden.
Umsetzungsaktivitäten waren und sind insbesondere der Internetauftritt „www.hochfranken.org“ mit Informationen zu den einzelnen Clustern und zu den Gewerbeflächen und Gewerbeobjekten der Region. Dieser Internetauftritt ist mit dem Auftritt von „Invest in Bavaria“ verlinkt. Als Informationsmaterial wurde eine Broschüre zum Thema „Logistik“ sowie eine Präsentation für Automobilzulieferer erstellt. Gemeinsam mit „Invest in Bavaria“ beteiligte sich das Kuratorium Hochfranken an verschiedenen Fachmessen, etwa an der Eurocargo 2001 und der Transport/Logistik 2001. Weitere gemeinsame Messebeteiligungen sind auch für das Jahr 2002 vorgesehen.
Mein Haus unterstützte das Hochfranken-Marketing in den Jahren 1999 und 2000 mit einem Betrag von je 100000 DM und 2001 mit 70000 DM. 1999 erhielt das Kuratorium Hochfranken zusätzlich 50000 DM aus Ziel2-Mitteln.
Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie die Tatsache, dass mir bei mehrmaligen Telefongesprächen sowohl mit dem Kuratorium Hochfranken als auch mit dem Umweltministerium diese Auskünfte nicht gegeben werden konnten und mir keine Stelle Auskunft über die Studie geben konnte? Ich konnte nicht in Erfahrung bringen, wo ich mir diese Studie besorgen kann und wie diese Studie umgesetzt wurde.
Frau Kollegin Gote, ich kann Ihnen nur raten, in Zweifelsfällen Herrn Staatssekretär Spitzner anzurufen. Da bekommen Sie immer eine kompetente Antwort. Nicht verzagen, Spitzner fragen.
Frau Kollegin Gote, wir haben keine Studie. Ich möchte das klar und deutlich feststellen. Zunächst wurde das Kuratorium Hochfranken gegründet. Welches Ziel verfolgt dieses Kuratorium? – Das Ziel war und ist die Zusammenführung aller verantwortlichen Kräfte in der Region, über Partei-, Interessen– und Gebietsgrenzen hinweg. Diese Kräfte sollten zu einem gemeinsamen Handeln zugunsten der Region Hochfranken mobilisiert und motiviert werden. Ich möchte einige Mitglieder des Vorstandes nennen, nämlich den Vorsitzenden, Bundesminister a.D. Dr. Jürgen Warnke, den stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Landrat Bernd Hering, den Chefredakteur der „Frankenpost“, Herrn Malte Buschbeck, den Vorstandsvorsitzenden der Kreis– und Stadtsparkasse Hof, Herrn Reinhard Gerstner, Herrn Oberbürgermeister Döhler und Herrn Landrat Dr. Seißer. Wir wollten alle verantwortlichen Kräfte einbinden.
Wir wollten nicht viel Papier produzieren, wie das bei einer Volkshochschule oder bei einem Kurs der Fall ist. Vielmehr sollten sich diese Kräfte gezielt auf die drei von mir genannten Punkte konzentrieren. Dieses Forum sollte in einer konzertierten Aktion versuchen, möglichst viel für die Standorte Oberfranken und Hochfranken herauszuholen.
Herr Staatssekretär, da im Rahmen der Vergabe der Leistungserstellung des Schienenpersonennahverkehrs auf der Strecke Weiden – Regensburg sowohl die DB-Regio AG als auch die Vogtlandbahn GmbH nach Angaben eines Mitglieds der Staatsregierung sehr gute Angebote abgegeben haben, frage ich die Staatsregierung, welche Gründe die Bayerische Eisenbahngesellschaft letztlich bewogen haben, die Vogtlandbahn GmbH ab dem 15. Dezember 2002 mit der Leistungserbringung zu beauftragen.
ten: Folgende Gründe waren für die Bayerische Eisenbahngesellschaft bei der Vergabe an die Vogtlandbahn GmbH entscheidend:
Viertens. Der Einsatz eines stärker motorisierten Fahrzeugs. Dadurch ergaben sich größere Fahrplanreserven.
Fünftens. Das Angebot eines günstigeren Sondertarifs, des so genannten Hopper-Tickets zu 4 Euro für maximal 50 Kilometer.
Die Bestellerentgelte sind Steuergelder, mit denen sparsam umgegangen werden muss. Der Zuschlag wurde dementsprechend dem wirtschaftlichsten Angebot erteilt. Mit der Bestellung werden die Bahnverbindungen in der Oberpfalz deutlich aufgewertet. Verbesserungen ergeben sich insbesondere für Reisende aus Amberg, Cham, Schwandorf und Weiden. Außerdem ergeben sich Mehrleistungen von 164000 Kilometern pro Jahr, einschließlich der bereits früher beschlossenen Mehrleistungen von 72000 Zugkilometern pro Jahr. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beauftragung der Vogtlandbahn GmbH erst mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2002 wirksam wird.