Protokoll der Sitzung vom 20.03.2002

Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Schindler.

Herr Staatssekretär, wodurch hat sich das Angebot der DB-Regio von dem Angebot der Vogtlandbahn unterschieden? Sie haben nämlich gesagt, dass auch die DB-Regio ein sehr gutes Angebot vorgelegt habe.

Herr Kollege Schindler, beide Gesellschaften haben ein gutes Angebot vorgelegt. Die Eisenbahngesellschaft hat diese Angebote noch einmal sehr genau geprüft. Bei den von mir genannten fünf Punkten war die Vogtlandbahn jeweils vorn. Sie hat einen weiteren entscheidenden Vorteil, den der neben Ihnen sitzende Kollege Schläger immer wieder eingefordert hat: Sie ermöglicht nämlich einen zweistündigen durchgängigen Takt von Hof nach Regensburg.

Oberfranken, Wunsiedel und Hof haben immer wieder eine Zugverbindung gefordert, bei der die Leute in Weiden nicht umsteigen müssen. Das haben wir erreicht. Ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt war der Umstand, dass die Vogtlandbahn von den Kunden sehr gut bewertet wird. Die Bürger aus dem Raum Schwandorf oder aus dem Raum Cham äußern sich durchweg positiv über das Angebot dieses privaten Betreibers. Wir haben dieses Angebot sehr genau geprüft. Ich möchte

die Aussagen der Eisenbahngesellschaft in Schulnoten wiedergeben:

Die einen haben 1,4, die anderen 1,5. Der Vorsprung von 0,1 reicht aus. Ich begrüße das, weil wir damit Wettbewerb auf der Schiene haben. Wir Oberpfälzer Abgeordnete haben in den letzten Wochen und Monaten nicht immer höflich über das Angebot und die Leistungen der Bahn gesprochen. Es schadet gar nicht, wenn bei uns ein bisschen Wettbewerb zugunsten der Fahrgäste stattfindet.

(Hofmann (CSU): Noch stärker soll er sein!)

Zusatzfrage: Herr Kollege Schindler, bitte.

Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, dass sich die von Ihnen geschilderten Vorteile der Vogtlandbahn GmbH vielleicht auch mit der DB Regio hätten erreichen lassen, und ist der Staatsregierung bekannt, dass die finanziellen Vorteile auch etwas damit zu tun haben, dass die neue Gesellschaft deutlich geringere Löhne bezahlt als die DB Regio?

Letzteres ist mir nicht bekannt. Überall dort, wo privatisiert wird und Wettbewerb stattfindet, werden keine Monopollöhne mehr bezahlt.

Vor gut einem Jahr habe ich Minister Dr. Wiesheu bei der Verkehrsministerkonferenz in Saarbrücken vertreten. Es waren insbesondere die SPD-Länderverkehrsminister, die den Bundesverkehrsminister massiv dazu aufgefordert haben, im Interesse des Fahrgastes Wettbewerb auf der Schiene zu organisieren, Wettbewerb, der selbstverständlich auch den einen oder anderen Nachteil hat. Herr Kollege Hofmann hat in seinem Zwischenruf gesagt, wir müssten eigentlich mehr Wettbewerb haben.

(Hofmann (CSU): So ist es!)

Tatsache ist, dass Bayern beim Thema Wettbewerb leider noch hinter einer Reihe von SPD-regierten Ländern liegt. Im Interesse eines optimalen Angebots und einer optimalen Bedienung des Kunden wünsche ich mir Wettbewerb. Im Wettbewerb soll derjenige siegen, der das beste Angebot macht.

Nächste Zusatzfrage: Herr Kollege Schindler.

Herr Staatssekretär, damit provozieren Sie die Nachfrage, ob der Staatsregierung nicht bekannt ist, dass trotz aller Notwendigkeit eines Wettbewerbs auch darauf zu achten ist, den Wettbewerbsvorteil nicht durch Dumpinglöhne zu erkaufen?

Ich sage klar und deutlich: Es war gerade Staatsminister Wiesheu, der dort, wo Privatisierungen anstehen, zum

Beispiel bei den Busgesellschaften, auf diesen Aspekt hingewiesen und die Vermeidung von Dumpinglöhnen eingefordert hat. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren, was ein Dumpinglohn ist. Wir haben immer deutlich gesagt: Wir sind für Wettbewerb, und dabei wird man keine Löhne garantieren können, wie sie bei rein staatlicher Alimentation entstehen. Das muss aber nicht bedeuten, dass hier Dumpinglöhne bezahlt werden.

Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Dr. Köhler, bitte.

Herr Staatssekretär, kann die Staatsregierung Berichte bestätigen, dass die Bahn AG von der Bundesregierung 300 Millionen e für den Weiterbau der ICE-Strecke Nürnberg – Erfurt erhalten habe, und ist es richtig, dass begonnene und wirtschaftlich vertretbare Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen wie die ICEStrecke Nürnberg – Erfurt nach den Vorgaben der Bundesregierung quasi automatisch in den neuen Bundesverkehrswegeplan vorgetragen werden, so dass diesbezüglich keine Unsicherheit hinsichtlich des Weiterbaus besteht?

Herr Kollege Köhler! Wie aus der Presse bekannt wurde, hat Bundeskanzler Schröder am Wochenende des 9. und 10. März 2002 beim Ostparteitag der SPD in Magdeburg ein 90 Milliarden e umfassendes Mobilitätsprogramm Ost vorgestellt, das unter anderem die Wiederaufnahme des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 8.1 beinhaltet. Damit hat er etwas aufgegriffen, was die bayerische Staatsregierung – Minister Dr. Wiesheu – seit Jahren massiv gefordert hat; denn die 1999 getroffene Entscheidung der Bundesregierung, die Strecke auf Eis zu legen, war eine verkehrspolitische Fehlleistung ersten Ranges. Darauf haben wir von der Staatsregierung immer hingewiesen, und dafür haben wir gekämpft.

Allerdings betrachte ich aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit das positive Signal des Bundeskanzlers allein noch nicht als Garantie für den längst überfälligen Neu- bzw. Ausbau dieser Strecke. Insbesondere – auch das muss man wissen – gibt es keinen Automatismus bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans. Der Bundesverkehrsminister hat vielmehr bei den Anforderungen für die Meldungen der Länder eindeutig erklärt, dass alle Projekte, die nicht bereits begonnen sind, für die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan einer erneuten Bewertung zu unterziehen seien.

Die DB AG hat nach Aussage des Bundeskanzlers für ein vordringliches Kreuzungsbauwerk der ICE-Strecke Nürnberg – Erfurt mit der BAB A 73 und einige andere dringliche Maßnahmen zur Sicherung des Baurechts eine Mittelfreigabe von rund 300 Millionen e beantragt. Eine schriftliche Zusage des Bundesverkehrsministers, Herr Kollege Köhler, liegt bislang nicht vor. Deshalb sage ich aufgrund vergangener Erfahrungen: Solange keine schriftliche Finanzierungszusage des Bundes an die DB AG vorliegt, kann ich nach dem derzeitigen Stand leider nicht von einem gesicherten Weiterbau ausgehen.

Zusatzfrage: Herr Kollege Dr. Köhler.

Herr Staatssekretär, halten Sie es denn bei der von Ihnen dargelegten Bedeutung dieser Strecke nicht für höchst nachlässig, dass sich die Staatsregierung nicht von der Richtigkeit der Pressemeldung über die Mittelfreigabe von 300 Millionen e überzeugt hat? Das wäre doch eigentlich selbstverständlich, da diese Information schon eine Woche alt ist und diese Aussage aus dem Munde eines Vorstandsmitglieds der DB AG kommt.

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium) : Selbstverständlich haben wir uns informiert. Wir sind aber gebrannte Kinder. Sie als oberfränkischer Abgeordneter sind auch ein gebranntes Kind. Herr Köhler, ich schätze Sie zwar als aufrechten Kollegen, aber ich weiß sehr wohl, dass auch Sie hinsichtlich so mancher Zusagen und Versprechen Ihres Bundeskanzlers für Oberfranken in den letzten Jahren verzweifelt sind.

(Franzke (SPD): Sind Sie ein gebranntes Kind? – Zuruf des Abgeordneten Schindler (SPD))

Die nächste Zusatzfrage stellt Kollege Hofmann, bitte.

Herr Staatssekretär, sind Sie möglicherweise ähnlich verwundert wie ich darüber,

(Franzke (SPD): Der ist nur noch verwundert!)

dass Kollegen der oberfränkischen SPD jetzt plötzlich den Ausbau der ICE-Strecke Nürnberg – Bamberg – Erfurt als dringend monieren und diese Kollegen fast alle die gleichen sind, die vor Ort gegen den Neu- und Ausbau der ICE-Strecke Stellung beziehen?

(Zuruf des Abgeordneten Franzke (SPD))

Was tut die Staatsregierung, um die Finanzierungsvereinbarung schnellstmöglich so zu aktualisieren, dass die Ankündigung des Bundeskanzlers keine Seifenblase ist?

Herr Staatssekretär, wenn das eine Frage war, dürfen Sie sie gerne beantworten.

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Kollege Hofmann, ich muss Ihnen gratulieren: Das war eine lange, exzellent vorgetragene Frage. Zum ersten Teil Ihrer Frage: Selbstverständlich lese auch ich die Zeitungen. Meine Damen und Herren von der SPD, in der Doppelstrategie sind Sie einsame Spitze.

(Widerspruch bei der SPD)

Das erleben wir immer wieder: Hier sind Sie dafür, und vor Ort dagegen.

Aber jetzt weg von der polemischen Darstellung der Wahrheit.

(Lachen bei der SPD)

Wir haben in der Vergangenheit schon alles getan. Herr Kollege Franzke, 1999 habe ich Ihre Unterstützung wirklich vermisst, weil Sie einen großen Einfluss auf den Bundeskanzler gehabt hätten; das weiß ich.

(Lachen bei der CSU)

Ich habe Ihre Unterstützung vermisst, als 1999 die Einstellung der Strecke verfügt worden ist. Deshalb kann ich Sie nur dazu auffordern, sich dafür einzusetzen – Sie sagen ja immer, dass Sie einen direkten Draht zum Bundeskanzler haben –, dass uns der Bundeskanzler dieses Mal nichts vormacht und das Bundesverkehrsministerium und die Bahn den Neu- und Ausbau realisieren. Wir warten auf ein positives Signal und fragen jeden Tag bei der Bahn und beim Bundesverkehrsminister nach.

Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Dr. Köhler.

Herr Staatssekretär, Sie haben dargestellt, der Bundeskanzler habe erklärt,

(Staatssekretär Spitzner: Der Bundesverkehrsmi- nister!)

dass alle Projekte, die nicht bereits begonnen seien, für die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan erneut bewertet werden müssten. Das gilt nicht für die Strecke Nürnberg – Erfurt, da sie bereits begonnen ist.

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium) : Genau das ist die strittige Frage. Die Strecke ist zwar begonnen, aber ihr Bau auf Eis gelegt. Die Bahn hat das Baurecht auf dieser Strecke insgesamt aufrechterhalten. Die Erklärungen aus dem Bundesverkehrsministerium gingen aber bisher ganz klar immer in die Richtung, dass auch der Bau derjenigen Strecken, der auf Eis gelegt, das heißt zurückgestellt wurde, einer erneuten Prüfung unterzogen werden muss. Hier haben sich die GRÜNEN sehr stark engagiert.

Sind Sie dafür oder dagegen?

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium) : Sowohl als auch.

Ich bedauere, die drei Zusatzfragen sind erledigt. Andere Kollegen haben auch noch Fragen. Die nächsten Fragen werden vom Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst beantwort. Herr Zehetmair, ich darf Sie bitten. Nächster Fragesteller ist Herr Kollege. Meyer.

Sehr verehrter Herr Staatsminister, trifft es zu, dass für die Höhe des Stipendiums der Bayerischen Begabtenförderung bei verheirateten Stipendiaten das Einkommen des Ehepartners prinzipiell angerechnet wird, während bei Stipendiaten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Einkommen des Lebenspartners vollständig unberücksichtigt bleibt, sodass bei gleichem Einkommen des Ehepartners bzw. des Lebenspartners verheiratete Stipendiaten schlechter gestellt sind als solche in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft?