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Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer einmal im Jahr zur Festspielpremiere nach Bayreuth kommt, gewinnt sicherlich keinen umfassenden Eindruck vom Bezirk Oberfranken.
Kollegen von der SPD und von der CSU, Herr Rudrof hat hier gerade die Kirchturmpolitik, die in Oberfranken das politische Geschehen beherrscht, vorgeführt.
Mir brauchen Sie das nicht vorzuwerfen, ich kann mir das gar nicht leisten, ich kämpfe nämlich alleine, und zwar in ganz Oberfranken.
Das, was Sie hier vorführen – das dauernde Agieren gegeneinander, da wird Hochfranken gegen Westfranken gestellt –, schadet der Region. Das erlebe ich mittlerweile seit fünf Jahren.
Sie erleben es schon länger. Ich bin gespannt, wie lange wir es noch aushalten.
Wie wichtig der Strukturwandel für Oberfranken ist, wie wichtig auch die politische Begleitung dieses Strukturwandels ist und wie wichtig sie in den letzten Jahrzehnten gewesen wäre, darüber haben wir gestern schon sehr ausführlich debattiert. Ich bin Kollegen Dr. Rabenstein sehr dankbar dafür, dass er hier die Zahlen und Fakten auf den Tisch gelegt hat, wie es im Lichte der gesamten Bundesrepublik Deutschland betrachtet wirklich um diesen Regierungsbezirk bestellt ist. Sie sollten endlich aufwachen. In den letzten Jahrzehnten haben Sie es verschlafen, den Strukturwandel zu begleiten.
Sie handeln nach dem Prinzip: Wenn ich selbst nicht weiß, wie ich weiter mache, dann rufe ich nach Berlin. Das haben wir gestern erlebt. Sie sind sich nicht zu schade, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, wenn es um Fördermittel für die einzelnen Regionen geht – das hat uns gestern der Umweltminister vorgeführt –, nur um zu verschleiern, was tatsächlich Fakt ist. Ihre Unterstützung für die Region ist mangelhaft.
Ein ganz besonders beschämendes Beispiel haben wir Anfang des Jahres erlebt: Im Jahr 2003 beginnt die Bayerische Staatsregierung mit einer Leitbildsuche für Oberfranken. Das ist ein Armutszeugnis. In diesem Jahr, vor dem Wahlkampf, wachen Sie auf und fangen mit einer Leitbildsuche an. Was soll das bringen? – Sie soll helfen, gezielt Investitionen nach Oberfranken zu bringen. Ich sage Ihnen: Damit fangen Sie früh an. In einem Wahljahr beginnen Sie damit, eine Aufgabe zu lösen, die Ihnen seit Jahrzehnten gestellt ist.
Sie gründen eine Projektgruppe „Zukunft Oberfranken“. Das ist geradezu lächerlich. Was ist das für eine Regierung, die im Wahljahr eine Arbeitsgruppe gründet? – Haben Sie keine Ministerien, keine Bezirksregierungen, keine zuständigen Minister, die diese Aufgabe erfüllen müssen? – Dafür brauchen Sie eine Projektgruppe, die ad hoc ein Konzept entwickelt. Das ist ein Armutszeugnis für diese Regierung.
Ich bin auch im Europaausschuss. Dort haben wir eine Debatte geführt über die Verlagerung des Bundesnachrichtendienstes von Pullach nach Berlin. Sie alle kennen Pullach, Sie wissen, wie die Häuser dort aussehen. Sie wissen, welche Autos dort geparkt sind, wenn sie über
haupt auf der Straße stehen und nicht in den Dreifachgaragen der Villen. Sie alle wissen, wie es um den Lebensstandard der Leute, die dort leben, bestellt ist. Im Ausschuss haben wir ein Lamento hören können – im Übrigen von einem oberfränkischen Abgeordneten – was man diesen Beamten zumutet, wenn sie nach Berlin umziehen. Das sind hochbezahlte Bundesbeamte, die mit allen Hilfen, die man sich nur denken kann, nach Berlin umziehen. Warum sage ich das hier? – Ich führe es an, weil ich den jungen Leuten in unserer Region seit Jahren sagen muss: Wenn Ihr eine Lehrstelle wollt, dann müsst Ihr gefälligst umziehen. Das sage ich zu Sechzehnjährigen. Das muss ich mir hier immer wieder anhören. Aber diesen hochbezahlten Beamten, denen ist das nicht zuzumuten.
So sieht es aus, Sie messen mit zweierlei Maß. Die Leute in Oberfranken, gerade die jungen, die können das ruhig verkraften, aber uns, die wir das alles haben, uns geht es gut, und uns soll es weiter gut gehen.
Unsere Konzepte für Oberfranken sehen anders aus. Das habe ich bereits gestern ausführlich dargelegt. Was hier immer wieder auf beiden Seiten des Hauses passiert, funktioniert nach dem Motto: viel hilft viel. Das ist aber nicht das Problem, das wir in Oberfranken haben. Ich habe gestern schon gesagt, dieser bayerische Staat hätte genug Geld, um Oberfranken nach vorn zu bringen. Wenn wir uns einmal betrachten, was Sie in diesen Jahren alles in den Sand gesetzt haben, das habe ich gestern schon gesagt, dann sind das hunderte von Millionen Euro. Damit hätte man Oberfranken wunderbar entwickeln können.
Geld ist also eigentlich genug da. Aber in welche Richtung soll es gehen? Ich sage Ihnen ehrlich, ich habe große Zweifel an der Sinnhaftigkeit neuer Institutionen, neuer Zentren, neuer Netzwerke, neuer halbprivatisierter oder teilprivatisierter GmbH, die Wirtschaftsbeförderung betreiben sollen. Ich habe große Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Einrichtungen. Ich habe auch große Zweifel, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion, an der Sinnhaftigkeit von Gründerzentren. Wir haben in dieser Legislaturperiode mehrfach nachgefragt, was diese Gründerzentren eigentlich ganz konkret an Arbeitsplätzen und Wirtschaftsförderung gebracht haben. Die Antwort lautet weitestgehend: Fehlanzeige. Sie wissen es nicht, Sie evaluieren es nicht. Im Grunde führen Sie nichts anderes ein hilfloses Klammern an gutklingende Dinge vor. Sie alle wissen aber nicht, ob diese Dinge wirklich etwas bewirken. Wir jedenfalls haben große Zweifel daran.
Nun zu den Forderungen, die im SPD-Antrag gestellt werden. Einiges davon finde ich sehr sinnvoll und richtig. Einiges davon gibt es bereits, einiges haben wir schon
länger vorgeschlagen, bis es die SPD jetzt auch gemerkt hat.
Nun zu den Punkten im einzelnen. Ich weiß nicht, ob wir neue Technologietransfereinrichtungen in Oberfranken brauchen. Wir haben Universitäten, wir haben Fachhochschulen: wir haben also die Strukturen. Was wir brauchen ist vielmehr die Vernetzung der bestehenden Strukturen und ihre Stärkung. Was nützt uns eine neue Einrichtung, an die ich hochbezahlte neue Leute setze, die aber auch nicht mehr bewirken können als das was bisher passiert ist.
Zu den Gründerzentren: Ich habe schon gesagt, dass es in Zweifel zu ziehen ist, was sie bringen. Was mich aber ganz besonders ärgert ist das Konzept, das auf beiden Seiten des Hauses vorgelegt wird, um Oberfranken nach vorn zu bringen. Schauen Sie doch nur einmal die Verkehrspolitik an. Das sind die alten Rezepte, die Sie vertreten. Auf beiden Seiten dieses Hauses fordert man den Flughafenausbau Hof. Man will eine Fichtelgebirgsautobahn – mit Ausnahme des Kollegen Wolfrum. Das kann ich wohl sagen, – nicht beim Flughafen, aber bei der Autobahn sind wir uns einig. Alle anderen Politiker in der Region aber fordern ohne die Frage nach dem Sinn im Hinblick auf Ökologie und Ökonomie den Bau einer neuen Autobahn in Oberfranken. Als ob das die Region nach vorne bringen würde.
Das sind doch die alten Rezepte, und das selbe gilt für den Flughafen in Hof. Aber noch eines: Sie haben eben gemurrt, als ich sagte, wir haben diese Vorschläge schon lange gemacht. Als wir hier im Landtag einen oberfränkischen Verkehrsverbund gefordert haben – ich selbst habe diesen Antrag gestellt –, da hat die SPD ihn abgelehnt. Herr Kollege Schläger hat damals gesagt, so etwas brauchen wir in Oberfranken nicht. Kaum aber ist ein Jahr vergangen, da wird der Antrag von Ihnen vorgelegt und plötzlich ist er der Weisheit letzter Schluss.
Unser Antrag wurde ein gutes Jahr vor Ihrem Antrag gestellt. Sie haben unseren damals abgelehnt. Jetzt, ein Jahr später, bringen Sie ihn wieder ein. Jetzt reisen Sie übers Land und verkaufen ihn als Ihre Idee, das finde ich blamabel.
Ich freue mich aber, dass wir zu einem Punkt gekommen sind, wo wir übereinstimmen. Ich hoffe, wir werden auch in der nächsten Legislaturperiode weiter für eine Verbesserung des Nahverkehrs und für den Verkehrsverbund in Oberfranken kämpfen.
Schauen wir auf die Energiepolitik. Auch hier muss ich sagen: Energiewende, das ist Zukunftstechnologie. Wir
haben in Oberfranken einige Firmen, die diese Wende voranbringen. Das sind große Firmen, zum Teil sind es auch kleine. Wissen Sie übrigens, was Thyssen Krupp Solartech in Hof betreibt? – Das ist Zukunft Das ist Zukunftstechnologie, anders als ein Autozulieferungsbetrieb, der überall gebaut werden kann und der nie nach Hof kommen wird.
Doch hiervon findet sich kein Wort in Ihren Konzepten. Ich kann mir jetzt leider nicht verkneifen, hier einen Seitenhieb auf die Rede meines Kollegen aus Bayreuth zu machen; wir sitzen dort beide im Stadtrat. Dort können CSU-Mitglieder noch immer sagen: Fotovoltaik in Oberfranken geht nicht, weil hier nicht die Sonne scheint. – Und keiner widerspricht! Auch der sozialdemokratische Oberbürgermeister widerspricht nicht. Er sagt sogar: „Ich will auf meiner Autobahn keine PV-Anlage, weil so ein technisches Bauwerk den optischen Eindruck von Bayreuth beeinträchtigen könnte.“ – Da sehen Sie doch, wie es um die Region bestellt ist, und das trifft beide Seiten des Parlaments in gleicher Weise.
Von zukunftsfähiger Politik, von Zukunftsvisionen, keine Spur. Ich sage, genau das ist es aber, was wir in Oberfranken brauchen. Wir brauchen keine neue Autobahn, wir brauchen nicht mehr Straßen und keinen Flughafen. Wir brauchen eine innovative Energiepolitik, wir brauchen Bildung, und wir brauchen diese Bildung in der Fläche. Wir brauchen nicht nur das eine Prestigeprojekt, wir brauchen Bildung in der Fläche. In Oberfranken gehen viele Hauptschüler ohne Abschluss von der Schule ab. Das ist ein Skandal. Das trifft diejenigen, die es am dringendsten brauchen. Ich sage Ihnen, wir brauchen in Oberfranken mehr Ganztagsschulen als in Oberbayern. Wir brauchen mehr gute Betreuung, mehr MontessoriSchulen und mehr Freie Schulen. Wir brauchen mehr Vielfalt im Bildungssystem. Das wäre ein Standortfaktor für Oberfranken. Mit viel Kraft haben wir endlich durchgesetzt, dass wir in Bayreuth jetzt eine MontessoriSchule bekommen. Das wird die zweite in Oberfranken sein. Wissen Sie, wie viele es davon in Oberbayern gibt? Wissen Sie, wie viele Familien, die Familiemitglieder an den Universitäten oder in Unternehmen in Oberfranken haben, genau das nachfragen? – Sie fragen: Wie stellt sich der Schulstandort Oberfranken dar? Wo werden meine Kinder betreut? – Das sind die Fragen, die Oberfranken nach vorn bringen könnten. Das ist ein wichtiger Standortfaktor, doch er wird sträflich vernachlässigt.
Auch für diese Projekte war die Unterstützung von beiden Seiten des Hauses äußerst mau. Ich sage Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Ich warte auf die innovativen Projekte. Sie fordern viel Geld, Sie haben auch einige sinnvolle Forderungen in Ihrem Antrag, aber im wesentlichen kann ich nur die alten Rezepte erkennen. Ich kann Ihrem Antrag deshalb nicht zustimmen. Wir haben eine ganz andere Vision für Ober
franken, und dafür werden wir in den nächsten Jahren kämpfen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Stand der Debatte in Bezug auf dieses Gesetz zeigt: Die Diskussion ist nicht sehr viel weiter fortgeschritten, als sie es der ersten Lesung schon war. Das ist in diesem Fall ganz gut so, denn zwischenzeitlich hatten sich bei den Beratungen in den mitberatenden Ausschüssen Entwicklungen ergeben, die nicht so erfreulich waren; es ist zum Teil schon darauf eingegangen worden.
Insgesamt kann ich nur wiederholen, was ich auch schon bei den ersten Lesungen sagte: Dieser Gesetzentwurf zum Denkmalschutz ist kein großer Wurf. Man kann darüber streiten, ob er notwendig ist, für schädlich halte ich ihn ehrlich gesagt aber auch nicht. Deswegen werden wir diesem Gesetzentwurf, in der Fassung, wie er heute zur Abstimmung steht, zustimmen.
Ein großer Mangel ist natürlich, dass wir nach wie vor im Bayerischen Denkmalschutzrecht keine Regelungen zum Bodendenkmalschutz haben. Es ist eine Aufgabe für die nächste Legislaturperiode, zügig das umzusetzen, was wir schon im Ausschuss andiskutiert haben. Herr Kollege Odenbach ist ausführlich darauf eingegangen. Ich glaube, der Weg ist vorgezeichnet. Im Detail wird man sich sicher darüber streiten müssen. Es ist eine Notwendigkeit, zu Verbesserungen zu kommen, nur dies leistet der Entwurf des Denkmalschutzgesetzes nicht.
Problematisch war innerhalb der Beratungen tatsächlich der Vorstoß im Kommunalausschuss. Ich würde ihn als Angriff auf den Ensembleschutz bezeichnen. Wenn dieser Vorschlag heute in der Endabstimmung vorgelegt worden wäre, wäre das Niveau des Denkmalschutzes deutlich gesenkt worden. Ich bin froh, dass das nicht passieren wird. Ich möchte noch eine Bemerkung dazu machen: Ich habe die Protokolle sowohl des Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als auch des Verfassungsausschusses genau angesehen. Das Protokoll und die Beschlussempfehlung klaffen deutlich auseinander. Ich möchte festhalten: Kollegin Stahl hat den Änderungen, die dort vorgelegt wurden, entgegen des Protokolls nicht zugestimmt. Wie gesagt: Wir stimmen heute diesem Denkmalschutzgesetz zu, obwohl es kein großer Wurf ist, und hoffen auf die nächste Legislaturperiode, was den Bodendenkmalschutz angeht.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! So, wie Herr Sackmann gestern in seiner Pressemitteilung gebellt hat, müssen wir ihn schwer getroffen haben. Da haben wir einige wunde Punkte getroffen. Es scheint, Sie haben nicht richtig gelesen, was wir geschrieben haben, oder Sie haben es nicht verstanden. Ich erkläre Ihnen das gern nochmals bei einer Tasse Kaffee.
Natürlich will jeder mehr Geld oder zumindest das Geld, was er hat und bekommt, behalten. Insofern scheint es ein ganz gesunder und zutiefst menschlicher Reflex der Kollegen der CSU und der SPD zu sein, erst einmal die rote Karte zu zeigen, anstatt nach vorne zu schauen und zu überlegen, wie es anders beurteilt werden und weitergehen kann. Nichts anderes tun wir: Wir richten unseren Blick nach vorne. Wir laufen nicht nach Berlin und sagen, gebt uns weniger Geld, sondern wir machen unsere Vorschläge mit einer guten Portion Realitätssinn, und mit diesem Realitätssinn wollen wir über diese Gemeinschaftsaufgabe debattieren. Man muss die Relationen sehen, über die wir hier streiten. Schauen Sie sich doch einmal die GA im Zusammenhang an. Schauen Sie an, welche Fördertatbestände wir sowohl in Bezug auf die Art als auch auf den Umfang der Förderung für die Grenzregionen insgesamt haben, und was Sie hier im Land von landespolitischer Seite her alles machen können. Dann sieht das Ganze schon anders aus. Es geht um 10 Millionen e. Ein Vielfaches davon bekommen wir an EU-Förderung.
Wir können jeden Euro, auch die vielen Euros brauchen, die Sie in den Sand gesetzt haben. Sie haben in den letzten Jahren Hunderte Millionen Euro verschleudert, ich denke unter anderem an die Maxhütte in der Oberpfalz, aber auch an den LWS-Skandal. Da haben Sie annähernd 1 Milliarde e in den Sand gesetzt. Dieses Geld hätten wir gut brauchen können. Da müssen wir uns nicht um 10 Millionen e streiten. Das sind die Relationen in Ihrem Antrag. Das ist an Kleinkrämerei nicht mehr zu überbieten.
Wenn Sie das Ganze addieren, kommen Sie bei 2,2 Milliarden DM auf eine Milliarde e.
Sie haben eben den Abbau von Subventionen gefordert. Hier in Bayern lehnt man sich weit aus dem Fenster und sagt man, wir sanieren den Staatshaushalt ohne neue Schulden. Das Gleiche erwarten wir auf Bundesebene. Aber wer torpediert das? Sie mit Ihrer Forderung. Und wenn es mit dem Subventionsabbau ernst wird und wenn es nur um die Summe von 10 Millionen geht, ziehen Sie den Schwanz ein, dann darf das nicht passieren. Immer dann, wenn es ernst wird, machen Sie einen Rückzieher und blockieren Sie. Immer dann, wenn deutlich wird, dass Ihre Politik in unserem Land versagt, rufen Sie nach dem Bund.
Wenn Sie mit Ihrer eigenen Verantwortung nicht zurechtkommen, wenn Sie Ihre Hausaufgaben nicht machen, dann rufen Sie nach dem Bund, dann soll es der Bund richten, sei es die Gemeinschaftsaufgabe, seien es die Übergangsfristen. All das haben wir jetzt lange genug erlebt.
Tatsache ist aber: Die CSU hat den Strukturwandel in der Grenzregion und insbesondere in Oberfranken, wo ein Strukturwandel in einer Größenordnung stattfindet, wie ihn das Ruhrgebiet durchleben musste, verschlafen.
Sie haben die Privatisierungserlöse – das waren Milliarden Euro – nicht sinnvoll eingesetzt. Sie haben eine Gießkannen-Förderung gemacht, um allen Beliebigkeiten und allen Forderungen gerecht zu werden. Damit haben Sie gar nichts erreicht. Sie fördern heute noch falsch. Sie setzen die falschen Schwerpunkte. Genau dies wollen wir mit unserem Antrag deutlich machen. Sie haben mir eben vorgeworfen, der Antrag wäre nebulös. Das ist der einzig konkrete Antrag; denn dort werden konkrete Projekte genannt. Es wird konkret genannt, wo auch das Geld herkommen kann.
Die bayerische Förderpolitik ist ein einziges Chaos. Sie haben die Möglichkeiten der GA nicht ausgeschöpft. Sie haben über Jahre, auch in Jahren, in denen es mehr Geld gab, die Fördersätze, die für das Grenzland möglich gewesen wären, nicht ausgeschöpft. Wenn es wahr wäre, dass Ihnen die Grenzregionen so am Herzen liegen, dann hätten Sie schon vor Jahren, vor Jahrzehnten
anfangen können, dort mit Hilfe der GA mit den höchsten Fördersätzen, die möglich gewesen wären, zu fördern.
Das tun Sie nicht. Sie haben die Fördersätze erst vor knapp zwei Jahren um zwei Punkte erhöht. Dies ist blamabel. Sich hier herzustellen und zu sagen, es wäre anders, ist einfach gelogen.
Dann widerlegen Sie das.
Ein Hauptproblem der bayerischen Struktur- und Wirtschaftsförderungspolitik ist ihre Unübersichtlichkeit. Da wird Broschüre um Broschüre publiziert, da machen Sie Riesen-Internetauftritte. Dies kann man alles lesen, aber schlauer ist man anschließend nicht, weil es sich um Verschleierung handelt.
Viele, viele schöne Worte, aber wenn Sie in die Region hinausgehen und fragen: Wissen Sie, wo Sie Förderung erhalten, dann weiß dies kein Mensch genau, weil Sie zig Töpfe haben und die Mittel immer wieder vom einen in den anderen Topf umverteilen. Keiner weiß ganz genau, wie viel da ist und woher das Geld eigentlich kommt. Das haben wir oft genug erlebt.
Gehen Sie einmal hinaus und fragen Sie. Immer wieder verkaufen Sie uns alte Hüte für neue. Jetzt ziehen Sie seit eineinhalb Jahren mit dem Ertüchtigungsprogramm über Land, finanziert aus Privatisierungserlösen. Herr Sackmann, wenn Sie sich so sicher sind, dass ganz konkret geholfen wird, dann frage ich Sie heute und bitte Sie heute um Erklärung: Wo ist Geld abgerufen worden? In welche Projekte ist es geflossen? Wie viele Arbeitsplätze haben Sie damit konkret geschaffen? Wie viele Lehrstellen wurden geschaffen? Ich frage Sie: Warum geht es den Grenzregionen immer schlechter?
Wenn Sie angeblich ein Vielfaches dessen, was die GA ausmacht, in die Region hineinpumpen, frage ich Sie: Wieso geht es dann der Region immer schlechter? Erklären Sie mir das. Wieso geht die Schere immer weiter auf?
Besonders ärgert mich, dass Sie sich dieses Ertüchtigungsprogramm ans Revers heften
und auch noch mit EU-Förderung verwurschteln. Beispielsweise wird der Zinsbonus aus EU-Mitteln finanziert. Das sind keine bayerischen Mittel.
Auch der Flughafen Hof ist enthalten. Allein für den Ausbau des Flughafens Hof/Plauen haben Sie Förderzusagen in Höhe von 31,8 Millionen e gemacht. Ein Teil davon, nämlich 10 Millionen e, kommen aus dem Ertüchtigungsprogramm. Allein damit könnten Sie die GA schon drei Jahre finanzieren.
Auch der Automobilzulieferer-Park, der so vollmundig für Oberfranken angekündigt wurde, hat sich mittlerweile wohl eher zu einem virtuellen Phantasieprojekt der Staatsregierung entwickelt. Zu sehen ist jedenfalls nichts. Herr Sackmann oder die anderen Herren von der CSU, erklären Sie mir bitte: Wie ist der Mittelabfluss konkret für dieses Projekt? Was ist dort gefördert worden? Sie handeln hier immer nur nach dem Prinzip: Viel hilft viel. Sie haben aber noch nie tatsächlich eine Evaluierung der ganzen Förderprogramme durchführen lassen. Sie haben noch nie darlegen können, dass das, was Sie in der Region propagieren, tatsächlich auch zu Erfolgen führt.
Ich sage Ihnen, was wir nicht brauchen: Wir brauchen keinen weiteren Straßenbau im Grenzland.
Nein! Schauen Sie sich Hof an. Hof ist von Autobahnen umzingelt. Warum haben wir in Hof die höchste Arbeitslosigkeit? Rund um Hof befinden sich Autobahnen über Autobahnen, und trotzdem geht es der Region nicht besser. Mit Ihren Programmen, auch mit der wunderbaren Hightech-Offensive, fördern Sie den Flächenfraß in unserer Region.
Ich erinnere daran: Wir haben letzte Woche das Kompetenzzentrum in Bayreuth eingeweiht – an sich eine schöne Sache. Wo haben Sie es aber gebaut? – Auf der grünen Wiese. Ich muss Ihnen sagen: Überprüfen Sie Ihre Förderung auf Qualität. Hier werden Reden gegen den Flächenfraß gehalten – mit Ihren Programmen fördern Sie aber genau diesen Flächenfraß. Ihre Subventionen sind ökologisch schädlich und sie nützen der Region wirtschaftlich nichts.
Gleiches gilt für den Flughafenausbau – das habe ich schon gesagt. Sie sehen das auch, wenn Sie sich die Bildungsabschlüsse ansehen, wenn Sie sich ansehen, wie viele junge Menschen in Oberfranken die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Daran wird ganz klar, wo wir investieren müssen. Wir müssen investieren in Bildung, wir müssen investieren in die ökologische
Modernisierung unserer Region. Wir müssen den Kommunen helfen, auf Brachflächen und alten Industrieflächen im Rahmen der Konversion Neues zu schaffen. Diese Aufgaben könnten Sie fördern. Sie machen aber immer noch Großindustriepolitik auf der grünen Wiese.
Wir brauchen eine Förderung von innovativen Branchen und zukunftsfähigen Branchen – Stichwort: Energiewende. Mit Ihren Programmen blockieren Sie die Energiewende in Oberfranken. Vor allen Dingen brauchen wir eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit, und zwar sowohl hinsichtlich der organisatorischen als auch der finanziellen Abwicklung. Auch hier werden die Mittel nicht ausgeschöpft. Mehr Mittel kommen auch nicht erst 2005, sondern schon 2004. Ab 2004 stehen gerade für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit noch mehr finanzielle Mittel zur Verfügung. Ich fordere Sie auf, diese auch zu nutzen.
Ein Beispiel, um zu zeigen, wie scheinheilig man ist: In der Region Oberfranken arbeiten wir seit langem an der Reaktivierung der Bahnverbindung Selb – Asch. Für den Lückenschluss wäre ein Investitionsvolumen von noch nicht einmal 1 Million e, nämlich 500000 e nötig. Noch nicht einmal dieses Geld bringen Sie auf. Sie erzählen aber hier, dass Sie 100 Millionen in die Region pumpen.
Ich sage Ihnen: Nehmen Sie das Geld und investieren Sie es an der richtigen Stelle. Dann können wir noch einmal darüber reden.
Ich meine, wir haben mit unserem Antrag aufgezeigt, in welche Richtung es gehen muss. Wir wollen die ökologisch nachhaltige Entwicklung in der Region. Verzichten Sie auf Mammutprojekte wie den Flughafen, und schon haben Sie wieder Geld, um tatsächlich die Leute und die Wirtschaft vor Ort zu fördern.
Herr Präsident, Herr Staatssekretär! Ich frage die Staatsregierung: Weshalb ist Staatsminister Beckstein Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung „Lebendige Stadt“, was hat er bisher als Stiftungsratsmitglied konkret getan, und in welchem Zusammenhang steht die Stiftung „Lebendige Stadt“ zur ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG vor dem Hintergrund, dass der Vorstandsvorsitzende der Stiftung zugleich Geschäftsführer der ECE Consulting ist und ein weiteres Vorstandsmitglied zugleich Geschäftsführer von ECE Projektmanagement ist?
Ich nehme an, es ist Ihnen bekannt, dass die Firma ECE Projektmanagement deutschlandweit und mittlerweile auch in vielen osteuropäischen Ländern Einkaufszentren in den Innenstädten baut, welche für den innerstädtischen Handel ein sehr großes Konfliktpotenzial bergen. Ist diese Art der Stadtentwicklung das, was sich das Staatsministerium des Innern unter zukunftsfähiger Entwicklung der Innenstädte vorstellt?
Ich muss feststellen, dass Sie meine Frage nicht beantwortet haben. Sehen Sie nicht eine gewisse Absurdität darin, dass gerade diejenigen, die die Städte verwechselbar und alles gleich machen – Sie sprachen eben von unverwechselbaren Städten –, eine Stiftung gründen, die sich diese schönen Ziele setzt? Hier laufen doch die Ziele und die Umsetzung gegeneinander. Sehen Sie hier in der Unterstützung dieser Firma keinen Konflikt?
Dient nach Ihrer Meinung die Stiftung „Lebendige Stadt“ dem Renommee der Firma ECE Projektmanagement?
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, Sie werden mit mir einer Meinung sein: Es ist schon erfreulich, dass wir nun endlich zu einem landespolitisch relevanten Thema kommen, das in unserer Kompetenz liegt. Man muss sehen, dass die Truppenstandorte der US-Armee, so wie wir sie in Bayern haben, eine Folge des Zweiten Weltkriegs sind und keineswegs eine strukturpolitische Glanzleistung der CSU-Regierung.
Ich habe Ihren Antrag gelesen und bin gleich über den Satz gestolpert, den mein Vorredner bereits zitiert hat. Einen größeren Blödsinn habe ich in letzter Zeit nicht lesen können. Herr Sackmann, ich glaube, Sie sind noch jünger als ich. Wie kann man so einen Quatsch schreiben? Man kann doch nicht sagen, Bayern braucht den Schutz der US-Armee. Also bitte!
Truppenstationierungen sind, egal wo, ob in Bayern oder sonst wo in der Welt, nur zu rechtfertigen, wenn sie der Erhaltung des Friedens dienen. Sie sind keine Form von Wirtschaftspolitik, und sie sollten auch nicht unter der Überschrift „Wirtschaftsfaktor“ abgehandelt werden.
Keine Angst, ich habe genau das meinem SPD-Bürgermeister in Bayreuth gesagt, als es um die Schließung des Bundeswehrstandortes ging. Das können Sie gern nachlesen. Die Meinung vertrete ich überall, und ich habe auch viel Zustimmung von den Bürgerinnen und Bürgern erhalten. Es ist nämlich keineswegs so, dass das alles überall widerspruchslos hingenommen wird, wie es hier dargestellt wird.
Die Anwesenheit der US-Truppen in Deutschland und in Bayern dient heute keineswegs dem Schutz Bayerns; sie dient einzig und allein der strategischen Außenpolitik der USA. Genauso ist es.
Wie die das sehen, ist mir egal. Ich sage Ihnen, wie ich das sehe und wie ich das deute. Wir haben es erlebt: Die USA betreiben zur Zeit eine unilaterale Politik gegenüber der Welt und gegenüber Europa. Ihnen ist völlig egal, was wir hier in Bayern über ihre US-Truppenstandorte denken. Sie machen Politik aus ihrem Interesse heraus, und das ist ihr gutes Recht. Das können sie machen, soweit sie das Völkerrecht berücksichtigen. Also: Welche Aufgabe haben heute diese Standorte bei uns? – Sie dienen den USA und der Umsetzung ihrer Politik, aber sie sind nicht erforderlich für den Schutz Bayerns.
Sie haben Recht, natürlich stellen die Standorte in der Region einen wirtschaftlichen Faktor dar. Nur: Sich als die regierenden Politiker in diesem Land darauf zu berufen, dass wir dies auch noch brauchen, ist eine Bankrotterklärung Ihrer Strukturpolitik, die Sie in diesem Land betreiben, und ein Armutszeugnis.
Ich komme aus Trier, wo mit 30000 Franzosen die größte Garnison außerhalb Frankreichs war. RheinlandPfalz hat die Konversion längst erfolgreich hinter sich. Trier ist immer noch eine wunderbare Stadt, die die Konversion gut bewältigt hat; die Franzosen sind längst weg. Tun Sie also nicht so, als stünde der Weltuntergang vor der Tür, wenn 25000 US-Soldaten abgezogen oder verlegt werden.
Setzen Sie sich dafür ein, dass eine vernünftige Konversionspolitik betrieben wird, dass der auch aus vielen anderen Gründen insbesondere in den Grenzregionen Bayerns dringend benötigte Strukturwandel vom Landtag aus begleitet wird und dass es nicht zu einem abrupten Einbruch kommt, wenn Truppen abgezogen oder Standorte geschlossen werden, sondern dass man
darauf vorbereitet ist und Konzepte in der Schublade hat, welche strukturpolitischen Maßnahmen und sinnvolle zukunftsfähige Wirtschaftspolitik man in den Flächen als Ersatz anbietet.
Sie sollten diese Aufgabe wahrnehmen, anstatt blumige Appelle an die rot-grüne Regierung zu richten.
Sie verschweigen, dass die Standorte für die bayerischen Bürgerinnen und Bürger natürlich eine große Belastung darstellen. Schauen Sie sich einmal die Standorte an. Es gibt Lärm- und Umweltbelastungen, denn die Truppen lassen nach ihrem Weggang verseuchte Flächen zurück. All diese Dinge müssen wir mit unseren Steuergeldern bezahlen.
Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass es für eine Region durchaus ein großer Gewinn sein kann, wenn sie den Strukturwandel erfolgreich bewältigt und zu einer Wirtschaftspolitik kommt, die zukunftsfähiger ist und mit weniger Umwelt- und Lärmbelastung einhergeht.
Ich habe für diesen Antrag überhaupt kein Verständnis. Anscheinend haben weder Herr Huber noch Herr Stoiber bei ihren Reisen in die Vereinigten Staaten etwas erreicht, da sie jetzt ihre Appelle an die rot-grüne Regierung richten müssen. Wir werden das natürlich nicht mittragen. Ich bin froh, dass der Kalte Krieg zu Ende ist.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Da ist er also wieder, der alte Reflex. Der Antieuropäer Stoiber meldet sich wieder lautstark zu Wort. Vorbei sind nun endgültig die Zeiten des staatsmännischen Kandidaten. Es lebe der Provinzfürst. Erst muss die CSU-Europagruppe in Straßburg gegen den Beitritt der Tschechischen Republik stimmen. Erneut werden Ängste vor der EU-Erweiterung geschürt, indem überall im Land das Sicherheitsrisiko Osteuropa beschworen wird. Auch Schengen will man den Beitrittsländern noch auf Jahre verweigern. Auf dem Pfingsttreffen der Sudetendeutschen schlägt Stoiber Töne an, die selbst den Vertriebenen langsam peinlich sind. Sie schaden Bayern, und Sie schaden Deutschland, wenn Sie unsere Nachbarn in dieser Weise attackieren.
Seien Sie versichert, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, die aktuelle Erklärung der Tschechen zu den Benesch-Dekreten erfolgte nicht wegen, sondern trotz Ihres unsäglichen Auftretens an Pfingsten. Dahinter stehen jahrelange Bemühungen unserer Bundesregierung um eine gute Nachbarschaft und Verständigung mit den tschechischen Nachbarn.
Und nun Ihre Herummäkelei am Verfassungsentwurf für die Europäische Union, den der Verfassungskonvent vorgelegt hat. Immer dann, wenn Stoiber Europapolitik betreibt, droht Bayern Gefahr. Dann darf Bocklet plötzlich nicht mehr, wie er eigentlich will, sondern dann bestimmt wieder schwarzer Kleingeist die Politik unseres Landes. Der Ministerpräsident schadet Bayern mit diesem Kleingeist. Er schadet insbesondere den Grenzregionen unseres Landes, die von Europa profitieren könnten und die er sowieso so häufig aus seinem oberbayerischen Blickwinkel heraus übersieht.
Vielleicht sind es ja die hohen Berge, die er in Wolfratshausen immer vor der Nase hat und die ihm den Blick auf ein Europa ohne Grenzen verstellen. Wir jedoch – die bayerische Bevölkerung und ganz besonders die Menschen in den Grenzregionen Bayerns – wollen die Öffnung und Weiterentwicklung Europas, und wir sind offen für die Zukunft der EU, in die uns die europäische Verfassung tragen wird.
Die Verfassung der Europäischen Union liegt nun also vor. Zwar wird der Konvent im Juli noch einmal über den dritten Teil beraten, in dem die Zuständigkeiten der EU in den einzelnen Politikfeldern definiert werden, zum Beispiel die Außen- oder Umweltpolitik, aber der eigentliche Verfassungsteil ist fertig.
Was bringt sie nun den europäischen Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich? – Der Konvent hat seinen Auftrag erfüllt, eine transparentere und bürgernähere Union zu schaffen. Wichtige Integrationsfortschritte wurden erzielt, die bei den letzten Regierungskonferenzen – ich erinnere an Nizza – noch illusorisch gewesen wären. Besonders erfreulich ist die Stärkung des Europäischen Parlaments. Es ist nun, gleichberechtigt mit dem Ministerrat, Gesetzgeber und Haushaltsbehörde der EU. Zwar gibt es immer noch einige Ausnahmen von dieser Regel, die uns nicht gefallen, wir sind aber einen bedeutenden Schritt vorangekommen, was die Demokratisierung der Europäischen Union angeht. Wirklichkeit wird nun auch die EU-Grundrechtscharta. Sie war ja im Dezember 2000 nur feierlich proklamiert worden. Jetzt aber ist sie Teil der Verfassung und somit rechtsverbindlich. Dies ist wichtig für die EU-Bürgerinnen und Bürger, denn nun sind europäische Grundrechte auch einklagbar.
Die Verfassung führt auch zu größerer Effizienz in der EU, aber leider nicht überall. Im Bereich der Außenpolitik wird im Ministerrat immer noch einstimmig abgestimmt. Hier hätten wir Grüne uns einen Übergang zu mehr Mehrheitsentscheidungen gewünscht. In einigen Bereichen ist dies gelungen, zum Beispiel auf dem Feld der
Justiz- und Innenpolitik. Der Trost für die EU-Außenpolitik ist aber, dass sie durch die Schaffung eines europäischen Außenministers weiter gestärkt wird. Dies ist wichtig für den langfristigen Aufbau einer wirklich gemeinsamen Außenpolitik, die Europas Rolle in der Welt stärken wird.
Wichtige Reformen für den Ministerrat sind außerdem, dass er nun öffentlich tagt, wenn er über Gesetzgebungsvorschläge berät oder Gesetzgebungsvorschläge annimmt, und dass sein Abstimmungsverfahren einfacher wird. Das ist das Ende der Mauschelei hinter europäischen Türen. Die Europäische Kommission wird demokratischer und effizienter. Ihr Präsident wird künftig vom Europäischen Parlament gewählt. Somit können die Bürgerinnen und Bürger mit der Europawahl – hoffentlich schon mit der nächsten Europawahl – auch Einfluss auf die Entscheidungen des EU-Spitzenpersonals ausüben.
Die Kommission wird ab 2009 verkleinert, um ihre Handlungsfähigkeit auch bei 25 oder vielleicht dann sogar 27 Mitgliedstaaten erhalten zu können. Wir Grünen begrüßen ausdrücklich, dass die neuen Mitgliedstaaten Mittel-, Ost- und Südeuropas in den ersten fünf Jahren ihrer Mitgliedschaft gleichberechtigt in der Kommission vertreten sein werden. Dies ist deshalb zu begrüßen, weil es ein wichtiges Symbol dafür ist, dass sie gleichberechtigte Partner in der EU sein werden.
Der Verfassungsentwurf ist also ein guter Kompromiss. Die Zuständigkeiten innerhalb der EU werden klarer geregelt. Gerade hier wurden gute Fortschritte erzielt, so dass sich zum Beispiel der baden-württembergische Amtskollege des Ministerpräsidenten Erwin Teufel dazu folgendermaßen geäußert hat: „In der Summe haben wir einen guten Verfassungsentwurf erarbeitet.“
Weiter sagte er sinngemäß, die Interessen der deutschen Länder seien gut berücksichtigt worden. Elmar Brock, ihr Verhandlungsführer von der EVP, sagte:
Der Entwurf bringt die EU dem Bürger näher und stellt eine dynamische Entwicklung Europas sicher.
Auch Merkel, Rüttgers und Hinze loben den Entwurf. Nur die CSU in Bayern sieht das alles anders. Sie stehen allein mit Ihrer kleingeistigen Kritik. Diesmal haben Sie sich wirklich verrannt. Selbst Ihre eigenen Leute verstehen nicht mehr, was das soll.
Unser Minister Bocklet jammert in der „SZ“: Die Union will uns als Neinsager hinstellen.
Nein, Herr Bocklet, das ist gar nicht möglich. Das tun Sie nämlich schon selbst mit Ihrer Kritik am Verfassungsentwurf.
In Bezug auf die Wirtschaftspolitik verabschieden Sie sich vom Prinzip des solidarischen Europas, und in der Zuwanderungs- und Asylpolitik setzen Sie ihre altbekannte weltfremde Blockadehaltung, die wir nur zu gut aus Deutschland kennen, nun auf europäischer Ebene
fort. Aber diesmal stehen Sie allein in Europa. Sie gehen mit antieuropäischem Populismus auf Stimmenfang. Das ist eigentlich schon schlimm genug. Aber dann betrügen Sie auch noch diejenigen, die Ihnen dafür Beifall klatschen; denn Sie wissen ganz genau, dass die Entscheidung über die EU-Verfassung erst nach der Landtagswahl in Bayern ansteht. Nach der Wahl werden Sie dann sicher wieder ganz leise sein und sich stillschweigend hinter der großen Schwesterpartei verstecken. Das ist das alte Spiel der CSU-Europapolitik.
Hier wurde schon immer anders getönt; hier im Land wird geholzt, und in Brüssel wird dann ganz anders gehandelt. Aber irgendwann wird auch dieses Spiel nicht mehr aufgehen, denn die Menschen lassen sich nicht dauerhaft für dumm verkaufen.
Ihr Kleingeist darf Europas Zukunft nicht blockieren. Kommen Sie endlich auf den Boden der Tatsachen zurück und riskieren Sie mit dieser billigen Wahlkampftaktik nicht länger, Bayern in Europa zu isolieren.
Unterstützen Sie die zukünftige Entwicklung der Europäischen Union und stimmen Sie im Bundesrat, wenn es dann so weit ist, dieser Europäischen Verfassung zu.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich mit dem Ende der Rede meines Vorredners beginnen, nämlich mit dem Dank. Ich möchte mich dem Dank anschließen, was die Beratung des Gesetzentwurfes angeht. Nach der kurzen Zeit, die ich erst im Hochschulausschuss bin, möchte ich mich auch bei Ihnen, Herr Dr. Wilhelm, als Vorsitzendem bedanken und Ihnen eine gute Zeit nach Ihrer Zeit im Landtag wünschen.
Nachdem Herr Kollege Vogel den Gesetzentwurf dankenswerterweise in all seinen Facetten beleuchtet hat und ich mich seinen Ausführungen anschließen kann, möchte ich jetzt einige Themen nur anreißen. Wie ich bereits in der Ersten Lesung sagte – und das hat sich in den weiteren Beratungen und in der Debatte im Ausschuss bestätigt –, sind mit dieser Novelle des Hoch
schulgesetzes durchaus einige positive Schritte in die richtige Richtung unternommen worden, zumindest auf einigen Feldern. Es handelt sich hier um zwei Felder, die uns GRÜNEN besonders wichtig sind, nämlich die Internationalisierung und die Frauenförderung.
Insgesamt jedoch – ich muss sagen, da bleibt bei mir ein etwas schaler Nachgeschmack – ist mir die Reform zu zaghaft und in vielen Teilen zu halbherzig. Es handelt sich sicher nicht um einen großen Wurf. Ich gebe zu, das haben Sie nie behauptet. Sie haben selbst gesagt, wir machen weiter mit der Reform.
Zur Internationalisierung. Es ist nun einmal ein Problem in Bayern, dass alle unsere Bemühungen für die Hochschulen konterkariert werden durch die Gesellschaftspolitik, welche die CSU in Bayern außerhalb der Universität betreibt. Man kann solange verbessern und an kleinen Rädchen in der Hochschule und in den Strukturen drehen, wie man will: Wenn sich nicht das politische Klima in Bayern dahin gehend ändert, dass das Land ein weltoffener Standort wird, dann werden auch unsere Hochschulen keine erfolgreiche Internationalisierung durchführen können.
Hier bleibt ein weiter Weg zu gehen. In den nächsten fünf Jahren haben wir hier ein weites Feld zu beackern. Ich hoffe, dass ich mich daran beteiligen kann.
Wir haben noch keine echten internationalen Studiengänge an unseren Universitäten. Das finde ich sehr bedauerlich. Das, was wir bisher haben, sind Ansätze dazu. Es handelt sich teilweise um zweisprachige Angebote, teilweise um Aufbaustudiengänge speziell für Studierende aus anderen Ländern, aber wirkliche internationale Studiengänge sind meines Wissens in Bayern noch nicht gang und gäbe und gehören noch nicht zur Normalität. Vieles von dem, was wir kennen, kommt über den Modellcharakter noch nicht hinaus.
Ich bin froh, dass Sie Bachelor- und Masterstudiengänge angesprochen haben; denn sie waren nicht Gegenstand dieser Reform. Zur Internationalisierung gehören sie aber. Ich habe große Zweifel, ob das tatsächlich der richtige Weg war; das habe ich im Ausschuss schon gesagt. Ich habe auch große Zweifel, ob wir damit letztendlich erfolgreich sind. Der Sachstand ist leider so, dass wir es bisher nicht geschafft haben, mit diesen Abschlüssen auf dem internationalen Markt zu konkurrieren. Wir haben Schwierigkeiten, dass unsere Abschlüsse außerhalb Deutschlands anerkannt werden. Wir haben aber auch Schwierigkeiten, in unserem Land klarzumachen, was wir mit diesen Abschlüssen wollen. Wir haben auch Schwierigkeiten damit, aus der Vielzahl der Studiengänge, die meiner Meinung nach zum Teil sehr schnell und mit heißer Nadel gestrickt wurden, das herauszufiltern, was dauerhaft Bestand haben und im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig sein kann. Hier sind bei mir noch viele Fragen offen. Ich bin gespannt, was die Verhandlungen auf europäischer Ebene diesbezüglich erbringen werden. Da sind wir sicherlich alle noch nicht am Ende.
Herr Minister, Sie haben diese Woche wieder eine schöne Pressemitteilung herausgegeben. Es gibt zwar immer wieder einmal einen Topf für Sondermittel für die Internationalisierung oder den internationalen Wettbewerb, aber insgesamt verfügen unsere Universitäten noch nicht über die Rahmenbedingungen, die es ihnen ermöglichen würden, zu weltoffenen Hochschulen zu werden.
Zur Frauenförderung. Erfreulicherweise ist einiges von Ihnen aufgegriffen worden. Ich kann das sagen, weil vieles von uns genauso beantragt worden ist. Positiv an dem Gesetzentwurf ist zum Beispiel die Stärkung der Frauenbeauftragten. Wir freuen uns auch darüber, dass Sie unseren Forderungen gefolgt sind und den Ansatz für die leistungsbezogene Mittelvergabe erhöht haben. Das ist natürlich schön. Ich war aber schon etwas – wie soll ich sagen? – peinlich berührt, wie das im Ausschuss läuft. Haben Sie es wirklich nötig, so kleinkariert zu sein, zu sagen, Sie stellen selbst einen Antrag, und weil Sie selbst einen Antrag haben, der wortgleich dem unseren ist, lehnen Sie unseren Antrag ab? Ich finde, das ich kein guter politischer Stil. Ich hoffe, dass sich das nicht fortsetzt.
Sie können ja einen eigenen Antrag stellen, aber Sie brauchen dann unseren nicht abzulehnen. Das ist wirklich zu billig.
Negativ in puncto Frauenförderung bleibt natürlich – da stimme ich mit den Kolleginnen und Kollegen von der SPD überein –, dass jede Forderung, eine Quote zu schaffen oder auch nur eine geschlechtsparitätische Besetzung der Gremien vorzunehmen, immer noch ungehört verhallt.
Zusammenfassend muss ich sagen: Mir bleibt die Frauenförderung zu zaghaft. Die Bilanz ist eher mau. Woran es fehlt, ist nicht der gute Wille – den will ich Ihnen gar nicht absprechen –, aber es fehlt an der Kontrolle der Umsetzung der Beschlüsse, die bereits vorhanden sind und die jetzt verschärft werden. Es fehlt auch – da sehe ich Sie, Herr Staatsminister Zehetmair, an – am politischen Druck auf den Herrenclub Hochschule. Es wird Zeit, dass hier seitens des Ministeriums deutliche Worte fallen.
Ja, weg.
Ein Trauerspiel ist die Debatte um die Habilitation und um die Juniorprofessur. Das Festhalten an der Habilitation und die Verweigerungshaltung, die Sie gegenüber der Juniorprofessur einnehmen, erschließen sich tatsächlich nur wenigen, um es einmal vorsichtig zu sagen. Sie haben damit, dass Sie die Juniorprofessur in Bayern mehr oder weniger vollständig verhindert haben, die Unsicherheit des wissenschaftlichen Nachwuchses ver
stärkt. Sie haben nicht dazu beigetragen, dass für den wissenschaftlichen Nachwuchs hier in Bayern die gleichen Wettbewerbsbedingungen herrschen wie in den anderen Bundesländern. Hier sind die Chancen deutlich schlechter, und das alles nur, weil Sie einen bayerischen Sonderweg gehen wollen.
Nun laborieren Sie an der Habilitation herum, was im Grunde auf eine „Juniorprofessur light“ herauskommt, wie ich es auch im Ausschuss bezeichnet habe. Jedenfalls erschließt sich mir die Absicht nicht. Ich kann ja verstehen, dass man beides nebeneinander stehen lassen möchte. Das ist aber möglich; es ist auch von der Bundesregierung so gedacht.
Genau das hat Frau Bulmahn vorgesehen, zumindest für eine Zeitlang. Das kann ich noch verstehen, und da kann man durchaus Kompromisse finden; aber dass man die Juniorprofessur gänzlich verhindern will, verstehe ich nicht. – Sie schütteln den Kopf. Ich hoffe, wir sehen dann die Erfolge, wenn Sie in großem Stil die Zahlen zur Juniorprofessur in Bayern vorlegen.
Ich möchte noch eine Nebenbemerkung machen. Es wird immer gesagt, dass die Habilitation für die Geisteswissenschaften unbedingt nötig sei. Ich wage das zu bezweifeln. Die Habilitation ist wirklich ein deutsches Modell. Ich glaube nicht, dass wir in den Kultur- und Geisteswissenschaften unbedingt das Modell der alten Habilitation brauchen. Das ist ein vorgeschobenes Argument.
Das größte Defizit in diesem neuen Hochschulgesetz tut sich aber auf einem anderen Feld auf. Hier hat Herr Kollege Vogel schon einiges ausgeführt. Es geht um die Verbesserungen für den Mittelbau; diese fehlen nahezu vollständig. Leider habe ich in den Beratungen keine Bereitschaft erkennen können, dass Sie hier nachträglich oder im Verlauf der Beratungen bereit gewesen wären, echte Verbesserungen für den Mittelbau in das Gesetz einzufügen. Die Vorschläge lagen alle auf dem Tisch. Es gab keine Gründe dafür, das zu verschieben. Man hätte zumindest einmal die Tür aufstoßen können.
Hier zu sagen, wir machen das irgendwann, halte ich gegenüber dem Mittelbau nicht für fair. Auch finde ich es in der Sache verkehrt. Wir sind also zusammen mit Ihnen auf die nächste Novelle vertröstet worden. Dass wir bei der nächsten Novelle auf diesem Gebiet ein großes Stück vorankommen, wird eines der größten Anliegen sein.
Wohin aber soll die Hochschulreform gehen? – Sie haben für die Hochschulen mehr Selbstständigkeit und mehr Autonomie gefordert. Aber dieses Ziel wurde mit dieser Novelle verfehlt. Dagegen haben Sie die Stärkung der Hochschulleitungen erreicht. Doch die ist für mich mit einer Stärkung der Autonomie der Hochschulen nicht gleichbedeutend. Nach wir vor teile ich Ihre Meinung
nicht – ich weiß nicht, ob sich die SPD dagegen wehren mag –, in puncto Hochschulräte seien mittlerweile alle überzeugt; denn tatsächlich bin ich davon nicht überzeugt, dass die Hochschulräte eine sinnvolle Einrichtung sind. Ich bin erst recht nicht davon überzeugt, dass es notwendig gewesen wäre, sie noch weiter zu stärken.
Wir waren gemeinsam in Österreich und sahen dort die Entwicklung. Ich denke, es ist erklärter Wille auch der CSU, dass wir in diese Richtung marschieren sollen. Allerdings sind in Österreich die ersten Erfahrungen mit Hochschulräten nicht so positiv, wie uns dort die Ministerin weismachen wollte. Dort gibt es dazu durchaus sehr viele kritische Stimmen, etwa dass zunächst in Hochschulräten – da hat sich die Ministerin durchgesetzt – nur Männer vertreten waren, was auch in Deutschland bzw. Bayern ein sehr trauriges Bild ist. Es geht aber auch darum, dass wir über die Hochschulräte genau das Gegenteil von dem erreichen, was wir eigentlich wünschen; denn wir bekommen die Parteipolitik wieder mit herein.
Doch. Diese Gremien sind natürlich von Interessen geleitet und parteipolitisch motiviert besetzt, und genau dieses Problem zeigt sich in Österreich an allen Ecken und Enden. Das geht so weit, dass einige Räte stark umstritten sind, weil sie rechtsradikalen Organisationen angehören.
Das Problem liegt einfach darin, dass der Hochschulrat kein demokratisches Gremium ist; denn die Mitglieder werden eingesetzt und benannt.
Dies ist das Problem mit den Hochschulräten. Ich gebe nicht gerne einem Gremium mehr Macht, das nicht wirklich demokratisch legitimiert ist.
Wir wollen in der Hochschulpolitik und in der Hochschule der Zukunft demokratische und transparente Strukturen. Dazu gehört natürlich die verfasste Studierendenschaft. Auch dieses Projekt werden wir in der nächsten Legislaturperiode wieder angehen.
Wir wollen weg von der Ordinarien-Universität, denn trotz allem, was Sie hier so schön vorstellen – Autonomie der Hochschule, Stärkung der Hochschulleitung, die schönen Geschichten mit den Departements – und was schöne, klangvolle Namen hat, behalten wir die Ordinarien-Universität, denn ein wirkliches Mitsprache- und Mitwirkungsrecht zum Beispiel vonseiten des Mittelbaues in den Departements gibt es ja noch nicht; der Professor ist immer noch derjenige, der bestimmt und letztlich über das Renommee seiner Schülerinnen und Schüler entscheidet. Da ist noch ein weiter Weg zu gehen, um die
Unabhängigkeit der Lernenden und Studierenden, der Promovierenden und Habilitierenden zu stärken.
Wir wollen weg von der Staatsuniversität und den Einfluss des Ministeriums tatsächlich kippen. Was hier passiert, ist genau das Gegenteil. Lex Oberrreuther wurde genannt. Ich bin nicht der Meinung, dass wir die Universitäten völlig in die Beliebigkeit entlassen sollen. Aber ich möchte die Kompetenzen beim Landtag wissen und mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten der Legislative sowie Transparenz und Demokratie haben. Es kann uns nicht daran gelegen sein, die Stellung des Ministers weiter zu stärken.
Wir fordern eine bessere finanzielle Ausstattung der Universitäten. Ich habe heute leider erfahren, dass meine Anfrage, gerade in Bezug auf Betriebskosten an Universitäten, in den nächsten Wochen wohl nicht mehr beantwortet wird. Dies ist nur ein Beispiel, woran wir sehen, dass unsere Universitäten und Hochschulen mit dem Geld, das an sie fließt, nicht auskommen, und dass die finanzielle Ausstattung der Hochschulen längst nicht dem entspricht, was hier so gerne vorangetragen wird.
Wir wollen außerdem mehr Autonomie im Haushalt der einzelnen Universitäten. Aber ich bin immer noch nicht davon überzeugt – das sage ich mit Blick auf die Kolleginnen und Kollegen der SPD –, dass der Globalhaushalt – in der Form, wie ich ihn bisher verstanden habe – der Weisheit letzter Schluss ist. Ich lasse mich da gerne überzeugen. Aber bisher sehe ich, dass die Rahmenbedingungen und Vereinbarungen von Zielvorgaben noch sehr unklar sind. Wer handelt die zum Beispiel aus? Ich möchte sichergehen, dass das in der Kompetenz des Parlaments bleibt, nicht in einem Gremium oder von Ministerialbeamten im Ministerium geschieht.
Mein persönlicher Ausblick. Die nächste Hochschulnovelle in der neuen Legislaturperiode muss folgende Themen behandeln: Es bleiben natürlich die alten Themen wie Internationalisierung und Frauenförderung, wo wir endlich einen gescheiten Schritt vorankommen müssen. Das große Thema wird sicher die Bildungsfinanzierung sein. Ich sehe mit Bestürzung, wie zielstrebig hier die CSU auf allgemeine Studiengebühren zugeht; ich hoffe, dass das so nicht kommt. Ich bin sehr dafür, dass wir uns über eine neue Bildungsfinanzierung unterhalten. Hierfür gibt es sicher verschiedenste Modelle; das Ideal habe ich noch nicht gefunden. Aber allgemeine Studiengebühren können es wohl nicht sein. Für uns muss das Prinzip weiter gelten: Die Bildung und der Zugang zu Hochschulen und zur Universität muss unabhängig vom finanziellen Vermögen des Elternhauses oder anderer reicher Bekannter möglich sein.
Wir wollen an den Hochschulen die Demokratie stärken. Auch die demokratische Hochschule wird in der nächsten Zeit Thema sein. Die Themen geben genügend Stoff für mehrere weitere große Hochschulnovellen. Wir werden uns bei diesem Gesetz enthalten, weil Sie leider
viele unserer guten Vorschläge abgelehnt haben. Aber ablehnen möchte ich das Gesetz nicht, denn in der Summe steht auch wieder nicht so viel Falsches drin.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Prof. Dr. Stockinger, bitte schön.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann den Vorrednern zustimmen. Was wir heute beschließen, ist auch in unserem Sinne. Wir haben es in einer konstruktiven Atmosphäre gemeinsam ausgehandelt. Die Vereinbarung bedeutet eine Stärkung des Landtags. Ob sie auch eine Stärkung der Oppositionsrechte bedeuten, ist noch offen – Kollege Güller hat dies angesprochen. Wir müssen versuchen, unsere Rechte wahrzunehmen.
Ich wage zu bezweifeln, dass wir tatsächlich die Stärkung der Oppositionsrechte gewonnen haben. Mit Blick auf die bayerischen Verhältnisse wäre dies überaus wünschenswert.
Wir haben die Ergebnisse der Enquete-Kommission, die wir im Landtag umsetzen können, Stück für Stück umgesetzt. Dafür haben wir Eigenlob verdient, das wir uns zubilligen sollten. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.
Allerdings möchte ich einen kleinen Blick auf all das werfen, das wir in der Enquete-Kommission mit Hinweis auf die anderen Ebenen – Bund und Europa – zur Stärkung des Landesparlaments nicht umsetzen konnten.
Wir haben im März den Lübecker Konvent erlebt. Auch er hat sich mit der Reform des Föderalismus befasst. Das, was uns dort geboten wurde und was nun als Ergebnis bereitsteht, stimmt mich allerdings wenig hoffnungsfroh. Es ist wieder einmal ein Beispiel dafür, wie sich ein guter Vorsatz totlaufen kann. Von Anfang an war dieser Konvent mit einem Webfehler versehen. Ich habe ihn nur im Fernsehen auf Phönix verfolgen können. In Lübeck wurde eine Bühne für die Exekutive geschaffen, welche nur ihre Rechte sieht und den Föderalismus, den wir schützen wollen, zu einem Exekutivföderalismus umgeformt hat. Gerade für die Ministerpräsidenten wurde dort eine Bühne geschaffen, ohne dass deutlich gemacht wurde, dass hier ganz andere Interessen verfolgt werden. Wenn man zwei Jahre oder noch länger in dieser Enquetekommission gearbeitet hat, kann so etwas nur frustrieren.
Die Erklärung wird, wie es in der Beilage „Maximilianeum“ so schön stand, wohl in die Geschichte eingehen. Ich fürchte aber, sie wird dort auch verbleiben. Um über die Reformunfähigkeit der Gremien in ihrer Gesamtheit in Deutschland hinwegzutäuschen, sucht man sich nun einen gemeinsamen Gegner. Auch das hat man in
Lübeck erklärt. Man schaut nach Europa und stellt sich gegen die vermeintliche Vereinnahmung durch die Europäische Union. Diese scheinbare Allianz, die in Lübeck zwischen Bund und Ländern und zwischen Exekutive und Legislative geknüpft wurde, ist natürlich trügerisch. Sie trägt nicht dazu bei, dass die Rechte der Landesparlamente oder überhaupt der Parlamente allgemein – auch das Bundesparlament könnte eine Stärkung vertragen – und damit die Rechte des Volkes tatsächlich gestärkt werden.
Dem Lübecker Konvent wurde als Vergleich immer der EU-Konvent gegenübergestellt. Bei der Namenswahl hat man sich auch ganz bewusst an den EU-Konvent angelehnt. In Lübeck hatten wir aber eine völlig andere Ausgangslage. Der EU-Konvent ist durch eine Regierungskonferenz beschlossen worden. Er hat einen Auftrag, er ist ein sachorientiert arbeitendes Gremium, und über die Ergebnisse, die dieser Konvent vorlegen wird, wird natürlich auch abgestimmt werden. Dies alles ist beim Lübecker Konvent leider nicht zu erwarten. In nicht allzu weiter Vergangenheit hätten wir die Chance gehabt, Ähnliches zu erreichen. Es war die deutsche Wiedervereinigung 1990. Diese Chance haben wir aber alle gemeinsam verpasst. Ich bin wenig optimistisch, dass die Erkenntnisse, die wir im Bayerischen Landtag zur Frage der Stärkung der Landesparlamente und der Parlamente insgesamt gewonnen haben, auch über das hinaus, was wir heute beschließen, umgesetzt werden. Gerne würde ich mich in Zukunft eines besseren belehren lassen. Vielleicht gelingt es uns doch, ich weiß aber nicht, wie wir es im Moment erreichen können.
Dennoch können wir heute dem Gesetzentwurf und den Anträgen, die uns vorliegen, in Einigkeit zustimmen. Wir Grüne werden das natürlich auch.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zu Abstimmung. Zunächst lasse ich über den Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/11731 abstimmen. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen auf Drucksache 14/12461 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass in Artikel 3 als Datum des Inkrafttretens der 1. September 2003 eingefügt wird.
Wer dem Gesetzentwurf mit dem vom Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfohlenen Inkrafttretenszeitpunkt zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist, so weit ich es sehe, das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist es so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfa
cher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht.
Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist ebenfalls das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Das Gesetz ist damit angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz über die Unterrichtung des Landtags durch die Staatsregierung (Parlamentsinfor- mationsgesetz – PIG)“
Nun kommen wir zur Abstimmung über die mitberatenen interfraktionellen Anträge auf den Drucksachen 14/11737 bis 11739: Bei allen drei Anträgen wurde im federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechtsund Parlamentsfragen bzw. im mitberatenden Ausschuss einstimmig Zustimmung empfohlen. Ich schlage vor, über die drei Anträge eine Gesamtabstimmung durchzuführen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann lasse ich so abstimmen.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem Abstimmungsverhalten seiner Fraktion im jeweils federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen einverstanden ist, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. – Das ist wiederum das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Nun rufe ich auf:
Tagesordnungspunkt 4
zur Änderung des Bayerischen Abgeordnetengesetzes (Drucksache 14/12013)
Zweite Lesung –
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Es wurde vereinbart, dass Herr Dr. Bernhard für alle Fraktionen spricht.
Ich frage die Staatsregierung: Warum werden Schulwegkosten für GymnasiastInnen und RealschülerInnen aus Heiligenstadt, die Schulen in Ebermannstadt besuchen, übernommen, nicht aber die Schulwegkosten für die Heiligenstädter M-SchülerInnen, wie lange dauert die Anfahrt und wie hoch sind die anfallenden Schulwegkosten für die SchülerInnen aus Heiligenstadt jeweils für die Fahrt nach Ebermannstadt bzw. nach Hirschaid?
Antwort der Staatsregierung: Zur Mündlichen Anfrage bleibt vorab anzumerken, dass die Schülerbeförderung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bei Gymnasiasten und Realschülern Aufgabe des Landkreises bzw. der kreisfreien Gemeinde des gewöhnlichen Aufenthalts des Schülers ist (Art. 1 Abs. 1 SchKfrG). Bei Schülern, die die Mittlere-Reife-Klassen der Hauptschule besuchen (M-Schü-ler) und die im Gebiet des kommunalen Schulaufwandsträgers ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, stellt der Schulaufwandsträger die Schülerbeförderung sicher (Art. 3 Abs. 4 Satz 1 BaySchFG). Kostenträger kann hier eine Gemeinde oder ein Schulverband sein. Besuchen die M-Schüler hingegen eine Volksschule außerhalb des Gebiets des Schulaufwandsträgers, in dem die Schüler ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, trägt derjenige Landkreis bzw. diejenige kreisfreie Gemeinde die Schülerbeförderungskosten, in der der betreffende Schüler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 3 Abs. 4 Satz 2 BaySchFG).
Zur Frage der Kostenübernahme
Zuweisung von M-Schülern an eine andere Hauptschule der ursprüngliche M-Zug gefährdet würde und somit andere Schüler weitere Wege absolvieren müssten.
Zu den Fragen nach der Höhe der Schulwegkosten und nach der Zeit auf dem Schulweg
Eine Rückkoppelung mit den zuständigen Landkreisen Bamberg und Forchheim war aus Zeitmangel bedauerlicherweise nicht möglich.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! So läuft es nun einmal in der bayerischen Politik. Der Ministerpräsident kündigt im Januar in Prahlhansmanier in einer bildungspolitischen Kahlschlagrede vollmundig Elitestudiengänge für Bayern an. Sie, Herr Minister, müssen dann die Suppe auslöffeln und schauen, wie Sie daraus noch etwas halbwegs Vernünftiges zustande bringen.
Was heißt eigentlich Eliteförderung? Welche Elite hatte Staatsminister Huber im Sinn, als er zur Eröffnung der Messe „Embedded World“ am 17. Februar 2003 in Nürnberg formulierte: „Wie gut, dass niemand daran denkt, dass mich ein Computer lenkt.“ Welche Elite hatte er im Sinn, als er wenig später ausführte, dass für das geplante Elitenetzwerk die Themenfelder der HightechOffensive profilbestimmende Schwerpunkte bleiben würden?
Oder folgen Sie den Vorstellungen eines gewissen Hochschulpräsidenten, der ein ganz besonders treuer Gefolgsmann Ihres Ministerpräsidenten ist. Oder folgte der Ministerpräsident eher dem Hochschulpräsidenten, der sich, seine Universität und seine Profession immer schon für die einzig wahre Elite hält. Seine Hochbegabung reichte aber nicht dafür aus, um die eigene Steuererklärung auszufüllen.
Oder ist Eliteförderung gar die chinesische Art der Elitebildung, die Stoiber bei seiner Reise im April so fasziniert und beeindruckt hatte, dass er laut der „Süddeutschen Zeitung“ sagte: „Die Bereitschaft, sich zu quälen, ist schon erstaunlich.“
Nein, Herr Minister Zehetmair, ich hoffe doch sehr, dass wir von Ihnen mehr erwarten dürfen. Eliteförderung muss Begabtenförderung sein. Eliteförderung muss den Anspruch haben, Begabungen von jungen Menschen in ihrer unterschiedlichsten Form und Ausprägung zu erkennen und zu entfalten. Begabtenförderung, also die Förderung individueller Talente in ihrem Zusammenwirken, ist immer Biographieförderung. Sie ist somit Vermittlung von Bildung in einem ganz umfassenden Sinn. Diese Bildung ist zu allererst Bildung ad hominem, also Bildung des Menschen für andere Menschen.
Damit legitimiert sich die Eliteförderung als gesellschaftliche Aufgabe. Elite ist nicht einfach vorhanden, Elite kann sich entwickeln. Genauer: Eliten können sich entwickeln. Mitglieder von Eliten können schließlich Schlüsselpositionen gesellschaftlicher Entscheidungs- und Verantwortungsbereiche besetzen und somit maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung der Zukunft unseres Staates, unserer Gesellschaft und unserer Kultur nehmen. Deshalb dürfen Eliten sich immer nur als Verantwortungseli
ten verstehen. Ich spreche ganz bewusst von Eliten und nicht von Elite. Das ist nicht Ausdruck von Beliebigkeit, sondern Ausdruck von demokratischer Vielfalt und gesellschaftlicher Pluralität.
Eine Elite für Bayern mögen Sie sich wünschen. Das würde in Ihr schwarzes Weltbild passen. In einer demokratischen, pluralistischen und weltoffenen Gesellschaft kann es aber nur Eliten geben.
Verantwortungseliten müssen demokratische Partizipation und somit die Kontrolle der Eliten durch die Menschen, für die sie Verantwortung tragen und denen sie schließlich auch ihre Position verdanken, als Chance und Voraussetzung ihres Handelns in der Gesellschaft sehen.
Ich möchte es sehr deutlich machen, dass für uns Grüne hierin die Legitimation einer Elitenförderung liegt. Eine staatliche Elitenförderung, die einzig und allein die individuelle Karriereförderung im Auge hat oder die sich auf einen wirtschaftlichen Standortfaktor verengt, die sich nur nach den Bedürfnissen der globalisierten Märkte ausrichtet und nicht einem ganzheitlichen Bildungsanspruch folgt, lehnen wir ab.
Wer wird nun zu den Eliten gehören, die Sie fördern wollen? Sie sagen, Sie haben die leistungsbereiten jungen Menschen im Blick. Herr Minister, Ihr Hinweis auf die studentischen Protestbewegungen – Stichwort „Great Refusal“ – wirkt schon etwas platt und konstruiert. Es mag sein, dass es bei der CSU die interne Order gibt, in jeder kulturpolitischen Rede zumindest einmal die wilden Sechziger und Siebziger zu erwähnen. Die Kultusministerin tut das auch allzu gerne. Ich bin Jahrgang 1965. Mich können Sie damit nicht beeindrucken. Als ideologische Unterfütterung einer elitären, konservativen und restaurativen Bildungspolitik taugt dies jedenfalls nicht. Herr Minister, das haben Sie doch auch gar nicht nötig. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass wir einen Mangel an Leistungsbereitschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu beklagen hätten. Das gibt auch Pisa nicht her, und das gibt keine der Studien her, die uns vorliegen. Vielmehr werden durch die Rahmenbedingungen unserer Bildungseinrichtungen – angefangen vom Kindergarten über die Schulen bis hin zur Universität – Motivation und Leistungsbereitschaft leider allzu häufig gebremst. Es fehlen individuelle Förderung und individuelle Entfaltungsmöglichkeiten sowie ein Raum für Kreativität. Der Zugang zu den Eliten muss offen sein. Elitenförderung muss dem Anspruch der Chancenund Bildungsgerechtigkeit standhalten können, sonst läuft sie fehl.
Deshalb muss es möglichst viele Türen in Ihr Elitenetzwerk hinein geben.
Außergewöhnliche Begabung zeigt sich nun einmal nicht bei jeder und jedem gleich vom ersten Schultag an. Gerade im universitären Bereich gibt es sehr unterschiedliche Entwicklungswege. Deshalb sollte es auch Einstiegsmöglichkeiten in höheren Semestern geben, Fördermöglichkeiten für Spätzünderinnen und Spätzünder, für Studierende im Zweitstudium sowie für junge Menschen, die über eine Berufsausbildung an die Hochschulen und Universitäten kommen. Natürlich muss die Eliteförderung auch die Fachhochschulen ganz und gar einbeziehen. In diesem Punkt ist Ihr Konzept sehr dünn; zumindest in der schriftlichen Fassung kommt dies gar nicht vor, Sie haben gerade mit einem Halbsatz die Fachhochschulen erwähnt
Drei Halbsätze, o.k., da lasse ich mit mir handeln. Oder sagen wir zwei Halbsätze.
Ich denke, die Fachhochschulen gehören in dieses Konzept mit hinein.
Was wir nicht wollen – wir werden sehr genau beobachten, wie sich das entwickelt – sind neue elitäre Clubs, wir wollen keine Seilschaften, keine weitere Verfilzung, davon haben wir in Bayern schon genug.
Die Förderung der Eliten muss auf demokratischen Strukturen beruhen. Auswahlverfahren müssen transparent sein.
Die Förderung muss dem Prinzip des Gender Mainstreaming verpflichtet sein.
Ich komme zu einem wichtigen Punkt: Herr Minister, das nenne ich Chuzpe. Sie packen mit dem Elitenetzwerk ein Thema an, das eine gewaltige Herausforderung darstellt, vor dem Hintergrund, dass Sie bei einer ähnlichen Herausforderung bisher nur sehr magere Ergebnisse vorzuweisen haben. Wir haben in unserem Land nämlich eine Elite, die schon sehr lange darauf wartet, entsprechend ihrer Fähigkeiten und Begabungen gefördert zu werden; das sind die jungen Frauen.
An Leistungsbereitschaft fehlt es ihnen nicht, an Begabung auch nicht. Sie haben die besseren Abiturnoten und machen die besseren Abschlüsse an den Universitäten. Doch wo ist das staatliche, organisatorisch und finanziell so komfortabel ausgestattete Netzwerk für diese Elite? Wir werden sehr genau darauf achten, dass
die jungen Frauen im bayerischen Elitenetzwerk nicht wieder zu kurz kommen. Die Auswahlverfahren müssen so angelegt sein, dass Geschlechtergerechtigkeit garantiert ist. Nur allzu oft orientiert sich gerade die Scientific Community noch an Modellen eines typisch männlichen Konkurrenzverhaltens. Der Herrenclub Hochschule verfügt mit Sicherheit nicht über die Kompetenz zur geschlechtergerechten Elitenförderung.
Sie fordern zu Recht einen vollen Einsatz der Geförderten. Ich kenne im Übrigen viele normale Studierende und Promovierende, für die die 38,5-Stunden-Woche ein Fremdwort ist. Auch hierfür müssen die Rahmenbedingungen passen. Vereinbarkeit von Familie und Studium muss auch ein Thema sein. Dies haben die Begabtenförderungswerke in Deutschland zumindest zum Teil – von den kirchlichen weiß ich es ganz genau – schon seit langem erkannt. Studierende und forschende Eltern dürfen nicht von der Elitenförderung aufgrund schlechter Rahmenbedingungen ausgeschlossen werden. Verlängerung der Förderung, Teilzeitstudium oder Kinderbetreuung sind hier die Stichworte. Die Elitenförderung muss die individuelle Lebenssituation der jungen Menschen, die gefördert werden sollen, mit einbeziehen.
Das Elitenetzwerk soll den Forschungsstandort Bayern nach vorne bringen. Herr Minister, auch Sie haben heute in das große Lamento über den angeblichen „Brain Drain“ aus Deutschland angestimmt. Ganz falsch ist das sicher nicht. Aber gerade in letzter Zeit zeigt sich, dass diese Sache so einfach nicht ist. Dank großer finanzieller Anstrengungen der Bundesregierung und dank intelligent konstruierter Förderprogramme ist es gelungen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Ausland für Deutschland zu gewinnen und deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Ausland zurückzuholen. Im Übrigen ist gerade die von Ihnen so ungeliebte Juniorprofessur für junge Forscherinnen und Forscher aus dem Ausland attraktiv.
Am Beispiel USA sehen wir ganz aktuell sehr deutlich, wie wichtig weiche Standortfaktoren für die Bewertung eines Forschungsstandortes sind. Seit sich das politische Klima in den USA infolge des 11. September verändert hat – Misstrauen gegenüber Ausländerinnen und Ausländern ist gewachsen, Einreise- und Arbeitsbedingungen haben sich verschlechtert – verlieren die USA an Attraktivität für ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Internationalität und Weltoffenheit unserer Gesellschaft und unserer Wissenschaftslandschaft sind entscheidende Faktoren im Wettbewerb um die besten Köpfe.
Deshalb, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ist es so fatal, dass Sie sich einer vernünftigen zukunftsfähigen Zuwanderungspolitik immer noch verschließen.
Sie blockieren die Entwicklung Deutschlands zu einer weltoffenen Gesellschaft. Mit dieser konservativen Ab
schottungspolitik richten Sie einen Schaden an, den Ihr Wissenschaftsminister auch mit noch so gut gemeinten Elitenetzwerken nicht ausbügeln kann.
Mag das Programm auch international angelegt sein, mögen Auslandsaufenthalte auch wichtige Bausteine der bayerischen Eliteförderung sein, entscheidend wird sein, wie die bayerische Gesellschaft und Politik Ausländerinnen und Ausländern begegnet und ob sich die Menschen aus anderen Ländern bei uns wohl und willkommen fühlen können. Mag Beckstein zwischen guten und schlechten Ausländerinnen und Ausländern unterscheiden, die Menschen aus dem Ausland werden es nicht tun. Es wird sie nicht beruhigen können, in Bayern eventuell zu den Guten gerechnet zu werden, denn wenn sie oder ihre Kinder auf den Straßen Bayerns oder in unseren Städten unterwegs sind, so sieht man es ihnen nicht an, dass sie oder ihre Eltern zur wissenschaftlichen Elite gehören. Dann trifft sie wie jede andere oder jeden anderen auch die ganze Härte der bayerischen Ausländerpolitik.
Auf diesem Feld haben Sie noch einen weiten Weg vor sich. Nur ein weltoffenes Bayern wird auch in der Eliteförderung erfolgreich sein können.
Herr Minister, im Grunde sagen Sie es ja selbst: Auch Ihr Elitenetzwerk wird das Potenzial des wissenschaftlichen Nachwuchses in Bayern nicht voll ausschöpfen können. Wir brauchen natürlich bessere Hochschulen und Universitäten für alle begabten jungen Menschen, nicht nur für die besonders Begabten. Die am Elitenetzwerk beteiligten Universitäten werden sich über mehr Stellen und eine bessere Ausstattung freuen. Doch diesen Segen brauchen wir auch im ganz normalen Betrieb. An Ihrer Zusage, dass anderen nichts genommen werde, werden wir Sie und Ihre Eliteförderung messen. Ich hoffe darüber hinaus, dass die Vorteile der Eliteförderung indirekt auch den Studierenden Verbesserungen bringen können, die nicht direkt an den Förderprogrammen beteiligt sind.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Eigenbeteiligung der Universitäten an den Kosten der Elitestudiengänge aus deren Budget. Vor dem Hintergrund, dass viele Hochschulen bereits heute nicht mehr wissen, wie sie Strom und Heizung in ihren Einrichtungen bezahlen sollen, wird dies nur von wenigen zu schulten sein und eben doch auf Kosten der normalen Studierenden gehen.
Wir werden das Elitenetzwerk sehr kritisch begleiten und die Evaluation der Maßnahmen einfordern. Gerade wenn öffentliche Mittel in diesem Maße zum Vorteil einer kleinen Gruppe eingesetzt werden, besteht eine Rechenschaftspflicht gegenüber der Gesellschaft. Sie müssen zeigen, was die Eliteförderung für Bayern leistet. Wer trägt die Kosten, wer erntet die Früchte? Wir werden auch beobachten, in welchen Fachbereichen Eliteförderung stattfindet, welche Regionen in Bayern
beteiligt sind und ob Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern besteht.
Über eines bin ich froh und hoffe, dass ich in diesem Punkt nicht einer Täuschung erlegen bin: Mit dem Elitenetzwerk finden Sie den Weg zurück an die Universitäten und Hochschulen. Sie folgen einmal nicht der sonst in der bayerischen Bildungspolitik üblichen Maxime des Aussonderns und Separierens. Sie haben keine Eliteuniversität zur Pflege der Reputation und Selbstverwirklichung einiger weniger älterer Herren gegründet und sie versuchen auch, die mit wenig Erfolg vor sich hindümpelnde Eliteakademie einzubinden. Sie sagen es selbst: Die Peer Groups sind wichtig. Es darf Konkurrenz und Unterschiedlichkeit in den Gruppen geben, die gemeinsam und miteinander lernen. Man könnte sagen, diese Form der Eliteförderung folgt dem Prinzip der inneren Differenzierung, indem sie die besonders Begabten in ihrer Peer Group belässt. Ein Diamant schleift den anderen, so haben Sie ausgeführt. Ich hoffe, die Kultusministerin hat dies auch gehört und beendet das Prinzip der Auslese und des Teilens in den Peer Groups auch in unseren Schulen.
Eines noch: Sie müssen nicht meinen, das Sie immer alles alleine machen müssen.
Ja gut, aber es gibt noch andere außerhalb Bayerns.
Suchen Sie noch stärker die Zusammenarbeit und den Austausch mit den bestehenden Begabtenförderungswerken. Ehrlich gesagt haben Sie die Begabtenförderung heute nicht neu erfunden.