Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

Frau Pranghofer, nomen est omen. Das muss angeprangert werden, was der Jugend von Seiten der Landeshauptstadt München zugemutet wird. Wir werden das so nicht stehen lassen und werden das mit aller Deutlichkeit sagen. Die Jugend in Bayern und die Eltern haben schon längst begriffen, dass es die rot-grüne Mehrheit in München ist, die diese Verantwortungslosigkeit an den Tag legt.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Frau Abgeordneten Pranghofer (SPD))

Ich möchte unabhängig davon noch etwas anderes sagen: Ich verkenne nicht die Probleme, die wir mit den erhöhten Schülerzahlen haben.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich will das Ganze nicht einfach wegdrücken. Für München ist das Urteil klar: Was München angeht, ist es die Fahrlässigkeit und die Verantwortungslosigkeit der rotgrünen Stadtratsmehrheit. In Bayern werden wir der Verantwortung gerecht werden, die die steigenden Schülerzahlen mit sich bringen. Kollege Schneider hat eingefordert, dass wir bei steigenden Schülerzahlen mehr Personal brauchen.

Ich möchte hier einige Punkte erwähnen: Wir haben das Angebot an FOS und BOS in Bayern enorm verdichtet,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

1997 mit über 20 neuen teil- und vollausgebauten BOSStandorten sowie durch die Übernahme städtischer Lehrkräfte für die neuen staatlichen Berufsoberschulen in Bayreuth, Ingolstadt, Landshut und Regensburg. Es gibt sei dem Jahr 2000 eine Erhöhung des FOS-/BOSAngebots in der Region Würzburg und in Augsburg, nachdem städtische Schulen drastisch beschnitten worden waren. Ab dem nächsten Schuljahr wird es drei neue BOS-Standorte in Krumbach, Obernburg und Pfarrkirchen geben. Es wird eine Erweiterung des BOSAngebots in Altötting, Ansbach, Bad Neustadt, Bad Tölz, Freising, Hof und Weißenburg geben, und es wird neue Fachoberschulen in Forchheim, Landsberg, Neuburg an der Donau und Waldkirch geben. Der Freistaat Bayern ist sich seiner Verantwortung bewusst und wird ihr gerecht.

(Beifall bei der CSU)

Ich bitte Sie, diese Bilanz über das neu Geschaffene ins Land hinaus zu tragen.

(Frau Radermacher (SPD): Und München wird abgestraft!)

Nein, München wird nicht abgestraft; in München versagt die Stadtregierung.

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erst im Mai, als alles zu spät ist, wacht der Münchner Stadtrat auf – vor dem 3. März war die Zeit nicht geeignet, auf Gefahren hinzuweisen, wie es andere Städte verantwortungsbewusst getan haben. Das wäre wahrscheinlich unpopulär gewesen. Man hat bis Mai gewartet und zugegeben, dass man die Kinder nicht an den Schulen aufnehmen will.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Pranghofer (SPD))

Kollege Dr. Spaenle hat völlig Recht: Dahinter verbirgt sich reine Wahltaktik auf dem Rücken der Jugend. Hätte München diese Bankrotterklärung rechtzeitig abgegeben und den Freistaat um Hilfe gebeten, dann wäre diese ganze Diskussion anders gelaufen. Man wäre den jungen Leuten gegenüber ehrlicher gewesen als das jetzt der Fall ist. Ich meine, überall dort, wo der Freistaat Verantwortung hat, wurde verantwortlich gehandelt. Dort, wo Rot-Grün die Verantwortung getragen hat, ist

ausschließlich wahlbezogen und populistisch entschieden worden. Das ist nicht in Ordnung.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD) – Lachen bei der SPD)

Ich möchte noch Folgendes sagen: Im Bereich der Berufsfachschulen hat der Staat seit 1996 vorrangig in strukturschwachen Regionen 28 neue Schulen eingerichtet, um die Chancen der Jugendlichen auf einen Ausbildungsplatz zu verbessern. Darüber hinaus wurden im Bereich der beruflichen Weiterbildung 8 neue staatliche Fachschulen eingerichtet, durch die bisherige kommunale Schulen ersetzt wurden.

Auch der Stadt München hat man bereits geholfen: Seit dem Schuljahr 2001/02 hat man über 66 Klassen mit nahezu 1700 Schülern übernommen und an staatliche Schulen im Einzugsbereich von München verlagert. Allein hier hat der Freistaat die Stadt München von 54 Planstellen entlastet. Jetzt verhält sich die Stadt München dermaßen kläglich gegenüber Jugendlichen und verweigert deren Aufnahme, obwohl der Staat in den letzten Monaten und Jahren so massiv geholfen hat. Das kann und will niemand mehr begreifen.

Um den staatlichen Schulen Hoffnung zu machen, möchte ich abschließend sagen, dass wir hier – Kollege Schneider hat es zu Recht eingefordert – helfen werden. Im Gegensatz zur Landeshauptstadt München wird der Freistaat Bayern alle Anstrengungen unternehmen, um den Zustrom zu den staatlichen Schulen zu bewältigen und die Bildungschancen der jungen Menschen zu erhalten.

Wir werden – das ist sehr wichtig – durch Umschichtung von Stellen und Mitteln sicherstellen, dass an den staatlichen Fachober- und Berufsoberschulen trotz der enormen Steigerung der Schülerzahlen um 10% bzw. 20% im Schuljahr 2002/03 gegenüber dem laufenden Schuljahr keine Verschlechterung bei der Unterrichtsversorgung eintreten wird.

(Beifall bei der CSU)

Wir möchten niemanden im Stich lassen, und wir möchten auch die eigenen Schulen nicht im Stich lassen.

Ich bitte zur Kenntnis zu nehmen – das ist der letzte Satz, ich möchte ihn mit einem Ausrufezeichen versehen: Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man bei drastisch steigenden Schülerzahlen über einen begrenzten Zeitraum hinweg einmal in der Woche anstatt 30 Wochenstunden nur 29 Wochenstunden anbietet, oder ob man Schulen schließt bzw. 700 Schüler aussperrt. Wer Letzteres tut, der handelt verantwortungslos. Das schreibe ich ins Stammbuch von Rot-Grün in München.

(Beifall bei der CSU – Frau Narnhammer (SPD): Und was tut der Freistaat?)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Jetzt hat Kollege Wahnschaffe das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das, was wir von Staatssekretär Freller und von den Rednern der CSU gehört haben, ist für mich eine ganz neue Erkenntnis: Bildungspolitik wird in Bayern nicht mehr vom Bildungsministerium gemacht, sondern von der Landeshauptstadt München.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatssekretär Freller, wenn Sie schon die Verantwortung von sich schieben, dann wäre der erste Schritte, dass Sie zurücktreten und erklären: Die Staatsregierung ist der Sache nicht mehr gewachsen.

(Hofmann (CSU): Das ist zu einfach! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sie haben so getan, als ob sich das Problem allein in München stelle. Jetzt werde ich Ihnen erzählen, wie sich das im Rest Bayerns darstellt. Ich zitiere aus einem Schreiben des Rektors des beruflichen Schulzentrums in Regensburg. Regensburg wird bekanntlich mit einer absoluten Mehrheit der CSU von einem CSU-Oberbürgermeister regiert.

(Hofmann (CSU): Ihr habt einen schlechten Wahlkampf geführt!)

Dieser Rektor schreibt dazu Folgendes:

Wie Sie sicher wissen, mussten die Berufsoberschulen in Bayern in den Schuljahren 2000/01 Budgetdefizite von 10,4% und knapp 7% hinnehmen. Für das kommende Schuljahr 2002/03 droht wieder eine Lehrerunterversorgung von fast 11%. Um wenigstens einigermaßen über die Runden zu kommen, also auf Unterrichtskürzungen zu verzichten, brauchten wir mindestens 100 Lehrerstellen.

Er beschreibt auch die Konsequenz:

Eine solche Unterversorgung führt unweigerlich dazu, dass Unterrichtsverkürzungen auch im Pflichtbereich erneut unumgänglich sein werden, und zwar in einem Umfang, der wesentlich größer ausfallen wird, als er bisher schon zu beklagen war.

Wie Sie wissen, haben die Fachoberschulen und Berufsoberschulen die Aufgabe primär darin, ihre Schülerinnen und Schüler in einer sehr kurzen Zeit auf ein FH-Studium vorzubereiten. In Anbetracht der nun seit Jahren unzulänglichen Personalversorgung und der sich nun abzeichnenden Zuspitzung dieser Entwicklung können unsere Schulen dieser Aufgabe nicht mehr gerecht werden.

Herr Staatssekretär, dies ist ein Armutszeugnis für Ihre Bildungspolitik.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben heute mit keinem Wort erwähnt, wie Sie das Problem lösen wollen. Sie haben nebulös von Um

schichtungen gesprochen, Sie haben aber nicht davon gesprochen, wie Sie den jungen Menschen, von denen vorher noch die Rede war, die erfreulicherweise diesen Schulen zulaufen, eine Perspektive geben wollen. Wie wollen Sie denn diesen Andrang bewältigen, wenn Sie für neue Lehrerstellen keine Mittel bewilligt bekommen und Sie das Problem nur auf die Landeshauptstadt München abzuwälzen versuchen? Dazu sind jetzt Antworten gefragt. Deshalb wäre es jetzt wichtig, wenn Sie das hier im Hause erklären würden.

(Beifall bei der SPD)

Letzte Wortmeldung: Herr Kollege Pfaffmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, was Sie heute in Bezug auf die Landeshauptstadt München geboten haben, ist übelste Polemik und dient ausschließlich dazu, von Ihrer jahrelangen Untätigkeit, gerade in Bezug auf die Landeshauptstadt München, abzulenken.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatssekretär, Sie sollten der Landeshauptstadt München eigentlich dankbar sein, dass sie über Jahre Ihren Job übernommen hat, während Sie nichts getan haben.

(Beifall bei der SPD)

Sich jetzt aber hier hinzustellen, von der Problematik ablenken und dabei noch 700 Schüler verkaufen zu wollen, ist übelste Panikmacherei und unverschämt gegenüber den Wählern.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen noch etwas sagen: Nunmehr zu versuchen, das ganze mit dem Kommunalwahlkampf in München zu begründen, ist der Gipfel der Frechheit. Sie wissen, dass der Einschreibe- und Anmeldetermin für diese Schulen nach der Kommunalwahl ist, aber stellen sich hierher und versuchen, die Menschen für dumm zu verkaufen, indem Sie sagen, man hätte vorher die Aufnahme versprochen. Was Sie hier treiben, ist eine bewusste