Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 34. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Morgen und uns allen einen intensiven und hoffentlich erfolgreichen Plenartag. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Diese wurde wie immer erteilt.
Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, darf ich etwas sehr Angenehmes tun, nämlich Glückwünsche aussprechen. Frau Kollegin Eva Gottstein ist hier. Sie hat am 12. November einen runden Geburtstag gefeiert. Frau Kollegin, ich wünsche Ihnen alles Gute, Gesundheit und weiterhin gutes Schaffen.
Die Glückwünsche des Hohen Hauses richten sich auch an den Kollegen Bernhard Pohl, der leider nicht anwesend ist, und an Herrn Kollegen Eberhard Sinner. Beide Kollegen haben einen halbrunden Geburtstag gefeiert, Herr Kollege Pohl am 13. November und Herr Kollege Sinner am 20. November. Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute, Gesundheit und viel Erfolg für Ihre parlamentarischen Aufgaben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vorweg weise ich darauf hin, dass im Einvernehmen mit den Fraktionen folgende Tagesordnungspunkte von der Tagesordnung abgesetzt wurden:
Abgesetzt wird Tagesordnungspunkt 4, Zweite Lesung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) über die Erwachsenenbildung (Erwachsenenbildungsgesetz - EbG), Drucksache 16/1237.
Ebenfalls wird der Antrag der Abgeordneten Franz Maget, Karin Pranghofer, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD), "Kontext der Zukunft - Konsequenzen für die Erwachsenenbildung in Bayern", Drucksache 16/1633 von der Tagesordnung abgesetzt.
Weiterhin wird von der Tagesordnung der Tagesordnungspunkt 8 abgesetzt. Dabei handelt es sich um den Antrag der Abgeordneten Angelika Weikert, Christa Steiger, Diana Stachowitz u. a. (SPD), "Der Freistaat Bayern muss sich aktiv am Programm der Bundesagentur für Arbeit ‚Förderung mit Jobperspektive’ nach SGB II beteiligen", Drucksache 16/1205.
Beide Tagesordnungspunkte sollen erst im Plenum am 1. Dezember 2009 beraten werden. Ich möchte heute
ankündigen, dass der Ältestenrat das Sitzungsende für die Plenarsitzung am 1. Dezember 2009 für 22.30 Uhr festgesetzt hat. Ich bitte Sie, sich jetzt schon darauf einzustellen.
Ministerbefragung gem. § 73 GeschO auf Vorschlag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN "Kehrtwende für einen echten Gesundheitsschutz!"
Zuständig für die Beantwortung ist der Staatsminister für Umwelt und Gesundheit. Herr Staatsminister Söder, ich darf Sie bitten, ans Rednerpult zu kommen. Frau Kollegin Schopper stellt die erste Frage. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin, Herr Staatsminister! Seit dem 01.08.2009 gilt das neue gelockerte Nichtraucherschutzgesetz. Seit einer Woche werden Unterschriften gesammelt, damit ein echter Gesundheitsschutz in Bayern wieder seinen Platz findet. Von den 940.000 Unterschriften, die benötigt werden, haben wir bereits gut 4 % gesammelt. Es muss jedoch Gas gegeben werden, damit mithilfe der direkten Demokratie der Gesundheitsschutz in der Gastronomie gesichert wird. Deshalb frage ich die Staatsregierung, die die Gesundheitsinitiative "Gesund.Leben.Bayern" ins Leben gerufen hat, in der an zweiter Stelle der Nichtraucherschutz aufgeführt wird: Wie vereinbart die Staatsregierung diese Initiative, die Gesundheitsförderung und Vorsorge in den Mittelpunkt stellt, und ihre Bemühungen, als Vorbild zu fungieren, mit den Lockerungen des Nichtraucherschutzes?
Herr Staatsminister, Ihre offiziellen Grußworte bei der Jahrestagung des Heilpraktikerverbandes sind zitiert worden. Der Förderschwerpunkt "Rauchfreie Lebenswelt" ist extra betont worden. Gleichzeitig wurde das Rauchverbot gelockert. Ist die Staatsregierung noch glaubwürdig?
Auf der Homepage des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur findet sich eine Art Protokoll in Form eines Gesprächsergebnisses vom Spitzengespräch im Umweltministerium. Meine erste Frage hierzu: Wann hat das Gespräch zwischen dem Verein und den Vertretern des Ministeriums stattgefunden? In den Gesprächen wird die Innovationsklausel betont. Ich habe mir das Projekt in Baldham persönlich angesehen. Der dort tätige Wirt sagte, dass eine klare Regelung für die Entlüftung und Qualitätsstandards benötigt würde. Zudem müsse über die Gewerbeaufsicht kontrolliert werden. Wie gewährleistet die Staatsregierung, dass keine Scheinlösungen, wie man sie aufgrund des Passus vermuten könnte, aufgetischt werden und die
Ich komme auf das Protokoll zurück. Da steht, man war sich einig, dass eine echte "geschlossene Gesellschaft" nicht nur eine Familienfeier, sondern selbstverständlich auch eine Vereinsvorstandssitzung oder die Jahreshauptversammlung eines Vereins sein kann. Wie gewährleistet die Staatsregierung, dass ab 22.00 Uhr nicht plötzlich Vereinsvorstandssitzungen stattfinden? Wie kontrolliert die Staatsregierung das?
In dem Protokoll steht die Definition einer Schänke mit Haupt- und Nebenraum. Die Vollzugshinweise definieren eindeutig, was ein Haupt- und was ein Nebenraum ist. Durch das Gesprächsergebnis ist die Definition nach meinem Dafürhalten aufgeweicht. Die Kundenfrequenz kann eine Grundlage für die Auffassung sein, was ein Haupt- und was ein Nebenraum ist.
Daher frage ich die Staatsregierung, wie sie es verhindern will, dass hier ein Einfallstor entsteht. Denn die Raucherklubs können nun in einer anderen Form auftreten. Die Staatsregierung sollte sagen, wie sie den Nichtraucherschutz erhalten will.
Abschließend frage ich: Sind Sie mit uns einig, dass die Beteuerung, den Gesundheitsschutz mit dem gelockerten Gesetz und unter Nutzung der Ergebnisse aus der gemeinsamen Sitzung zu regeln, nicht das Einfallstor für eine weitere Aushöhlung des Nichtraucherschutzes beseitigt? Nur das Volksbegehren kann einen konsequenten Nichtraucherschutz gewährleisten.
Wie wird sich die Staatsregierung verhalten, wenn wir als Bündnis die Hürde überspringen? Übernehmen Sie dann den Text des Volksbegehrens?
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist der Souverän immer die Nummer eins. Wenn ein Volksbegehren oder ein Volksentscheid erfolgreich ist, ergeben sich auch die entsprechenden verfassungsrechtlichen Konsequenzen. Nummer eins bei Entscheidungen ist also immer der Souverän, das Volk. Das ist zum Glück so.
Wir haben aber insgesamt die Sorge - deswegen haben wir einen ganz anderen Gesetzentwurf vorgelegt -, dass damit neue Probleme gesellschaftlicher, aber auch rechtlicher Art entstehen können. Allein bezüglich des vorgesehenen Entwurfs muss man festhalten, dass
beispielsweise die Raucherklubs, die man jetzt abgeschafft hat, weil es damit erhebliche Vollzugsprobleme gab, über das Volksbegehren durch die Hintertür wieder eingeführt werden. Dadurch entsteht eine Zweiklassengesellschaft. Nach dem Volksbegehren wird es nämlich Raucherklubs für Kultur- und Freizeiteinrichtungen geben.
Uns ist wie der Mehrheit des Parlaments nicht einsichtig, warum man aufgrund eines Volksbegehrens bei Kultur- und Freizeiteinrichtungen trotz der Bemühungen um einen echten Nichtraucherschutz diese Raucherklubs wieder einführen will. Jedoch wird diese Frage am Ende von der Bevölkerung entschieden werden.
Erstens. Wir wollen einen Ausgleich mit einem hohen Ziel des Nichtraucherschutzes auf der einen und auf der anderen Seite einen praktikablen und lebensnahen Vollzug für die Menschen ermöglichen.
Drittens. Die Kommunalpolitik braucht praktikable und vor allem vollziehbare Möglichkeiten, das Notwendige umzusetzen, angefangen von den Bierzelten bis hin zu weiteren Formen.
Viertens. Ausnahmen, die es gibt, müssen so begrenzt werden, dass der Kinder- und Jugendschutz - das ist das Entscheidende - im Vordergrund steht.
Fünftens. Entscheidungsfreiheit braucht auch die Gastronomie. Sie muss entscheiden können, wie sie sich bei einem Mehrraumbetrieb oder bei einer kleineren Form eines getränkegeprägten Betriebs - bei 75 Quadratmetern - verhält.
Sechstens. Entscheidungsfreiheit braucht aber auch der Gast. Er muss entscheiden können, ob er in einen solchen Betrieb hineingeht oder nicht.
Was ich gesagt habe, hat sich in der Praxis bewährt. Die Klagen, die es immer gibt, haben jetzt eine deutlich geringere Anzahl. Ich meine auch Klagen freiwilliger Rauchersheriffs.
Wir glauben, dass das Gesetz, was den Vollzug betrifft, der Lebensnähe der Menschen und dem Nichtraucherschutz nähergekommen ist.
Spannend ist auch, dass wir ein Gesetz gemacht haben, das überwiegend dem entspricht, was in Deutschland gängige Praxis ist. Überraschenderweise haben die GRÜNEN in Hamburg eine solche Regelung,
wie wir sie haben, mit beschlossen. Ich finde es sehr beeindruckend, dass das in Hamburg so gelaufen ist. Man denkt zwar in Hamburg anders als in München, aber ich weise darauf hin, dass es eben in anderen Ländern ganz ähnliche Beschlussfassungen wie bei uns gibt, weil sie der Lebensnähe, der Realität entsprechen.
Wir halten den Nichtraucherschutz hoch. Wir haben ganz klar und massiv dafür gesorgt, dass er für Kinder und Jugendliche eingehalten wird.
Die Präventionsmaßnahmen Bayerns greifen. In den letzten Jahren ist die Anzahl der jungen Menschen, die in Bayern rauchen, deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2008 haben wir einen historischen Tiefstand mit 15,4 % Rauchern unter den Jugendlichen von 12 bis 17 Jahren zu verzeichnen. Damit hat sich die Situation deutlich verbessert. In Deutschland, aber auch in Bayern, hatten wir 2008 nur noch 10,9 % Raucher unter den Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu 15,1 % im Jahr 2005. So lauten die statistischen Erhebungen.
Das heißt: Unsere Präventionsmaßnahmen in Form der Hinweise in Schulen und in vielen Beratungsgesprächen wirken. Auf der anderen Seite glauben wir, dass wir den Nichtraucherschutz in Bezug auf das Gesetz, das wir gemeinsam verabschiedet haben, entsprechend aufrechterhalten können.
Das Wichtigste ist: Wir haben erreichen können, dass diejenigen, die für den Vollzug zuständig sind - Städte und Landkreise -, überwiegend sagen, dass die geschaffene Regelung praktikabel und vollziehbar ist.
Wenn das Volksbegehren kommt, sehen wir die Gefahr und die Herausforderung, dass es im praktischen Umfeld wieder riesige Probleme geben wird, zum Beispiel das Problem, Raucherklubs abzugrenzen.
Ich weiß, dass die Münchener GRÜNEN manchmal eine andere Meinung haben als die übrigen GRÜNEN. Das gilt auch für andere Themen. Wenn wir beispielsweise an die Olympiade der Bierzelte denken, also an das Oktoberfest, lieber Frau Schopper, dann wird sich zeigen, dass sich die Problematik ganz schwierig darstellt. Dann könnten die Münchener GRÜNEN wieder eine andere Haltung einnehmen, als es vielleicht die anderen GRÜNEN tun, weil nämlich die praktische Umsetzung erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird.
Ich komme auf das Gespräch zurück, das es im September gegeben hat. Ich war nicht dabei. Da wurde aber immer wieder gesagt - und dabei bleibt es auch -: Maßgeblich sind in Bayern das Gesetz und die Vollzugshinweise, die mit den Städten und Landkreisen erarbeitet worden sind. Alles, was in dem Gespräch gesagt wurde, steht mit der Realität im Einklang.
Sie sprachen von einer kleinen Familienfeier oder einer kleinen Vereinsfeier von vielleicht zehn Leuten. Es kann auch ein Anglerverein mit zehn Mitgliedern sein. Dass man solche Gruppen selber entscheiden lässt, ist doch lebensnah. Wir können nicht Vereine nach erster, zweiter und dritter Klasse einteilen. Jedenfalls gibt es die Raucherklubs nicht mehr. Diese Regelung hat sich jetzt in der Realität bewährt, weil die großen Sorgen nun verschwunden sind. Unter dem Strich kann ich sagen: Es gilt das Gesetz. Es gelten die Vollzugshinweise.
Bezüglich der Innovationsklausel arbeiten wir auf hohem technischem Niveau mit den anderen Ländern zusammen. Denn es ist uns wichtig, eine Regelung zu haben, die überall in Deutschland auf Akzeptanz stößt.
Wir haben für das Gesetz Ziele vereinbart. Die Umsetzung wird wissenschaftlich begleitet. Die Politik macht die Umsetzung also nicht allein. Ich denke, damit sind wir insgesamt auf einem sehr guten Weg.