Protocol of the Session on February 20, 2002

Login to download PDF

Ferner gibt es das Verfahren der Crash-Simulation, das eine exakte Berechnung der Risikoquellen jeder Straßensituation ermöglicht. Mit Hilfe modernster EDV-Technik können Gefahrensituationen und Kollisionsabläufe am Bildschirm nachvollzogen beziehungsweise vorausgesehen werden. Die gewonnenen Erkenntnisse können bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden. Die Crash-Simulation bestätigt eindrucksvoll, dass rücksichtsloses Rasen die Hauptursache für Verkehrsunfälle darstellt und vor allem Kinder enorm gefährdet. Wenn wir diese Verfahren in Bremen auch einsetzen könnten, wäre das ein sinnvoller Einsatz von Wissenschaft und Forschung, ein konkreter Beitrag für mehr Lebensqualität und Sicherheit für die Menschen in unserem Land.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie können es mir glauben, die Verkehrssicherheit hat in unserer Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert. Dabei zeigt sich das vor allem bei folgenden Problemen: Wenn wir zum Beispiel die Gruppe der achtzehn- bis vierundzwanzigjährigen Verkehrsteilnehmer sehen, unter allen verunglückten Personen ist dies die Altersgruppe, die mit 20 Prozent am häufigsten betroffen ist.

Zweitens die Gefahren durch schwere Lkw! Viele Menschen, seien es Fußgänger, Rad- oder Autofahrer, fühlen sich durch diese Lkw bedroht, zu Recht oder zu Unrecht, das will ich hier überhaupt nicht beurteilen. Fakt ist, dass es in Deutschland über 2,5 Millionen Lkw gibt und allein über 160 000 Sattelzüge. Die Entwicklung hier ist rasant, die Fahrleistung hat sich in den letzten Jahren fast verdoppelt.

Drittens, die hohe Aggressivität im Straßenverkehr! Raserei, verbale Attacken bis hin zu Handgreiflichkeiten sind heute keine Seltenheit mehr.

Viertens darf kein Zweifel bestehen, dass der Kampf gegen Alkohol im Straßenverkehr konsequent

fortgesetzt werden muss. Je höher das Risiko ist, bestraft zu werden, umso vorsichtiger wird der Autofahrer beim Alkoholgenuss sein.

Fünftens, Autofahren unter Drogeneinfluss ist ein sehr ernstes Problem für die Verkehrssicherheit geworden. Die Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit unter Drogeneinfluss sind wissenschaftlich untersucht worden. Das ist hinreichend belegt. Damit das auch die entsprechenden Konsequenzen für die Autofahrer hat, gibt es seit dem 1. August 1998 ein Gesetz, das darauf abzielt, dem Missbrauch von Drogen im Straßenverkehr wirkungsvoller als bisher begegnen zu können.

Zum Abschluss möchte ich noch eines bemerken: Die Überlegungen des jetzigen Bundesverkehrsministers, für die Senioren eine Führerscheinaltersbegrenzung einzuführen, ist für mich ein Vorschlag aus dem hohlen Bauch. Mit den wachsenden Anforderungen an den Autofahrer gehen gerade die Senioren heute besonders umsichtig um. Sie nutzen regelmäßig Tests, lassen im Zweifel ihr Auto stehen und benutzen öffentliche Verkehrsmittel und Taxen. Zu Recht weisen die Autoversicherer daraufhin, dass ältere Autofahrer deshalb auch vergleichsweise weniger Unfälle im Straßenverkehr verursachen.

Meine Meinung ist es, nicht vermehrter Dirigismus, sondern eine verständnisvolle Partnerschaft im Straßenverkehr ist hier der richtige Weg, die Sicherheit auf unseren Straßen zu erhöhen. Ein Verzicht älterer Menschen auf das Fahren des eigenen Fahrzeugs kann deshalb in jedem Fall nur auf freiwilliger Basis geschehen. Alles andere käme nach meiner Meinung nur einer Entmündigung der älteren Menschen gleich.

(Beifall bei der CDU)

Die Erfolge der letzten Jahre in der Verkehrssicherheit hier in Bremen sollten für uns Ansporn sein, im Bemühen um mehr Sicherheit im Straßenverkehr nicht nachzulassen. Wir müssen die Zahl der Unfälle noch weiter reduzieren. Rücksichtnahme insbesondere gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern wie Kindern, älteren oder behinderten Menschen, muss weiterhin gestärkt werden. Verantwortungsbewusstsein und Fairness im Verkehr müssen gezielt gefordert werden.

Schon im Kindesalter muss der Grundstein dafür gelegt werden, dass die Menschen sich später auch verkehrsgerecht verhalten. Viele Menschen in unserem Land könnten noch leben oder wären bei einem Unfall nicht so schwer verletzt worden, wären bei jedem Fahrtantritt nur zehn Sekunden investiert worden, um sicherzugehen, dass Fahrer und Mitfahrer auf dem Vorder- oder Rücksitz richtig angeschnallt, die im Auto mitfahrenden Kinder altersgerecht gesichert sind, das Gepäck richtig im Kofferraum verstaut ist und nicht achtlos auf der Hutablage deponiert wird, und die Nackenstützen zur Ver

(A) (C)

(B) (D)

meidung von schweren Halswirbelverletzungen richtig eingestellt sind.

Der bedarfsgerechte Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, den die große Koalition auf den Weg gebracht hat, wird ebenfalls in Bremen und Bremerhaven zur Hebung der Verkehrssicherheit in den nächsten Jahren beitragen. Verkehrswege, die nach modernen, aufgrund von Sicherheitsgesichtspunkten erarbeiteten Richtlinien entworfen wurden und ein Verkehrssicherheitsaudit bei der Planung von neuen Straßen setzen Unfallgefahren herab. Unnötigen Dirigismus müssen wir vermeiden, wir wollen eine verständnisvolle Partnerschaft der Verkehrsteilnehmer, denn es hat sich gezeigt, dass das der richtige Weg ist, die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen in Bremen zu erhöhen. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Dr. Böse.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Schwerpunkt polizeilicher Arbeit ist die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Verkehrssicherheitsarbeit ist dabei nicht nur eine polizeiliche, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der neben der Polizei andere Behörden, die Baubehörde, Verkehrsämter, Schulen, Kindergärten, Altenheime und andere mehr, eine erhebliche Verantwortung tragen.

Eine umfassende Verkehrssicherheitsarbeit kann, das ist ja hier schon festgestellt worden, viel bewirken. Zwei Zahlen können dies deutlich machen: Noch im Jahr 1970 gab es in Bremen über 120 Verkehrstote, im Jahr 2001 waren es 18! Sicher ein gewaltiger Erfolg, der aber kein Anlass zur Beruhigung sein darf, sondern vielmehr zu weiteren Fortschritten beflügeln sollte!

Meine Damen und Herren, die Polizei hat sich hierbei mehrere Ziele gesetzt. Ziel einer qualifizierten Verkehrssicherheitsarbeit ist es, die Unfallgefahren und -folgen zu minimieren, dabei ist es vor allem wichtig, die Zahl der Personenschäden zu minimieren, objektive und subjektive Sicherheitsbedürfnisse der Bürger im Straßenverkehr zu befriedigen und somit die Lebensqualität zu erhöhen.

Dabei sind die Schwerpunkte Verkehrssicherheitsberatung, Präventionsarbeit zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, die Verkehrserziehung, Verkehrsaufklärung und Öffentlichkeitsarbeit, die Verkehrsüberwachung, alle präventiven und repressiven Maßnahmen im Straßenverkehr, die Überprüfung der Verkehrsteilnehmer, Kontrolle der Fahrzeuge, Beobachtung des Verkehrsraumes, Abwehr von Gefahren im Straßenverkehr und die Mitwirkung bei ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

der verkehrssicheren Gestaltung des Straßenraums, das heißt, dass unfallbegründende Gefahren erkannt und beseitigt werden.

Diese Präventionsfelder werden im Verbund bearbeitet, das heißt, sie werden nicht für sich allein betrachtet, sondern im Verbund zur Prävention genutzt. Das bedeutet konkret, dass im Rahmen von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen die Möglichkeiten zur Verkehrssicherheitsberatung, zum Beispiel durch Anhaltekontrollen, genutzt werden und die Gestaltung des Straßenraumes bei Überwachungs- und Beratungsmaßnahmen auch bewertet wird.

Das, Herr Abgeordneter Kleen, ist sicherlich die Hauptaufgabe der Polizei,

(Abg. K l e e n [SPD]: Völlig klar!)

nicht zu blitzen, sondern die Überschreitung der Geschwindigkeit festzustellen, und dann denjenigen, der die Geschwindigkeit überschritten hat, anzuhalten und mit ihm ein Gespräch über Verkehrssicherheit zu führen. Das wirkt um ein Vielfaches mehr als ein Blitzen und 14 Tage später ein Bußgeldbescheid, der dann zu bezahlen ist. Das führt sicherlich dazu, dass es dann möglicherweise nicht mehr so hohe Einnahmen gibt, weil es nicht mehr so viele Anzeigen gibt, aber die Wirkung auf die Verkehrssicherheit ist eine mit X zu multiplizierende.

(Zurufe von der SPD)

Insofern finde ich es richtig, was die Verkehrspolizei hier in Bremen macht.

Meine Damen und Herren, notwendige Grundlage einer effektiven polizeilichen Verkehrssicherheitsarbeit ist eine sorgfältige Analyse der Verkehrssicherheitslage, das heißt auch eine Analyse der Unfallursachen und der Unfallentwicklung. Mit Hilfe eines in der Bremer Polizeiabteilung Verkehr in den letzten Jahren entwickelten und permanent fortentwickelten elektronisch unterstützten geographischen Verkehrslagebildes sind in Bremen-Stadt im Jahr 2001 Schwer- und Brennpunkte des Verkehrsunfallgeschehens ermittelt worden.

Im Rahmen der daraus resultierenden ergebnisorientierten Strategie, das sind ja die Projekte der Polizei, genannt EOS, sind folgende Projekte entwickelt worden, die auch schon in der Realisierungsphase sind, zum Beispiel bei jungen Erwachsenen: Die Unfallbelastung der 18 bis 24 Jahre alten Verkehrsteilnehmer war höchst auffällig geworden. Als Ziel der Polizei wurde eine Reduzierung der Unfallzahlen dieser Altersgruppe gesetzt. Von Januar bis Juli 2001 wurden knapp 6000 Verkehrsteilnehmer dieser Zielgruppe kontrolliert und über 1300 Verstöße geahndet. Über Sinn und Ziel der Aktion wurde mit den Betroffenen ausführlich gesprochen, siehe meine Bemerkung von vorhin!

(A) (C)

(B) (D)

Begleitet wurden diese Maßnahmen durch zielgruppenorientierte Aufklärung vorwiegend an berufsbildenden Schulen und durch sonstige Öffentlichkeitsarbeit. In diesem Zeitraum, meine Damen und Herren, das kann man messen, ging die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden in dieser Altersgruppe im Verhältnis zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um über zehn Prozent zurück. Diese Aktionen werden fortgesetzt.

Eine andere Zielgruppe, Senioren! Als weitere Risikogruppe sind auch die Senioren betroffen, diejenigen, die über 65 Jahre alt sind. Die Reduzierung der Verkehrsunfälle mit Personenschäden dieser Altersgruppe wurde ebenfalls als Ziel gesetzt. In der Zeit von Januar bis Juli 2001 wurden neun Seniorenbuseinsätze, 32 Informationsveranstaltungen, drei Gefahrentrainings für Senioren, 1499 Intensivkontakte und 1310 flüchtige Kontakte, das heißt Ansprachen auf der Straße, auf dem Markt und so weiter, registriert. Darüber hinaus wurde auch in Senioreneinrichtungen Aufklärungsarbeit geleistet. Von Januar bis Juli 2001 konnte dank dieser Aktionen gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres ein Rückgang der Seniorenunfälle mit Personenschaden von über 17 Prozent verzeichnet werden. Die Aktionen der Polizei werden hier auch fortgesetzt.

Thema Unfallbrennpunkte! Mit dem Verkehrslagebild konnten in Bremen-Stadt die Brennpunkte der Verkehrsunfälle mit schwer wiegenden Folgen identifiziert werden. Zielvorgabe war, von den 30 festgestellten Brennpunkten möglichst schnell viele zu entschärfen, das heißt baulich umzugestalten. Bis September 2001 ist es aber leider erst gelungen, eine Kreuzung erfolgreich zu entschärfen, 13 weitere Verkehrsknotenpunkte sind untersucht und entsprechende Entschärfungskonzepte vorgeschlagen worden. Die Realisierung muss in Zusammenarbeit mit der Bauverwaltung noch erfolgen.

Positiv ist zu vermerken, meine Damen und Herren, dass die gemeinsame Unfallkommission, die jahrelang nicht zusammengetreten ist, dank der Initiative der Bremer Polizei wieder zusammengetreten ist und hier hervorragend mit den Verkehrsexperten der Bau- und Verkehrsverwaltung zusammenarbeitet.

Thema Unfallursache überhöhte Geschwindigkeit! Die Unfallanalyse hat ferner ergeben, dass auch in Bremen überhöhte Geschwindigkeit zu einer der Hauptunfallursachen gehört. Es gehört zu den Erkenntnissen der Verkehrssicherheitsarbeit, dass sich eine Erhöhung des Kontrolldrucks positiv auf die Unfallentwicklung auswirkt. Eine positive Wirkung kann noch gesteigert werden, wenn die Kontrollen mit Anhaltegruppen arbeiten. Hier wird der Betroffene, sofern möglich, direkt nach der Tat angehalten und belehrt. Dies ist zeit- und arbeitsaufwendig, aber der Erfolg ist, wie schon erwähnt, sehr hoch.

Bis einschließlich Juli wurden im Jahr 2001 an Verkehrsunfallbrennpunkten 174 Radarkontrollstel

len und 17 Kontrollstellen mit Anhaltegruppen eingerichtet. In diesem Zeitraum gingen die schweren Verkehrsunfälle mit der Ursache überhöhte Geschwindigkeit um rund sieben Prozent zurück. Mit noch besserer technischer Ausrüstung könnten noch bessere Ergebnisse erzielt werden. Ein weiterer Rückgang der Verkehrsunfälle mit überhöhter Geschwindigkeit wird hier angestrebt. So sollen unter anderem die Kontrollen auf der A 1 verstärkt und regelmäßige Kontrollen auf anderen Autobahnen auf bremischem Gebiet eingeführt werden. Auf beiden Autobahnen, also A 1 und A 27, sind jährlich zusammen weit über 600 Unfälle zu verzeichnen, was so nicht weiter hingenommen werden kann. Thema Staumanagement! Staus im Straßenverkehr erhöhen nicht nur die Unfallgefahren, sondern belasten die Umwelt, verbrauchen Treibstoff, können die Gesundheit beeinträchtigen und nehmen Zeit in Anspruch. Durch Staus entsteht ein großer volkwirtschaftlicher Schaden, den es zu reduzieren gilt. Es soll daher geprüft werden, ob ein Konzept entwickelt werden kann, mit dem zumindest bei den permanent neuralgischen Punkten Stauvermeidung oder auch nur schnellere Stauauflösung erreicht werden kann. Meine Damen und Herren, als Fazit: Die Leistungsfähigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen Standortentscheidungen von Industrie, Handel und Gewerbe. Objektive und subjektive Verkehrssicherheit sind wichtige Faktoren für die Qualität des Wohnumfeldes unserer Bürger. Verkehrssicherheit heißt letztlich das Bewahren menschlichen Lebens und menschlicher Gesundheit. Es gilt aber auch, die volkswirtschaftlichen Kosten der Verkehrsunfälle zu senken. 1999 waren es laut Bundesanstalt für das Straßenwesen über 69 Milliarden DM bundesweit. Verkehrssicherheitsarbeit ist und bleibt deshalb für meine Verwaltung ein Arbeitsbereich mit allerhöchster Priorität. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/1050, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.

Opfer von Zwangsprostitution kompetent beraten

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 28. August 2001 (Drucksache 15/796)

Wir verbinden hiermit:

(A) (C)

(B) (D)

Opfer von Zwangsprostitution kompetent beraten

Bericht des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau vom 14. Februar 2002 (Drucksache 15/1066)

s o w i e