Zahl der Unternehmensinsolvenzen. Da haben wir eine Steigerungsrate von 45 Prozent in Bremen, und das ist schon auch ein Punkt, der Anlass zur Besorgnis gibt.
Ich sage Ihnen eines: Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür! Wenn Sie darüber reden, was hier alles die Stimmung vermiest und was man braucht an besserer Stimmung, damit Menschen ihr Geld ausgeben, damit sie Zutrauen haben, damit sie Häuser bauen, dann schauen Sie sich an, was Sie mit dem SpacePark machen! Vielleicht schaffen Sie es ja, dieses Debakel bis nach der Wahl vor der Bevölkerung geheim zu halten. Wir glauben das nicht. Dass das die Stimmung der anderen Kaufleute vermiest, was Sie da machen, darauf bestehen wir, dafür haben wir auch Hinweise. Oder schauen Sie sich Ihre Flächendebatten und Ihre Verkehrsdebatten an! Gute Stimmung macht weder die Debatte um den ConcordiaTunnel noch um die Horner Spange und auch nicht um das Neubaugebiet in der Osterholzer Feldmark.
Wenn Sie sagen, Sie wollen keine Blockadepolitik der Bundesregierung, dann werden wir ja sehen, wie Sie sich bei den zukünftigen Vorhaben im Bundesrat verhalten. Da wird es auf das Stimmverhalten Bremens nicht unwesentlich ankommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch ein paar Anmerkungen, und, Frau Lemke-Schulte, ich verstehe auch gar nicht, dass Sie jetzt so eine besondere Schärfe in die Debatte hineingebracht haben!
Ich hatte das eigentlich so gar nicht gesehen, und ich habe ganz deutlich gemacht, welche Erfolge wir haben. Das alles, was Sie vorgelesen haben, habe ich gesagt, was Bremen an Erfolgen hat und dass ich darauf stolz bin. Wir sind aber in Sorge, dass wir diese Ergebnisse nicht mehr erreichen können, wenn nicht die Rahmenbedingungen der Politik geändert werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Das ist der Grund, warum wir diese Aktuelle Stunde hier eingebracht haben. Wenn da einer von Show gesprochen hat, dann darf ich Ihnen nur den Leitartikel vom „Focus“ von diesem Montag zeigen, da steht nämlich „Ende der Show“, und da ist der Kanzler abgebildet. Mehr Abgaben, keine Ideen, da können Sie Zitatensammlung betreiben hier aus diesem Artikel! Das ist eine Katastrophe! Wenn die Leute das alles so aufnehmen und alle so glauben, dann ist die Stimmung eben mies. Zu ein paar Punkten noch einmal etwas! Ladenschlusszeiten: Da sind Sie mit einem riesigen Schritt mindestens einen Zentimeter weiter nach vorn gekommen, indem Sie jetzt ein bisschen mehr öffnen wollen, aber das hilft insgesamt nicht. Sie müssen schon einen großen Schritt gehen! Die Leute müssen einkaufen können, wann sie wollen, meine Damen und Herren. Das ist der Punkt! (Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)
Sonst können Sie keine neue Nachfrage erreichen! Sonntags ist davon ausgeschlossen, davon hat nie jemand gesprochen, aber ansonsten müssen die Zeiten offen sein.
Dann haben Sie gesagt, die 400-Euro-Jobs: Das ist nun das klassische Beispiel dafür, wie wir Ihnen in die Puschen geholfen haben, meine Damen und Herren.
Dadurch ist es möglich geworden, das vorab zu verabschieden, und deswegen haben wir jetzt die 400Euro-Jobs. Darauf sind wir auch stolz, das ist gut. Das haben alle gut geschafft, aber das ist nicht Ihre Initiative, das haben wir Ihnen ermöglicht, weil Sie auf uns zugegangen sind.
Das Wort Reformstau ist da gefallen. Frau Linnert, ich kann mich ganz genau an die letzten vier Jahre der Regierung Kohl erinnern, wer dort eine fast Zweidrittelmehrheit im Bundesrat gehabt hat und mehrfach die größten Reformen blockiert hat. Wir hätten längst eine Steuerreform gehabt, wenn sie damals nicht blockiert worden wäre.
nicht richtig hinbekommen, eine wirkliche Steuerreform zu machen, denn das, was Sie als Entlastung gemacht haben, haben Sie bei den großen Unternehmen gemacht. Die kleinen haben davon nichts abbekommen, und deswegen geht es ihnen jetzt auch nicht gut.
Wir haben Erfolge und Misserfolge, das ist eben auch noch einmal gesagt worden. Man kann ganz genau sehen, wovon die Erfolge hier in Bremen abhängen. Wir haben seit drei Jahren überproportionales Wachstum, das immer über dem der Bundesrepublik liegt und immer in der Spitzengruppe der Bundesländer, an zweiter, dritter oder vierter Stelle. Das sagt mir, wir machen eine bessere Politik als die anderen. Das ist doch ganz klar!
Das freut mich auch, und darüber können wir auch alle froh sein, dass wir das machen. Das ist doch besser, als Letzter zu sein wie in Europa, wo wir an letzter Stelle herumgammeln.
Dann haben wir natürlich Insolvenzen. Es ist eine schlimme Zahl, da die Insolvenzen Arbeitsplätze kosten. Das hat natürlich auch etwas mit Rahmenbedingungen zu tun. Aber ich bin jetzt wiederum stolz, dass wir eine gute Existenzgründungsinitiative haben, bei der wir unter dem Strich 300 Unternehmen mehr haben als im letzten Jahr. Das zeigt, dass wir versuchen, auch gegenzusteuern, so schlimm die Sache mit den Insolvenzen ist. Man wünscht es keinem Unternehmen, niemandem, dass es insolvent wird, dass dort Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.
Man kann da auch regional etwas tun, indem man eine besondere Förderung macht und so versucht, einen Ausgleich zu schaffen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Rahmenbedingungen insgesamt stimmen müssen. Deswegen, finde ich, ist es eine ganz richtige Entscheidung gewesen, diese Aktuelle Stunde zu dem jetzigen Zeitpunkt hier einzubringen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bremen ist nicht Berlin, aber Berlin wirkt auf Bremen ein.
Das Thema ist nach Ursache und Wirkung sehr umfangreich. Ich bemühe mich um eine konzentrierte und analytische Gedankenführung und widerstehe
auch der Möglichkeit, politische Bewertungen vorzunehmen, soweit nicht unvermeidbar, da die politische Bewertung, zumal in Wahlkampfzeiten, nicht unbedingt eine Zwillingsschwester der Erkenntnis ist.
Herr Präsident, ich erlaube mir, mit Ihrer Genehmigung zu zitieren: „Seit über zwei Jahren befindet sich die deutsche Wirtschaft in einer Quasi-Stagnation. Mehr und mehr treten hausgemachte Ursachen in den Vordergrund.“ So die Bundesbank in ihrem letzten Monatsbericht, die sachliche Feststellung einer sachlichen Behörde!
Zu der heutigen Situation: Wir befinden uns in einem weltweiten Wettbewerb und haben uns angewöhnt, dies Globalisierung zu nennen. Was heißt Globalisierung eigentlich? Alle Informationen sind jederzeit an jedem Ort verfügbar, weltweite Kapitalströme innerhalb weniger Minuten verändert. Logistisch ist nahezu jeder Platz der Welt heute in überschaubarer Zeit erreichbar. Wir haben eine zunehmende europäische Integration, und das heißt vor allen Dingen Osterweiterung. Das verändert den Wettbewerb. Das sind Chancen und Risiken, Chancen, wenn wir in der Lage sind, die Risiken zu beherrschen.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. Frau H a m m e r - s t r ö m [SPD]: Genau!)
Das Jammern ist keine unternehmerische Klagemauer, um den Blickwinkel einzuengen, aber wer das Röntgenbild betrachtet, jammert nicht, sondern praktiziert eine unabdingbare Voraussetzung zur Gesundung.
Der Blick nach innen gewandt! Fakten: Deutschland hat seit längerem ein geringeres Wirtschaftswachstum als der Durchschnitt der europäischen Länder. Die Staatsverschuldung nimmt zu, die Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrags können nicht eingehalten werden. Deutschland hat eine steigende Arbeitslosigkeit, gegenwärtig gut 4,6 Millionen. Für den Februar wird eine steigende Tendenz prognostiziert. Wissenschaftler berechnen die reale Arbeitslosigkeit höher. Gering Qualifizierte ohne Abschluss machen über 40 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland aus. An der Gesamtzahl der Beschäftigten beträgt diese Zahl nur 15 Prozent. Das Thema der Ausbildung ist impliziert.
Die Systeme der sozialen Sicherung, vor allen Dingen Gesundheit und Rente, sind in diesem Umfang nicht mehr zu finanzieren. Die Staatsquote hat fast 50 Prozent erreicht. Der Anteil Deutschlands am Welthandel ist innerhalb nur eines Jahrzehnts von über zehn Prozent auf acht Prozent gesunken. Das sind die Fakten, ihre Sprache ist unmissverständlich.
Reformen sind das Gebot der Stunde. Nahezu ausnahmslos stellen Gutachter wie etwa der Sachverständigenrat dies fest. Die heutigen wirtschaftlichen Probleme in Deutschland sind struktureller Natur, sie sind hausgemacht. So wünschenswert ein konjunktureller Aufschwung wäre und so wünschenswert er ist, er löst nicht die Probleme. Nach jedem Konjunkturaufschwung, das können Sie nachlesen, hat sich der Arbeitslosensockel nach oben bewegt.
Wir kennen unseren Zustand, aber wir handeln nicht. Wir sehen das Röntgenbild, aber wir schließen die Augen. Stattdessen, ich vereinfache, warten wir auf einen Konjunkturaufschwung, möglichst aus den USA, mit denen wir uns ja sonst, jedenfalls im Augenblick, schwer tun. Einen Großteil der Probleme verschieben wir nach hinten, auf die Jüngeren. Wir erhöhen zum Beispiel die Beitragsbemessungsgrenzen bei Renten- und Krankenversicherungen und gleichzeitig ihre Beitragssätze und verringern die Leistungen. Ein Dreißigjähriger, der heute für die spätere Rente zahlt, erreicht allenfalls 60 Prozent des heutigen Leistungsniveaus, verglichen mit einem heutigen Rentner, wenn er dies überhaupt erreicht. „Die Rente ist sicher“ tabuisiert das Nachdenken, wie so manche andere Begrifflichkeit in diesen Tagen.
Wenn man unsere Probleme auf einen einfachen Nenner bringt, ist das die Antwort: Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen. Es wird eine Leistungsfähigkeit simuliert, die wir nicht haben, die das bisherige System nicht mehr hergibt. Wirtschaft und Gesellschaft einschließlich der demographischen Entwicklung haben sich verändert. Die Systeme sind aber nicht verändert worden, nicht angepasst oder wenn, nur unzureichend. Was also kann man tun? Auch hier eine konzentrierte Antwort: entweder die Einnahmen steigern oder die Ausgaben senken!