Wir können über kommunales Wohngeld nachdenken, über Einkommensabsenkungen für Wohnungsscheine et cetera. Das sind alles Dinge, die eigentlich eine Rolle spielen müssten, sie finden in der Diskussion aber nicht statt. Ich muss ganz ehrlich sagen, wir sind nicht gut aufgestellt, und Sie sollten die Ehrlichkeit haben, sich das einzugestehen beziehungsweise endlich über Ihren Schatten springen und sagen, dass wir es nur über kommunales Eigentum hier vorankommen. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Aktuellen Stunde und Ihr Debattenbeitrag, Frau Kollegin Bernhard, machen es für mich und auch für die SPD Bürgerschaftsfraktion noch einmal sehr deutlich, dass es uns hier überhaupt nicht weiterbringt, eine vermeintliche Analyse der Situa
tion im Wohnungsbau und im Bereich der Vermietung an die Wand zu malen, die mit der Realität in Bremen überhaupt nicht in Einklang zu bringen ist.
Die rot-grüne Regierungskoalition hat mit der beschlossenen und sich in der Umsetzung befindlichen Wohnungsbauoffensive die richtigen und auch die aktuellen Anforderungen für eine aktive Wohnungsbaupolitik gefunden und auch beschlossen. Wir als SPD-Bürgerschaftsfraktion sehen die Neuausrichtung und die Umsetzung der bremischen Wohnungsbaupolitik als ganz wichtig für die Zukunft unserer Stadtgesellschaften in Bremen und Bremerhaven an.
Wenn wir heute bilanzieren können, dass wir eine wachsende Stadt sind, dass wir zusätzliche Arbeitsplätze haben und dass wir auch eine erhebliche Zunahme der Wirtschaftskraft im Land Bremen haben, insbesondere auch, dass wir mehr Einwohnerinnen und Einwohner gewinnen konnten, dann sind das positive und richtige Signal für Bremen und Bremerhaven.
Meine Damen und Herren, das macht auch deutlich, dass wir weitere Antworten auf wichtige Anforderungen der Wirtschafts- und auch Stadtentwicklungspolitik finden müssen. Wir sind mit der Neuausrichtung der Wohnungsbaupolitik durch die rot-grüne Regierungskoalition gerade im Bereich der Wohnungsbau- und Standortpolitik auf dem richtigen Weg.
Es geht uns darum, sozialer Segregation entgegenzuwirken und insbesondere den Zugang zu bezahlbaren Wohnungen zu sichern, und zwar mit einer Strategie, die langfristig und auch wirklich nachhaltig wirkt. Wenn wir die Bilanz sehen, liebe Frau Kollegin Bernhard, so müssen wir doch feststellen, dass die Situation so ist, dass wir uns in beiden Städten, Bremen und Bremerhaven – wenn wir über das Mietniveau und über die Frage nach bezahlbarem Wohnraum sprechen – nicht an der Spitze der Mietentwicklung in Deutschland bewegen.
Es lohnt sich doch, einmal ein bisschen darüber nachzudenken. Sie haben es ja in einem Nebensatz erwähnt, woran das liegt. Ich glaube, es liegt daran, dass wir hier in Bremen – und dazu benötigen wir auch keinen Mietspiegel –, sozial ausgerichtete Wohnungsbaugesellschaften wie zum Beispiel die GEWOBA und die Stäwog haben, die mit den Wohnungsangeboten und auch mit ihrer Geschäftspolitik, wie sie in den Stadtquartieren eine sozial integrierte Stadtentwicklungspolitik betreiben, Akzente setzen und sich für die Bevölkerung Bremens und Bremerhavens für die Zukunft gut aufgestellt haben.
Das sind die Garanten – und das das haben wir in den Debatten hier im Hause immer wieder deutlich gemacht –, sind wichtige Grundpfeiler einer sozial ausgerichteten Wohnungsbaupolitik.
Ein zweiter Punkt! Bei der Umsetzung der Wohnungsbaupolitik ist die Frage zu beantworten, wie es uns gelingen kann, sozial geförderten Wohnungsbau und bezahlbaren Wohnraum zu realisieren. Ich erinnere an die Debatte in der Stadtbürgerschaft, an das Bündnis für Wohnen, an die vielen Debatten in unserer Stadt, in denen versucht wurde, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob es möglich ist, über eine feste Quote für bezahlbaren und sozialen Wohnungsbau zu sorgen. Es war kein Selbstläufer, dass wir über diese gesellschaftliche Diskussion und im Kontext und mit Unterstützung aller Akteure auf dem Wohnungsmarkt die Antwort umgesetzt haben, sondern es waren intensive Debatten, Gespräche und auch politisches Handeln dieses Senats notwendig. Ich glaube, schon heute zeigt sich, dass die Linie „25 Prozent bezahlbaren Wohnraum“ in allen Wohngebieten, und zwar mit einer Differenzierung für Stadtteile und Quartiere, eine richtige Orientierung ist. Dieser Erfolg hat uns noch einmal vor Augen führt, dass wir eine richtige Entscheidung getroffen haben.
Meine Damen und Herren, um es noch einmal deutlich zu machen: Wir erinnern uns daran, dass wir uns in diesen Diskussionen immer gefragt haben, wie es uns gelingen kann, gerade in den neuen Wohnungsbaugebieten – zum Beispiel in der Überseestadt – sozialen Wohnraum zu schaffen. Gerade in den ersten Phasen der Realisierung des dortigen Wohnungsbaus ist es ja so gewesen, dass vor allem für den Hochund Höchstpreisbereich Immobilien angeboten worden sind, Eigentumswohnungen, aber auch Mietwohnungen. Wenn wir heute feststellen können, dass an der Marcuskaje sozial geförderter Wohnungsbau für 6,10 bis 6,50 Euro pro Quadratmeter realisiert wird und schon im nächsten Jahr die ersten Mieterinnen und Mieter dort einziehen können, so ist dies, glaube ich, ein sichtbarer Erfolg für die von uns durchgesetzte politische Linie.
Das war nicht selbstverständlich! Ich erinnere mich noch sehr genau an die Debatten, in denen auch Vertreter der Wohnungsbaugesellschaften und der freien Wohnungsbauindustrie in den Medien gesagt haben, dass das der Sozialismus und der Untergang des Abendlandes sei. Nein! Das, was heute dort realisiert worden ist, ist eine politische Linie und eine Orientierung, die wir als rot-grüne Regierungskoalition angestrebt haben und auch in der Praxis erfolgreich umsetzen. Das ist auch eine langfristige Orien
tierung, lieber Kollege Imhoff, die auch einem weiteren Auseinanderdriften unserer Stadtgesellschaft und der Spaltung in arme und reiche Stadtquartiere entgegenwirkt, und ich glaube, das ist eine richtige Politik.
Herr Kollege Imhoff, selbstverständlich ist der Reichtums- und Armutsbericht ein wichtiger analytischer Teil, auch zum Zustand unserer Gesellschaft. Wir haben ihn nie negiert, sondern wir haben gesagt, wir nehmen ihn ernst. Im Unterschied zu Ihnen und der LINKEN machen wir das nicht zu einer propagandistischen Auseinandersetzung, sondern wir versuchen, eine praktikable und unter den heutigen Bedingungen auch umsetzbare Politik zu betreiben, und deshalb habe ich eben das Beispiel Marcuskaje genannt. Sie wissen es ja, Sie sind auch in der Bau- und Verkehrsdeputation vertreten, alle Bebauungspläne werden unter diesem Aspekt sehr genau abprüfen. Das ist gut so, und wir werden unsere Linie stadtweit umsetzen.
Meine Damen und Herren, ich glaube – und das ist ja eben auch schon angesprochen worden –, der Ankauf von Belegungsbindungen stellt nicht die Lösung des Problems dar. Was können wir mit solch einem Projekt – und das haben andere Städte und Kommunen auch schon geprüft – umsetzen? Es würde nach der Einschätzung der SPD-Fraktion dazu führen, dass der Ankauf von Belegungsbindungen erhebliche Mittel bindet und den eingesetzten Finanzmitteln kein vergleichbarer Wert gegenübersteht. Das muss man finanziell sehr genau ausrechnen. Das Wichtigste, um bezahlbaren Wohnungsbau zu realisieren, sind spezielle Programme.
Sie sind wirklich in dem Bereich zu bevorzugen. Alles andere, glaube ich, führt uns auf einen Nebenkriegsschauplatz und zu nicht unwesentlichen Mitnahmeeffekten durch Investoren. Ich glaube, dieser Situation sollten wir als ordentliche Parlamentarier, aber auch als Haushaltsnotlageland in Bremen und in Bremerhaven sehr kritisch gegenüberstehen. Die beste Antwort auf Belegungsbindungen ist die Errichtung von sozial gefördertem und bezahlbarem Wohnungsbau.
Darüber hinaus! Ich weiß – das haben wir in unserer Fraktion diskutiert, und ich weiß, dass es auch bei unserem Koalitionspartner diskutiert wird –, wir müssen uns Klarheit verschaffen, und es ist eine Richtungsentscheidung in der Wohnungsbaupolitik zu treffen, wie wir mit Belegungsbindungen umgehen wollen.
Darüber hinaus ist zu fragen – das möchte ich hier noch einmal ganz offen ansprechen –: Stehen für dieses notwendige erhöhte Engagement im Bereich des Wohnungsbaus genügend Flächen zur Verfügung? Ist im Bereich der Wohnflächen genügend Planungsreife vorhanden? Wir haben intensiv darüber diskutiert, ob die Flächen im Rahmen des Bündnisses für Wohnen, des sogenannten 30+-Programms der Stadtgemeinde Bremen, ausreichen, ob die Politik der Innenentwicklung, und das sogenannte Baulückenprogramm, ausreicht. Ich möchte meine ganz persönliche Meinung dazu sagen. Wir diskutieren das auch in der Programmatik der SPD zur nächsten Bürgerschaftswahl, und wir wissen, eine hoch interessante und wichtige Frage lautet: Reichen die jetzt schon vorhandenen planungsreifen Flächen eigentlich auch für den zukünftigen Bedarf im Wohnungsbau aus?
Hermann Kuhn sagt ja. Ich würde das kritisch sehen. Der Herr Senator wird nachher in der Debatte dazu sprechen. Es gibt das Gewos-Gutachten zu Fragen zukünftiger Möglichkeiten der Einwohnergewinnung und auch zur Frage, wie sich der Wohnungsmarkt und die Bedarfe im Wohnungsmarkt entwickeln können. Im Bündnis für Wohnen wurde von der Senatsbaudirektorin dargestellt, dass wir – was ich persönlich positiv finde –, über das Jahr 2030 hinaus von einem Zuwachs der Anwohnerinnen und Anwohner ausgehen müssen. Dem müssen wir gerecht werden, und zwar in allen Bereichen des Wohnungsbaus, sowohl beim Bau von Eigenheimen als auch im Mietwohnungsbau. Wir wissen ja, wie lange es dauert, eine Planreife für Baugebiete zu erreichen. Ich denke, es reicht nicht, es über den Wahltag oder die nächste Legislatur hinauszuschieben. Wir müssen uns dieser Zukunftsfrage bremischer Politik stellen, und wir als sozialdemokratische Bürgerschaftsfraktion sind dazu bereit.
Ich will es einmal ganz konkret machen. Die Fachdeputierten aus der Baudeputation wissen, dass es eine Diskussion darüber gibt, was wir im Bereich des Bahnhofs Mahndorf – bis in die Randbereiche der Osterholzer Feldmark hinein –, was wir in anderen Bereichen tun sollen. In der Frage des Flächennutzungsplans und der Perspektive von Wohnbaugebieten gibt es inhaltlich unterschiedliche Bewertungen, auch zwischen uns und unserem Koalitionspartner. Aber, lieber Matthias Güldner, das werden wir diskutieren. Ich möchte für die SPD-Bürgerschaftsfraktion noch einmal deutlich machen: Es reicht nicht, dieses Thema auszusitzen. Wir müssen vielmehr fragen: Gibt es einen Mehrbedarf? Wenn es ihn gibt, dann müssen wir als Regierungskoalition mit einem völlig berechtigten Anspruch, die Politik auch zukünftig zu bestimmen, dafür sorgen, dass hierfür Flächen ausgewiesen werden, und dazu ist die SPD-Bürgerschaftsfraktion bereit.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine Bemerkung! Das, was die Kollegin Bernhard einleitend sagte, hat mich teilweise an eine Katastrophentheorie erinnert: Das wird alles ganz schlimm, und dann fällt das Kind in den Brunnen.
Entschuldigen Sie, aber so habe ich es wahrgenommen, und gestatten Sie mir bitte, das auch zu äußern! – Ich denke, das wird dem Thema nicht gerecht. Ich sehe auch einen gewissen Widerspruch zwischen dem, was Sie eben vorgetragen haben, und dem, was der Kollege Klaus-Rainer Rupp des Öfteren schon zu der Frage einer möglichen Einsetzung eines Sondervermögens für den Wohnungsbau und auch zur Belegungsbindung geäußert hat. Ich denke, neben den Fragen eines eventuellen Kaufs und einer Belegungsbindung lautet die Kernfrage – das sollten wir als wichtigen Faktor sehen –, wie es uns über ein neues Wohnungsbauförderungsprogramm gelingen kann, den Wohnungsbau voranzubringen. Herr Senator, Sie haben es in der Deputation angekündigt. Vielleicht können Sie in Ihrem Beitrag dazu Stellung nehmen, wann damit zu rechnen ist, dass wir dieses Wohnungsförderungsprogramm für die nächsten zwei Jahre diskutieren und auch parlamentarisch beraten und beschließen.
Ein letzter Punkt: Frau Bernhard, Sie haben auch die Grohner Düne und die ehemals Bremische angesprochen. Das haben wir schon in der letzten Stadtbürgerschaft diskutiert. Ich habe im Namen meiner Fraktion voller Überzeugung vorgetragen und deutlich gemacht, dass der Verkauf der ehemals Bremischen und der Beamten-Baugesellschaft in den Neunzigerjahren ein Fehler war.
Wir müssen alles daransetzen, um zwei Bereiche der Bestandsentwicklung in Bremen zu realisieren. Erstens. Wenn die Möglichkeit besteht, Bestände zu erwerben, sollten wir alles daransetzen, dies auch zu tun. Frau Bernhard, im Zusammenhang mit Ihrer Großen Anfrage ist noch einmal deutlich geworden, dass es hierbei vor allem um die ehemaligen Bestände der Bremischen und der Beamten-Baugesellschaft im Bremer Norden und im Bremer Westen geht. Wir wissen, das muss professionell laufen. Die politische Linie und auch die Wirtschaftlichkeitsstrategie der GEWOBA müssen entsprechend ausgerichtet sein. Wenn wir das hier diskutieren, dann treibt das mit Sicherheit die Preise hoch, aber ich denke, wir müssen hierzu eine politische Botschaft senden.
Die SPD hat einen Gesetzentwurf für ein Wohnungsaufsichtsgesetz erarbeitet. Er liegt jetzt bei unserem Koalitionspartner. Vielleicht kann unser Koalitionspartner dazu Stellung nehmen. Ich denke, das Wohnungsaufsichtsgesetz ist ein wichtiges Gesetz gegen Miethaie und andere, die die Wohnungsbestände aus reinen Kapitalinteressen ausnutzen, und das auf Kosten der Mieter.
Das ist eine wichtige Frage, und ich bitte die Kolleginnen und Kollegen der grünen Koalitionsfraktion, dazu Stellung zu nehmen.