Protokoll der Sitzung vom 27.06.2013

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Pentz, vielleicht können wir uns darauf verständigen, dass wir es den Wählerinnen und Wählern überlassen, wer am Schluss die politische Mehrheit hat.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Ein bisschen mehr Respekt ist angesagt. Es gibt ein Personalangebot. Wie bei Kaufverträgen gibt es ein Angebot. Ich finde, es gibt im Moment schlechtere Lösungen, die man darbieten kann.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Wie es bei guten Kaufleuten der Fall ist, muss man am Schluss entscheiden, ob man das Angebot annimmt. Jetzt machen wir in den nächsten drei Monaten erst einmal gemeinsam Wahlkampf, dann werden wir sehen, wer eine Mehrheit bekommt. Wir wollen die Mehrheitsverhältnisse ändern. Sie wollen, dass die bisherigen Mehrheitsverhältnisse erhalten bleiben.

Ich bin auch bereit, coram publico zu sagen – weil die Kollegen Rentsch und Hahn mit dem von ihnen bekannten Charme gerufen haben, jetzt spreche der Staatssekretär von Al-Wazir –: Das schließe ich definitiv aus. Ich bin auch bereit, eine gute Flasche Rotwein dafür zu opfern.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Das steht jetzt im Protokoll! – Zurufe von der CDU und der FDP)

Deshalb habe ich es ja gesagt. Das machen wir nicht in Hinterzimmern, sondern ich sage sehr deutlich: Man kann sich an guten Beispielen orientieren. Der Kollege Groschek in NRW ist z. B. ein sehr guter Verkehrsminister.

Meine Damen und Herren, zu einer gut ausgebauten, vernetzten sowie in der Unterhaltung gesicherten Verkehrsinfrastruktur mit leistungsfähigen Verkehrsträgern gehören für uns sowohl der Individualverkehr auf der Straße als auch und insbesondere der ÖPNV. Bei uns muss auch Pep Guardiola in einer ordentlichen S-Bahn fahren können.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Dazu gehört für uns auch der Luftverkehr. Wir brauchen ein integriertes Verkehrssystem, das den Herausforderungen der Zukunft gerecht wird. Wir haben es eben schon angedeutet: Wie können wir die Herausforderungen lösen? Wir brauchen dringend mehr Mittel für die Sanierung und Erhaltung des Straßennetzes: 1 Milliarde € für den Brückenbau, 2 Milliarden € für Bundes- und Landesstraßen. Herr Müller, Sie haben ja recht: Wir brauchen eine Umverteilung der Mittel, wir brauchen die Unterstützung anderer Bundesländer. Herr Rentsch hat wiederholt gesagt, Hessen als Transitland sei besonders belastet. Herr Rentsch, das stimmt. Aber wo bleibt denn der Erfolg, dass Hessen mehr Mittel für die Sanierung bekommt?

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bundesverkehrsminister Ramsauer hat recht: Auf Bundesebene will man 70 % der Straßenbaumittel in die Sanierung und Erhaltung des Straßennetzes stecken. Sanierung vor Neubau – dieser Ansatz ist doch inhaltlich nicht verkehrt, Herr Verkehrsminister.

Wenn Sie in Ihrem Antrag auf die Straßenbauprojekte eingehen, dann nur so viel: Seit 1999 tragen Sie die Verantwortung. Es mag sein, dass Rot-Grün bis 1999 und Georg August Zinn in den Fünfziger- und Sechzigerjahren beim Straßenbau alles falsch gemacht haben. Das mag sein. Das brauchen wir nicht weiter zu vertiefen. Aber seit 1999 – darüber bin ich nicht erfreut, das sage ich ehrlich – tragen die GRÜNEN und die SPD keine Verantwortung mehr.

Die CDU ist seit fast 15 Jahren in der Verantwortung, die FDP war in diesem Zeitraum überwiegend dabei. Sie sind für die jetzige Infrastruktur verantwortlich. Nehmen Sie die Verantwortung doch endlich einmal an, und sagen Sie nicht immer, andere seien schuld.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was ist in Hessen passiert? Im Bericht des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung zur Mobilität in Hessen wird über den Zustand der Landesstraßen gesagt – das ist keine rot-grüne Erfindung, sondern das stammt aus dem Hause Posch –: Die Qualität der hessischen Straßen hat sich deutlich verschlechtert. – Dafür tragen Sie die Verantwortung, nicht wir. Herr Rentsch, stehen Sie endlich dazu, sagen Sie, dass Ihnen die Mittel zur Erhaltung des Straßennetzes fehlen. Richtig ist: Wir müssen auch künftig in die Erhaltung des Straßennetzes investieren. Dabei wird man möglicherweise nicht immer eine Übereinstimmung erzielen, aber es ist der Ansatz der sozialdemokratischen Fraktion, dass eine gute Infrastruktur auch und gerade in der Fläche notwendig ist, damit die Menschen mobil sind.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mobilität gehört zu den Voraussetzungen, dass sich die Menschen im ländlichen Raum entwickeln können. Sie ist außerdem eine Voraussetzung für die Ansiedlung von Betrieben im ländlichen Raum. Deswegen brauchen wir einen gut ausgestatteten ÖPNV in Hessen. Sie von CDU und FDP haben vor einem Jahr versucht, die Mittel für die Verkehrsverbünde um 20 Millionen € zu kürzen. Das war der völlig falsche Ansatz.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mobilität muss auch für Normalverdiener bezahlbar sein. Auch dazu von Ihnen nichts.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch zum Thema ÖPNV sagen Sie kein Wort. Der NVV und der RMV wurden 1995 von der damaligen rot-grünen Regierung, von dem damaligen Verkehrsminister Klemm auf den Weg gebracht. Der NVV ist in vielen Bereichen sehr innovativ, auch im bundesweiten Vergleich. Der RMV steht aufgrund der Komplexität und der Größe seines Einzugsgebietes vor anderen Herausforderungen, aber wir müssen den ÖPNV im Ballungsraum stärken und ihn zukunftsträchtig machen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es schade, dass in dem Antrag von CDU und FDP zu dieser wichtigen Säule kein einziges Wort steht.

Um herauszufinden, wie man den Herausforderungen einer modernen Verkehrspolitik gerecht werden kann, schlagen die Sozialdemokraten auch die Durchführung einer Internationalen Bauausstellung vor. Warum lehnen Sie das eigentlich ab und lachen darüber?

(Beifall bei der SPD)

Es geht nämlich darum, eine moderne und gesundheitsverträgliche Mobilität zu erreichen, insbesondere im RheinMain-Gebiet. Die Themen Vernetzung, Sicherheit, Lärm

schutz, Infrastrukturverbesserungen, Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit müssen miteinander verknüpft werden. Das kann eine Internationale Bauausstellung leisten. Sie kann konzeptionell entwicklungsfähige Thesen aufstellen und Ideen entwickeln. Sie sind aus ideologischen Gründen gegen eine solche Ausstellung. Wir werden sie aber hoffentlich im nächsten Jahr auf den Weg bringen können.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In Ihrem Jubelantrag ist alles ganz toll. Nur eine Kleinigkeit am Rande: Sie preisen Ihr Kommunalinteressenmodell an, mit dem Sie den Kommunen vor Ort anbieten, dass sie das vorfinanzieren. Nehmen wir die Stadt Felsberg. Gut, sie liegt zufällig in meinem Wahlkreis. Sie ist mit rund 40 Millionen € stark verschuldet.

Herr Minister Rentsch, ich habe gerade eine Kleine Anfrage dazu laufen. Offensichtlich ist sie zu komplex, als dass Sie sie beantworten könnten. Sie müssen um eine Fristverlängerung bis Juli bitten.

Sie sagen, die Stadt Felsberg soll die 7 Millionen €, die die Stadtumgehung kostet, vorfinanzieren. Eine Stadt, die 40 Millionen € Schulden hat, soll 7 Millionen € vorfinanzieren. Das ist eine Landesstraße, also trägt auch die Landesregierung die Verantwortung. Für die Finanzierung der Verkehrsaufgaben der nächsten Jahre gibt es ein Angebot der SPD.

Dann müssen wir auch über die Lkw-Maut reden; denn die Straßen werden durch die Lkw stark beansprucht. Das Geld, das dort eingenommen wird, muss in diesen Bereich reinvestiert werden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer zahlt denn das Geld?)

Auch das wird, insbesondere von der FDP, aus ideologischen Gründen abgelehnt. Nicht jammern, sondern Ideen und Konzepte entwickeln, das ist die Aufgabe eines Verkehrs- und Wirtschaftsministers.

(Beifall bei der SPD)

Sie schreiben in Ihrem Antrag nichts zu dem Thema Flughafen Frankfurt. Auch das ist ein Teil der Verkehrspolitik in Hessen. Ich wiederhole das sehr deutlich und auch sehr gern: Wer bei dem Thema Flughafen Wortbruch begangen hat, muss das verloren gegangene Vertrauen der Menschen in der Region erst einmal zurückgewinnen. Herr Boddenberg, Sie haben zu Recht Angst, dass Sie Ihren Wahlkreis verlieren; denn die Menschen haben, als das Nachtflugverbot gebrochen wurde, gemerkt, dass sie Ihnen auf den Leim gegangen sind.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie führen kein Argument zu dem Thema an, wie man die Interessen der Region in Einklang mit dem Betrieb des Flughafens bringen kann. Ja, wir stehen klar zu den Ergebnissen der Mediation. Wir stellen fest, die Kernbotschaft des Antrags der Fraktionen der CDU und der FDP ist eigentlich: Wir machen weiter so. – Das ist ein bisschen wenig.

Es gibt da unterschiedliche Konzepte. In einem sind wir, Rot und Grün, uns einig: Wir wollen den öffentlichen Personennahverkehr stärken. Ich will durchaus nicht verhehlen – das ist in Ordnung; die Wählerinnen und Wähler ent

scheiden dann darüber –: Zu dem Projekt „Staufreies Hessen“ auf der einen Seite und einem Tempolimit auf der anderen Seite gibt es durchaus Alternativen.

Übrigens gibt es mit dem „Bundesländerindex Mobilität“ eine schöne Studie der Allianz pro Schiene. Danach hat Hessen die rote Laterne im Fach nachhaltige Mobilität. Das ist statistisch erwiesen. Aber jeder, der rund um Frankfurt Auto fahren muss, merkt, es gibt kein staufreies Hessen. Zwischen dem Projekt „Staufreies Hessen“ auf der einen Seite – Herr Müller, das gibt es höchstens bei Matchboxautos, mit denen Sie und Ihre Kinder spielen können, wenn Sie nicht so schnell fahren – und einem Tempolimit auf der anderen Seite gibt es durchaus Möglichkeiten, wie man eine Verkehrspolitik modern gestalten kann.

Mit CDU und FDP ist das jedenfalls nicht möglich. Wir Sozialdemokraten empfehlen dazu unser Regierungsprogramm. Wir sind auch bereit, Verantwortung zu übernehmen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Warten wir es noch ein bisschen ab!)

Aber wir warten das in aller Ruhe und Gelassenheit ab. Das entscheiden die Menschen am 22. September. Wir sind ziemlich sicher, das „Weiter so“ der Kollegen Rentsch & Co. wollen die Menschen nicht. Ich finde, das ist eine kluge und gute Entscheidung der Menschen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Es gibt eine Kurzintervention des Kollegen Lenders. Bitte schön.

Lieber Kollege Rudolph, jetzt haben auch Sie das Hohelied gesungen, wir müssten bei den Straßen erst einmal Sanierungsmaßnahmen durchführen. Aber jetzt frage ich Sie ganz ernsthaft: Was ist denn mit der L 3139 zwischen Fulda und Lehnerz? Die Lkw donnern dort durch, und der Durchgangsverkehr ist eine riesengroße Belastung für die Menschen, die an dieser Straße wohnen. Was ist denn mit der L 3221 in Edermünde?

(Nancy Faeser (SPD): Was macht denn die Landesregierung?)

Was ist mit diesen Straßen? Haben diese Menschen nicht auch ein Recht darauf, dass wir endlich Umgehungsstraßen bauen, um sie von den Durchgangsverkehren zu entlasten? Was ist denn mit den Menschen, die durch diesen Straßenverkehr belastet werden? Meine Damen und Herren, denen erteilen Sie hier eine klare Abfuhr. Das ist unverantwortlich. Das wird es mit CDU und FDP niemals geben.