Protokoll der Sitzung vom 27.06.2013

Was ist mit diesen Straßen? Haben diese Menschen nicht auch ein Recht darauf, dass wir endlich Umgehungsstraßen bauen, um sie von den Durchgangsverkehren zu entlasten? Was ist denn mit den Menschen, die durch diesen Straßenverkehr belastet werden? Meine Damen und Herren, denen erteilen Sie hier eine klare Abfuhr. Das ist unverantwortlich. Das wird es mit CDU und FDP niemals geben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sie haben noch eines angesprochen: die Internationale Bauausstellung. Es ist doch schön, wenn wir das wieder in das Programm hineinnehmen. Die erste Internationale Bauausstellung im Rhein-Main-Gebiet ist an der falschen Grundlage – die Voraussetzung; das, was man damit erreichen wollte; die politische Verfasstheit – gescheitert. Das ist der falsche Weg. Das ist die falsche Grundlage für eine Internationale Bauausstellung.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Die Internationale Bauausstellung ist gescheitert, weil ihr euch nicht einigen konntet!)

Wenn die SPD jetzt die Vernetzung zur Grundlage einer Internationalen Bauausstellung machen will, begeht sie den gleichen Fehler. Erkundigt euch doch einmal dort, wo eine IBA wirklich funktioniert: in Hamburg. Dort geht es um nichts anderes als um das Bauen und die Architektur. Macht das doch endlich einmal.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Es antwortet Kollege Günter Rudolph.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Lenders, die Landesstraße 3221 – machen wir ein bisschen Klein-Klein aus dem Wahlkreis, einverstanden? – führt durch meine Heimatgemeinde. Dazu gibt es ein Schreiben aus dem Haus des Verkehrsministers, des Kollegen Rentsch von der FDP, in dem steht – das hat sich übrigens geändert im Laufe der Jahre –: Da in Hessen die Schuldenbremse gilt, ist die Maßnahme nicht notwendig. – Ein Jahr vorher haben Sie etwas ganz anderes geschrieben.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich kann Ihnen die Schreiben zeigen. – Sie haben die Strategie geändert. Hören Sie auf, hier so etwas zu erzählen. Sie haben die politische Gestaltungsmehrheit. Sie können es, wenn Sie es wollen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich kann Ihnen auch gleich sagen, wie Sie zu 30 Millionen € mehr für den Landesstraßenbau hätten kommen können: indem Sie nicht das Parkhaus der EBS finanziert hätten. So einfach ist die Welt: 30 Millionen € für die EBS.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Zur Internationalen Bauausstellung. Eigentlich haben Sie die Fähigkeiten dazu; das gestehe ich Ihnen ausdrücklich zu. Sie wissen sehr genau, dass es bei unserer Konzeption für eine Internationale Bauausstellung darum geht, Ideen und Konzepte für eine moderne Verkehrspolitik zu entwickeln, die die verschiedenen Verkehrsträger in einer besonders belasteten Region zusammenführt.

Warum lassen Sie Wissenschaftler und Verkehrsexperten nicht innovativ tätig werden, um dann am Schluss gemeinsam mit uns zu entscheiden, wie wir das politisch umsetzen können? Sie sind an der Stelle doktrinär und borniert. Machen Sie nur so weiter. Die Menschen sind die Leidtragenden. Das werden wir nach dem 22. September hoffentlich ändern können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Rudolph. – Das Wort hat der Abg. Caspar, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ersten verkehrspolitischen Rede in diesem Haus.

(Günter Rudolph (SPD): Das stimmt nicht!)

Sie stehen in einer gewissen Tradition: in der Tradition einer Entscheidung, die von einem grünen Spitzenmann getroffen wurde. Die Devise lautet wohl: Wenn von den GRÜNEN jemand kommt, der von Wirtschaft und Verkehr nichts versteht, soll es bei der SPD genauso sein. Aber gut.

(Beifall bei der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Uiuiui!)

Herr Rudolph, Sie haben die Möglichkeit, sich von Herrn Frankenberger beraten zu lassen, der von verkehrspolitischen Fragen wirklich etwas versteht. Dann wird es bei den nächsten Reden vielleicht etwas besser werden, als wir es heute erleben konnten. Aber, Herr Rudolph, gerade wenn man von den Dingen so wenig versteht, ist es besser, zuzuhören, als dazwischenzurufen.

Ich meine daher, es täte Ihnen gut, sich einmal die wirkliche Situation unseres Landes vor Augen zu halten. Hessen liegt nun einmal in der Mitte Deutschlands und auch in der Mitte Europas.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt!)

Wenn wir alle uns dafür einsetzen, dass dieses Europa zusammenwächst, müssen wir feststellen: Das Zusammenwachsen kann nur dadurch erfolgen, dass die Menschen aufgrund der Mobilität zusammenkommen und dass es einen Austausch von Waren gibt. Eine Grundlage dafür, dass Europa zusammenwächst, ist, dass wir einen guten Austausch von Ideen, aber eben auch von Menschen, Waren und Gütern haben.

Wenn das so ist, muss man erkennen, dass die Nachfrage nach Verkehrsdienstleistungen ein Standortvorteil unseres Bundeslands Hessen ist. Das bedeutet auch, dass die Unternehmen, die hier ihren Sitz haben, sich, weil wir diese optimale verkehrliche Anbindung in Europa haben, in einem Radius von 2.000 km alle wesentlichen europäischen Märkte unter dem Gesichtspunkt erschließen können: Wo sind die Nachfrage und die Kaufkraft der Menschen?

Die Verkehrs- und Logistikbranche ist daher für Hessen die Schlüsselbranche. Ich glaube, deswegen muss man das Thema sehr ernst nehmen und zu einem zentralen Punkt der Politik machen. Man darf es nicht in den Randbereich drängen, wie das von Ihnen teilweise hier gemacht wird.

Ich hatte vorhin schon erwähnt, dass bis zum Jahr 1999, also als Rot-Grün regierte, nur 230 Millionen € in den Bundes- und Landesstraßenbau hineingeflossen sind,

(Torsten Warnecke (SPD): Regierung Kohl!)

dass wir 2012 675 Millionen € aus Bundes- und Landesmitteln hatten.

(Zuruf des Abg. Karlheinz Weimar (CDU))

Der Hinweis von Herrn Kollegen Weimar ist völlig richtig: Bei den Landesstraßenbaumitteln waren es etwa 27 Millionen €, während wir in den letzten Jahren 130 Millionen € investiert haben, und zwar auch, Herr Al-Wazir, in die Sanierung von Straßen.

Dass man immer noch mehr tun kann, das sehen auch wir so. Aber Sie sind doch die Letzten, die mehr tun wollen. Sonst hätten Sie nicht die Kürzung der Straßenbaumittel beantragt, sondern deren Erhöhung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Seit 1999 sind 550 Ortsumfahrungen und Ortsdurchfahrten mit baulichen Maßnahmen neu gestaltet worden,

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Super!)

420 Projekte auf Bundesstraßen. Wir sind uns also sehr wohl darüber im Klaren, dass es wichtig für Hessen ist. Wir unterscheiden uns in grundsätzlichen Positionen von Ihnen, den GRÜNEN.

Herr Al-Wazir, wir hatten neulich eine Podiumsdiskussion bei der IHK in Frankfurt. Da haben Sie gesagt: „Unser großes Ziel ist, Verkehr zu vermeiden.“ Wir sehen das anders. Wir sind der Meinung, dass die dynamische Wachstumsbranche ein wichtiger Jobmotor in unserem Land ist. Wir wollen Verkehr eben nicht vermeiden, sondern wir wissen, dass wir Verkehr brauchen. Wir sehen ihn als einen dynamischen Wirtschaftszweig an, der wachsen muss und wachsen soll. Denn was bedeutet es, wenn man die These aufstellt, es geht darum, Verkehr zu vermeiden? Wie wollen Sie den denn vermeiden? Natürlich, ich bin ein großer Anhänger davon, dass die Menschen unsere regionalen Produkte genießen. Die sind frisch, und die sind gut.

(Zurufe der Abg. Tarek Al-Wazir und Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber, Herr Al-Wazir, wenn die Menschen Bananen essen wollen, dann können Sie denen doch nicht erzählen: „Bitte fahrt mit dem Fahrrad zu dem Hof nebenan und holt euch da eure Bananen.“ Ich glaube, so einfach ist die Welt nicht.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Affiges Niveau, Herr Caspar!)

Das heißt, es wird Produkte und Güter geben, die wir uns mit Verkehrs- und Transportmitteln hierher zu holen haben.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist das! – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich nenne einen anderen Bereich. Wenn man Verkehr vermeiden will, kann man sagen, die Menschen können sich das Fußballspiel im Fernsehen anschauen. Dann vermeidet man den Verkehr. Aber wollen wir das wirklich? Wollen wir eine Gesellschaft, in der vorgeschrieben wird, dass bestimmte Waren nicht mehr bezogen werden sollen

(Manfred Pentz (CDU): Die wollen das! – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

oder bestimmte Mobilität nicht mehr ermöglicht wird? Das ist doch die Frage, vor der wir stehen. Deswegen ist Ihr Ziel, Verkehr zu vermeiden, völlig absurd, insbesondere für jemanden, der Verkehrsminister werden will.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist so ähnlich, wie wenn jemand von Ihnen Minister für das Schulwesen werden will und erklärt, Bildung muss vermieden werden.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh mein Gott! Wo leben Sie denn?)

Es ist völlig absurd, welche Thesen Sie hier vertreten.

Wir betrachten die Verkehrswirtschaft als einen wichtigen dynamischen Wirtschaftsbereich in unserem Land. Wir wollen, dass die negativen Folgen von Verkehr vermieden werden. Das heißt für uns, dass wir den Verkehr mit weniger Energie und möglichst mit erneuerbarer Energie regeln wollen. Wir wollen Verkehr, ja, aber wir wollen Verkehr mit möglichst wenig Lärm. Das sind die Dinge, um die wir uns kümmern müssen. Das sind auch die Dinge, um die sich ein Wirtschafts- und Verkehrsminister kümmern müsste, und nicht darum, den Verkehr durch eine Verkehrsvermeidungspolitik herunterzufahren.