Protokoll der Sitzung vom 24.06.2010

(Dr. Matthias Büger (FDP):Verseuchungen?)

Dazu zählt aus unserer Sicht, dass wir keine Aufweichung der Nulltoleranzregelung bei Futtermitteln wollen, wie Sie, liebe Frau Ministerin, das befürwortet haben.

(Judith Lannert (CDU): Die Ministerin hat noch gar nicht gesprochen! – Zuruf der Ministerin Silke Lautenschläger)

Sie haben das bei der Konferenz der Landwirtschaftsminister – –

(Ministerin Silke Lautenschläger:Es geht nicht ums Saatgut!)

Es geht nicht ums Saatgut, sondern es geht ums Futtermittel. Und da fängt es an.

An der Stelle wollen wir, dass es exakt definiert wird und praktikabel bleibt, dass es aber bei der Nulltoleranzregelung bleibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen – das ist ein politisches Ziel, und daran halten wir fest – keine Begleitung dieser Gentechnik, wir wollen keine Marktzulassung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln, Futtermitteln oder Saatgut in dieser Republik.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Judith Lan- nert (CDU): Sind Sie nicht für Forschung?)

Frau Kollegin Lannert, die CDU in Hessen sollte sich ein Beispiel an der CSU in Bayern nehmen. Die CSU in Bayern hat nämlich genau das, was ich sage, in ihren Antrag geschrieben,

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

den sie im Bayerischen Landtag eingebracht hat, weil sie genau das, was wir nicht wollen, ebenfalls nicht will. Ihr Ziel bleibt ein gentechnikanbaufreies Bayern, und wir wollen ein gentechnikanbaufreies Hessen.Da sind wir mit der CSU in Bayern auf einer Linie.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der FDP)

Meine Damen und Herren, es bleibt kein juristisches Problem, und es ist auch keine Begleitung notwendig, sondern es ist ein politisches Ziel,genau das,was Sie sagen,zu verhindern.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

An dieser Stelle bleiben wir standhaft, auch wenn Sie jetzt gemeinsame Sache mit der Gentechnikindustrie machen möchten.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Meine Damen und Herren, ich komme auf den Punkt zurück, um den es geht. – Bleiben Sie ganz ruhig, Frau Lannert.

(Zurufe von der CDU)

Wir lernen es an der Stelle auf keinen Fall. – Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass es ein EU-weites Genehmigungsverfahren gibt.Mit diesem Genehmigungsverfahren ist auch das Inverkehrbringen in allen Ländern der EU zugelassen. Das heißt, Herr Kollege Sürmann, was Sie gesagt haben, ist falsch. Es gibt in Hessen keine Genehmigungen mehr zu erteilen. Das gibt es nicht mehr. Was auf EU-Ebene zugelassen ist, kann man überall anbauen, wo man will, so man ein Feld dazu hat. Deshalb gibt es diese Genehmigung für Hessen nicht mehr.

Die Gefahr von Verunreinigungen wächst also, weil es weltweit immer mehr Zulassungen von GVO gibt. Deshalb wächst die Gefahr weltweit unablässig.

Meine Damen und Herren, deshalb muss die Kontrolle stattfinden. Die Kontrolle findet statt, und die Ergebnisse zeigen, dass wir immer wieder erkennen – da gebe ich Ihnen durchaus recht –, dass diese Verunreinigungen stattfinden.

(Frank Sürmann (FDP):Aha!)

Aber wir brauchen bei der Menge dessen, was in der Welt geschieht und was an Schwierigkeiten des Nachweises von GV-Verunreinigungen besteht, eine Verstärkung der Kontrollen. Das brauchen wir, um uns die Chance zu erhalten, selbst bestimmen zu können, was wir im Handel zulassen, was angebaut wird und was wir am Ende auch essen wollen. Diese Chance erhalten wir nur, wenn wir diese Kontrollen zukünftig verstärken und weiter ausbauen. Darum geht es heute.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum Schutz von Verbrauchern und Umwelt bedarf es auch künftig einer staatlichen Sicherheitsforschung,damit die Verunreinigung von Produkten durch GV-veränderte Bestandteile zweifelsfrei aufgespürt werden kann. Die Haftungsregelung kann nur so sein, dass der Verursacher der Verunreinigungen für die Folgen zu haften hat. Das ist eindeutig.

(Jürgen Lenders (FDP): Das ist doch so!)

Herr Görig, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. – Wir halten an der Haftungsregelung im Gentechnikgesetz fest,auch wenn es zurzeit beklagt wird. Wir erwarten auf EU-Ebene, dass die Zulassung getrennt wird von der Entscheidung über den Anbau.

Herr Kollege Sührmann, da sind wir auf einem Wege. Wenn wir es wieder zurückbekommen in die Region, dass wir selbst bestimmen können, ob angebaut werden darf oder nicht, dann haben wir die Chance, zu sagen, ob wir es wollen oder nicht.Das ist zurzeit aber nicht gegeben.Aber weder Haftung noch Selbstbestimmung

Herr Görig, ich hatte das ernst gemeint mit dem Schluss.

oder Zulassungsverfahren helfen uns, das Problem des Nachweises der Verunreinigung zu lösen. Deshalb brauchen wir mehr Anstrengungen, Verstärkung der Kontrolle, Verbesserung der Forschung und Aufbau von Datenbanken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Görig. – Frau Staatsministerin Lautenschläger spricht jetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedauere ein bisschen, dass wir in dieser Debatte nicht versuchen konnten, die Dinge, von denen ich glaube, dass sie uns im Landtag verbinden, stärker nach vorne zu stellen und nicht alle Fragen zur Gentechnik, also vom Futtermittel über Saatgut, miteinander zu vermischen. Hier geht es um verunreinigtes Saatgut. Ich halte es nach wie vor für einen Skandal, dass wir immer wieder verunreinigtes Saatgut finden. Bei all diesen Fällen geht es immer wieder darum, dass das Saatgut mit in der EU nicht zugelassenem gentechnisch verändertem Saatgut verunreinigt ist.

Wir haben uns in Hessen sehr früh dazu entschieden, bereits im vergangenen Jahr, dass wir die Lieferanten, die verunreinigtes Saatgut ausliefern, auch beim Namen nennen. Dort liegt die Verantwortung und nicht beim Landwirt, der ausgesät hat. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Interessanterweise sind es immer wieder die Gleichen,die das verunreinigte Saatgut ausliefern. Deswegen ist es im Interesse der Landwirte und der Verbraucher, dass diese öffentlich genannt werden.

Ich mache noch einmal deutlich,wie der Verlauf bei uns in Hessen war. Wir hatten im Jahr 2009 auf 4 ha im MainKinzig-Kreis die Aussaat von verunreinigtem Saatgut der Firma Pioneer mit gentechnisch veränderten Sorten, und zwar nicht nur mit einer, sondern mit mehreren Sorten: MON810,T25, NK603 und MON88017. Das verdeutlicht, dass viele unterschiedliche, nicht zugelassene Sorten in dem Saatgut enthalten waren. Der Landwirt hat dann die Saat vernichtet, den finanziellen Schaden hat ihm jedoch keiner ersetzt. Das ist das eigentliche Problem.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Unsere Experten haben auch in diesem Jahr kontrolliert. Wir haben das im letzten Jahr sehr frühzeitig öffentlich gemacht. Wir sind an Pioneer herangetreten über die Frage der Rückrufaktion. Die Rückrufaktion war jedoch im letzten Jahr unvollständig, so konnte es überhaupt erst zu der Aussaat kommen, obwohl wir frühzeitig informiert hatten.

Im Jahr 2010 stellte sich der Sachverhalt so dar: Wir hatten einen positiven Befund in einer Maisprobe von Pioneer. Dort haben wir erneut NK603 gefunden. Die Rückrufaktion, die sehr schnell vonstatten ging, war erfolgreich.Aus unserer Probe erfolgte keine Aussaat.

Der weitere Fall, über den wir jetzt sprechen, ist ein aktueller Fall aus Niedersachsen. Niedersachsen informierte am 30. April 2010 die Länder über einen positiven Befund. Es handelte sich um den gleichen positiven Befund, den auch wir in Hessen gemacht hatten. Pioneer hatte zunächst die Herausgabe der Abnehmer verweigert. Dadurch ging Zeit verloren. Das musste erst durch eine Gerichtsentscheidung geklärt werden.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hessische Händler und Landwirte waren glücklicherweise nicht betroffen. Am 9. Juni dieses Jahres haben wir

die Information aus Bayern bekommen, dass zwei hessische Landwirte in Bayern verunreinigtes Saatgut, das nicht rechtzeitig zurückgerufen wurde, gekauft haben, das wiederum von der Firma Pioneer stammte. Glücklicherweise sind wir in Hessen mit verunreinigtem Saatgut nur mit 10 ha betroffen.In Rheinland-Pfalz handelt es sich um 5 ha, in Niedersachsen um 200 ha, in Baden-Württemberg um 600 bis 800 ha und in Bayern um 800 bis 1.300 ha. Diese Landwirte haben mit einer in der EU nicht zugelassenen Sorte verunreinigtes Saatgut erhalten. Die Landwirte vernichten jetzt entsprechend die Aussaat. Pioneer und andere weigern sich, überhaupt für diesen Schaden aufzukommen.

Dort müssen wir ansetzen,wenn es darum geht,was in Zukunft gemacht wird. Von den bundesweit 395 beprobten Maispartien sind in diesem Jahr 23, das sind 6 %, durch einen positiven Befund aufgefallen. Bis auf die zwei von Niedersachsen verspätet gemeldeten Partien konnten alle anderen vor der Aussaat zurückgerufen werden. In Niedersachsen gab es das Problem, wie ich schon anmerkte, dass die Abnehmer nicht genannt worden sind. Dadurch gab es weitere Verzögerungen.

Dazu muss man wissen, wie unsere Kontrolleure eigentlich beproben.Um die Probleme beim Vollzug für alle Beteiligten so gering wie möglich zu halten, ist die frühzeitige Beprobung das eigentliche und vorrangige Ziel unserer behördlichen Überwachung. Deswegen muss ich ganz deutlich das, was von linker Seite gesagt wurde, zurückweisen.Das wird dem Thema nicht gerecht und auch nicht denen, die bei uns seit Langem diese Kontrollen durchführen. Ihnen eine Schlamperei zu unterstellen, das finde ich schlichtweg eine Frechheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die, die dort beproben, haben es erst ermöglicht, dass das Thema überhaupt an die Öffentlichkeit kommt. Somit können wir auch aufzeigen, von welchem Hersteller es kommt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ein bisschen spät!)

Nein, bei uns eben gerade nicht zu spät. Das ist genau nicht der Fall.Wir gehen ja sogar noch weiter und überlegen, was man an diesen Stellen tun kann. Wir haben es sehr frühzeitig öffentlich gemacht.Wir müssen sehen,dass das in Zukunft erst gar nicht mehr passieren kann, dass es zu einer Verweigerung der Datenherausgabe kommt oder Hersteller um die Beprobungen herumkommen.