Zu Beginn möchte ich Ihnen mitteilen, daß die Gruppe REGENBOGEN ihren Antrag aus der Drucksache 16/6125 zurückgezogen hat. Es handelt sich um den Tagesordnungspunkt 62.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach der Erklärung nahezu sämtlicher Richterinnen und Richter am Hamburgischen Landgericht muß man leider für diese Stadt feststellen, daß die Hamburger Justiz am Ende ist,
und das ist das traurige Ergebnis sozialdemokratischer Justizpolitik. Das ist Alarmstufe Rot für die Rechtsstaatlichkeit in unserer Stadt, denn was heißt das nach den Stellungnahmen der Richterinnen und Richter konkret? Das heißt, daß es in Zukunft vermehrt – das hat es in der Vergangenheit schon gegeben, aber in Zukunft wird es vermehrt stattfinden – zu Entlassungen von Beschuldigten aus der Untersuchungshaft kommt, weil ein Strafverfahren nicht fristgerecht begonnen werden kann, daß Beweisverluste eintreten, daß Straftaten verjähren. Besonders schlimm ist, daß die Richterinnen und Richter beklagen, daß es zum Dealen, wie sie sich ausdrücken, zum Feilschen mit Straftätern über das Strafmaß kommt, weil aufgrund der Personalnot anders nicht vorgegangen werden kann. Das ist ein Armutszeugnis für die Justiz, meine Damen und Herren.
Die Verantwortung dafür trägt dieser Senat und ganz speziell Justizsenatorin Frau Peschel-Gutzeit, die trotz dieser Umstände, trotz des Hilferufs von über 200 Richterinnen und Richtern, trotz der vielen Tatsachen lapidar, arrogant und überheblich erklärt: „Ich kann nicht mehr tun.“ Das ist nicht doll, Frau Senatorin, das ist zu wenig.
prophezeie ich Ihnen eines: Von keinem Menschen in dieser Stadt wird das gewünscht, Frau Peschel-Gutzeit, da bin ich mir sicher.
Mir scheint, daß der typische hamburgische Senatsvirus, Realitätsferne und Ohnmächtigkeit gegenüber den Problemen dieser Stadt, nun auch endgültig auf die Justizsenatorin übergegriffen hat. Die von den Richterinnen und Richtern geschilderten Probleme sind nicht neu. Wenn es ein neuer Hilferuf wäre, könnte man sagen, man hat es nicht gewußt und wie reagiert man jetzt? Aber bereits vor gut einem Jahr haben einige Richterinnen und Richter in ähnlicher Weise auf die Konsequenzen der falschen Justizpolitik hingewiesen. Wir haben des häufigeren hier im Parlament über die Mängel und Schwierigkeiten der Justiz diskutiert. Die Richter und vor allem die Präsidentinnen und Präsidenten der Gerichte haben in Einzelgesprächen seit Monaten die Justizsenatorin auf diese Umstände hingewiesen, und wie ist ihre lapidare Antwort? „Ich kann nicht mehr tun.“ Das ist erbärmlich.
Begründet wird dieses mit fiskalischen Interessen der Stadt. Sie scheinen eines zu übersehen: Bei der Funktionsfähigkeit der Justiz geht es nicht um eine fiskalisch disponible Masse, es geht um Verfassungsgrundsätze, es geht um Gewaltenteilung, es geht um die konsequente Durchsetzung des staatlichen Gewaltenmonopols, und es geht um Rechtsstaatlichkeit mit all ihren Auswirkungen. Hier mit fiskalischen Gründen zu argumentieren, ist schlicht unzulässig.
Und es zeigt wie in der Innenpolitik das gestörte Verhältnis von Sozialdemokraten zu Recht und Ordnung; auch das wird hier deutlich.
Wenn Sie es für normal halten, daß Richter gezwungen sind, aufgrund Ihrer Politik mit Straftätern und deren Verteidigern um ein milderes Strafmaß zu feilschen, zu dealen, weil die Justiz ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht werden kann, dann ist das für mich ein gestörtes Verhältnis zu Recht und Ordnung, und das darf so nicht weitergehen.
Wenn Sie vor diesem Hintergrund der berechtigten Forderungen der Justiz und unserer Vorschläge lapidar und völlig unsachgemäß mit Finanzargumenten kommen, sei mir ein Hinweis erlaubt: Wenn fast 500 Millionen DM in dieser Stadt ohne Rechenschaftslegung durch einen Zuwendungsbericht an alle möglichen Vereine und Vereinigungen gehen, viel Mißbrauch geschieht, vom Fall Pape bis zum Fall Pumm, und Sie vor diesem Hintergrund sagen, die 15 Millionen DM für die Justiz seien nicht da, ist das eine ganz miserable Politik und es ist unaufrichtig.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Sie beschränken sich wie immer auf Ihre reine sozialdemokratische Binnensicht, sind realitätsfern, beratungsresistent
und haben den Blick für das politisch und juristisch Notwendige verloren. Dieses trifft oder traf nicht nur Herrn Wrocklage, das trifft genauso Frau Peschel-Gutzeit und erst recht, das werden wir weiter sehen, Frau Roth. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Richterinnen und Richter des Landgerichts haben aus ihrer Sicht Stellung zu den Auswirkungen der laufenden Konsolidierungsmaßnahmen genommen. Sie haben das mit Hinweisen auf mögliche Gefährdungen des Rechtsstaats verbunden. Es wäre nach meiner Überzeugung völlig unangemessen, sich damit nicht gründlich auseinanderzusetzen. Wir nehmen im Gegenteil diesen Vorstoß sehr ernst,
denn auch für uns ist ohne weiteres nachvollziehbar, daß in bestimmten Bereichen, zum Beispiel bei den Großverfahren, Zeitaufwand, Belastung und Druck ganz enorm sind. Und weil wir das bitterernst nehmen, haben wir nachgesteuert. Ganz konkret: Zwei große Strafkammern werden kurzfristig nachbesetzt. Das ist eine angemessene Reaktion, die von der SPD-Fraktion mitgetragen wird.