Protocol of the Session on June 13, 2001

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(Ole von Beust CDU: Sie werden bald sehen, wie schön das ist!)

Alle finden es gut, wenn gespart wird, abstrakt, konkret soll aber immer beim anderen gespart werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß die CDU massiven Stellenabbau im öffentlichen Dienst vorgeschlagen hatte.

(Rolf-Dieter Klooß SPD)

(Barbara Duden SPD: 20 000 Stellen!)

Uns Regierungsfraktionen wundert es immer, daß so wenig gesehen wird, welche Reformen in der Justiz bereits verwirklicht wurden und welche noch kommen werden. Für die SPD besteht kein Zweifel: Die dritte Gewalt soll ihre Bedeutung behalten.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Das wäre auch noch schöner!)

Seit Jahren arbeitet die SPD an der Modernisierung der Justiz.

(Heino Vahldieck CDU: Erfolglos!)

Der Reformstau auf Bundesebene wird jetzt von einer tatkräftigen Justizministerin aufgelöst.

(Berndt Röder CDU: Wieso, wer kommt?)

Als Stichworte dazu nenne ich einmal die ZPO-Reform, die Sanktionenreform, die Schuldrechtsmodernisierung und die StPO-Reform. Das Schreckensbild der CDU stimmt nicht. Der Zusammenbruch der Rechtspflege droht nicht. Unstreitig ist, daß es Schwierigkeiten in der Strafjustiz gibt. Die Zivilrechtspflege, die den überwiegenden Teil des Aufkommens ausmacht, läuft im Rahmen bundesweit üblicher Bearbeitungszeiten.

(Ole von Beust CDU: Das sehen die Richter aber anders!)

Es ist unbestritten, daß viele der in Hamburg vom Konsolidierungskurs Betroffenen einen schweren Job machen, und dazu gehören auch die im Justizbereich Tätigen. Die CDU steht nicht in der Verantwortung und kann munter drauflosfordern, ohne sich über die Finanzierung ihrer Vorschläge Gedanken machen zu müssen. Ich glaube, der Hamburger Haushalt wäre schon lange zusammengebrochen, wenn alle CDU-Vorschläge tatsächlich umgesetzt worden wären.

(Barbara Duden SPD: Das sieht man an Berlin!)

Berlin läßt grüßen!

(Beifall bei der SPD)

Hamburgs Justiz ist gut. In der letzten Woche war ich auf einer justizpolitischen Konferenz der SPD.

(Dr. Roland Salchow CDU: Also doch nicht weise!)

Hamburg wurde viele Male als gutes Beispiel genannt; und das ist auch klar, denn hier wurde vieles geschaffen. Das Projekt Justiz 2000 ist gerade abgeschlossen worden, und darüber wurde umfangreich berichtet. Wir haben einen Gerichtsmanager. Das neue Justizforum-Ost führt verschiedene Fachgerichte räumlich zusammen. Besonders neidisch waren die anderen Politiker auf das Finanzgericht in Hamburg, in dem der elektronische Rechtsverkehr eröffnet worden ist. Prozesse per E-Mail gibt es nirgendwo in der Bundesrepublik, und darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das zeigt: Hamburgs Justiz ist modern und leistungsfähig. Ich bin sicher, daß wir in Zusammenarbeit mit den Richterinnen und Richtern gemeinsam einen Weg finden werden, damit Hamburgs Justiz weiterhin verläßlich arbeiten kann. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Senatorin Dr. Peschel-Gutzeit.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Zuruf: Lauter!)

Da müssen Sie sich nun einmal entscheiden: Entweder ist es laut genug, oder es ist nicht laut genug. Irgendwie kann es nicht daran liegen, daß meine Stimme mal zu laut und mal zu leise ist. Normalerweise kann man mich verstehen. Vielleicht versuchen Sie es einfach mal.

(Rolf Harlinghausen CDU: Auf jeden Fall ist es falsch! – Dietrich Wersich CDU: Bei Ihnen haben immer die anderen schuld!)

Ja, es ist wirklich gräßlich, aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß der Mensch nur eins kann: entweder reden oder zuhören, physikalisch ist das so. Deswegen sollten Sie es einfach mal versuchen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist hier eben die Rede davon gewesen, daß irgendwelche Zahlen in den Raum gestreut werden und daß die Erledigungen gar nicht mal so schlecht sind, weil die Richter – was stimmt – sehr engagiert arbeiten. Das Letztere habe ich nicht nur immer betont, das weiß ich ganz einfach, und es ist auch so. Trotzdem muß es wohl erlaubt sein, dem Landesparlament, nämlich der Bürgerschaft, darzustellen, daß die Belastung der Justiz sehr unterschiedlich ist und daß sie in großen Bereichen zurückgegangen ist. Darum geht es hier auch.

Da ich Zahlen mitgebracht habe, will ich sie jetzt auch noch einmal nennen. Große Strafkammern, also erste Instanz Landgericht im Jahr 1995: Eingänge 393 – Eingänge, nicht Erledigungen. Im Jahr 2000: 377 Eingänge, also ein Rückgang.

Bei der zweiten Instanz Strafsachen – das sind die Kleinen Strafkammern – gingen 1995 2118 Sachen ein, im Jahre 2000 1815 Sachen. Bei den Zivilsachen der zweiten Instanz, also Berufungen, 1995: Eingänge 3053 und im Jahre 2000 2715. Diese drei Bereiche zeigen, daß es eine Entlastung gegeben hat, während es in dem Bereich Zivilsachen erste Instanz – das habe ich vorhin gesagt – eine Zunahme an Belastungen gab, nämlich 1995 in der ersten Instanz bei Zivilsachen 10 905 Sachen und im Jahre 2000 11664 Sachen.

Ich glaube, daß dieses Haus diese Zahlen hören muß, um zu verstehen, daß es seit vielen Jahren einen internen Ausgleich zwischen der Zivil- und der Strafseite gegeben hat, der nun aus Gründen der Belastung der Zivilseite nicht mehr so ohne weiteres möglich ist. Dieser Mechanismus muß erkannt werden – das tun wir natürlich –, und hier muß nachgeführt werden.

Zweitens: Ich bin aus Sicht der CDU dafür getadelt worden, daß ich mich so betroffen gezeigt hätte. Ich habe mich nicht betroffen gezeigt, sondern ich bin betroffen; das mag man vielleicht verstehen, es ist so.

Auf der anderen Seite wird gesagt, ich habe mich eingebunkert. Das, Herr Karpen, ist nun wieder Ihr Geheimnis, wie man es macht, auf eine Personalversammlung zu gehen, an einem sehr lebhaften zweistündigen Dialog und Diskurs teilzunehmen, und das alles aus dem Bunker heraus.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Drittens: Es ist hier noch nicht gesagt worden, aber das muß an dieser Stelle erwähnt werden, daß wir in Hamburg,

(Helga Weise SPD)

A C

B D

anders als an vielen anderen Orten – beispielsweise auch ganz anders als in Berlin –, die Justiz budgetiert haben. Das heißt, jede einzelne Dienststelle entscheidet in eigener Verantwortung darüber, wie und wo sie verfährt, was sie besetzt, was sie zur Streichung aufgibt, wo sie meint, sächlich und personell besser hinzukommen, und wo sie nachführen muß. Das muß hier auch einmal gesagt werden. Wenn berichtet wird, daß in fünf Jahren alles Mögliche konsolidiert wurde, müssen wir doch auch sagen, daß es in Hamburg weder eine Haushaltssperre noch eine Einstellungssperre oder eine Beförderungssperre gibt. Das sind alles Dinge, die wir rundherum erleben, bis hin nach Berlin. Ferner gibt es auch nicht das, was wir überall lesen können, eine Verlängerung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst und Ähnliches mehr. Um Ihnen einen kleinen Einblick zu geben: Wir haben allein in dieser Legislaturperiode mehr als 110 Richter und Staatsanwälte neu eingestellt. Das alles wäre bei einer Besetzungssperre nicht möglich gewesen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Schließlich haben wir gehört, daß die Eingänge im Bereich des Zivilrechts beim Landgericht zugenommen haben. Da muß doch die Frage erlaubt sein, ob das ein gesteigerter und gestiegener Bedarf ist, den diese Gesellschaft im Jahre 2000 und 2001 gerechterweise in höherem Maße als bisher bedienen darf und kann? Diese Frage müssen wir stellen. Ich selbst habe lange genug am Landgericht gesessen und weiß natürlich, welche Sachen zum Landgericht kommen. Wenn wir aber hören, daß dort schneller als im Bundesdurchschnitt entschieden wird, müssen wir uns doch fragen, ob es eine Berechtigung dafür gibt, zu Lasten nachwachsender Generationen noch mehr und noch schneller zu arbeiten, nur damit jemand etwas eher zu seinem Urteil kommt. Oder können wir vielleicht auch darüber nachdenken, ob es Möglichkeiten gibt, diese langen Wege abzukürzen?

Ich erinnere – und das ist das Letzte, was ich sagen möchte – an die Kämpfe, die die Bundesjustizministerin und wir alle ausfechten mußten, als es darum ging, den Zivilprozeß zu straffen. Auch da ging schon wieder das Abendland unter, und es kamen große und mächtige Interessenverbände, die sagten: Jede einzelne Instanz muß im Interesse der Gerechtigkeit unbedingt erhalten bleiben. Wer so vorgeht, verbraucht ohne Not und Berechtigung das Geld der nächsten Generationen.