stattfinden kann, die in etwa gleich stark sind; anderenfalls wird immer einer über den Löffel genommen, und das ist wiederum mit dem Gedanken der Solidarität überhaupt nicht zu vereinbaren.
Ich glaube, wir können unserem Bürgermeister strategische Klugheit attestieren, und außerdem hat er den ganz großen Vorteil einer profunden Sachkenntnis. Das war bei diesem schwierigen Thema ein sehr solider Grundstein,
um auch mit Phantasie immer wieder neue Wege beschreiten zu können. Denn es ist ein ewiges Hin und Her gewesen, dieser oder jener Weg hat sich als Sackgasse erwiesen, und man mußte eben – wie sagt man salopp – ein neues Fäßchen anstechen, um zu sehen, wie man auf dem Weg weiterkommt.
Das hat er mit ungeheurer Zähigkeit und Geduld getan. Außerdem ist sein Vorteil, daß es sehr schwer ist, ihn zu provozieren, was in dieser Angelegenheit, die existentiell für Hamburg ist, eigentlich leicht gewesen wäre. Bei einigen Anliegen, die an ihn herangetragen wurden, hätte er immerfort unter die Decke gehen können. Er hat es nicht getan. Das ist in meinen Augen ein großes Plus und ein Faktor, der zu diesem Erfolg beigetragen hat.
Die gesamte Verhandlungsführung seitens des Bürgermeisters – ich glaube, es ist nicht übertrieben, wenn man es so bezeichnet – ist davon geprägt gewesen, Solidarität und die Gesamtheit im Auge zu behalten. Das ist nicht irgendein idealistisches Ziel, sondern letztlich das Klügste, was man tun kann, gerade im Hinblick auf einen Föderalismus, der in unserem Land weiter existieren soll und der es mit den schwierigen Fragen von Europa zu tun bekommt und auch bestehen muß.
Wir haben hier ein Ergebnis zu verzeichnen, das man im besten Sinne auch hanseatisch nennen kann. Es ist von hanseatischem Geist geprägt, und da wir darauf alle stolz sind, können wir es in diesem Fall auch sein.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Was ist das gute an dem Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz? Dazu fällt mir als erstes ein: Das Gute daran ist, daß es überhaupt ein Ergebnis gibt, denn daran ist in der davorliegenden Zeit durchaus gezweifelt worden. Da manche Leute eine stärkere Veränderung dieses föderalen Systems wollten, hätte man auch erwarten können, daß ein Scheitern zu diesem Zeitpunkt, nämlich das Maßstäbegesetz vor der Sommerpause zu verabschieden, ernsthafte Folgen für den gesamten Umsetzungsprozeß des Urteils bedeutet hätte.
Deswegen ist dies in der Presse auch nicht zu Unrecht als ein tatsächlich beachtliches Ergebnis gewürdigt worden, zumal wir ein großes Ungleichgewicht zwischen den neuen und den alten Ländern haben, was bei dieser Einigung eine große Herausforderung dargestellt hat.
Positiv an dem Ergebnis ist weiterhin, daß es eine lange Laufzeit hat. Ich glaube, daß eine Verlängerung des Solidarpakts II, der erste hatte nur eine Laufzeit von zehn Jahren, die Einsicht in die Notwendigkeit ist, daß die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West
tatsächlich länger dauert. Damit trägt diese Einigung auch einer realistischeren Einschätzung Rechnung, was ich für hoch vernünftig halte.
Es wurde kritisiert, daß die Transparenz und Einfachheit im System nicht gerade zugenommen haben. In der EnqueteKommission haben wir auch über das Thema Einfachheit und Transparenz gesprochen, aber dort schon festgestellt, daß ein ergebnisbezogener Kompromiß an sich keine bedenkliche Sache ist, jedoch mehr Rationalität in so einen Ausgleich gehöre.
Nachzuvollziehen ist auch, daß ein ergebnisbezogener Kompromiß, der auch noch sechzehn zu null ausgehen und zu einem Ergebnis führen soll, bei dem es im Grunde allen recht gemacht wird, viele kleine Gerechtigkeitsstellschrauben beinhalten wird.
Ich möchte aber sagen, wenn schon die Stellschrauben nicht verringert wurden und das System nicht einfacher geworden ist, daß es doch vier Punkte gibt, die in eine vernünftige Richtung gehen. Ich sage das auch vor dem Hintergrund, weil wir uns in der Enquete-Kommission damit auseinandergesetzt haben – in einer etwas anderen Rolle vom Parlament her –, wie man sich ein solches föderales System verbessert vorstellen kann.
Der erste Punkt bezieht sich auf die Ebene des Verhältnisses der Bundes- und Länderfinanzen im Vergleich. Es ist sehr vernünftig, daß die Einbeziehung des Fonds Deutscher Einheit gelungen ist. Das bedeutet, daß der Bund eine Zahlungspflicht in Höhe von 6,6 Milliarden DM übernimmt.
Als wir vor zwei Wochen hier die Diskussion über den Enquete-Bericht geführt haben, habe ich schon gesagt, daß ich es für eine vernünftige Richtung halte, wenn schon am Anfang der Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern bei den Umsatzsteuereinnahmen eher eine Stärkung der Länder befürwortet wird, und daß das mit einer nur teilweisen Entlastung des Bundes bei den abschließenden Bundesergänzungszuweisungen einhergehen könne.
Dieser Kompromiß, der jetzt gefunden wurde, trägt diesem Gedanken durchaus Rechnung. Die Bundesergänzungszuweisung für die neuen Länder haben wir einhellig als richtig und wichtig empfunden, aber die Bundesergänzungszuweisungen anderer Couleur haben wir in der Tendenz insoweit beurteilt, daß man sie auch abschmelzen kann.
Im gewissen Sinne hat das Ergebnis der Ministerpräsidenten dieser Beurteilung Rechnung getragen. Der Fonds Deutsche Einheit wird durch den Bund übernommen, der Bund erhält aber nicht in gleicher Höhe sein Umsatzsteuervolumen zurück.
Die zweite Ebene, eine richtige Richtung eingeschlagen zu haben, findet man bei den Finanzbeziehungen der Länder untereinander. Es gibt jetzt einen – wie ich ihn bezeichnen würde – intensiveren Ausgleich zwischen den Ländern. Ein Beispiel: Die Gemeindesteuern wurden stärker einbezogen. Sicherlich sind die 64 Prozent eher wieder eine gegriffene Zahl als eine, die theoretisch gerechtfertigt ist. Wichtig finde ich daran aber, daß es im Grunde ein Gebot der ehrlicheren Abbildung der Unterschiede zwischen den Ländern ist, wenn man die Gemeindesteuern einbezieht. Ich habe auch immer gesagt, daß eine gewisse Kunst darin liegen wird, dann die stärkere Belastung, zum Beispiel Hamburgs, in dem System auszugleichen.
Dazu muß ich sagen, Herr Bürgermeister, ist es schon ein sehr sinnvolles, logisches und strategisch kluges Ergebnis,
das Sie dort erzielt haben, daß Sie nämlich die Einwohnerwertung der Gemeinden für alle Stadtstaaten gleich auf 135 Prozent hoch verhandeln konnten – so nenne ich das einmal. Im übrigen ist das auch ein Lösungsvorschlag, den einer der Experten, Herr Dieter Vesper, der zur EnqueteKommission gehörte, vorgeschlagen hatte. Er hat sich immer sehr stark für die Einbeziehung der Gemeindefinanzen ausgesprochen – ich gebe zu, zu 100 Prozent. Er hat dort stark den Blick für die neuen Länder vertreten und gesagt, die logische Kompensation liegt in der Angleichung der Einwohnerwertung der Gemeindeeinnahmen. Ich glaube, daß es strategisch von Bedeutung ist, daß die 135 tatsächlich eine neue Einprägungskraft besitzen, sowohl für die Stadtstaaten im Vergleich mit den Ländern als auch abgebildet in der Einwohnerwertung der Gemeinden.
Außerdem wird auf Länderebene der Finanzausgleich zwischen den Ländern durch einen neuen Tarif geregelt. Auch dies dürfte für Hamburg vorteilhaft sein. Es bevorzugt in gewissem Maße durchaus die stärkeren Länder, berücksichtigt aber im Gesamtsystem eine wichtige hohe Angleichung von schwächeren Ländern.
Auffällig ist, daß die Einwohnerwertung der Stadtstaaten methodisch nicht abgesichert werden konnte. Sie haben das so dargelegt – und so verstehe ich das auch –, daß der Preis dafür im positiven Sinne die Dauer der Regelung ist. Damit kann man im Ergebnis zufrieden sein. Mir ist aber vor dem Hintergrund der Art der Gliederung der Bundesrepublik, wie wir sie haben, bisher keine sinnvolle Alternative zum Großstadtvergleich eingefallen. Insofern werte ich es so, daß der Vergleich nicht durchgesetzt werden konnte, daß es auch weiterhin argwöhnische Betrachtungen gibt, ob denn die Stadtstaaten in der Struktur etwas geeignetes sind oder nicht, und daß es durchaus Vertreter anderer Länder gibt, die das in Frage stellen. Das muß man wissen und ernst nehmen. Wir haben jetzt aber einen weiten langen Blick auf das Jahr 2019, so daß das Ergebnis aktuell beruhigend ist.
Ein dritter Punkt, der in diesem Ergebnis richtig und wegweisend ist, ist das Gelingen, eine Einigung über den Solidarpakt II herzustellen. Diese Einigung bedeutet für den Bund, daß er 206 Milliarden DM bis zum Jahr 2019 und noch einmal 100 Milliarden DM für Investitionen für die neuen Länder bereitstellt. Die letzten 100 Milliarden DM bedeuten nach meinem Verständnis, daß das im Vergleich zu den Westländern eine überproportionale Stärkung der neuen Länder bezogen auf die Gemeindefinanzen und Mischfinanzierungen ist; darauf will ich gleich noch einmal eingehen. Insgesamt ist es aber ein Erfolg dieser Konferenz, daß man den Solidarpakt unter Dach und Fach gebracht und damit jegliche Zweifel an der Notwendigkeit ausgeräumt hat, daß dort finanzielle Hilfen erforderlich sind.
Ein weiterer wichtiger Zusatz ist es, daß es eine sogenannte Anreizfunktion gibt; wir benutzen eher gern das Wort, daß es eine aktivierende Komponente im System gibt. Das bedeutet, daß man 12 Prozent – aber bitte nur der überdurchschnittlichen Steuerzuwächse – für sich behalten kann. Man kann nicht 12 Prozent reine Mehreinnahmen für sich zu behalten – das hat Herr Stoiber, glaube ich, in eigenen Presseveröffentlichungen tatsächlich etwas verkehrt dargelegt –, sondern man kann 12 Prozent nur von zusätzlichen Steuereinnahmen, die effektiv über dem Durchschnitt liegen, behalten. Die noch wichtigere Komponente daran ist, daß das sowohl für die Nehmerländer
wie auch für die Geberländer gilt und es nicht darum geht, die ohnehin von Steuerzuwächsen bevorzugten starken Geberländer einseitig zu begünstigen. Das ist sehr wichtig an dieser Verabredung, und es soll und darf auch so sein. Die Anreizfunktion war nie dafür gedacht, die Geberländer zu stärken, sondern im System eine moderate Funktion, einen Anreiz für das vermehrte Eintreiben von Steuereinnahmen zu schaffen.
Neben diesen vier Punkten möchte ich noch etwas zur weiteren Verabredung sagen. Was sicherlich notwendig bleibt und eine Herausforderung für weitere Verhandlungen sein wird, ist die Reform des Föderalismus im allgemeineren. Verabredet wurde auf der Ministerkonferenz, daß es in Richtung einer Entflechtung gehen soll, die Mischfinanzierungen sollen abgebaut werden. Herr von Beust hat in seinem Beitrag auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, dies zu tun.
Ich muß gestehen, daß ich im Gegensatz auch zu einigen Parteifreunden eine kritischere Auffassung dazu habe. Es wird, wenn es um die Mischfinanzierungen geht, ziemlich viel Gezerre darum geben, wessen Geld in welchem Land geringer wird. Ich möchte aber sagen, daß im Wirtschaftsleben rund um den Globus...
Frau Abgeordnete Hajduk, warten Sie einen Moment. Ich bin im Ältestenrat von allen Fraktionen ermuntert worden, darauf hinzuweisen, wenn die Unruhe im Saal zunähme – das ist jetzt der Fall –, und um etwas mehr Aufmerksamkeit und Ruhe zu bitten. – Bitte schön, Frau Hajduk, Sie haben das Wort.
Danke schön, Frau Präsidentin. In Zeiten, in denen Globalisierungstendenzen und Zusammenschlüsse seitens der Wirtschaft das Gebot der Stunde sind und zu optimaleren Ergebnissen führen sollen, bin ich mir nicht so sicher, ob eine klare Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben pro Gebietskörperschaft, die der Transparenz und dem Verantwortungsgefühl durchaus Rechnung trägt, in jedem Fall die richtige Lösung ist. Ich bleibe dabei, daß es bei Innovationen und Erneuerungen – das kann ich zumindest für den Bereich Forschung sagen, und die Enquete-Kommission hat das ebenfalls festgestellt; wir erleben das gerade auch in der Agrarwende – durchaus sinnvoll ist, wenn sich verschiedene Gebietskörperschaften zusammentun und mehr öffentliches Geld im Sinne einer verabredeten Reformperspektive zur Verfügung stellen. Ich traue der Absicht noch nicht über den Weg, daß die Abschaffung der Mischfinanzierung nur segensreich ist. Es kann kein Zufall sein, daß im Wirtschaftsleben im Unterschied zur Politik die Zusammenarbeit, die Kooperation und auch die zusammenhängende Finanzierung das Gebot der Stunde sind. Das muß man, glaube ich, auch bei Reformen berücksichtigen, die sich auf den politischen Raum beziehen.
Abschließend möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, den ich auch für wichtig halte. Ich habe eingangs gesagt, daß es nicht unwichtig ist, daß sich die Ergebnisse auf einen so langen Zeitraum erstrecken. Ich glaube, daß das deshalb wichtig ist, um die von mir gerade angesprochene Föderalismusform überhaupt sinnvoll führen zu können. Es verhandelt sich leichter unter einigermaßen garantierten Finanzbedingungen.
Aber auch die Herausforderungen der europäischen Vereinigung – das ist auch angesprochen worden – werden eine Föderalismusdiskussion hier in Deutschland zwingend machen. Ich finde es richtig und wünschenswert – das ist hier noch nicht genannt worden –, daß bei der Auseinandersetzung vor dem Hintergrund der EU und des Föderalismus ein Gesichtspunkt nicht in Vergessenheit gerät, daß sich die Länder nämlich verpflichtet haben, hinsichtlich der Maastricht-Kriterien auf eine dauerhafte Sanierung ihrer Haushalte hinzuwirken. Auch das ist ein Aspekt, der einem einfallen muß, wenn es um die Europäische Union und die Vorbereitungen für ihre Zukunft geht. Ein gewisser Streitpunkt zwischen Bund und Ländern war es, daß Herr Eichel die Verantwortung für die Maastricht-Kriterien mitbehandelt sehen wollte. So finde ich es im Ergebnis doch sinnvoll, daß die Länder sich darauf geeinigt haben, daß sie zuständig und verpflichtet sind, die Rückführung der Netto-Neuverschuldung weiter voranzutreiben. Wie sich da die weitere Entwicklung Berlins gestaltet, bleibt abzuwarten. Dennoch gibt es zu dieser Richtung keine Alternative.
Zum Abschluß möchte ich auf die Strategie eingehen, die Hamburgs Bürgermeister eingeschlagen hat. Dazu möchte ich ausdrücklich sagen, daß ich nicht daran gezweifelt habe, daß es eine hohe Rationalität hat, in das Bündnis mit vielen Nehmerländern zu gehen. Ich möchte auch sagen, daß das, was dem Elferbündnis vorgeworfen wurde, „die wollen ja nur, daß alles so bleibt, wie es ist, und gucken nur auf das Ergebnis“, man ehrlich eingestehen muß, daß das alle getan haben. Auch die Zahlerländer haben gesagt: Wir müssen mit mehr als der schwarzen Null nach Hause kommen, sonst können wir uns da nicht sehen lassen. Dieser Gesichtspunkt der Modernisierung war bei allen begrenzt verbreitet, sie waren alle auf Ergebnisse orientiert.
Was für mich ausschlaggebend war, wurde vor zwei Wochen von Herrn Waldhelm von der CDU deutlich in Frage gestellt, ob es denn richtig war, sich in diesem Elferbündnis zu bewegen und auf die Einwohnerwertung zu konzentrieren. Dazu muß man doch ehrlicherweise sagen, daß Herr Runde die Rolle als Vermittler, die er zum Schluß einnehmen konnte, nicht automatisch zugeschoben bekommen hat. Diese Vermittlerrolle, die auch die Basis dafür legt, die eigenen Interessen gut unterbringen zu können, wurde ihm nicht automatisch zugebilligt, sondern er hat sie als Ministerpräsident eines Geberlandes nur deswegen bekleiden können, weil er auch glaubhaft die Interessen anderer vertreten konnte.
Daher muß ich noch einmal darauf zurückkommen, Herr Waldhelm, daß Sie uns vor zwei Wochen weismachen wollten, daß die Rettung der Einwohnerwertung vor einem halben Jahr klar war. Ich glaube, Sie haben nicht verstanden, daß die Sprengkraft, die der Streit um die Gemeindefinanzkraft noch in alle Lager hätte bringen können, auch wieder Rückschlüsse auf die Einwohnerwertung gegeben hätte. Ich will Ihnen das noch einmal daran deutlich machen: Der Bund hat mit dem Maßstäbegesetz einen Vorschlag gemacht, der geberländerfeindlich war, und zwar auch für Hamburg, mit der Einbeziehung der Finanzkraft. Damit hat er ausdrücklich die Interessen der neuen Länder und nicht nur die eigenen mitvertreten.